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bestimmung ist ganz die meinige" oder S. 121: „Nur Familien können Gesellschaften bilden, der einzelne Mensch interessiert die Gesellschaft nur als Fragment und in Beziehung auf seine Anlage zum Familiengliede" und andere Aussprüche, die in der Nachlese (Friedr. v. Hardenberg S. 229-230) zusammengestellt sind. Der Staat, ja sein Ideal vom künftigen Zustande der Menschheit erscheint ihm unter dem Bild einer Familie als der natürlichsten und schönsten Form, die er sich denken kann (vgl. Haym, Romant. Schule S. 343. 346). Die gleiche Auffassung der Bestimmung des Menschen vertritt Kleist Ulrike gegenüber in den Briefen S. 22: „Das Leben, welches wir von unsern Eltern empfingen, ist ein heiliges Unterpfand, das wir unsern Kindern wieder mitteilen sollen“, S. 75: „Ich habe keinen andern Wunsch, als zu sterben, wenn mir drei Dinge gelungen sind: ein Kind u. Seiner Braut wiederholt er beständig, er wolle nichts als Freiheit, ein eigenes Haus und sie (vgl. Briefe S. 200. 209), ja die Art, wie er sich sein Eheglück ausmalt, ist sogar verhängnisvoll für sein ganzes Leben geworden als einer der Gründe, die ihn verhinderten, ein Amt anzunehmen (vgl. Briefe an seine Braut S. 110. 129. 224).

S. W."

Mit solchen Überzeugungen zusammen hängt die Ansicht beider Dichter von der Bestimmung des Weibes, über die sich auch inter

mit der strenggläubigen christlichen zu erweisen. Diesen Versuch muss ich als einen mifsglückten bezeichnen. Es ist dem Verfasser nicht gelungen die Behauptung Diltheys zu widerlegen, dafs das Christentum des Novalis mit dem orthodoxen Kirchenglauben nur wenig gemein habe. Die Religion des Novalis, wie der älteren Romantiker überhaupt, ist ja im Grunde nichts anderes, als religiös gefärbte Naturphilosophie. Nur da, wo sich mit ihren mystischen Phantasien Ideen oder geschichtliche Tatsachen des Christentums begegneten, nahmen sie dieselben in ihre Weltanschauung und den philosophischen oder poetischen Ausdruck derselben auf. Bei Novalis ist das unter dem Einfluss seiner herrenhutischen Erziehung allerdings in reichlicherem Masse der Fall, als bei den übrigen Romantikern. Aber er ist deshalb noch immer kein gläubiger Christ im kirchlichen Sinn und ich sehe auch keinen Grund ein, weshalb man ihn durchaus dazu bekehren will. Schubart schränkt auch selbst seine dahin gehende Bemerkung mehrmals ein, besonders S. 151, er spricht von Pantheismus und anderen unchristlichen Elementen, welche die Strenggläubigkeit des Novalis etwas beeinträchtigten. Überhaupt ist die Unparteilichkeit anzuerkennen, mit welcher der Verfasser trotz der ausgesprochenen orthodoxen Tendenz seinen Stoff behandelt. Das Buch behält dadurch trotz dieser Tendenz seinen bedeutenden litteraturgeschichtlichen Wert im Unterschied von so manchen litterarischen Veröffentlichungen, die jetzt von katholischer Seite geschehen.

Besonders gelungen ist die Analyse und Erläuterung des „Heinrich v. Ofterdingen“, eine litterarhistorische Tat ersten Ranges. Mit Recht wird an mehreren Stellen, so S. 326 gegen Hettner, die Doppelnatur des Novalis energisch betont, sein gesundes Ergreifen

essante Parallelaussprüche bei ihnen finden. Novalis sagt Schr. Il S. 241: „Das schöne Geheimnis der Jungfrau, das sie eben so unaussprechlich anziehend macht, ist das Vorgefühl der Mutterschaft, die Ahnung einer künftigen Welt, die in ihr schlummert und sich aus ihr entwickeln soll“. Damit ist zu vergleichen, was Kleist an Ulrike schreibt S. 21: Du wolltest nie Gattin und Mutter werden? Du wärst entschieden, Deine höchste Bestimmung nicht zu erfüllen, Deine heiligste Pflicht nicht zu vollziehen?" an seine Braut S. 85: „Deine Bestimmung, liebe Freundin, oder überhaupt die Bestimmung des Weibes ist wohl unzweifelhaft und unverkennbar; denn welche andere kann es sein, als diese, Mutter zu werden und der Erde tugendhafte Menschen zu erziehen?" und derselbe Gedanke noch poetischer und mit gröfserer Wortfülle ausgeführt S. 101 in dem Abschnitt: „O lege den Gedanken wie einen diamantenen Schild um Deine Brust: ich bin zu einer Mutter geboren!"

Auch die Neigung des Novalis, die ich bereits im ersten Abschnitt dieses Aufsatzes besprochen habe, das Physische durch das Psychische und umgekehrt zu erklären, tritt bei Kleist vielfach hervor. Sie beruht bei Novalis zum Teil auf seiner Ansicht vom Zusammenhang zwischen Seele und Körper des Menschen und wir fanden dieselbe wieder in

des praktischen Lebens neben seiner übersinnlichen Schwärmerei, die plastische Anschaulichkeit mancher Schilderungen neben der Verschwommenheit anderer.

Zweifellos richtig und neu ist die Ausführung S. 404 ff., dass im Märchen des „Ofterdingen" beim Flammentod der Mutter dem Dichter der Versöhnungstod Christi vorgeschwebt habe. Ich erwähne das ausdrücklich deshalb, weil der Verfasser hier nach meiner Meinung im Gegensatz zu andern Stellen in der Heranziehung des christlichen Dogmas nicht weit genug gegangen ist. Die Erläuterung der Vorgänge, welche mit dem Tod der Mutter zusammenhängen, ist mir eine zu gezwungene. Wenn die Flammen des Scheiterhaufens der Mutter nach dem Märchen an der Sonne Licht saugen, bis diese als ausgebrannte Schlacke ins Meer fällt, so erinnert das an die Erzählung der Bibel, dafs beim Tode Christi die Sonne ihren Schein verlor. Und wenn im Märchen nach der Gründung des ewigen Friedensreiches die Seligen den köstlichen Trank geniessen, in welchem die Asche der Mutter aufgelöst ist und durch welchen sie „der freundlichen Begrüfsung der Mutter in ihrem Innern gewifs werden“, so liegt darin nach meiner Ansicht eine Beziehung auf das Abendmahl, defsen Mysterium ja Novalis überhaupt lebhaft beschäftigte.

Doch ich kann mich auf Einzelnes hier nicht weiter einlassen. Die Versuchung låge allerdings nahe. Das Buch greift tief in das Wesen der ganzen Romantik hinab und regt viele Fragen über dieselbe an, welche noch immer der endgültigen Lösung

harren.

Energischen Protest sehe ich mich leider genötigt gegen die Darstellungsweise Schubarts zu erheben. An Wärme für seinen Gegenstand fehlt es ihm nicht.

Um so

einem Briefe Kleists an seine Schwester Ulrike (S. 285 des I. Teiles dieses Aufsatzes). Zu vergleichen ist hier auch, was er an seine Braut (Briefe S. 148) schreibt von dem Äufseren, „das sich in der Seele gründet, von ihr ausgehen muss." Aber Novalis wie Kleist gehen weiter, sie setzen überhaupt die äussere, physische Welt zu der inneren, moralischen in Beziehung, suchen sie wechselseitig durcheinander zu erklären. Für Novalis giebt Haym, Romantische Schule S. 366-367 Beispiele genug, für Kleist ist besonders auf die Briefe an seine Braut aus Würzburg zu verweisen, in denen er für jede Naturerscheinung, jedes Landschaftsbild eine Analogie in seinem eigenen oder dem menschlichen Leben überhaupt findet (vgl. besonders S. 103 ff.), sowie auf den Unterricht, den er seinem Mädchen in dieser Methode erteilt (vgl. besonders Briefe S. 121 ff.). Dieselbe ist nicht nur eine Betätigung seiner dichterischen Phantasie, sie beruht auf der Überzeugung, welche er z. B. in den Werken IV S. 275 ausspricht: „Es waltet ein gleiches Gesetz über die moralische, wie über die physische Welt" (vgl. auch ebenda S. 277. 285. 351).

Am charakteristischsten für beide Dichter und deshalb in ihrer Übereinstimmung am auffallendsten sind ihre philosophischen Betrachtungen über den Tod, die sich bis zur Todesbegeisterung steigern. Fr. Schlegel hat diese Eigentümlichkeit für Novalis richtig empfunden, wenn er an ihn schreibt, (Raich, Novalis' Briefwechsel S. 130): „Vielleicht bist Du der erste Mensch in unserem Zeitalter, der Kunstsinn für den Tod hat." Ich kann hier nur die Hauptpunkte des Gedankenganges und einige wenige erläuternde Aussprüche beider Dichter herausheben, die Belegstellen liefsen sich aus allen ihren Schriften und Briefen in Menge heranführen.

Zu Grunde liegt der ganzen Todesphilosophie eine gewisse Geringschätzung des Lebens. So sagt Novalis Schrift III S. 273: „Wer das Leben anders als eine sich selbst vernichtende Illusion ansieht, ist noch selbst im Leben befangen" und schreibt an seinen Vater (Nachlese S. 36): „Ich bin fest überzeugt, dafs man in der

wunderbarer ist es, dafs der Ausdruck nicht etwas lebendiger geworden ist. Die Darstellung hat etwas chronikenartiges. Der Verfasser liebt gar zu sehr die Parenthesen und überlange Perioden. Ich verweise nur auf einige der schlimmsten Satzungeheuer: S. 92-93. 171. 238. 241-242. 295-296. Es bleibt einem da nichts anderes übrig, als es mit dem Biographen ebenso zu machen wie mit Novalis selbst, d. h. viele seiner Sätze, nachdem man sie zu Ende gelesen, wieder von vorn anzufangen, um das Verständnis zu gewinnen,

Welt mehr verlieren kann als das Leben und dafs das Leben nur von uns seinen Reiz erhält, dass es immer nur Mittel und fast nie Zweck sein darf und dafs man oft wenig verliert, wenn man von diesem Stern abtritt." Damit vergleiche man z. B. Kleists Bekenntnis an Ulrike in den Briefen S. 75 ff.; „Das Leben hat doch immer nichts Erhabneres, als nur dieses, dafs man es erhaben wegwerfen kann." Denselben Gedanken spricht er, z. T. auch mit denselben Worten gegen seine Braut aus (Briefe S. 202): „Das Leben ist das einzige Eigentum, das nur dann etwas wert ist, wenn wir es nicht achten. Verächtlich ist es, wenn wir es nicht leicht fallen lassen können, und nur der kann es zu grossen Zwecken nützen, der es leicht und freudig wegwerfen könnte."

Das irdische Leben ist danach nicht Selbstzweck, sondern nur eine Station auf der Reise nach einem Ziel, das aufser ihm liegt. Dieses sehen die beiden Dichter nun nicht einfach mit dem christlichen Dogma in einer künftigen himmlischen Existenz, sondern sie konstruieren sich eine Art Seelenwanderung. Novalis hat den Glauben an eine solche vor allem im „Heinrich v. Ofterdingen" zum mystischen Ausdruck gebracht (vgl. darüber Diltheys Aufsatz, Preuss. Jahrb. XV S. 596 ff.), auch seine Braut Sophie lebte und starb in dieser Überzeugung. Von Kleist führe ich einige hierher gehörige Stellen aus einem Briefe an Rühle an (Bülow, Heinr. v. Kleists Leben und Briefe S. 241. 242): „Einen der Millionen Tode, die wir schon gestorben sind und noch sterben werden“, „Der Tod wird ein Viertel oder Drittel des Lebens dauern und gerade so lange braucht ein menschlicher Körper um zu verwesen"; und dann eine Spekulation nach Art des Novalis: ,, Vielleicht giebt es für eine ganze Gruppe von Leben noch einen eignen Tod, wie hier für eine Gruppe von Durchwachungen (Tagen) einen.“

Der Tod, das Ende des irdischen Lebens, ist nach solcher Lehre nur ein Übergang. So fafst ihn Novalis auf Schr. III, 271: „Unlust ist Mittel zur Lust, wie Tod Mittel zum Leben", II S. 159: „Wenn unser körperliches Leben ein Verbrennen ist, so ist auch wohl unser geistiges eine Kombustion, der Tod also vielleicht eine Veränderung der Kapacität." Denselben Begriff eines blofsen Überganges verbindet Novalis auch in räumlicher Beziehung mit dem Tode z. B. Schr. III S. 296 ff.: „Der Geist ist das soziale, konzentrierende Princip. Nur ein Geist, eine Assoziation hat ihm das Dasein gegeben. Der Tod versetzt ihn in der grofsen Assoziation irgend wo anders hin, erweckt

folgerichtig bei Kleist wie bei Novalis eine Freude auf den Tod, eine förmliche Begeisterung für denselben. Sie erscheint bei Novalis nicht nur nach dem Tode seiner Sophie, wo sie noch ein besonderes Motiv hatte, sondern z. B. auch Schr. II Seite 215: „Ja, Lieber, lassen Sie uns einander umarmen im Genufs der Überzeugung, dass es bei uns steht, das Leben wie eine schöne genialische Täuschung, wie ein herrliches Schauspiel zu betrachten, dafs wir schon hier im Geist in absoluter Lust und Ewigkeit sein können und dafs gerade die alte Klage, dass alles vergänglich sei, der fröhlichste aller Gedanken werden kann und soll". Die gleiche Todesfreudigkeit atmet der Wunsch, den Kleist als letzten Abschiedsgrufs seiner Schwester Ulrike sendet (Briefe S. 160): „Möge Dir der Himmel einen Tod schenken, nur halb an Freude und unaussprechlicher Heiterkeit dem meinigen gleich“. Novalis schreibt in sein Tagebuch (Schr. III S. 65): „Ich will fröhlich wie ein junger Dichter sterben“, ganz ähnlich bekennt Kleist kurz vor seinem Tode von sich und seiner Gefährtin, dass sie neugierig, wie zwei fröhliche Luftschiffer, die sich über die Welt erheben, die grosse Entdeckungsreise antreten. „Wir träumen lauter himmlische Fluren und Sonnen, in deren Schimmer wir, mit langen Flügeln an den Schultern, umherwandeln werden“ (vgl. Brahm S. 385-6). So malt seine bilderreiche Phantasie das unbekannte Land, in welches der Tod den Eintritt öffnet, mit sinnlich glänzenden Farben, und ein sinnliches Element liegt in der gleichen Vorstellung auch bei Novalis nach dem Tod seiner Sophie, später erhält seine Freude auf das Sterben entsprechend seiner ganzen Gedankenrichtung mehr eine philosophische und religiöse Färbung. Die erstere zeigen Stellen wie Schr. II S. 115: „Der echte philosophische Akt ist Selbsttötung, dies ist der reale Anfang aller Philosophie, dahin geht alles Bedürfnis des philosophischen Jüngers, und nur dieser Akt entspricht allen Bedingungen und Merkmalen der transscendentalen Handlung“ und II S. 122: „Echtes Gesamtphilosophieren ist ein gemeinschaftlicher Zug nach einer geliebten Welt, bei welchem man sich wechselsweise im vordersten Posten ablöset, auf dem die meiste Anstrengung gegen das antagonistische Element, worin man fliegt, vonnöten ist. Man folgt der Sonne und reifst sich von der Stelle los, die nach Gesetzen der Umschwingung unsers Weltkörpers auf eine Zeitlang in kalte Nacht und Nebel gehüllt wird (Sterben ist ein echt philosophischer Akt)". In den Schr. III S. 272 erhält man den Gedankengang, der den Dichter zu solchen paradoxen Sätzen, wie der Anfang des ersten

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