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Über den Setnaroman.

Von

Josef Kohler.

Ein

in ägyptischer Roman ist es, aus der Zeit der Lagiden, von welchem wir zu sprechen haben,*) das Erzeugnis einer glühenden Phantasie, eines üppigen Sinnenrausches und einer ausschweifenden Mystik, ein Roman, welcher drastisch die Überbildung einer Periode charakterisiert, welche auf der einen Seite durchtränkt ist von düsterem Geisterglaube und Hexenwahn, durchtränkt von Gespensterideen, Verwandlungen, Wiederkehr der Geister, Verwünschungen, Verzauberungen, und welche auf der anderen Seite uns das Weib darbietet in seiner sinnlichsten Macht, das Weib, das mit seinem Zauberstabe die Gesellschaft regiert, voll übermütiger Koketterie und holdester Anmut, aber zugleich voll unbegrenzter Herrschsucht, das Weib, dessen Reizen alles geopfert wird, bis ihm zuletzt ein genialer Römer das halbe Erdreich zu Füssen legt. Dieses ist die unheimliche Glutatmosphäre, in welcher der Roman entstanden; es ist die Atmosphäre, aus welcher die abenteuerlichsten Kulte nach Rom strömten, jene schwüle, ungesund gespannte Atmosphäre, welche sich später im Neuplatonismus und in den gnostischen Irrlehren entlud, als die Welt, von dem Naturalismus abgezogen, in abenteuerlich dunklen Gängen dem Ideellen zustrebte. Diese Glutatmosphäre webt in dem Roman, eine unheimliche Spannung durchzieht die Luft, und wie eine Fata morgana ersteht auf einmal eine wunderbare Erscheinung: ein Weib tritt auf, welchem der Prinz Setna liebesdurstig entgegenseufzt, immer reizender, immer verlockender

*) Der Roman wurde in das Französische übersetzt von dem hochverdienten Eugène Revillout in der Revue archéologique, ferner von Maspéro in den Mémoires de la société des études grecques. Den Text mit Übersetzung giebt Eugène Revillout in seinem Buche: Le Roman de Setna (Paris 1877). Diesem vorzüglichen Werke folgen wir, es ist auch für den Nichtorientalisten im höchsten Masse zu empfehlen.

Gut, Kinder, Ehre, alles giebt er hin, immer mehr entflort sich die schönste der Gestalten, Tabubu, schon glaubt er sich am Ziel seines Sehnens, als durch Zauber die Gestalt entschwindet und ihn verödet und einsam zurückläfst alles war nur ein Wahn, eine lichte Erscheinung im Prinzen bleibt nichts

Fata morgana am unheimlichen Himmel, eine Dunkel trüber Todesschauer und dem übrig, als zu bereuen und Busse zu tun. Dies ist die grofse, kulturhistorische Bedeutung des Setnaromanes er ist wie eine Vorahnung jener Gespensterbilder des Gnosticimus, jener unheimlichen Zaubergestalten, welche sich über den Occident verbreiteten und bald schöpferisch, bald zersetzend wirkten, welche aber durch Spannung des Gefühlslebens dazu beitrugen, den idealen Gehalt des menschlichen Lebens zu erhöhen und in der Menschheit eine neue Saite des Herzens zu erwecken. Denn Gnosticismus und Mystik haben dazu beigetragen, dass das Naturgefühl, der Sinn für übermächtige Gestalten, für düstere nächtliche Schönheiten, der Sinn für das Grauen und Bangen in der Welt entstanden ist, und an Stelle des antiken Ebenmasses trat das Beben und Schwanken des Gefühles d. h. dasjenige, was unsern modernen Tonus von dem antiken scheidet. In der Gluthitze Ägyptens sind die Früchte gewachsen, deren Genufs die Welt verwandelt hat, und der Montblancsteiger und der Wertherjüngling haben ebenso von Agyptens Frucht gekostet, wie der Chopin- oder Parsifalschwärmer.

Die Gespensterwelt schleicht in Ägypten nicht zur Nachtzeit, sie scheut das Licht des Tages nicht; der Khu, der Geist der Verstorbenen, verkehrt unter den Lebenden wie ein Lebender, er nimmt die verschiedensten Gestalten an doch es ist Zeit, auf die Entwickelung des Romans etwas näher einzugehen.

Der Roman spielt in zwei Jahrhunderten, und das erste Jahrhundert liegt um Generationen hinter dem zweiten zurück; es sind zwei Geschichten, welche zu einem Romane verflochten sind, und die Verflechtung ist eine glückliche. Das würde sich wohl noch sicherer zeigen, wenn uns nicht der Anfang des Romans leider verloren wäre. Zwei Königssöhne spielen im Roman, die Rolle des einen ist eine tragische, der andere wird noch rechtzeitig vom Untergange befreit, nachdem er die Bitterkeit der Enttäuschung gekostet hat. Bei beiden handelt es sich um den Besitz des Zauberbuches, welches dem Inhaber kabbalistische Mächte über die Natur verleiht aber ein solcher Inhaber des Buches würde zu mächtig er würde zum Träger der Weltschicksale, er würde über Himmel und Erde herrschen;

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darum ist der Mensch, welcher sich des Buches bemächtigt, mit den Seinigen dem Untergange, dem Tode verfallen, denn die Kraft des Menschen ist eine beschränkte ginge sie bis zur Auflösung der Natur, so würde solches seine eigene Auflösung herbeiführen; denn in der Natur liegt der Standpunkt des Menschen, und zertrümmert er diesen Standpunkt, so ist auch das Dasein des Menschen untergraben.

Der zweite Prinz des Romans nun ist unser Setna, der Sohn des grofsen Ramses II. Er strebt nach dem Zauberbuch, und das Zauberbuch ist im Grabe des Ptahneferka, jenes ersteren Königssohnes, welcher schon vor Generationen in Memphis gelebt hat. Schon ist er im Grabe Ptahneferkas, schon ist er im Begriffe, das Buch aus der Nacht des Grabes zu holen, da erscheint ihm der Geist des Toten: der Geist Ptahneferkas und der Geist der Ahura, der Gemahlin desselben wie sich die Sache zunächst entwickelt, wissen wir nicht, da der Anfang des Romans fehlt. Was wir haben, versetzt uns sofort in medias res; es ist der Geist der Ahura, welcher das tragische Schicksal ihres Hauses und das unheilvolle Verhängnis des Zauberbuches erzählt, eine Geschichte von tiefer Melancholie und echt orientalischer Phantastik*). Ahura ist Gemahlin und Schwester des Ptahneferka denn die Geschwisterehe war bei den Ägyptern eine häufige Übung, von alter Zeit her bis in die römische Periode hinein; noch in den Arsinoitischen Steuerrollen aus der Zeit des Commodus finden wir, dafs dieselbe Frau Ehefrau und Schwester ist. **)

Die Ehe brachte ihr aber wenig Glück. Ihr Gemahl hörte von jenem kabbalistischen Zauberbuche, das sich finde im See von Coptus***). 6 Kästchen umschliefsen es: draufsen aber lauern Schlangen und Ungetier aller Art, und zuletzt hütet es die Schlange der Ewigkeit. Durch Zauber gelingt es dem Prinzen, bis zu dem giftigen Gewürm zu gelangen. Die Schlange der Ewigkeit erschlägt ert), aber sie ersteht wieder erst als er sie zerstückelt und Sand zwischen die Stücke legt, es um sie geschehen denn die

ist

*) Text und Übersetzung bei Revillout im angegebenen Werke, planches p. 1. f. **) Vgl. Erman, Ägypten I. S. 221 f., Wilcken in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie 1883 S. 913 f. 903, Paturet, Condition juridique de la femme dans l'ancienne Egypte p. 21 f., mein Recht als Kulturerscheinung S. 13 f.

***) Text und Übersetzung bei Revillout im angegebenen Werke, planches p. 25 f. 43 f. 48 f.

†) Revillout, planches p. 45 f.

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Ewigkeit an sich ist unzerstörbar, aber ihr Bann ist gebrochen, wenn die Kraft der Endlichkeit in sie eindringt ist an einer Stelle das Ewige zum Zeitlichen übergegangen, so hat es nicht mehr die Kraft, in die Ewigkeit zurück zu kehren. Das ist die tiefe Bedeutung dieses märchenhaften Zuges.*)

Der Prinz erlangt das Buch, er erlangt unerhörte Zaubermächte:**) Himmel, Meer und Erde verzaubert er, er durchschaut die Natur in ihr innerstes; was die Weisesten erstrebten, in das Herz der Natur zu blicken, er hat es erreicht. Aber die Rache der Götter wacht, keinem Sterblichen ist es gestattet, freventlich den Bann zu brechen, welcher ihm die Transscendenz verschliefst: das Streben, gewaltsam in das Heiligtum der Transcendenz zu dringen und die Pforten der Ewigkeit zu sprengen, ist ja von jeher die Eigenart ungesund kabbalistischer Verirrungen gewesen. Sein Leben ist verwirkt, er und die Seinen verfallen dem Untergang: sein Sohn, seine Frau, zuletzt er selbst stürzt sich ins Wasser, das Zauberbuch hat er am Gürtel; das Grab in Memphis umschliefst ihn dies ist das Schicksal Ptahneferkas.

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Setna lässt sich nicht abschrecken. Da verleitet ihn der Geist Ptahneferkas, um das Buch zu spielen.**) Natürlich verliert Setna, und schon will ihn das Grab umschliefsen, als er durch Gegenzauber gerettet wird. — Das Buch hat er, sein Zweck ist erreicht. Doch die Mächte des Verderbens nahen ihm bald, und die Art, wie sie hier spielen, führt zur wunderbaren Episode mit Tabubu.

Die Mächte das Schicksals wufsten den Prinzen an der empfindlichsten Stelle zu treffen; mit den Schauern des kabbalistischen Mysticismus verbindet sich in seiner Natur eine verzehrende Sinnlichkeit: der Zauber des Weibes umschwebt seinen Geist ebenso wie der Zauber des Buches des Todes rührt man an diese Stelle, so ist der grübelnde Negromant überwunden: im Zauberbann der Liebe verliert er seine magische Kraft; Tabubu erscheint, und er ist besiegt.

Einstens erblickte der Prinz+) ein Mädchen von wunderbarer Schönheit; sofort entsandte er einen Diener nicht zartes Werben

*) Über das Verhältnis von Zeit und Ewigkeit ist an anderer Stelle zu handeln. Das Verhältnis ist nicht so, als ob die Zeit ein Bestandteil der Ewigkeit wäre, vielmehr ist die Ewigkeit eine höhere Erscheinungsform, welche die niedere Erscheinungsform, die Zeit, einschliefst, wie jede höhere Erscheinungsform die tiefere.

**) Revillout, planches p. 50 f. ***) Revillout, planches p. 97 f. †) Revillout, planches p. 115 f.

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ist die Sache des Prinzen — der Negromant, welcher die Natur besiegt, er bittet nicht, er befiehlt: willst du nicht willig, so brauche ich Gewalt. Doch die Schönheiten des Nil sind schlauer, als dafs sie sich durch solche brutale Attaken brüsquiren liefsen, und der Held der Tabubu liegt ihr bald zu Füfsen, wie der Römer Antonius zu den Füssen der Kleopatra. Ergieb Dich, seufzt der Prinz aber die Schönheit ist spröde; immer gröfsere Anforderungen stellt sie, immer koketter tritt sie auf; sie hüllt sich in durchsichtige Gewandung, und seine Sinnlichkeit ist aufs äufserste gesteigert. Sein Vermögen verschreibt er ihr, seine Kinder müssen die Verschreibung mit unterzeichnen — nicht genug, sie verlangt den Tod der Kinder, weil diese die Verschreibung anfechten könnten und er opfert im Rausche üppigen Sinnessehnens seine eigenen Kinder und ihr Fleisch wird von den Hunden verzehrt. Schon glaubt er sich am Ziele seines Wunsches, schon streckt er die Hand aus als plötzlich die ganze Erscheinung verschwunden ist, nackt liegt er da und hilflos alles war ein grauser Spuk, Tabubu lebt nicht, und seine Kinder leben. Jetzt hat er die Macht der Geisterwelt verspürt; jetzt weifs er, dass, wenn er das Buch länger behielte, dies seinen Untergang bedeutete. In zerknirschtem Aufzuge bringt er das Buch zurück. Er hat die Wahrheit empfunden: kein Zauber ist dem Menschen zum Heil.

Die Tabubu aber versteht derjenige, welcher die ägyptischen Frauen versteht, welcher die ägyptischen Eheverträge kennt;*) die Frau wurde in Ägypten Herrin des Hauses, ihrem Einflusse unterlag der Mann er verschrieb ihr sein Vermögen sie nährte und kleidete ihn. Noch ihren Geist fürchtete er, wenn sie bereits im Schattenlande weilte.**)

eine

Dies ist der Setnaroman; ein Kulturbild aus Zeiten, die längst gewesen ein Erzeugnis aus der Glutatmosphäre Ägyptens Frucht aus Ägyptens Zaubergarten.

Würzburg.

*) Vgl. meine Schrift: Das Recht als Lebenselement der Völker S. 17 f., Paturet in der cit. Schrift p. 45 f.

**) Vgl. die Stelle aus dem hieratischen Papyrus 371 von Leyden und die daraus mitgeteilte Partie bei E. Revillout, Revue Égyptol. I. p. 132 Note 2 (Chabas).

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