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Eine höchst unsichre und vergång Fiche Lage ist vor der Hand unsre Stel. lung in dem unermeßlichen Reiche Got. tes; dieß kann sich der Dichter in unserm Texte so wenig verhelen, daß es das Erste ist, was ihm ben dieser Stellung in die Augen fällt. Wie Gras, ruft er, ist der Mensch in feinem Leben; er blühet wie eine Blus me auf dem Felde; wenn der Wind darüber gehet, so ist sie nimmer da, und ihre Stätte kennet sie nicht mehr, Was kommt uns unbedeutender vor, M. Br., was zertreten wir gleichgültiger, als das Gras, das unter unsern Füssen keimt? Aber das ist der Mensch in der unermeßlichen Schöpfung, so wenig ist dem Ganzen an seinem Leben ge. legen; Tausende können sterben, Millionen kön nen verschwinden; niedriges Gras ist vertrock net, in dem unermeßlichen Ganzen wird es nicht vermißt. Was ist vergånglicher, als eis ne Blume; wie schnell welkt sie dahin, wenn der versengende Hauch des Sommers sie an. weht! Aber das ist der Mensch mit seiner Lebenskraft; so wenig darf er auf eine lange Dauer rechnen; jede Kleinigkeit, jeder Hauch des Ungemachs kann ihn tödten; und welche' Familien, Stämme, Völker sind so ganz von der Erde verschwunden, daß man nicht einmal ihre Stätte mehr kennt! Was wollen wir sa sen, M. Br. Können wirs beym Anblick der unermeßlichen Schöpfung Gottes läugnen, eine höchst

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höchst unsichre vergängliche Lage fey unsre Stel lang in derselben? Sehen wirs nicht täglich, wie die zartesten Pflanzen unsere Geschlechts um uns her vertrocknen; wie die schönsten Knospen desselben abfallen, bevor sie sich öffnen; wie die vollsten Blüthen desselben welken, ehe fie Früchte bringen? Und uns selbst weht uns nicht von allen Seiten her tödtender Hauch an; umringen uns nicht überall zerstörende Kräfte; umgiebt uns nicht überall das gefährliche Spiel schrecklicher Zufälle; sind wir unsers Lebens nur für den nächsten Tag, nur für die nächste Stun de gewiß? Und was hat es zu bedeuten, wenn wir verschwinden? Wird das unermeßliche Gan ze sich darum åndern; wird die Ordnung der Dinge dadurch gestört werden; wird der Erdkreis über uns trauern? Fühlen wirs denn nicht, kaum in dem nächsten Lande, kaum in der näch ften Stadt, kaum in den nächsten Häusern wird mans merken, daß wir nicht mehr da find, bald wird man unsre Stelle nicht mehr ken nen? Welche Lage, M. Br., welche Stellung in dem unermeßlichen, in dem ewig dauernden Reiche Gottes! So viele Völker, so viele Ge schlechter, so viele Menschenalter hat der Himmel, welcher sich über uns wölbt, entstehen und vergehen sehen! Was ist der Einzelne in diesem immerwährenden Untergang Aller! Was ist der Augenblick unsers Lebens in der gränzen losen Dauer der Welt?

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Das sollte uns beym Eintritt in das neue Jahr nicht ernsthaft machen und demüthigen? Beklage sich doch Nie.mand darüber, daß er an einem Morgen, den man nur freudig begrüssen soll, auf eine so niederschlagende Betrachtung geführt wird. Ihr, die ihr es wisset, wie schädlich jede Täuschung ist, wie wenig man dabey gewinnt, wenn man sich die Wahrheit verbirgt, ihr Weisern und Bef fern unter meinen Brüdern, o ihr scheuet diese Betrachtung nicht; euch schreckt es nicht, daß unsre Stellung auf Erden so unsicher und vergånglich ist. Nur desto ernsthafter beginnen wir das neue Jahr mit einander; nur desto weniger hången wir eitlen Träumen nach; nur desto vernünftiger beschränken wir unsré Wünsche; nur besto demüthiger erkennen wir, wozu Gott uns gemacht hat, und halten nicht mehr von uns, als sich gebührt. Und nun führe das neue Jahr herbey, was es will: uns wird es nicht überraschen, uns wird es keinen Plan vereiteln; wir sind auf alles gefaßt. Euch aber, die ihr das neue Jahr mit einer hohen Meinung von eurer Wichtigkeit, mit Uebermuth und Stolz antretet: soll ich euch nicht zuruffen: der Mensch ist in seinem Leben wie Gras, das man verächtlich unter die Füsse tritt, und das kann nách. stens euer Schicksal seyn? Euch, die ihr auf ein langes keben rechnet, und in leichtfinniger Sicherheit dahin lebet: soll ich euch nicht

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zuruf.

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fen: der Mensch ist wie eine Blume auf dem Felde; wenn der Wind dar. über gehet, so ist sie nimmer da; kann dieser tödtende Hauch euch nicht jeden Augen. blick treffen? Euch, die ihr in eure Plane und Geschäfte vertieft send, und von einem glänzenden Glücke träumet, das ihr er ringen wollet: soll ich euch nicht zuruffen: es ist noch ein Kleines, so seyd ihr nicht mehr da; wenn man nach eurer Stätte sehen wird, werdet ihr weg seyn, und vereitelt sind dann alle eure Entwürfe? Euch endlich, die ihr das neue Jahr mit allen euren Lastern, mit allen euren unbåndigen Begierden, mit allen euren wilden Leidenschaften antretet, und eure Ausschweiffungen ungestört fortzusehen gedenket: soll ich euch nicht zuruf fen: alles Fleisch ist Heu, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde; soll ich euch nicht erinnern, in welcher Gefahr ihr schwebet, und wie ihr eilen müsset, eure Seele zu retten; soll ich euch nicht bitten und beschwd, ren: heute, so ihr die Stimme Gottes höret, verstocket eure Herzen nicht? Eine höchst unsichre und vergångliche Lage ist unsre gegenwärtige Stellung im Reiche Gottes; dieß ist das Erste, was wir bey derselben wahr. nehmen.

Desto erfreulicher muß es uns seyn, daß fie zugleich ein Plaß in dem Wirkungskreis einer ewig dauernden Güte ist; denn das

muß uns bey dem Eintritt in das neue Jahr. mit Muth erfüllen und trösten. Wie

bald ermannt sich der Dichter in unserm Terte, M. Br. Wie bald måßigt er das peinliche Ges fühl seiner Vergänglichkeit durch Vorstellungen andrer Art! Wie stärkt er sich durch einen Blick auf die Huld und Erbarmung dessen, der: seinen Stuhl im Himmel bereitet hat. Die Gnade des Herrn, ruft er, währet von Ewigkeit zu Ewigkeit. Der grosse Wirkungskreis, das glückliche Gebiete einer al les umfassenden, alles erhaltenden, alles segnen. den Gnade Gottes ist ihm also die Welt; der Wirkungskreis einer Gnade, die keins ihrer Ges schöpfe vernachlässigt, die sich aller ihrer Werke erbarmt, und sich an dem kleinsten, wie an dem größten verherrlicht; der WirkungsFreis einer Gnade, die nie müde wird, Gutes zu thun, durch die dieses unermeßliche Ganze von Jahrhundert zu Jahrhundert fortdauert, deren Einfluß unendlich und grånzenlos ist, wie die. Ewigkeit. Und hat er nicht recht, M. Br., bes stätigt sich diese Ansicht der Welt nicht durch als les, was wir in derselben gewahr werden? Die weise Ordnung, welche alles verknüpft; die Fülle des Lebens, welche sich überall regt; die Man nichfaltigkeit der Geschöpfe, welche alles erfüllt; die Reihe von Wesen, die sich mit immer steigen, den Vorzügen bis zum Throne Gottes erhebt; der unermeßliche Reichthum von Gütern, welche überall verbreitet sind; die zahllosen Arten des

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