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dient. Was lassen sies abgehen an ihren Zinsen und Schinderei? Doch daß du die Fürsten gescholten hast, kannst sie wohl wieder Muths machen, du neuer Papst, schenkest ihnen Klöster und Kirchen, da sind sie mit dir zufrieden, ich rath dir's, der Bauer möchte sonst zufallen."

Er sagt ihm dann, daß dieß sehr unpolitisch von ihm gehandelt sei, denn die Fürsten werden ihn nur zu ihren besonderen Zwecken benüßen, und ihn dann wieder wegwerfen.,,Sieh, bist du doch zum Brandfuchs worden, der vor dem Tage heißer billet, und nun die rechte Wahrheit will aufgehen, willst du die Kleinen und nicht die Großen schelten. Du thust, gleichwie wir Deutschen fagen, du steigst in den Brunnen, wie der Fuchs in den einen Eimer trat und fraß die Fische, darnach locket er den unsinnigen Wolf in den Brunnen in den andern Eimer, so fähret er empor und der Wolf lag darunten. Also werden die Fürsten, die dir folgen auch bestehen und die edeln Strauchhänlin, welche du an die Kaufleut hebest. Wenn die Leute werden erst anfangen, aufs Licht zu warten, so werden die kleinen Hündlein zum Fuchsen ins Loch laufen, da werden sie nicht mehr föns nen, denn ein wenig vorn ins Maul beißen. Der frisch Hund aber schüttelt dem Fuchs das Fell, er muß aus dem Loch, er hat der Hühner genug gefressen. Sieh, Märten, hast du diesen Braten nicht gerochen vom Fuchs? den man zu Herrn Hof für einen Hasen den unerfahrenen Wildschüßen gibt. Du Esau hast es wohl verdient, daß dich der Jakob verdrücke. Warum hast du dein Recht um deiner Suppen willen verkauft?"

Als Münzer diese Schrift herausgegeben, war seines

Bleibens in Nürnberg nicht mehr: er wurde aus der Stadt geschafft, und begab sich in die Schweiz.

Hier waren um dieselbe Zeit, als Luther gegen Münzer zu kämpfen hatte, ähnliche Ansichten aufgetaucht, wie sie Münzer und seine Genossen im nördlichen Deutschland aufgestellt, und diese traten gegen Zwingli und die andern Schweizer Reformatoren ebenso in Opposition, wie Münzer gegen Luther '). Bei dem zweiten Relis gionsgespräche, welches Ende October 1523 zu Zürich ge= halten wurde, kamen sie zum ersten Male mit Entschiedenheit ans Licht. An ihrer Spiße standen drei Männer, Conrad Grebel, Simon Stumpf und Felir Manz, welche mit dem bisherigen Gange der Reformation sich durchaus unzufrieden erklärten. Der Erste hatte seine Bildung unter Vadians Leitung zu Wien und später unter Glareanus zu Paris erhalten, besaß viele Kenntnisse, aber auch eine zerrüttete Gesundheit. Nach Zürich zurückgekommen, wünschte er die Lehrstelle des Griechischen zu erhalten, sah sich aber getäuscht, und vielleicht mochte dieß ein Motiv mehr gewesen sein, den Umsturz alles Bestehenden zu wünschen. Simon Stumpf, der sich frü her schon vielfach in Deutschland als reisender Prädicant herumgetrieben hatte, ein Mann von dem heftigsten Cha ́rakter, war Pfarrer zu Höngg. Felir Manz, unehelicher Sohn des Chorherrn Manz zu Zürich, classisch gebildet, besonders im Hebräischen erfahren, wünschte auch, verges

1) Ich folge in der Geschichte der schweizerischen Wiedertäufer der vortrefflichen Abhandlung Heinrich Schreibers über Balthasar Hubmaier in seinem Taschenbuch für Süddeutschland. II. 156 folg.

bens eine Anstellung, und war darum auf die bestehenden Verhältnisse erbittert: dabei ein Mann von phantas stischem Wesen. Bei diesen Männern trat das Sectens wesen als charakteristisches Moment hervor. Sie vers langten vor allen Dingen eine eigene Kirche, als Absonderung von dem übrigen verderbten Geschlechte, in welcher eben nur die wahrhaften Christen, die Auserwähl ten sich befänden, oder vielmehr: die Kirche, welche sie im Sinne hatten, sei die einzig wahre Kirche, die Kirche der Frommen. Diese sollte ganz eingerichtet sein, wie die der Apostel: Alles sollte darinnen gemein sein, ges meinsam sollten sie Gott Loblieder singen, das Abendmahl begehen. Zinsen und anderer Wucher sollte für immer verbannt sein u. s. w.

Zwingli, dem sie zuerst ihre Ideen vorlegten, antwortete ihnen darauf sehr gut, daß er das Rottenmachen nicht leiden könne: die Kirche würde nie ein Wes sen mit dem Reiche Christi werden: das Absondern von den Nebenmenschen sei nichts: man solle sich lieber von seinen Sünden absondern. Diese abschlägige Antwort rief aber nur eine Opposition jener Männer gegen Zwingli hervor: und sie bemühten sich, ihre Ansichten weiter zu verbreiten. Bald fanden sie neue Anhänger. So Wilhelm Reublin, von Rotenburg am Neckar gebürtig, früher Pfarrer in Basel, wo er sich schon durch seine Hef tigkeit ausgezeichnet hatte, dann Pfarrer im Dorfe Wys tikon bei Zürich; sodann Johann Brödlein, Pfarrer zu Quarten, später zu Zollikon, wo er im Sinne der volkss mäßig radicalen Ansicht von seiner Handarbeit lebte; Georg Blaurock, ein ausgelaufener Mönch, der an Heftigkeit und Leidenschaftlichkeit keinem dieser Männer nach

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stand. An diese schlossen sich denn eine Menge Landleute und Handwerker an.

Je höher die Anzahl dieser Sekte stieg, desto mehr trat die radicale Lendenz heraus. Simon Stumpf erflärte ganz offen, es würde nicht besser werden, wenn man nicht alle Pfäffen todtschlüge, worunter 'er auch die Anhänger der Reformation mit begriff. Auch das erclu sive Sektenwesen wurde immer mehr ausgebildet. Charakteristisch dafür ist die Wiedertaufe, welche sie als Unterscheidungszeichen annahmen. Wir erinnern uns, daß die Opposition gegen die Kindertaufe allerdings schon bei dem ersten Auftreten der radicalen mystischen Partei zum Vorschei gekommen war; doch war sie bald wieder in den Hintergrund getreten, und bei Münzer und seinen Anhängern war sie nicht wesentlicher, als andere Ideen des Systems. Bei diesen schweizerischen Mystikern aber, welche von vornherein darauf ausgingen, eine besondere Sekte zu bilden, die sich von den übrigen Menschen auffallend absondere, lag die Nothwendigkeit eines äusse, ren Unterscheidungszeichens sehr nahe. Sie bekämpften vorerst die Kindertaufe, als nicht in der Schrift gegründet, und führten dann die Wiedertaufe ein als Zeichen, daß der Mensch wiedergeboren sei zu einem sündlosen Leben. Sie hielten auf diese zweite Taufe ungemein viel, und glaubten, daß ohne diese keiner ein wahrer Christ sein könne. Auch das asketische Element, welches in dieser materiellen Richtung des Mysticismus vorhanden war, trat bei ihnen recht äusserlich hervor. Sie gingen in schmußigen zerlumpten Kleidern, in Sack und Asche, mit Stricken umgürtet, einher. Sie liefen so durch die Stadt mit dem Geschrei: Wehe, wehe über Zürich!

Als diese Sekte schon ziemlich gediehen war, erschien Thomas Münzer in der Schweiz. Er seßte sich, wie es schien, sogleich mit diesen Bestrebungen in Verbindung. Er ging zuerst nach Basel, wo sich, vielleicht unter seiner Leitung, ein Verein von solchen Leuten bildete. Dann zog er sich in den Kletgau zurück, wo er in dem Dorfe Grießheim seinen Siß nahm, zwischen Waldshut, Schaffhausen und Eglisau gelegen. Von da aus blieb er mit der radicalen Partei in der Schweiz, wie mit der in Deutschland in Verkehr: es scheint, daß er die Verbindung mit Karlstadt, die früher schon bestanden, jeßt befestigt habe: deni Karlstadt war um dieselbe Zeit in jenen Gegenden.

Von dieser Zeit an gewannen die Wiedertäufer immer mehr Bedeutung. In einem Canton nach dem andern erhoben sich Anhänger derselben: in Basel, in Sanct Gallen, in Schaffhausen, in Chur. In Waldshut trat der dortige Pfarrer, Balthasar Hubmaier, der sich schon durch seinen glühenden Eifer für die Sache der Reformation ausgezeichnet hatte, auf ihre Seite, mit ihm seine ganze Gemeinde. Auch in Straßburg zeigten sich diese Meinungen ').

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Reactionen von Seite der biblischen Richtung.

Fragen wir nun, wie sich die biblische Richtung in der Theologie, welche jezt als die gemäßigte erscheinen konnte, gegen diese Bestrebungen verhielt, so müssen wir vor allen Dingen den Unterschied fest halten, der zwis

1) Capito an Zwingli: 30. Dec. 1524. Epp. Zw. I. 371.

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