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sagt, Gottes Wille sei nichts Gewisses: dadurch aber uns tergrabe er alles Christenthum. Er wirft ihm vor, daß er die Lehre der Sophisten und die der heiligen Schrift unter einander menge, welche doch himmelweit unterschieden seien. Dem Einwand des Erasmus, daß die Lehre von der Unfreiheit des Willens die Menschen an der Besserung hindere, entgegnet er: Ganz recht! Niemand soll sich bessern, sondern nur seine Unfähigkeit erkennen. Das sei der Grund der christlichen Lehre; der zweite sei der Glaube, dieser werde nur durch einen unvernünftigen Gegenstand gestärkt und erhöht: darum werde der Glau be, das Hauptstück des Christenthums, gerade durch die unbegreifliche Theorie von der Unfreiheit des Willens gestärkt. Man höre!,,Der Glaube kann aber nicht statt haben, es sei denn Alles, das ich glaube, verborgen und unsichtbar: denn was ich sehe, das glaube ich nicht. Es kann aber ein Ding nicht tiefer verborgen werden, denn wenn es widerfinnig scheint, und ich gleich anders in der Erfahrung vor Augen sehe, fühle und greife, denn mich der Glaube weiset." Eben darum thue Gott das Vers kehrte, erscheine ungerecht, hart, tyrannisch, um unseren Glauben zu prüfen. Wenn das Wesen Gottes durch die Vernunft erkannt werden könnte, so brauchte man den Glauben nicht. Weil aber die Vernunft dieß nicht könne, so finde der Glaube statt, so könne man den Glauben üben an so widersinnigen Lehren.

Im Ganzen machte sich Luther die Widerlegung ziems lich leicht. Er ging nämlich immer von der Ansicht aus, daß die Richtigkeit seiner Theorie unbestritten fest stehe, daher nicht erst des Beweises bedürfe: die Ansicht des. Gegners aber bekämpft er immer von dem Standpunkte

feiner Theorie aus, von der er oft unbegreiflicher Weise annimmt, als wäre sein Gegner selber damit einverstan den. Zugleich aber benußt er Erasmus Schaukelsystem, dem er auch in dieser Frage gehuldigt, um ihm auf den Leib zu gehen. Er ergeht sich gerne in den Widersprü chen des Erasmus mit sich selbst, welche nachzuweisen ihm nicht sehr schwer fallen konnte.

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Indessen die Hauptsache, nämlich die Bibelstellen, welche Erasmus für seine Ansicht und gegen die lutheris sche beibrachte, konnte er doch nicht umgehen: im Gegens theile, darauf mußte er, der die Bibel über Alles hielt, am meisten Rücksicht nehmen. Hier ist es denn wirklich merkwürdig, wie weit Luther feine Halsstarrigkeit zu treiben vermag, wie er faktisch seinen eigenen Grundsaß verhöhnt, die Schrift nur nach dem Buchstaben zu neh men, wie er diesem Grundsage frech in das Gesicht schlägt. Erasmus hatte die Stelle aus Sirach XV. 1418. angeführt, wo es heißt: „Willst du die Gebote hals ten, so werden sie dich wieder erhalten, und wirst du ewig Glauben halten. Es ist dir vorgesezt Feuer und Wasser, zu welchen du willst, recke deine Hand aus. Dem Menschen ist vorgesezt Tod und Leben, bös und gut: was ihm gefällt, wird ihm gegeben werden." Diese Worte, sagt Luther, beweisen für den unfreien Willen. Freilich werde die Vernunft sagen, dieß sei ja gegen allen Sprachgebrauch, wenn Einer, dem man das Wollen frei stellt, boch nicht wollen könne. Allein daraus erkens ne man eben die blödsinnige Vernunft," welche verlange, daß sich Gott nach ihrer Weise ausdrücken solle! Gott meine hiemit gerade das Gegentheil von dem was da stünde. Wie man sieht, ein sehr treuer Wortverstand der

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Bibel! Luther sieht sich denn gezwungen, zu der Ausflucht seine Zuflucht zu nehmen, daß in Gott zwei Willen seien, nämlich ein geoffenbarter und ein nicht ges offenbarter, ein unerforschlicher. Gott wolle Vieles, wovon er in seinem geoffenbarten Willen nicht gesagt hat, daß er es wolle: ja Manches in Gottes geoffenbartem Willen widerspreche seinem unerforschlichen. Man meint wirklich, Luther wäre dabei gewesen, als Gott seine zwei Willen gemacht hat und habe von ihm über Alles ges nauen Aufschluß erhalten! Luther geht aber mit seiner harten Stirne noch weiter. Im Widerspruche mit dem eben ausgesprochenen Grundsage, daß eine Lehre um so vorzüglicher und wahrer sei, je mehr sie der Vernunft widerspreche, bemerkt er, daß jene Stelle auch nach der Vernunft für den unfreien Willen beweise. Denn wie oft sage man spöttisch zu Jemanden:,,Komme, fomme doch! willst du wohl kommen?" um das Gegentheil das mit anzubeuten! So habe Gott in diesem Spruche sich gestellt, als nehme er einen freien Willen des Mens schen an, um ihn durch diesen Spott seine Unwürdigkeit und Erbärmlichkeit nur noch mehr fühlen zu lassen. In demselben Sinne, fügt er hinzu, seien alle ähnlichen Sprüche der Bibel zu verstehen: Gott wolle uns durch die scheinbare Annahme eines freien Willens nur zur kenntniß der Unfreiheit desselben bringen. Und in der That fertigt er alle Bibelstellen des Erasmus mit dieser Erklärung ab. Dabei hat er noch die Anmaßung, zu behaupten, seine Auslegung der Bibelstellen sei nicht vers dreht, sondern ganz recht: dagegen verdrehten die Ans dern. Luther nimmt in dieser Schrift die Lehre der Präs destination an, und zwar sehr schroff; mur, daß er von

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vornherein die absolute Sündhaftigkeit jedes Menschen präsumirt, und die Prädestination blos auf die Verleis hung der göttlichen Gnade oder Ungnade beschränkt.

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Daß eine Richtung mit solchen Grundsäßen, wie wir eben dargestellt, keine glücklichen und schönen Resultate erzielen konnte, wird Jedermann einleuchten. Und in der That zeigten sich sehr bald die übeln Wirkungen derselben. Was das Verhältniß zur weltlichen Macht anbetrifft, so sahen die Reformatoren selber sehr bald ein, welchen großen Mißgriff sie hier gemacht. Denn die Fürsten und Edelleute raubten nun die Kirchen- und Klostergüter für sich selbst, ohne daß es ihnen eingefallen wäre, sie für gemeinnüßige Dinge oder nur für die Bes soldung der Geistlichen zu verwenden. Nun sah Luther selber ein, daß man nur den Namen des Evangeliums dazu benüße, um unter seinem Schirme Räubereien auszuüben1). Und man glaube nicht, daß diese Dinge blos vereinzelt gewesen wären. Fanden sie ja selbst in den Ländern jener Fürsten statt, welche immer als die heroischen großmüthigen Beschüßer des neuen Glaubens hingestellt worden sind: wie z. B. sogar in den Ländern des Churfürsten von Sachsen. Kirchen und Schulen, Alles lag gräßlich darnieder, denn die Fürsten und Edelleute waren zwar sehr schnell bei der Hand, um fremdes Gut sich anzueignen, aber sehr lässig, um nur das Nothwen

1) An Spalatin. 1. Jan. 1527. de Wette. III. 147.

digste für Prediger, Kirchen und Schulen zu thun1). Lus ther machte endlich dem Churfürsten Johann den Vorschlag zu einer Kirchenvisitation. Mehrere Männer, unter ihnen Luther und Melanchthon, wurden nun beauftragt, das Land zu durchreisen und die nöthigen Einrichtungen zu treffen. Aber wie fah Alles aus! Wie war Alles vernachlässigt! Allenthalben Elend, Armuth und Dürftigkeit, selbst Verwilderung, sogar unter den Geistlichen 2)! Manche Orte hatten gar keinen mehr 3): so väterlich hatte die Regierung die Sorge für die Religion übernommen. Viele Pfarrer hatten keine Besoldung"), oder eine so erbärmliche, daß sie nicht damit auskommen

1) Luther an den Churfürsten Johann. 22. Nov. 1526. de Wette. III. 135.

2) Melanchthon an Camerarius. August 1527. Corp. Reform. I. 881. Ego in molestissimis negotiis hoc tempore et quidem nullo cum fructu, quantum video, versor. Adeo sunt omnia perturbata, partim inscitia docentium, partim improbitate. Luther an Amsdorf. 1. Nov. 528. de Wette. III. 398. Nos visitatores h. e. episcopi sumus et invenimus paupertatem et penuriam ubique. An Spalatin. 8. Nov. ib. 399. Visitatio nostra procedit: quas ibi miserias videmus, et quam saepe tui recordamur, inventuri similes vel majores in ista dura gente Vogtlandia.

3) Melanchthon an Fr. Myconiús. Dec. 1528. Corp. Reform.

1. 1013.

4) Luther an den Churfürsten Johann. 10. Dec. 1527. de Wette. III. 245. Luther an Spalatin. 13. Aug. 1529. ib. 493. wo er sagt, daß der Pfarrer Augustin in Coldiz Schulden machen müsse, weil er das erste Jahr keine Besoldung hatte. Der Pfarrer in Delsnig hatte gar nichts und mußte, fast verhungern.

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