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ganz andere Reformation sich gedacht, sich gewünscht: eine solche, in welcher neben Förderung wissenschaftlicher Bildung das Christenthum immer mehr gereinigt, vergeis ftigt, verinnerlicht würde. Was aber konnte ihm helfen, ́ daß neue Dogmen an die Stelle der alten traten, die an Bornirtheit diesen nichts nachgaben? Dogmen noch dazu, welche das Christenthum wieder ebenso äusserlich machten, wie es im Papstthum gewesen war? Und als nun Erasmus sah, daß die Reformation, welche er wünschte, in den neuen Kirchen nicht durchgesetzt wurde, vielmehr das Gegentheil davon, so hielt er es für das Beste, bei der Kirche zu bleiben, deren Glied er bisher gewesen, in welcher er überdieß, wie es schien, den wenigsten Unannehmlichkeiten ausgeseßt war. Glaube man aber nicht, daß Erasmus seine Freifinnigkeit verloren, seine ursprünglichen Ideen aufgegeben hätte. Aeusserlich zwar bekannte er die Kirche und ihre Lehrsäße: dabei aber dachte er doch, was er wollte und schrieb noch in feinen lezten Jahren so freisinnig über religiöse Dinge, wie kein Theolog in der neuen orthodoren Partei.

Schon in seinen früheren Schriften, in dem Handbuch des christlichen Streiters, in der Art und Weise zu Gott zu beten, in den Anmerkungen zum neuen Testamente, in seinen Gesprächen, wo er immer auf innerliche Frömmigkeit drang und strenge Kritik handhabte, war er auf Ansichten gekommen, welche mit dem positiven Christenthume, mit der Annahme einer geoffenbarten Religion nicht recht harmonirten. Wir erinnern uns noch aus dem ersten Bande, wie er sich über die unbefleckte Empfängniß der Jungfrau Maria lustig gemacht. Ja, er feßte sogar die Begattung des heiligen Geistes mit ihr

in Eine Kategorie mit den Begattungsscenen der heidnischen Götter'). Auf die heidnische Gottheit Venus, sagt er in dem Gespräche:,,der Schiffbruch," zu welcher die Schiffbrüchigen gebetet, sei, als jene aufgehört zu regieren, die Jungfrau María gefolgt. Er stellte Zweifel über die Gottheit Christi und über die Dreieinigkeit auf: wenigstens könne man aus der heiligen Schrift beide Glaubensfäße nicht beweisen. Er hielt dafür, daß die heilige Schrift vielfach verfälscht sei: und über einzelne Schriften hatte er seine besondern Ansichten. Von dem hohen Liede Salomonis meinte er, daß es ein Liebeslied set?): von dem Briefe Pauli an die Römer, daß er durch seine Dunkelheit und Unklarheit alle Rugbarkeit verliere, denn nirgends sei Paulus confuser, als eben hier3). Manche Stellen in der Schrift seien ganz unverständlich, wie z. B. die Sünde gegen den heiligen Geist 4). Und die widersprechenden Stellen der Evangelisten mit einander in Vereinigung bringen wollen, sei nichts anderes, als in einem Labyrinthe wandeln 5).

Die Sacramente hatte er ebenfalls schon in seinen früheren Schriften für Ceremonien erklärt, und als solche für indifferent. Und noch später, als sich die Abendmahlsfrage aufthat, erklärte er, seinem Sinne entspreche die Meinung Decolampads, und er würde sie annehmen,

1) Luther in einem Briefe an Amsdorf. Walch." XVIII. 2522. 2) Dafelbst. S. 2189.

3) Prologus supputationis errorum in censuris Bedae per Desid. Erasmum Rotherodamum. 1527. Froben. 35. 36. 4) Daselbst. 19.

5) Dafelbst.

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wenn nicht die Kirche entgegenstände '). In der Laufe kam er sogar mit den Ansichten der Läufer überein: wes nigstens meinte er, daß sich die Kindertaufe nicht aus dem neuen Testamente beweisen lasse 2). Außerdem hatte er fast sämmtliche Ansichten der volksmäßig radicalen Richtung: so ist er der Meinung, daß die Christen eigentlich kein Eigenthum haben sollen3). Selbst daß Christen nicht schwören, keinen Eid leisten sollten, nahm er an 4). Von der Ewigkeit der Höllenstrafen hielt er ebens falls nichts:,, es gibt keine andere Flamme, sagt er 5), in welcher der Sünder gepeinigt wird, und keine andere Höllenstrafe, als die beständige Angst des Gemüths, welche die Sünde begleitet."

Diese seine freien Ansichten wurden von den Katholiken sowohl, wie von der neuen Orthodorie bemerkt und auf gleiche Weise bekämpft. Luther und Melanchthon stellten ihn immer als einen Heiden, als einen Epicur und Lucian hin: der erstere warf ihm offen Verachtung aller Religion, insbesondere der christlichen vor'). Die Katholiken aber wiederholten fortwährend ihre Ansicht, daß er die Quelle und das Haupt aller Keßereien sei, und als er sich schon entschieden von den Lutheranern losgesagt hatte, erschienen von katholischer Seite immer noch

1) Erasmus au Stephan Brodericus. 1529. Epp. Erasmi. 1138. 2) In der Vorrede zur Paraphrase, des Mathäus.

3) Im enchiridion can. 6.

4) Prologus supputat. 27.

5) Enchiridion can. 20.

6) Siehe die Stellen im zweiten Bande. S. 4. und Walch. XVIII. 2509. 2515. 2516. de Wette. III. 461.

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Schriften gegen ihn, welche ihn der größten Keßereien und zwar keineswegs ohne Grund beschuldigten. Besonders tief verlegten ihn die Schriften des Beda, Profess fors der Theologie in Paris und die einiger spanischen Mönche. Gegen beide vertheidigte er sich, so gut er konnte. Die Apologie aber gegen die leßteren wollen wir etwas genauer besprechen, weil sich aus derselben seine eigentliche Richtung am Besten erkennen läßt1).

daß man recht Denn er sagt, er

Seine Widersacher warfen ihm vor, er halte nichts von der Dreieinigkeit, sondern sei der Ansicht des Arius. Er vertheidigt sich nun dagegen, doch so, wohl merkt, die Gegner hätten Recht. habe die Lehre von der Dreieinigkeit als so mit dem christlichen Wesen übereinstimmend und vereinigt gedacht, daß ein Zweifel daran ihm gar nicht in den Sinn habe kommen können, und dasselbe habe er von allen Christen angenommen: eben daher aber sei es zu erklären, wenn er etwas zweideutig darüber geschrieben, sich nicht genug in Acht genommen habe. Er bringt, um die Gegner vollständig zu widerlegen, 80 Stellen aus seinen Schriften bei, in welchen er ganz kirchlich von der Dreieinigkeit geschrieben: nichts destoweniger sieht man aus der Art und Weise seiner Vertheidigung, daß er die entge gengeseßte Meinung gehabt. Die Gegner warfen ihm vor, daß er die Stelle im 5ten Kapitel der ersten Epis stel Johannis, wo von der Dreieinigkeit die Rede ist,

1) Apologia adversus articulos aliquot per monachos quos

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dam in Hispaniis exhibitos, ab autore recognita et aucta. Basil. 1529. Frobenius. 8.

als eine unächte bekämpfte. Erasmus ist weit entfernt, diese Ansicht zurückzunehmen, sondern er vertheidigt sie. In den griechischen Codices, sagt er, finde sich jene Stelle nicht, und die Kirchenväter bis zum Augustinus hätten auch nichts von ihr gewußt, denn sonst würden sie sie wohl in ihren Streitigkeiten gegen die Arianer benußt haben. Auch die Freiheit, die Kirchenväter zu kritisiren, läßt er sich nicht nehmen: sie hätten gar oft die Schrift nach ihrer Ansicht verdreht. An einer andern Stelle, warfen sie ihm vor, wo er in seinen Anmerkungen von dem Dogma der Arianer sprach, hätte er gesagt, die Theologen sollten sich doch nicht mit solch ́unwesentlichen Fragen beschäftigen, sondern das Wesen des Christenthums darein sehen, daß Jeder mit Gott eins zu werden strebe: mit jener Stelle könnte man das Dogma der Arianer doch nicht widerlegen. Erasmus läugnet nun zwar, daß er damit das Dogma der Arianer habe vertheidigen wollen; bleibt aber fest bei dem Sage, daß man mit jener Stelle die Ansicht der Arianer nicht widerlegen könne: denn,,Sohn Gottes" werden auch andere Menschen genannt, nämlich alle fromme. Auch die Stelle beim Jós hannes: „ich und der Vater sind eins,“ sei nicht hinreis chend, einen Arianer von der Gottheit Christi zu überzeugen. Denn die Schrift gebrauche gar oft den Ausdruck,, eins sein“ von zweien Dingen, um dadurch die innige geistige Befreundung anzuzeigen, wie man z. B. von jedem frommen Menschen sagen könne, daß er eins sei mit Christo, oder wie man von zwei Freunden sagen könne, daß sie eins mit einander seien').

1) S. 45.

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