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mus, meinen sie, sei ein bloßer Mensch. Aber doch glaube er mehr nach Christi Geboten zu lehren, als jene, welche immerfort von Kezern und Schismatikern sprechen.

Ebenso wenig, wie über die sogenannten Evangelischen, täuschte er sich über die Katholiken. Anstatt daß die Häupter der Kirche nachgeben, fügen sie, meinte er, zu den alten Mißbräuchen neuen Aberglauben und neuch Pharisäismus hinzu. Es helfe nichts, daß Luther unterdrückt würde, wenn die Mönche wieder die Herrschaft bekämen.'). Er ist daher sehr traurig über den damaligen Zustand der Dinge und meint, es möge die eine oder die andere Partei den Sieg davon tragen, so würde es sehr schlimm mit denen stehen, welche mit aufrichtigem Herzen den Ruhm Christi wollen 2). Er wünschte später immer eine Vereinigung der verschiedenen Parteien, und hat auch eine Schrift darüber geschrieben3). Aber so frei er auch für sich selber denken mochte, so wenig taugte er zu einem Vermittler. Hier wollte er Niemans den wehe thun, am wenigsten denen, welche die Gewalt in den Händen hatten. Das also, worauf es eigentlich ankam, ließ er bei Seite liegen. Seine Schrift ist daher nichts weiter, als ein flaches Werf des Juste Milieu, die zwar sehr gute Gedanken enthält, aber dem Zwecke, den sie erreichen soll, nicht im Mindesten genügt.

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Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim. Sahen wir in Erasmus den wissenschaftlich gebildes ten Geist, welcher die Freiheit der Forschung innerlich

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2) An Boghelm. 1529. bel Walchner Johann von Bosheim. S. 144. 3) De amabili ecclesiae concordia....

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sich bewahrend, und homogene Elemente in sich aufnehmend, die reformatorische Richtung rein in sich erhalten und fortgebildet hatte, so tritt in Agrippa mehr das volksmäßige Element hervor, welches aber gepaart mit wissenschaftlicher Bildung fast zu denselben Resultaten führt, wie Erasmus, wenigstens in Bezug auf Kritik und auf das eigentliche Wesen der Religion. Agrippa führte in seinem bekannten Buche von der Ungewißheit und Eitelkeit des menschlichen Wissens') den volksmäßigen Grundsaß durch, daß alles Wissen eitel set, daß die Ges lehrsamkeit leicht zur Narrheit führe und daß es nichts Verderblicheres gebe, als einen eiteln Gelehrten. Man sieht, es ist dieß derselbe Grundsaß, welcher in excentris scher Weise zuerst bei den Hussiten, dann bei den Wittenberger Unruhen hervorgetreten war, und sich auch in manchen mystischen Sekten, namentlich bei den schwärmerischen Wiedertäufern erhalten hat. Diesem Sage liegt offenbar eine tiefere Bedeutung zu Grunde, welche gerade in der damaligen Zeit sich geltend machen mußte, wo die Neligion sowohl, als die Wissenschaft durch unnatürliche ge schraubte Systeme aller Art ihr eigentliches Wesen verloren, wo unter dem Druck geistloser Pedanterie Natur und gesunder Menschenverstand elend zu verkümmern drohten. Die Reaction gegen die unnatürliche geistlose Gelehrsamkeit hatte zu jenen excentrischen Erscheinungen ge führt, die freilich nicht zu billigen sind. Unser Agrippa nun gewann jenem Grundsage eine bessere Seite ab: bef

1) De incertitudine et vanitate omnium scientiarum et artium.

1530.

ihm führte derselbe zur Kritik, und nüßte dadurch, wie man sieht, der Wissenschaft gerade am Meisten.

Es ist nicht zu verkennen, daß Agrippa, der sich als unstäter feuriger Geist vielfach in der Welt herumgetrieben und in allen Wissenschaften bewandert gewesen, manchmal auf wunderliche Meinungen gekommen sei, und selbst in dem erwähnten Buche ist offenbar Scherz und Ironie mit Ernst gepaart. Im Ganzen aber sieht man immer in ihm den geistreichen und kenntnißvollen Mann, der allezeit den Nagel auf den Kopf getroffen. Früher schon ein Humanist mit Leib und Seele und Verächter des Mönchthums, hatte er diesem, wo er konnte, wehe gethan, war auch von ihm verfolgt worden. Er bekannte sich bald nach Luthers Auftreten zur neuen religiösen Richtung: scheint aber nicht speziell zum Lutherthum überge gangen zu sein, sondern auf seinen eigenen Füssen gestanden zu haben.

Gehen wir nun zu seinem Buche über, so erklärt er gleich im erstem Kapitel, wo er von der Wissenschaft im Allgemeinen spricht: im Gegensaße zu denen, welche die Wissenschaft und ihre Bekenner bis in den Himmel erhos ben, wolle er beweisen, daß es nichts ́ Verderblicheres für unser Seelenheil geben könne, als eben die Künste und Wissenschaften. Es gebe keine Wissenschaft, an der nicht mit Recht etwas zu tadeln wäre: das Lob, das sie etwa verdient, entlehne sie Besizers. Nicht obenhin aber soll dieser Angriff gescheż hen: er werde in den Kern der Sache dringen und von innen heraus die Richtigkeit seiner Ansicht darthun. Nichts sei böser, als eine Kunst, mit Schlechtigkeit gepaart, das Berderblichste sei ein großer Künstler oder Gelehrter, der

6mmer von der Rechtschaffenheit des

schlecht sei. Am Aergsten aber sei es, wenn der Gelehrte ein Narr werbe, weil er seine Thorheit mit der Wissenschaft zu vertheidigen suche: nichts verderblicher, als mit Verstand wahnsinnig sein. Das Wissen mache es überhaupt nicht, sondern die Rechtschaffenheit. Die wahre Seligkeit bestehe nicht im Wissen, sondern in der Kunst zu leben. Nicht das Wissen, sondern der gute Wille verbinde die Menschen mit Gott. Die Wissenschaft mache auch die Menschen unglücklich, wenn sie nämlich über Dinge nachgrübeln, die sie nie ergründen können: sie kämen dann in ein Meer von Finsterniß. Selbst der Staat leide einigermaßen durch die Wissenschaft. Hier wollten die Gelehrten obenan sein, und weil sie sich gescheider dünken, als das übrige gemeine Volk, wollten sie dieses beherrschen. Der Staat verwandle sich dann aus einer Demokratie in eine Oligarchie. Jede Wissenschaft habe zwei Seiten, könne gut und schlecht sein, da sei nichts Gewisses, lauter Irrthum und Streit.

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Indem er nun zu den einzelnen Wissenschaften übergeht, bemüht er sich überall, das Lächerliche und Verwerf liche derselben herauszuheben. Aber es liegt am Tage, das sein Verstand ihm das eingibt, daß er Kritik dadurch übt. Im dritten Kapitel, über die Grammatik, zählt er zuerst die Pedantereien der Grammatiker auf, und geht dann zu den Verfälschungen über, welche sich die heilige Schrift von den Theologen gefallen lassen muß, welche über dem todten Buchstaben den Geist und den Sinn der Schrift vergessen und dadurch das Wesen des Wortes Gottes ruiniren und verfälschen. So habe ein Priester, um nicht gegen die Grammatik zu verfehlen, als er mehrere Ho stien in der Hand hatte, gesagt: das sind meine Leiber.

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So haben die Wörter aus und durch den ganzen Streit zwischen der lateinischen und griechischen Kirche herbeiges führt, indem die Lateiner behaupteten, der heilige Geist komme aus dem Vater und aus dem Sohn, während die Griechen: nicht aus dem Sohn, sondern aus dem Vater durch den Sohn. So habe neuerdings, das Wörtchen ist den Abendmahlsstreit hervorgerufen. Ueberhaupt habe die Grammatik zu den größten Streitigkeiten den. Stoff gegeben: in der Philosophie, in der Medicin, im Recht. Von den neueren Grammatikern bekämpfe einer den andern: jeder wolle es besser wissen.

Auch auf die Geschichte könne man sich nicht verlass sen: auch sie sei ungewiß. Die Schriftsteller widersprechen sich. Die Einen hätten ihre Thatsachen von Ans deren überkommen, die manches Falsche berichtet. Andere, Augenzeugen, hätten nur einen Theil selber mit angesehen das Uebrige sei ihnen unbekannt. Wieder Andere schmücken aus, Viele lügen, theils aus Absicht, theils aus Unwissenheit, wie z. B. die römischen Schriftsteller, die über Deutschland berichten. Auch die neueren Histos rifer hätten sich das zu Schulden kommen lassen: Sa bellicus leite fälschlich die Alanen von den Alemannen ab, die Ungarn von den Hunnen, Gothen und Geten seien Scythen, die Dänen verwechsle er mit den Daciern und St. Ottilienberg verseße er nach Baiern, da derselbe doch in der Nähe von Straßburg liege. Volaterranus verwechsle Austerania und Austria, und sage, Plinius hätte Bern erwähnt, da dasselbe doch viel später von dem Herz zog Berthold von Zähringen gegründet worden. Celtes verwechsle auch die Dacier mit den Eimbern und meine, es seien Cheruscer. Manche hätten eine Nebenabsicht, eis

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