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gen nach sich zog und diese gleich bei ihrem offenen Ausbruch intendirte, macht sich nicht auf einmal, sondern sie bildet sich stufenweise. Gar viele Mitteiglieder sind ers forderlich, um sie endlich bis an die Spiße zu leiten. Diese wollen nicht immer das letzte Ziel, wenn sie auch unbewüßt und ohne Willen dasselbe mit herbeiführen. Tritt dies hervor mit voller Klarheit und sind jene noch auf der Bühne des Lebens, so begegnet es häufig, daß fie mit ihm keineswegs zufrieden sind, sei es daß ihre ganze geistige Entwicklung nicht darauf berechnet war, oder daß sie, beschränkt geworden durch vorgeschrittenes Alter, sich der neuen Bewegung nicht mehr mit voller Kraft in die Arme zu werfen vermögen. Solche Männer gab es nicht wenige in der Reformationszeit. Zu ihnen gehörte Jakob Wimpheling, Zasius, der Prior von Rebdorf, Hieronymus Gebwyler, Johann Altensteig, Cantiuncula, Scheurl, die Schwestern Pirkheimers, ja selbst Johann Reuchlin.

Bei ihnen allen herrscht die Scheu vor dem historis schen Recht, 'vor der durch Jahrhunderte geheiligten Tra, dition vor: sie haben zwar alle das Ihrige dazu beigetragen, um den neuen Ideen Eingang zu verschaffen; has ben auch für sie gekämpft und gelitten, aber sie schauderten zurück vor den Consequenzen, welche zuleßt die Zeit aus ihnen zog. Von Jakob Wimpheling wissen wir, daß er auf das Eifrigste die humanistischen Studien förderte, die neue Richtung in der Theologie unterstüßte und selber betrieb zugleich aber bemerkten wir in ihm von jeher eine gewisse Scheu vor dem Bestehenden, welche ihn bestimmte, mehr auf friedlichem Wege eine Art Reformation zu betreiben. Begreiflich ward er erschreckt

durch die ungeheuere Bewegung, welche in den zwanzi ger Jahren auf einmal die ganze Nation ergriffen hatte. Anfangs zwar war er für Luther, wie Alle, welche zu den Humanisten gehörten: er fügte sogar dem bekannten Briefe des Erasmus, in welchem sich dieser zu Gunsten Luthers erklärt, ein Schreiben bei, das ebenfalls für Luthern stimmte und die Gegner desselben zur Milde ermahnt 1). Aber schon im Anfange des Jahrs 1520 hatte er darüber eine mißfällige Ansicht. Er drohte selbst seis nem Neffen Sapidus, Rector in Schlettstadt, der sich kühn und frei im reformatorischen Sinne äusserte, ihn beim Keßergerichte anzuzeigen, wenn er sich nicht mäßige. ,,Denn, fügt der Berichterstatter Beatus Rhenanus hinzu, Wimpheling kann es nicht leiden, daß Jemand gegen die Ceremonien spricht“). Diese seine Abneigung ges gen die Reformation stieg mit jedem Jahre. 1523 schrieb er an Wolfgang Fabricius Capito in Straßburg einen heftigen Brief, worin er ihm vorwirft, er predige: wer die Mutter Gottes anrufe und sein Vertrauen auf sie feße, sei gleich, als bete er einen Hund an; wenn er durch sie und ihre Bitte selig werden sollte, wollte er nicht selig sein. Dieß sei gegen die Lehre Augustins, Alberts des Großen, Wilhelms von Paris, Johann Gersons, Johannes Damascenus. Er mache aus der heilis gen Mutter Gottes mit den abscheuligen Wiklefiten eine gemeine Dirne, als wäre sie in der Bicker Gassen ems pfangen.,, wenn, ruft er aus, Bernhard, Gabriel „O

1) Amoenitates Friburgenses. Fasc. III. 540.

2) Beatus Rhenanus an Zwingli. 10. Januar 1520. Epp. Zwin

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øder Summenhard oder Dein Lehrer, Georg Northofer, noch am Leben wären! Wenn, was ferne sei, aus dem Geschrei und den Schriften Mathäus Zells und Martin Bucers gegen euerèn Klerus Revolution und Empörung erfolgen sollte, indem die Laien durch die unklugen und unsinnigen Predigten sich dazu verführen lassen, wird nicht Reiden das Gewissen schlagen?"1) Man sieht: der gute Mann hing noch viel zu sehr an den alten Autoritäten, als daß er sich in die entschieden ausgeprägte neue Richtung hätte finden können. Die Zeit war ihm über den Kopf gewachsen, hatte ihn überflügelt. Es be gegnete ihm daher das Mißgeschick, daß er, der so viel für die neuen Ideen gethan, nun am Ende seines Lebens, wo er auf seinen Lorbeeren hätte ruhen können, von den Anhängern der neuen Richtung angegriffen und wegge`worfen ward: denn die Bewegung war auf dem Punkte angekommen, wo man Entschiedenheit und Energie verlangte, und Niemanden mehr erlaubte, ohne eine bestimmte Farbe in dem Kampfe der Parteien dazustehen. Noch im Jahre 1523 erschien gegen ihn eine Schrift, in dem Style der dunkeln Männer geschrieben, in welcher er mit den Anhängern des alten Systems in Eine Kategorie geworfen ward 2). Die Schrift ist zwar als Satire unbe

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1) Amoenitates Freiburg. Fasc. III. 544.

2) Die Schrift heißt: Commentum seu lectura cujusdam theologorum minimi, quam collegit et comportavit super unam seraphicam intimationem doctoris Joan. Romani Wonneck Rectoris Basileensis, multum valens ad proficiendum contra haereticos etc. Amoenitates Friburgenses. Fasc. III. 543.

deutend: nichtsdestoweniger mußte sie Wimpheling auf das Tiefste verlegen: und wir sehen daher diesen sich ganz von der neuen Richtung abwenden, ohne daß er übrigens seitdem etwas Ernstliches gegen sie unternommen hätte: denn er war alt und schwach. Nur im Jahre 1524 schrieb er noch einmal an Luther und Zwingli bei Gelegenheit von Emsers eben erschienenem Buche über die Messe. Er bittet beide Männer nicht gleich. über das Buch herzufahren, spricht sich stark gegen die neue Richtung aus, die alle Ceremonien abschaffe, ja mit Füssen trete, während sie doch die Kirche bestätigt habe: und bedauert das unsägliche Unglück, das über Deutschland hereinbreche wegen der Zwietracht, die im Volke eingerissen 1). Die letzten Jahre seines Lebens konnten nichts anders, als traurig sein: er sehnte sich nach seinem Tode, der im Jahre 1528 erfolgte.

Eine ähnliche Natur war Ulrich Zasius, Professor der Rechte in Freiburg. Auch dieser war, wie wir uns erinnern, ein bedeutender Förderer der humanistischen Literatur, und selbst der neuen theologischen Ideen gewes sen. Aber wir bemerken gleich Anfangs, daß er an Luthern, den er sonst schäßte und hochachtete, doch Mans ches tadelte, was er mit der Tradition der Kirche nicht recht in Uebereinstimmung zu bringen wußte. Namentlich war er mit seiner Theorie von der Unfreiheit des menschlichen Willens und von dem nichtgöttlichen Rechte des Papstes nicht einverstanden 2). Als später die Uns

1) Epp. Zwinglii. I. 342.

2) Epp. Zwinglii. I. 91 - 94.

ruhen immer bedeutender wurden, so warf er die Schuld davon auf die neue Lehre, und ward ihr daher immer mehr entfremdet. Schon im Jahre 1524 hielt er als Rector der Universität eine Rede gegen Luther, in wels cher er ihn den Urheber der gefährlichsten Sekte nannte 1). Warum er sich von den neuen Ideen abwandte, spricht er selber deutlich genug in einem Briefe an Bonifacius Amorbach aus2). Es war, wie bei Wimpheling, die Scheu vor dem Historischen, von dem Luther ein Stück nach dem anderen niederriß. So tadelt Zasius an Luther, daß er die Concilien verachte, daß er die Kirchengebräuche verspotte, daß er Huß, Wiklef und andere Männer dieses Gelichters verehre. Den Hieros nymus nenne er einen Tempelschänder, den heiligen Bernhard würdige er keines Wortes, die Wunder der Heilis gen erkenne er auch nicht an. Wer könnte mit einem solchen Menschen noch etwas zu thun haben? Eben so sehr war er auf Decolampad aufgebracht, besonders als dieser das Mysterium der Transsubstantiation über den Haufen zu werfen suchte. Natürlich wurde Zasius von den Anhängern der Reformation nicht minder scharf, wie Wimpheling, angegriffen, und dieß beförderte nur seine Trennung von derselben. Er war so erbittert, daß er fast selbst auf den Kampfplaß getreten wäre, um, wie er sagte, die Kirche gegen solche ungeheure Keßereien zu vertheidigen. Er wünschte Zwingli und Decolampad, jene Räuber und Verderber der Seelen, ganz zu vernich

1) Epp. Zasii. 79.

2) Ibidem. 142. 143.

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