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ihn Bedeutung gewonnen. Wir wissen wohl, daß diese Ansichten, in ihrer ursprünglichen Beschränktheit, bei dem großen Kampfe in den Hintergrund traten, und daß Lus ther in Bezug auf die übrigen freien Ideen als vorzüg lichstes Organ der öffentlichen Meinung erschienen war. Aber bei dem ersten Auftreten entgegengeseßter Ansichten kamen jene früheren mit voller Kraft wieder bei ihm hervor, um nie wieder in den Hintergrund zu treten. Wohl mag er eine Zeitlang geschwankt haben: denn in ihm selbst kämpften bedeutende Elemente gegen seine dogmatische Ansicht: und sowohl früher wie später, bres chen in seinen Schriften Lichtblicke hindurch, aus denen hervorgeht, wie die schroffe orthodore Ansicht vom Christenthume im Widerspruch mit seiner Natur stand. Aber er sah bei der großen Masse verschiedener Meinungen, welche nun auftauchten, die Nothwendigkeit ein, eine feste Basis zu gewinnen, um sich nicht vom Winde da und dorthin werfen zu lassen. Daß er sich nun hiebei für die Ansicht entschied, die er von nun an vertheidigte, erklärt sich einmal daraus, daß er sie von Anfang ges habt, daß sie ihm eben' darum befreundet war, und dann mögen auch die Persönlichkeiten derer dazu beigetragen haben, welche die entgegengeseßte vertheidigten, und die ihm eben keine große Achtung abgewinnen konnten. Insbesondere sah er die Nothwendigkeit ein, sich streng an die Bibel zu halten und zwar an den Wortverstand derfelben, weil er bei freierer Auslegung wiederum auf Zweifel und neue Discussionen zu stoßen fürchtete. Einmal entschieden in seinen Hauptgrundsäßen, blieb er nun seinem Charakter zufolge, bei ihnen mit aller Kraft und Strenge seiner Natur, stellte seine Lehre immer schroffer

heraus, je bedeutender die Oppositionen wurden, und warf aus Consequenz gar manche Säße um, die er früs her ausgesprochen hatte, die aber mit seinem Systeme nicht mehr harmonirten: ja er ward 'mißtrauisch und ins tolerant gegen jede neue Ansicht, die nicht vollkommen mit der seinigen übereinstimmte.

Luther also erscheint viel zu sehr als Partei, als daß er eine höhere Vermittlung hätte zu Stande bringen können. Und damit war eigentlich schon Alles verloren. Denn sein Einfluß und seine Kraft war viel zu bedeutend, als daß irgend ein Anderer, auch wenn er in jeder Beziehung dazu fähig gewesen wäre, gegen ihn hätte aufkommen können. Ueberdieß fehlte es wirklich an passenden Männern dazu.

Sein Freund Melanchthon, der immer neben ihm in jener Zeit genannt ward, und nächst ihm wenigstens das meiste literarische Renomee hatte, war wohl milder, wie er denn später bei jeder schicklichen Gelegenheit den Vermittler machte, auch zwischen der reformatorischen und hierarischen Partei. Allein seine Vermittlung war nich die rechte. Er wollte blos ein äusserlich gutes Vernehmen: er wollte blos den Ausbruch eines entschiedenen Kampfes verhindern: aber die innere Vermittlung, wels che niat wohl ohne Kampf oder ohne das Aufgeben irgend eites bedeutenden Punktes von der einen, wie von der andern Seite möglich ist, kannte er nicht. Außers dem war er zu wenig mit den verschiedenen Elementen der refornatorischen Richtung befreundet. Denn eigents lich war er nur Philolog, auch als Theolog: aber er kannte weder das mystische Element in der Theologie, noch das vilksmäßige. Gegen das legtere verhielt er

sich als bloßer Stubengelehrter. Sodann hatte er zu wenig moralische Kraft. Melanchthon war einer von den Männern, welche innerlich immer das Gute wollen, und sich mit Bewußtsein niemals zum Diener des Schlechten oder weniger Guten hergeben, aber nicht genug Muth besigen, um ihre Ansichten gegen Außen hin geltend zu machen, sondern leicht durch überwiegende Persönlichkeiten überwältigt werden. Nicht so, als ob sie nun mit einer entgegengesetzten Ueberzeugung handeln, sondern sie lassen jene so auf sich wirken, daß sie selber glauben, überzeugt zu sein, während im Hintergrunde des Herzens sich doch noch eine andere Gesinnung regt. Melanchthon trieb aus Wohldienerei gegen Luther dessen paradore Ansichten gleich von vornherein auf eine Spiße hinauf, welche mit seiner Natur gar nicht harmonirte1). Und doch wissen wir aus seinen Briefen, wie er sich über Luthers Despotismus beklagt, und daß neben ihm keine andere Ansicht aufkommen könne. Melanchthon war früher mit Leib und Seele Humanist: noch im Ja)re 1518 sagte er in der Vorrede zu seiner griechischen Grammatik, daß er die Alten nicht blos der Sprache wegen studirt wissen will, sondern auch des Infaltes wegen 2); aber schon im Jahre 1519 bei Gelegenheit der Herausgabe von Luthers Ueberseßung der Psalmen seßt er jene in Bezug auf ihren Inhalt herunter. Er war früher ein großer Verehrer des Aristoteles, und äusserte

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1) Im J. 1519. Corpus Reformatorum. I. 126. wo er unter

1

Anderem sagt: omnia hominum opera sunt vee peccata.

2) Strobel neue Beiträge zur Literatur. III. Zweite Stück. S. 13.

am Schlusse seiner griechischen Grammatik, Alles aufzus bieten, um ihn in seiner Reinheit wieder herzustellen und ihn unter den Studierenden mehr bekannt zu machen. In Wittenberg aber dachte er, bestimmt durch Luther, der den Aristoteles besonders wegen seiner Ansicht vom freien Willen nicht leiden konnte, ganz anders: er nannte ihn hier einen elenden Klopffechter, mit dem er nichts zu thun haben wolle 1). Erst später kehrte er wieder zu seiner ursprünglichen Neigung zurück, und edirte mehrere Bücher des Aristoteles, wie die Ethik und Polis tik. Wir haben eben gesehen, wie er sich innerlich über das Abnehmen der humanistischen Studien ärgerte, und daß ihm die Ueberhandnahme der neuen Theologie auf Kosten jener gar nicht behagte. Aber er hütete sich sehr, dergleichen Aeufferungen anders, als in vertrauten Briefen an seine Freunde zu thun, und wenn er ja öffentlich darüber schrieb, so that er es mit der größten Schonung, und so, daß man kaum seine eigentliche Gesinnung ers kannte. Seiner Natur nach ist er frei, mild und wohlwollend: er ist daher gegen Tyrannei, gegen die zu große Gewalt der Fürsten, und noch im Jahre 1521 zweifelt er, ob sich die weltliche Gewalt aus der Bibel ableis ten lasse, wie aus einem Briefe Luthers an ihn hervorgeht 2). Und noch später klagt er heimlich in Briefen an seine Freunde über die Fürsten und ihre Höfe, und daß er sich gerne von der Gemeinschaft dieser Centauern los machen möchte, wenn er nur könnte. Dennoch war er es, der unter Allen zu den grausamsten Maßregeln gegen

1) Dafelbft. IV. Erstes Stück. S. 151. 153.

2) 13. Juli 1521. de Wette. II. 21.

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die Bauern rieth, und im Sinne der Fürsten Beschrei bungen von Reichstagen herausgab, die seiner Ueberzeugung durchaus widersprachen. Melanchthon war mehr ein Verstandesmensch und ein Stubengelehrter: von Gemüth hatte er gerade so viel, um nicht selber aus egois 'stischen Absichten gegen Andere aufzutreten, aber nicht so viel, um eine einmal gefaßte Ueberzeugung mit Begeistes rung durchzuführen gegen Jedermann, auch unter den größten Gefahren. Er bedurfte immer eines äusseren Haltes, an den er sich anlehnen konnte. Aus seinem Ges müthe heraus entsprangen wir dürfen es wohl bes haupten die wenigsten seiner dogmatischen Ansichten. In seinen Schriften ist daher weniger die Tiefe der Ueberzeugung wahrzunehmen, wie sie bei Luther so groß, artig hervortritt, als vielmehr jene dialektische Gewandts heit, wie sie der Verstand und eine große Gelehrsamkeit gewähren. Zumal in seinen Bedenken, wo es sich um wichtige, tief ins praktische Leben eingreifende Dinge hans delte, bemerkt man jenes vorsichtige Abwägen für und wider, welches zwar einen gebildeten fertigen Verstand beurkundet, im Ganzen aber doch auf eine Unentschiedens heit der Gesinnung hinausführt. Melanchthon war also der in Rede stehenden Aufgabe ebensowenig gewachsen, als Luther, und zwar aus Mangel an Kraft, wie dieser aus Ueberfluß derselben.

So wenig wie Melanchthon paßte Erasmus dazu, welche beide sehr viel Aehnlichkeit mit einander haben. Auch sind sie immer in sehr gutem Vernehmen mit eins ander gestanden, selbst als Erasmus vollständig mit den Lutheranern gebrochen hatte. Was die Freiheit der Anschauung betrifft, so hätte vielleicht unter allen Gelehr

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