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ge die Leute schonen, sie nicht in Fesseln werfen oder Blut an ihnen vergießen. Dann kam er selber nach Wittenberg, um die Unruhen beizulegen, und hielt hier jene berühmten Reden, welche wohl zu dem Besten ges hören, was aus seiner Feder geflossen. Er stellt sich auf einen ganz freien Standpunkt: er führt aus, daß nicht im Abthun äusserlicher Ceremonien das wahre Wesen des Christenthums bestehe, sondern in Glaube und Liebe: diese im Menschen hervorzurufen, müsse unsere erste Sors ge sein. Diese freie Ansicht behielt er lange noch bei. ,,Neuere nicht, schreibt er an Didymus1), sondern bes freie die Gewissen allein durch das Wort, durch die Lehre vom reinen Glauben und von der Liebe: darauf dringe. Vermische nicht mich und dich und das Evangelium miteinander. Du siehst, wie das Volk auf Aeusserlichkeiten ausgeht, auf Sacramente, Gebräuche: dem muß man entgegentreten und lehren, wie die Hauptsache im Glauben und in der Liebe besteht."` Aehnlich schreibt er an Johann Heß in Breslau 2):,,Ich lobe den Eifer deines Fürsten für das Evangelium, aber sehe, daß du seinen Sinn mehr für den Glauben und die Liebe begeis sterst, als für den äusserlichen Gebrauch des Sacraments. Auch die Unsrigen laufen zum Empfang der beiden Gestalten, und vergessen unterdessen den Glauben und die Liebe. Gewiß machen die beiden Gestalten nicht den Christen aus, sondern der Glaube und die Liebe: jene aber halten sich dann für Christen, wenn sie diesem Gebrauche folgen."

1) 8. Mai 1522. ib. 194.

2) 25. März 1522. de Wette II. 159.

Luther hatte bei dem ersten ungestümen Auftreten der radicalen Partei sogleich die ungeheuern Folgen übers schaut, welche daraus entspringen mußten, und glaubte daher mit aller Kraft und mit allen Mitteln sie überwinden zu müssen. Sein gesunder Verstand sagte ihm, daß er durch Milde, mit Kraft gepaart, weit eher zum Ziele kommen könnte, als durch herbe Maßregeln, und daher war er gegen Karlstadt und die Zwickauer Propheten noch so nachsichtig gewesen. Auch konnten diese vor seiner Persönlichkeit nicht bestehen. Karlstadt gab sich zur Ruhe: die anderen verließen Wittenberg. Aber damit war die Richtung, die sich in diesen Leuten auss sprach, keineswegs überwunden. Sie suchten ihre Ans sichten, da es ihnen in Wittenberg nicht gelungen war, anderswo zu verbreiten. Auch mußte sich ihre Opposi tion gegen Luther schon deßhalb steigern, weil dieser bei aller Milde, die er öffentlich aussprach, doch in Briefen an seine Freunde') und sonst seine wahre Gesinnung keis neswegs verhehlte: er sagte hier ohne Weiteres, daß der Leufel die ganze Geschichte angezettelt habe, und stellte von dieser Zeit an seine Ansichten vom Glauben, von der Recht ertigung, von der Bibel, von dem Gehorsam gegen die Obrigkeit, kurz alle die, wodurch er sich von denen der andern Partei unterschied, nur noch schroffer hervor. Karlstadt aber grollte darüber, daß ihn Luther auf einmal aus seiner öffentlichen Stellung, wie einen Schulknaben, herausgedrängt, ihm das Heft aus den Händen genommen habe. Er war nicht der Mann das.

1) An Spalatin. 5. Sept. 1522. de Wette. II. 245. An Christoph Hoffmann. 1522. ib. 276. u. a.

zu, sich so etwas gefallen zu lassen, oder auf die Bewe gung, die er durch die Einführung der neuen Ideen erreichen zu können hoffte, gänzlich zu verzichten. Karlstadt sowohl, wie jene Vertreter der radicalen mystischen Partei verhielten sich daher nur vorderhand ruhig, um die nächste beste Gelegenheit zu benußen, von Neuem hervorzutreten.

Kaum aber war dieser Versuch der radicalen Richtung überwunden, so erfolgte ein ähnlicher, bei Weitem bedeutenderer, aber von einer anderen Seite.

Die Versuche Ulrichs von Hutten und Franzens von Sickingen 1).

Ulrich von Hutten hatte von jeher mit dem glühen. desten Enthusiasmus die Sache der Freiheit vertheidigt. Er hatte Alles dafür gethan, alle Mittel angewandt, die zum Ziele führen konnten. Er wirkte großartig durch seine_schriftstellerische Thätigkeit, nicht minder durch seine Persönlichkeit. Er bemühte sich, insbesondere zuerst die herrschenden Gewalten, geistliche wie weltliche Fürsten auf die Seite der neuen Richtung zu bringen, den Kais ser und seinen Hof für die Sache zu interessiren. Aber nach dem Reichstage zu Worms sah er deutlich ein, daß

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1) Vergleiche hierüber das sechste Kapitel meines Auffages über „Us rich von Hutten und Deutschlands politische Verhältnisse im Res formationszeitalter" in meiner Schrift: „zur politischen Geschichte Deutschlands," wo ich die ganze Sache ausführlicher dargestellt habe, und wohin ich den Leser verweise, um mich hier kürzer faffen zu können.

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diese Hoffnungen gänzlich fehlgeschlagen waren, und daß, sollte die Sache wirklich ins Leben eingeführt werden, man einen anderen Weg einschlagen müsse. Er wollte einen Waffenkampf. Der Kampf ist beschlossen, schreibt er an Eoban Heß1), welcher ihn aufforderte, fest auf seinem Vorsaße zn beharren, und sich durch nichts zurückhalten zu lassen: Lausende würden ihm zuströmen, und ihn unterstüßen.,,Der Kampf ist beschlossen. Kann ich nicht Führer darin sein, will ich Soldat sein. Ich wers de fest bleiben, auch wenn aus Furcht hie und da Freun de abfallen. Viel haben bisher meine Schriften gewirkt, aber jest ist es Zeit zu den Waffen zu greifen. Schon erfasse ich sie. Und ich werde von dem Beginnen nicht. abstehen. Ich werde mir ewig gleich bleiben. Entweder will ich lebend dem Vaterlande die Freiheit erkämpfen, wo nicht, will ich als ein freier Mann sterben. Ich weiß nicht, welches Geschick mir bevorsteht, aber ich habe die schönste Hoffnung. Sickingen wird uns unterstüßen und der gesammte Adel: dann wird Rom zu Grunde gehen, Christus hergestellt werden und die Freiheit der Rede und des Gedankens. Ja, jezt ist die Zeit gekommen, den Nacken dem schmälichen Joche zu entziehen. Sie ist gekommen! Wohlan, ergreift den Augenblick, ergreift die Waffen, Genossen, hier habt ihr die schönste Gele, genheit, eyer Blut für das Vaterland zu vergießen. Und so will ich durchbrechen! Ich werde es oder selber zu Grunde gehen, nachdem ich einmal den Würfel ges worfen." Zugleich erhob sich in ihm und seinem Freun,

1) Opp. Hutt. IV. p. 313.

de Sickingen der Gedanke einer vollständigen politischen Reform von Deutschland, bei welcher die Ideen der Einheit, der Freiheit, der Volksthümlichkeit und eines würdigen Kaiserthums der Fürstengewalt gegenüber, welche damals weit und breit in der deutschen Na tion herrschten, zu Grunde liegen sollten. Diese res ligiöse und politische Reform wollten nun die beiden Männer auf eigene Faust ins Werk sehen, wobei sle natürlich auf die Unterstüßung der Nation rechneten, zunächst freilich des Adels: aber auch auf die der Städte und der Rauern. Hutten seßte hier wieder seine Feder in Bewegung, indem er nicht nur in Schriften allgemeinen Inhalts die übrigen Stände für seine Plane zu ges winnen suchte, sondern einzelne Städte speciell um die Theilnahme daran anging. So schrieb er an die Stadt Frankfurt, an die Stadt Worms wegen dieser Sache1).

Die damaligen Verhältnisse waren für ein derartiges Unternehmen keineswegs ungünstig. Die Gährung im gemeinen Volke hatte mit jedem Momente zugenommen, und man war gewaltthätigen Maßregeln, wie wir so oft bemerkt, gar nicht abgeneigt. Der rheinische, schwäbische und fränkische Adel, fast sämmtlich von den neuen relis giösen Ideen ergriffen, und gerade damals in heftiger Opposition gegen die zunehmende Fürstengewalt, hatte sich größtentheils an Sickingens Plane angeschlossen und versprach seine Unterstüßung. Außerdem hatten Hutten und Sickingen in der leßten Zeit einige Häupter der res ligiösen Opposition, die sich wegen ihres Eifers und ih

1) Febr. 1522. Opp. Hutt. V. 409. Juli 1522. ibid. 403.

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