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Ihre Anhänger und Verkündiger.

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damit an, Newton anzugreifen!" Cuvier, noch geringschäßiger, erklärt, eine solche Arbeit sei nicht dazu angethan, eine Akademie zu beschäftigen, und man geht zur Tagesordnung über.“ 1

Gegen Newton Partei zu machen, mißlang Göthe auch außerhalb des Kreises der eigentlichen Fachgelehrten. Nur vereinzelte Freunde und Verehrer schlossen sich ihm an, so der Philosophieprofessor Leopold von Henning in Berlin2, der Diplomat Karl Friedrich Graf von Reinhard, damals Directeur des Chancelleries im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten in Paris, der Staatsrath Christ. Friedr. Ludw. Schulz in Berlin*, die Philosophen Schelling, Hegel und Arthur Schopenhauer und der Verfasser „der Stunden der Andacht“, Heinrich

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1 E. Caro, La philosophie de Goethe. Revue des Deux Mondes. XXXVe année. 2e Pér. Tom. 60. p. 164. Mit Recht betont der französische Philosoph auch die sonderbare patriotische Seite in Göthe's Verhalten: „Au milieu du bouleversement de l'Allemagne, pendant que sa patrie est en feu, à l'heure suprème de la bataille de Jéna, Goethe ne rêve que chambre obscure, microscope solaire, prismes, lentilles. L'ennemi de la patrie n'est pour lui Napoléon, c'est Newton." Die Franzosen ließen sich aber dadurch nicht bestechen.

2 Henning, ein Schüler Hegels, besuchte Göthe im Herbst 1822, und hielt von da ab an der Berliner Universität Vorlesungen über dessen Farbenlehre, 1831 zum zehnten Mal. In einem Briefe vom 9. August 1831, worin er mit Göthe 13 Thlr. 5 Sgr. für zwei Recensionen verrechnet, macht er ihm frohe Hoffnung: er habe etwa 40 Zuhörer, Studenten, Offiziere, junge Künstler und Gymnasiallehrer; im Ganzen aber hätten schon etwa 400 Personen die Ge= legenheit benußt, die wahre Natur der Farben kennen zu lernen. - Bratranek, Göthe's Naturwissenschaftl. Correspondenz. Leip= zig 1874. I. 185 ff. 290. Vgl. Göthe's Werke [Hempel]. Göthe-Jahrbuch. III. 199-219.

XXVII. 288. 546.

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3 Briefwechsel zwischen Göthe und Reinhard. Stuttgart 1850. 4 Briefwechsel zwischen Göthe und Staatsrath Schulz. Leipz. 1852. 5 A. Schopenhauer, Ueber das Sehen und die Farben. Frankfurt 1816. 2. Aufl. 1854. 3. Aufl. Leipzig 1870.

106 Schopenhauers Todtenklage um Göthe's Farbenlehre.

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Zichokke. Schopenhauer wollte aber Göthe schon nur als seinen Vorarbeiter gelten lassen: die eigentliche, richtige Farbenlehre sollte die Welt erst von ihm selbst erhalten. Später suchten Friedrich Grävell und R. Hanzsch3 die, wie sie meinten, „mißkannte“ Farbenlehre zu retten. Reinhard begann schon 1807 während des Druckes, sie in's Französische zu übersehen, und der englische Maler Eastlake übertrug sie später (1840) in's Englische. Alle diese Bemühungen erwiesen sich indeß als unfruchtbar.

„Göthe's Farbenlehre," klagt Schopenhauer nach fast 50jähriger Vertheidigung derselben, hat eine nicht nur kalte, sondern ent schieden ungünstige Aufnahme gefunden: ja sie ist (credite posteri!) gleich anfangs förmlich durchgefallen, indem sie öffentlich von allen Seiten und ohne eigentliche Opposition das einstimmige Verdammungsurtheil der Leute vom Fach erfahren hat, auf deren Autorität das übrige gebildete Publikum, schon durch Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit hiezu prädisponirt, sich der eigenen Prüfung sehr gern entübrigt; daher auch jezt nach 44 Jahren es dabei sein Bewenden hat."

„Die Schriften für Göthe's Farbenlehre zeigen," wie Klinkerfues bemerkt, eine auffallende Leidenschaftlichkeit. Man sollte meinen, ein recht festes Vertrauen in die eigene Argumentation habe es müssen wahrscheinlich machen, daß Newton die neue Lehre habe annehmen müssen, wenn er noch lebte. Den Verfassern scheint aber das Gegentheil beinahe als selbstverständlich zu gelten. Zu den Aeußerungen von Henning, Schopenhauer, Schulz, Grävell stehen die von Pfaff, Joh. Müller, Dove, Helmholtz, Virchow

1 L. Hirzel, Göthe und Heinrich Zschokke.

1870. I. 33.

Grenzboten

2 Grävell, Göthe im Rechte gegen Newton. Berlin 1857. Ueber Licht und Farben. Berlin 1859.

gegen Göthe. Berlin 1860.

Die zu fühnende Schuld

3 Rudolph Hanksch, Göthe's Farbenlehre. Dresden 1862. 4 Ueber Sehen und Farben. 3. Aufl., herausgegeben von Julius Frauenstädt Leipzig, Brockhaus, 1870. S. 84.

5 Gödeke, Göthe's Leben und Schriften. S. 481.

Das nüchterne Urtheil der Fachwissenschaft.

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in einem sehr wohlthuenden Gegensatz. Hier ist überall die Pietät, nicht nur gegen Göthe, den großen Dichter und verdienten Naturforscher, sondern auch gegen Newton gewahrt worden."

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Nüchtern betrachtet, ist indeß das gemeinsame Urtheil der competentesten Fachgelehrten bei aller Pietät ein für Göthe's Hauptabsicht geradezu vernichtendes. Nach dem Physiologen Joh. Müller betreffen Göthe's große Verdienste um die Farbenlehre nicht die Hauptfrage von den Ursachen der prismatischen Farben“1; Christian Heinrich Pfaff nennt die Grundanschauung, auf die bei Göthe Alles ankommt, nämlich die Versicherung, daß die Verbindung der prismatischen Farben nur Grau, nie Weiß ergeben könne, einen „Irrthum" 2; nach Dove gleicht Göthe's Farbenlehre einer Akustik, „in welcher von Tonverhältnissen nicht die Rede ist" 3; nach Helmholz ist der theoretische Theil der Göthe'schen Farbenlehre keine Physik"; Virchow nennt das Haupttheorem, von dem Göthe ausgeht, im Anschluß an Joh. Müller einen „Grundirrthum“ 5; Tyndall bezeichnet Göthe auf dem Gebiete der eigentlichen Physik, wo Alles von klaren, mechanischen Begriffen abhängt, als „ein bloßes Irrlicht (ignis fatuus) für diejenigen, die ihm folgten" ".

Du Bois-Reymond endlich faßt das gemeinsame Urtheil der Wissenschaft in dem Saß zusammen: „Göthe's Farbenlehre ist längst gerichtet", gibt schlagend den eigentlichen Grund ihres Mißlingens an: „Der Begriff der mechanischen Causalität war

1 Joh. Müller, Handbuch der Physiologie des Menschen. II. 367. Vgl. 373. 375.

2 Chr. H. Pfaff, Ueber Newtons Farbentheorie, Herrn von Göthe's Farbenlehre u. f. w. S. 54 ff.

3 Dove, Farbenlehre. Berlin 1853. S. 29.

Helmholz, Göthe's Naturwissen.

Vorträge. 1876. 1. Heft. S. 52.

Populär - wissenschaftl.

5 Virchow, Göthe als Naturforscher. Berlin 1861. S. 69. 6 Tyndall, Rede, gehalten zu Belfast. The Mail, 21. Aug. 1874.

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Ein Mangel in Göthe's Dichterkranz.

es, der Göthe gänzlich abging," und knüpft daran eine vollkommen zutreffende ästhetisch-psychologische Bemerkung:

„James Watt besaß bekanntlich ein erstaunliches Talent, Geschichten zu erfinden. Das Talent mathematisch-mechanischer Zergliederung deckt sich nicht ganz mit dem des mechanischen Construirens, doch lehrt das Zusammentreffen letterer Gabe mit der des romanhaften Erfindens vielleicht eine Lücke in Göthe's sonst so vollständigem Dichterkranz verstehen. So unvergleichlich er als Erzähler war, man vermißt bei ihm die zwar untergeordnete, doch schätzbare Gabe, eine Handlung sinnreich anzulegen und sie sich künstlich mehr und mehr verschlingen zu lassen, um die scheinbar in's Rathlose gesteigerte Verwirrung auf der Höhe überraschend und gefällig zu lösen.“ 1

Göthe fehlt wirklich der tiefe, speculative, philosophische Geist, jener Blick für das rein Geistige und jene klare Combinationsgabe, welche das Verstandesleben des Mannes vor dem Gemüthsleben der Frau am meisten auszuzeichnen pflegt, jener höchste dramatische Künstlerverstand, den er selbst an Shakespeare, Calderon und Walter Scott bewunderte. Sein durch und durch sinnliches Wesen vermochte nicht einmal in das Reich der mathematischen und mechanischen Begriffe einzudringen. Daran scheiterte sein Feldzug gegen Newton, der Lieblingsplan seines Lebens, das Werk, mit dem er seiner geistigen Superiorität ein ewiges Denkmal errichten wollte.

Das Gesammturtheil der Wissenschaft über seine Farbenlehre ist deßhalb ein erdrückendes, und die Complimente, mit welchen Viele dasselbe überzuckern, vermögen jenen Ruhm nicht zu retten, den er gerade hauptsächlich angestrebt hat 2.

1 Du Bois-Reymond, Göthe und kein Ende. Leipzig 1883. S. 25-30.

2 Eine derbe Kritik schrieb schon 1816 Göschen an Böttiger: „Unter uns von Göthe. Sein Buch beweiset, daß er anfängt auszukramen mit schönen Worten. Das Licht ruht im Auge und geht dem äußern Licht entgegen. Das ist die Lehre des ehrlichen Black, Professors in Edinburgh, von gebundener und ungebundener Wärme.

Helmholz über Göthe's Optit.

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Während Virchow mit solchen im Grunde werthlosen Complimenten sehr verschwenderisch umgeht und Göthe's Liebe zum Ewig-Weiblichen“ nicht weniger als seine Liebe zur Naturwissenschaft in überschwenglichstem Stile verherrlicht, hat Helmholt den eigentlichen Frrthum der Farbenlehre am eingehendsten, nüch ternsten und auch faßlichsten auseinandergesetzt.

„Es sind,“ sagt er2, „die Göthe'schen Darstellungen eben nicht als physikalische Erklärungen, sondern nur als bildliche Versinnlichungen des Vorgangs aufzufassen. Er geht überhaupt in seinen naturwissenschaftlichen Arbeiten darauf aus, das Gebiet der sinnlichen Anschauung nicht zu verlassen; jede physikalische Erklärung muß aber zu den Kräften aufsteigen, und die können natürlich nie Objecte der finnlichen Anschauung werden, sondern nur Objecte des begreifenden Verstandes. Die Versuche, welche Göthe in seiner Farbenlehre angibt, sind genau beobachtet und lebhaft beDenn, sagt Göthe, wir sehen im Traume Farben. Folglich, sag' ich, siht der Stock im Puckel, weil wir oft im Traume Prügel kriegen. Sagt denn jene Träumerei etwas Besseres als: das Auge hat Empfänglichkeit für Licht und Farbe und ist dazu gemacht und erschaffen. Gemeine Sachen in schönen Worten und gelernte Sachen, mit denen man prunken will, weil man glaubt, andere Leute bleiben so dumm wie die Esel und halten schöne Seifenblasen für Weltkugeln. Der Mann mag Recht haben, denn das Publikum verschlingt ihn, oder vielmehr hat sein Fleisch und Blut verschlungen; was übrig ist, sind gute und immer sehr ansehnliche, schäßbare Knochen, mit poetisch gewobenen, gestrickten und zusammengenähten Gewändern behangen." Göthe-Jahrbuch. VI. 165.

1 Er führt 3. B. zur Entschuldigung Göthe's die fast komisch wirkende Stelle an, wo Göthe mit einem tiefen Bückling vor der Mathematik als solcher sie in der Optik als überflüffig und unzu= lässig zurückweist und dann fagt: „Es wäre doch thöricht, wenn Jemand nicht an die Liebe seines Mädchens glauben wollte, weil es ihm solche nicht mathematisch beweisen kann.“ Eckermann, Gespräche. I. 266. Virchow a. a. D. S. 22.

2 Helmholz, Physiologische Optik (Encyklopädie der Physik. IX). S. 267.

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