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Naturwissenschaftliche Correspondenz.

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noch ein Märchen, ein paar Balladen, kleinere Lyrika und Gelegenheitsgedichte das ist ungefähr der Ertrag dieser Jahre.

An die Stelle der inhaltreichen Correspondenz mit Schiller treten jest Briefwechsel wie derjenige mit dem Grafen Reinhard und dem Staatsrath Schultz, Männern, deren höchstes Verdienst darin bestand, Göthe zu verehren und kindlich an seine Farbenlehre zu glauben, oder wie mit dem Bergrath J. B. Lenz, der gleich einer Bittschrift in der Mitte umgebogen, seine Briefe immer so beginnt :

„Excellentissime, Hochwohlgeborener und Hochgelehrter Herr!

Hochgebietender Herr Geheimer Rath, Staatsminister und Präsident!

Gnädiger Herr!"

Diese sogenannte „naturwissenschaftliche Correspondenz“ wuchs in den noch übrigen Lebensjahren zu einem ansehnlichen Schmarobergewächs aus, das dem alternden Dichter unendlich viel Zeit und Kraft entzog, ohne die Wissenschaft eigentlich zu bereichern. Sie gewährte ihm dagegen nichts, als das gelehrte Prestige, mit der Wissenschaft fortzuschreiten, nach allen Seiten hin auf dem Laufenden zu sein und von allen naturwissenschaftlichen Größen Autographe, Complimente und verbindliche Artigkeiten zu erhalten. Ein eigentlicher Mann des Fortschritts war der Excellentissimus nicht. Er hing so zäh an seiner Farbentheorie, wie ein Chinese an der Vorstellung, daß sein Reich das Reich der Mitte sei, und erwartete allen Ernstes noch bis zu seinem Tode den schönen Augenblick, wo die verblendete Wissenschaft endlich der Optik Newtons entsagen und sich zu seiner Farbentheorie bekehren würde. Es sollte nicht geschehen.

Eine entsprechende literarische Correspondenz ist nicht vor handen. Es hätte hierfür nicht an interessanten Männern gefehlt. Friedrich Schlegel hatte auf dem Gebiet der Philosophie, der

1 S. Bratranet, Göthe's naturwissenschaftl. Correspondenz. Leipzig 1874. 2 Bände.

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Weitere Entwicklung der Romantik.

Sprachwissenschaft und Aesthetik Studien angestellt, welche die Leistungen Schillers bei weitem übertrafen. Sein Bruder August Wilhelm gab gerade in diesen Jahren (1808 bis 1811) seine „Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur“ heraus, welche Leffings Dramaturgie und Göthe's eigene dramaturgische Studien sowohl an Ausdehnung des Gesichtskreises, als an gemäßigtem und richtigem Urtheil vielfach überflügelten. Kleist schrieb nach einander seinen „Amphitryon“ (1807), sein „Käthchen von Heilbronn“, seinen „Michael Kohlhaas“ und seine „Her: mannsschlacht" (1808). Im Jahre 1810 trat der junge Karl Theodor Körner auf, ein Sohn jenes tüchtigen Poesiekenners, dem Schiller zum Theil seine glücklichere poetische Entwicklung verdankte. Den lieblichen „Knospen" folgten bald einige fröhliche Lustspiele, dann „Tony“, „Hedwig“ und jener „Zriny“, der, weil aus jugendlicher Begeisterung hervorgequollen, noch jetzt jedes echt jugendliche Herz entzückt. Clemens Brentano, der eben noch in Gemeinschaft mit Arnim „Des Knaben Wunderhorn" herausgegeben, sammelte jezt Märchen, dichtete die „Romanzen vom Rosenkranz" und die Gründung Prags". Er war noch nicht in Dülmen gewesen und deßhalb auch noch nicht unmöglich“. Der dichterisch so reich begabte Tied begann 1812 die früheren Märchen und Schauspiele neu herauszugeben, um manche Erzählungen und das Märchenschauspiel Fortunat" vermehrt.

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In Berlin wie in Wien hatte sich das literarische Leben seit dem Anfang des neuen Jahrhunderts wesentlich gehoben. In Berlin war das Franzosenthum Friedrichs II. wie die philisterhafte Aufklärung Nicolai's wenigstens in den gebildeteren Kreisen überwunden. Göthe und Schiller waren hier keine Fremdlinge mehr. Neben den Salons der Jüdinnen Herz und Rahel, in welchen die Götheverehrung sich bereits zu einem bedenklichen Cultus entfaltete, blühte hier auch die Romantik fröhlich weiter. Brentano traf daselbst seinen Herrn Bruder, den Grafen Arnim, dessen Wintergarten“ und „Gräfin Dolores" bei aller sput haften Phantastik wahren und echten Dichtergeist bekundet. Der kriegerische Fouqué, von französischen Rittergeschichten und nor

Die Poefie der Befreiungskriege.

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dischen Sagen angeregt, schrieb 1808 sein Heldenspiel „Sigurd der Schlangentödter", 1811 seine „Undine", 1813 den „Zauber: ring", 1814 die „Corona“ und „Karls des Großen Geburt und Jugendjahre". Bei dem Grafen Löben, der sich Isidorus Orientalis nannte, wohnten die beiden Brüder Eichendorff, von denen der eine eben seinen Erstlingsroman Ahnung und Gegenwart" entwarf. Der Architekt Schinkel und die Publicisten Genz und Adam Müller nahmen an dem Dichten der Romantifer lebhaften Antheil, und dieses verbreitete sich immer mehr in weitere Kreise.

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In Wien hielt Friedrich Schlegel 1810 seine Vorlesungen über die neuere Geschichte, 1812 diejenigen über die Geschichte der alten und neuen Literatur. Wilhelm von Humboldt lebte und studierte hier als preußischer Gesandter. Körner, Eichendorff, Brentano ließen sich zeitweilig da nieder. Das Monopol von Weimar-Jena war gebrochen. Es gab auch anderwärts noch Geist und Poesie - wie in Berlin, so in Landshut, München, Halle, Heidelberg, Prag und namentlich auch in den Reihen der jungen Patrioten, welche sich von 1810 an zum Kampfe gegen Napoleon zusammenrafften und in deren aller Namen der ritterliche May von Schenkendorf das begeisterte Wort sang: "Ich zieh' in's Feld um Himmelsgüter, Und nicht um Fürstenlohn und Ruhm; Ein Ritter ist geborner Hüter

Von jedem wahren Heiligthum."

Göthe konnte sich nicht in diese neuen Literaturströmungen fin den. Die romantische beleidigte ihn schon ästhetisch durch Mangel an strenger, durchgebildeter Form, aber weit mehr durch ihre innere Annährung an das Mittelalter und an die katholischen Ideen. Er war bewußter Weise Heide und wollte es bleiben. Als Friedrich Schlegel katholisch ward, erklärte er das für „HokusPokus", und steifte sich auf seine echte Sinnesart" 1. Der

1 Riemer, Briefwechsel zwischen Göthe und Zelter. I. 327. 328. Den Grafen Reinhard wurmte die Conversion sehr; er fürchtete,

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Göthe's Mißmuth über Schlegels Conversion.

hl. Johannes Chrysostomus, den er einmal wegen einer Stelle Winkelmanns nachschlug, erschien ihm als „ein Abraham a Sancta Clara, der seinem schlechten Publikum mit goldenem Munde das dümmste Zeug vorsagt, um sie durch Erniedrigung zu erbauen“ 1; die „guten Neuchristen" aber kamen ihm noch erbärmlicher vor, weil sie immer dieselben Salbadereyen wiederholen und jeder fühlt, daß er diesen Vortrag nicht erreichen kann“. Als ein Stiefsohn seines Freundes Zelter sich nach einem ausschweifenden Leben erschossen hatte und der Vater ihn um Trost anging, bestand der ganze Trost in der Versicherung, er hätte sich selbst einst in Wetzlar auch kaum des Selbstmordes erwehrt, und:

„Wenn man sicht, wie die Welt überhaupt, und besonders die junge, nicht allein ihren Lüsten und Leidenschaften hingegeben ist, sondern wie zugleich das Höhere und Bessere an ihnen durch die ernsten Thorheiten der Zeit verschoben und verfragt wird, so daß ihnen alles, was zur Seligkeit führen sollte, zur Verdammniß wird, unsäglichen äußern Drang nicht gerechnet, so wundert man sich nicht über Unthaten, durch welche der Mensch gegen sich selbst und andere wüthet. Ich getraute mir einen neuen Werther zu schreiben, über den dem Volke die Haare noch mehr zu Berge stehen sollten, als über den ersten." 2

die Welt möchte wieder katholisch werden. „Sie sehen,“ schreibt er den 8. Aug. 1808 an Göthe, „wie unerschütterlich der Fels steht, auf dem die Kirche gebaut ist, und gewiß, die schon viel träger sich wälzenden Wellen des Protestantismus werden ihn nicht zertrümmern. Betrachten wir die Kirchengeschichte im Großen, so er= scheint uns das Lutherthum weder von längerer Dauer noch politisch und intellectuell fester gegründet, als z. B. die arianische Herr= schaft; alle Divergenz der Keßereien hat sich am Ende an der Einheit der Kirche gebrochen, wie die Coalitionen an der Einheit unse= res Napoleon; und so könnten wir wirklich, vielleicht schon in der nächsten Generation, das Alte wieder befestigt und allgemein herrschend erblicken.“ Briefwechsel zwischen Göthe und Reinhard. S. 35.

1 Riemer a. a. . II. 183.

2 Ebds. II. 44. 45.

Allgemeine Verdrießlichkeit. Cult Napoleons.

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Nicht weniger als alle religiösen Regungen war ihm der politische Ernst der Zeit zuwider.

„Die Narren von Deutschen,“ schrieb er im October 1809 an denselben Freund 1, „schreyen noch immer gegen den Egoismus, und wollte Gott, man hätte seit langer Zeit für sich und die Seinigen redlich und dann für die Nächsten und immer wieder Nächsten redlich gesorgt; so sähe vielleicht alles anders aus. Jezt wollen wir uns nicht irre machen lassen und im alten Wesen verharren. Ich wenigstens treibe mein Wesen noch immer in Weimar und Jena, ein paar Oertchen, die Gott immer noch erhalten hat, ob sie gleich die edeln Preußen auf mehr als eine Weise vorlängst gerne zerstört hätten.“

Recht behaglich ward ihm aber bei dem alten Wesen nicht mehr. Es gab zu viel Störungen. Als er im Juni desselben Jahres zu Jena an den „Wahlverwandtschaften“. arbeitete, schrieb er der Frau von Stein:

„Ich kann nicht sagen, daß mir die Einsamkeit sehr erfreulich ist; denn ungeachtet des schönen Wetters und der grünenden Flächen und Hügel, der blühenden Gärten und mancher anderen guten Ingredienzien des Lebens ist doch Alles, was mich in Jena umgibt, so trümmerhaft gegen vorige Zeiten, und ehe man sich's versieht, stolpert man einmal wieder über einen Erdhöcker, wo, wie man zu sagen pflegt, der Spielmann oder der Hund begraben liegt." 2

Seine ganze Bildung war viel zu innig mit Rousseau, Voltaire und Diderot verwachsen, als daß er Frankreich und die Franzosen nicht im Grunde seines Herzens hätte hochschätzen und lieben müssen. Napoleon verehrte er ebenso sehr, als er die deutschen Gegner desselben innerlich verachtete. Es blieb nicht bei der Huldigung, welche er dem mächtigen Corsen im Herbst 1808 dargebracht. Am Napoleonstag 1811 ging er mit dem Herzog und Wieland nach Erfurt, um dort die officielle Festfeier

1 Ebds. I. 375.

2 Schöll (Fieliz), Göthe's Briefe an Frau von Stein. II. 441.

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