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Die europäische Weltkatastrophe.

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Beziehungen abgebrochen, am 8. begann der offene Krieg. Schlag folgte auf Schlag die Uebergabe Ulms der Einzug der Franzosen in Wien die Schlacht bei Austerlit - der Vertrag von Schönbrunn - der Preßburger Friede. Von all diesen großen Ereignissen findet sich kaum ein dürftiger Anklang oder Wiederhall in Göthe's Schriften. Er lebte ganz außerhalb der europäischen Welt. Im folgenden Jahre wandte sich Napoleons Action gegen Preußen. Am 17. Juli, während Göthe in Karlsbad weilte, ward der Rheinbund unterzeichnet, am 6. August unterschrieb Kaiser Franz das Todesurtheil des alten römischen Reiches deutscher Nation. Preußen entschloß sich nun zum Kriege, und zum Kriegsschauplatz sollte dießmal Thüringen werden; ein Theil des Weltkampfes sollte sich bei jenem stillen Jena entscheiden, wo Göthe alljährlich die Professoren besuchte, seinen botanischen Garten pflanzte, anatomische Präparate studirte und Verse machte. Wie ein riesiges Ungewitter brach die gewaltige. Weltkatastrophe auch über sein kleines Weimar herein.

Der Schlag kam, trotz aller politischen Vorzeichen, den großen Geistern daselbst fast unerwartet. Man hielt es nicht für mög lich, daß Preußen, das im Jahr zuvor nicht mit Desterreich und Rußland hatte gehen wollen, sich jetzt entschlossen haben sollte, allein den französischen Imperator auf seiner Siegeslaufbahn aufzuhalten. Noch unterwegs von Karlsbad nach Weimar scherzte Göthe über die in Aussicht stehende Universalmonarchie und ertheilte dem Franzosenkaiser die Titel:- „Wir Napoleon, Gott im Rücken, Mahomed der Welt, Kaiser von Frankreich, Protector von Deutschland, Seßer und Schützer des empirischen Universums 2c." Er war der besten Laune 1. Der junge Professor Luden, eben als Extraordinarius angestellt, hatte das Glück, bei dem ersten Besuche zugegen zu sein, den Göthe nach der Heim

1 Rich. und Rob. Keil, Göthe, Weimar und Jena im Jahre 1806. Leipzig 1882. S. 7. Irriger Weise wird S. 6 Göthe ein Brief zugeschrieben, den Karl August (13. Januar 1792) an Knebel richtete. Sein „Patriotismus“ ist damit nicht gerettet.

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Luden bei Göthe und Knebel in Jena.

kehr bei Knebel in Jena machte, und hat den Herrn mit allen seinen angenehmen und unangenehmen Eigenthümlichkeiten, wie ein Interviewer skizzit. Göthe war erst verdrießlich, weil Luden zu spät gekommen, thaute aber bald auf. „Wir aßen gut und tranken noch besser. Auch schienen Alle einen vortrefflichen Appetit zu haben und einen anständigen Durst." Nach einigem Wechselgespräch übernahm es Göthe, die Gesellschaft zu unterhalten. Zur Unterbrechung sang Knebels Frau, die frühere Sängerin Ruhdorf, ein Göthe'sches Lied. Dann fuhr Göthe wieder mit Anekdoten fort. „Die Gesellschaft wurde ungemein lebendig und brach zuweilen in ein schallendes Gelächter aus, nur dem Lachen. der unsterblichen Götter vergleichbar." Göthe erzählte lauter komische Geschichten, aber „er erzählte nicht bloßz, sondern er stellte Alles mimisch dar". Die Heiterkeit dauerte bis 1 Uhr. Am andern Tage hatte Luden dann ein langes Gespräch mit Göthe über den "Faust" und über Weltgeschichte 1.

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Noch am 30. September war Göthe wieder ganz fröhlich in Jena, schickte seiner Christiane einen Kasten voll frischer Nüsse und bestellte sich ein Pfund Schokolade und drey Flaschen von dem rothen Wein" 2. Aber am 1. October zog schon das Infanterie-Regiment Owstien in die Stadt ein. Am folgenden Tag erschien der preußische Generalstab, an seiner Spiße der Fürst von Hohenlohe, der Prinz Louis von Preußen und Oberst Massenbach, der Generalquartiermeister. Den Letteren behauptet Göthe von Erlassung eines sehr verleßenden Manifests gegen Napoleon abgebracht zu haben. Am 3. war er bei dem Fürsten zu Tafel, wo zwar viel Zuversicht in die preußische Macht ausgesprochen wurde, aber doch auch die Mahnung, die besten Sachen und wichtigsten Papiere zu verbergen. Göthe machte noch seine Wize dazu. Doch wurde die Lage immer ernster und

1 Heinr. Luden, Rückblicke in mein Leben. Jena 1847. C. 13-20.

2 Keil a. a. . S. 13.

3 Göthe's Werke [Hempel]. XXVII. 161.

Die großen Charaktere."

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bedenklicher. In Weimar fand er am 6. Alles in höchster Unruhe und Bestürzung.

Die großen Charaktere," behauptet er freilich in seinen später geschriebenen Annalen, waren gefaßt und entschieden." Allein wer waren die großen Charaktere? Herzog Karl August verdient gewiß alle Anerkennung, daß er in der Stunde der Gefahr als preußischer General sein Commando übernahm und sein weimarisches Jägerbataillon und 40 Husaren zur Verfügung stellte. Er erfüllte seine nächste Pflicht; aber weder in dem Wirrwarr, den die klägliche Kirchthurmpolitik der übrigen sächsischen Fürsten anrichtete, noch in den kopflosen Kriegsberathungen, welche vom 4. bis 6. October das jammervolle Loos der preußischen Armee vorbereiteten, noch in dem Kampfe, welcher die volle Niederlage der deutschen Waffen entschied, tritt er irgendwie als eine entscheidende Größe oder durch eine That hervor, die einen wirklich großen“ Charakter bekundete. Während die Franzosen unbehindert durch die Schluchten und Pässe des Thüringerwaldes nach Jena zogen, stand er mit seinem Corps, der Avant-Garde, außer der eigentlichen Region des Kampfes bei Ilmenau und Arnstadt. Nachdem die Entscheidungsschlachten bei Jena und Auerstädt geschlagen waren, rückte er nach Erfurt, und da man die Stadt nicht halten zu können glaubte, den Trümmern der geschlagenen Armee nach über Sondershausen, Nordhausen, Braunschweig, Wolfenbüttel und Stendal nach Havelberg. Tage lang wußte man in Weimar nicht mehr, wo er war 2. Ein Kurier des Königs von Preußen, der ihn aller seiner Pflichten gegen Preußen entbinden sollte, wurde von den Franzosen aufgefangen. Ein Feldjäger, der ihm die Verabschiedung bringen. sollte, drang nicht zu ihm durch. Von Havelberg aus schrieb er am 27. October einen in französischer Sprache abgefaßten Brief an die Herzogin, welcher, in Napoleons Hände gespielt, dessen Zorn über den Herzog beschwichtigen und ihn zum Erbarmen

1 Ebds. 162.

2 Häusser, Deutsche Geschichte. III. 10. 14. 15 ff.

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Karl August und Herzogin Luise.

über Sachsen-Weimar bewegen sollte. Er lehnt darin die preußische Freundschaft in mehr kluger als heldenmüthiger Weise ab und wendet sich kleinlaut an des Siegers Milde:

„Du weißt, daß ich in der letzten Zeit keinen Einfluß in Berlin gehabt habe, daß ich dort nicht beliebt war, und daß ich den preußischen Dienst in diesem Sommer würde verlassen haben, hätten mich nicht die Geseße der Ehre gezwungen, dem Heer in diesen Krieg zu folgen. Ich stehe bei diesen Fahnen bereits 20 Jahre, ich konnte mich nicht davon lossagen ohne einen Fleck, und überall ist die Ueberzeugung, seine Pflicht gethan zu haben, und ein reiner Name der einzige wahre Trost, der uns nicht verläßt, wenn uns das Unglück der äußeren Güter beraubt.

„Mir ist bekannt, daß der Kaiser den Soldaten ehrt, der seinem Beruf ergeben ist, er wird mich also nicht mißachten können, sein Wille wird über das Schicksal meiner Freunde und meines Landes entscheiden. Es ist zu hoffen, seiner kaiserlichen Majestät hohe Milde werde diesem siegreichen Monarchen billige Entschließungen für unser Sachsen eingeben. Es ist in seiner Hand. Ich wünsche, daß seine Majestät sich besänftige und mir ihre Achtung schenke." 1

Er anerkannte, daß eigentlich nur die Herzogin in der Stunde der Gefahr einen großen Charakter" bewiesen hatte.

„Ueber das, was Du für Weimar gethan hast, die Standhaftigkeit und den Muth, mit dem Du die Drangsale trugst, giebt es nur eine Stimme. Einzig Dein eigenes Bewußtsein kann Dir völlig lohnen. Du hast Dir einen Ruhm er: worben, würdig der vergangenen Zeiten. Die Vorsehung segne Dich und lasse Dich die Frucht Deiner guten Handlungen ernten !" 2

Der Erbprinz und die Erbprinzessin flüchteten schon am 11. October nach Schleswig, wo sie bis im Herbst des folgenden Jahres blieben. Die Herzogin-Mutter Anna Amalia ergriff am

1 A. Schöll, Karl-August-Büchlein. S. 120. 121.

2 Ebds.

Die Franzosen in Weimar.

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14. mit ihrer Enkelin Karoline und ihren Hofdamen Luise v. Göchhausen und Henriette v. Knebel ebenfalls die Flucht, während die Kanonen der furchtbaren Schlacht schon von Jena herüberdröhnten. Der jüngere Prinz Bernhard war mit seinem Gouverneur im preußischen Hauptquartier, floh indeß schon während der Schlacht nach Weimar und dann weiter nach Leipzig. Im Schloß blieb Niemand als die muthige Herzogin Luise, dieselbe, welche einst von den Anderen, auch von Göthe, im Rausch der Genieperiode als die Empfindsame" so viel bespöttelt wor den war.

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Im Laufe des Nachmittags kamen schon preußische Reiter mit Siegesnachrichten vom Schlachtfeld dahergeritten, ritten aber gleich weiter zum andern Thor hinaus. Prinz Bernhard nahte mit der furchtbaren Botschaft: Kinder, Alles ist verloren!" Gegen 4 Uhr füllten sich Stadt und Umgegend mit Flüchtigen. Der Kanonendonner kam immer näher. Kugeln sausten über die Stadt hin. Unendlicher Schrecken bemächtigte sich aller Ge müther. Göthe, der eben sein Abendessen hatte nehmen wollen, sprang auf, ließ schleunig abräumen und ging in seinen Garten. Ueber eine Stunde dauerte der Durchzug der fliehenden Preußen 1. Dann kamen die ersten französischen Husaren hinterher 2. Unter ihnen kam Wilhelm von Türckheim, ein Sohn Lili Schönemanns, angesprengt und stieg bei Göthe ab. Dieser ging mit ihm in's Schloß und ließ den Seinen sagen, sie würden den Marschall Ney und einige Kavalleristen zur Einquartierung bekommen, sonst aber sollten sie Niemand einlassen. Um 6 Uhr drangen die französischen Truppen massenweise in die Stadt und fingen zu plündern an. Ein paar Häuser gingen in Flammen auf. Niemand löschte. Den meisten der müden Soldaten war es indeß zunächst um Essen und Quartier zu thun. Göthe bekam 16 Kavalleristen in's Haus, meistens Elsässer. Christiane ver

1 Riemer, Mittheilungen. I. 362-370.

2 Hinter Göthe's Gartenmauer soll es sogar noch zum Kampf gekommen sein. Dünger, Göthe's Leben. S. 543.

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