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Göthe durch Christiane Vulpius gerettet.

sorgte sie mit Essen; dann waren sie zufrieden und legten sich zur Ruhe. Es war schon tief in der Nacht, das Haus verriegelt und Göthe zu Bette gegangen, als zwei Tirailleurs, kleine Kerls von der sogen. Löffelgarde, an die Thüre polterten und erst zu essen und dann den Hausherrn verlangten. Göthe ging zu ihnen hinab, trank mit ihnen und zog sich dann wieder in sein Zimmer zurück. Nachdem sie weitergetrunken, gingen sie ihm die Treppe hinauf nach, stürzten in sein Zimmer und bedrohten ihn mit ihren Waffen. Mit Muth und Entschlossenheit warf sich Christiane jedoch zwischen ihn und sie, rief einen im Hinterhaus versteckten Mann herbei und trieb mit seiner Hilfe die beiden Soldaten aus dem Zimmer. Aus dem Haus gelang es ihr jedoch nicht, sie zu entfernen. Sie nahmen das Zimmer in Beschlag, das für den Marschall Ney bereitet worden war, und blieben, bis sie am Morgen ein Adjutant des Marschalls Augereau mit flacher Klinge hinausprügelte.

Das war das einzige Abenteuer, das Göthe zu bestehen hatte. Am Morgen des 15. nahm Marschall Augereau bei ihm Quartier, später Marschall Lannes, General Victor und andere Offiziere, vorübergehend Marschall Ney, welcher auch nicht vergaß, Wieland unter französischen Schutz zu stellen. Göthe erhielt eine Sicherheitswache vor die Thüre, zwei Schußbriefe vom Generalstab 1, und hatte weiter kein Ungemach zu erleiden als eine ziemlich starke Einquartierung. Zuweilen waren 28 Betten besetzt, und die Beköstigung der Sieger soll ihn im Ganzen auf 2000 Thaler zu stehen gekommen sein 2. Einem Gerücht nach hätte er eine Audienz bei Napoleon nachgesucht, aber nicht erhalten. Die Hauptverhandlungen über Weimars Schicksal spielten sich im Schlosse ab.

Herzogin Luise brachte hier lange trübe Stunden zu. Ihr Gefolge, ihre Dienerschaft und eine Menge Leute suchten bei ihr Zuflucht und Hilfe, während sie ganz vereinsamt stand und nicht

1 Keil a. a. D. S. 46. 47.
2 Göthe-Jahrbuch. II. 423. 424

Herzogin Luise vor Napoleon.

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helfen konnte. In der Nähe des Schlosses wüthete Brand die ganze Nacht vom 14. bis 15. Murat, der zuerst im Schlosse abstieg, gewährte nur nach mehrmals wiederholten Bitten das Versprechen, der Plünderung in der Stadt steuern zu lassen. Erst am folgenden Abend (15. Oct.) traf Napoleon in Weimar ein. Die Herzogin empfing ihn oben an der großen Treppe mit allem ihm gebührenden Ceremoniell. Er antwortete kurz und barsch und ging sofort auf seine Zimmer. Er war sehr ungehalten über den Herzog. Wenn man," sagte er ein paar Wochen später dem weimarischen Regierungsrath Müller, „nicht mehr als ein paar hundert Mann aufstellen kann, so muß man sich ruhig verhalten. Aber ich weiß schon, man hat dem Ehrgeiz Ihres Herzogs mit einem Commando geschmeichelt und so das Neß um sein Haupt gesponnen. Es ist fürwahr jetzt die beste Zeit, seinen Staat im Nu zu verlieren.“

"

Den andern Morgen bat die Herzogin um Audienz. Napoleon gewährte sie, redete die Herzogin aber barsch an: „Wie konnte Ihr Mann so toll sein, Krieg mit mir zu führen?" Die Her zogin vertheidigte mit ruhiger Würde die Stellung, die militä rische Ehre und die Pflichten ihres Gemahls, schilderte die Noth des Landes und flehte um Einstellung der Plünderung. Ihre Festigkeit brach Napoleons Zorn. „Madame,“ sagte er, „Sie sind eine der achtungswerthesten Frauen, die ich jemals kennen gelernt habe. Sie haben Ihren Gemahl gerettet. Ich verzeihe ihm freiwillig, aber allein um Ihretwillen; denn was ihn betrifft, so taugt er gar nichts." Er versprach der Plünderung Einhalt zu gebieten. Wenn Karl August binnen 24 Stunden die preußische Armee verlassen und mit seinen Truppen nach Weimar zurückkehren würde, sollte ihm verziehen sein und seine Souveränität erhalten bleiben. Sonst wurde ihm mit Abseßung gedroht.

Bei dem Gegenbesuch, den Napoleon der Herzogin machte, sagte er ihr die merkwürdigen Worte: Glauben Sie mir, Madame, es gibt eine Vorsehung, die Alles leitet, ich bin nur ihr Werkzeug." Je mehr er die Herzogin kennen lernte, desto

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Göthe's Entschluß, Christiane zu legitimiren.

mehr wuchs seine Achtung vor ihr. Auf seine Zimmer zurückgekehrt, sagte er zu General Rapp: „Das ist einmal eine Frau, der unsere zweihundert Kanonen keine Angst haben machen können." Am 17. früh verließ er die Stadt, um seinen Sieg weiter zu verfolgen 1.

Denselben Tag faßte Göthe, durch Christiane's treue Aufopferung tief gerührt und durch die Noth rundum wohl auch ein wenig an seinen Tod gemahnt, den Entschluß, ihre Stellung für die Zukunft zu sichern, und schrieb deßhalb an den Oberconsistorialrath und Hofprediger Wilhelm Christoph Günther:

„Dieser Tage und Nächte ist ein alter Vorsatz bei mir zur Reife gekommen, ich will meine kleine Freundin, die so viel an mir gethan und auch diese Stunden der Prüfung mit mir durchlebt, völlig und bürgerlich anerkennen als die meine. Sagen Sie mir, würdiger geistlicher Herr und Vater, wie es anzufangen ist, daß wir so bald wie möglich, Sonntag oder vorher, getraut werden. Was sind deshalb für Schritte zu thun? Können Sie die Handlung nicht selber verrichten? Ich wünschte, daß sie in der Sakristei der Stadtkirche geschähe. Geben Sie dem Boten, wenn sich's trifft, Antwort. Bitte. Göthe." 2

Günther war nicht Pfarrer an der Stadtkirche, sondern an der Jakobskirche (Stadt- und Garnisonskirche), an deren Friedhofmauer Schiller begraben war. Die Hauptschwierigkeit war aber das dreimalige, durch die Kirchenordnung an drei aufeinanderfolgenden Sonntagen vorgeschriebene Aufgebot, von dem das Oberconsistorium allerdings gegen eine festgesette Gebühr dispensiren konnte. Göthe mußte sich deßhalb an seinen Freund, den Minister Voigt, wenden, welcher, als augenblicklich höchste Instanz, Sonntag den 19. die erforderliche Dispens gab:

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Alsbald gestern, wie ich ein Blättchen von E. E. erhielt, das mir unsern affreusen Zustand doppelt fühlbar machte besorgte ich, was nöthig war, mittelst eines Voti, das sofort

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1 Müller, Erinnerungen. S. 2 ff. Keil S. 41-45.
2 Reil S. 54.

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an die Geistl. Instanz gegeben und die Nachsendung eines Rescripts verheißen wurde. Es versteht sich, daß alle die Dispensations- und Canzley-Brocken wegfallen, woraus vormals unsere Waisen und Armen sich ihr Brod nehmen halfen Fuimus!

„Möge die Befestigung Ihres häuslichen Zustandes und seiner externen rechtl. Folgen, E. E. zu einiger mehrer innern Ruhe des Lebens gereichen, und die treue Gefährtin Ihres Lebens solches verlängern und theilen helfen!

Was noch an Leben bey mir übrig seyn wird, soll Ihnen usque ad cineres gewidmet bleiben.

"

Allerlei betrübte Unterhandlungen haben mir gestern den Tag genommen; besonders die möglichste Erhaltung des . . .

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...

Doch ich schweige - mein übrig gebliebener Wunsch ist bloß: daß alles endlich ende, ich bin auf das Aeußerste bereit. Sonntags, den 19. Oct. 1806.

V." 1

Noch am Sonntag Morgen, an welchem er dieses Billet er hielt, fuhr Göthe mit Christiane Vulpius zur Jakobskirche. Ihr sechzehnjähriger August und dessen Lehrer Dr. Riemer fuhren als Zeugen mit. Der Oberconsistorialrath Günther vollzog die Trauung in der Sacristei. Christiane war nun Frau Geheimräthin und Göthe's anerkannte Gattin, ein großes Aergerniß gesühnt. Frau von Stein aber grollte, und für Herders Frau, Karoline, hatte diese Trauung etwas Grausenhaftes".

Poetisch war diese Hochzeit jedenfalls nicht: es war das prosaische Ende einer höchst bedauerlichen Verirrung. Keine Festglocken tönten, keine Kränze schmückten Haus und Kirche; es war nicht einmal Zeit, Brautkleider machen zu lassen. Weimar und Jena befanden sich in unsäglichem Jammer. Alles geplündert, kaum irgendwo noch ganze Fenster und verschließbare Thüren! Voigt hielt noch das Aeußerste für möglich. Den Muth verlor der wackere Beamte indeß nicht.

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1 Ebds. S. 66.

2 S. die Schilderung von Vulpius, Göthe-Jahrbuch. II. 424.

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Müllers Sendung an Napoleon.

„Meine Gesundheit," schrieb er (am 19.), „und die meiner ganzen kleinen Familie ist gut genug, unsere Muthlosigkeit ist auch erhoben, weil wir nicht aufgehört haben, an einen Gott zu glauben.“

Sein Besißthum blieb, bis auf einige Kleinigkeiten, verschont; mit Victualien, an denen großer Mangel, ward er von seinen Freunden in Allstedt versorgt. Es gelang ihm, die öffentlichen Kassen, wovon er die wichtigste in seinem Hause hatte, unversehrt zu retten. Nächst der Herzogin zeigte er am meisten sittliche Kraft und Charakter.

Im Einverständniß mit ihm und der Herzogin ging am 20. der Regierungsrath Müller in das Hauptquartier des Kaisers ab, um für die noch immer nicht erfolgte Begnadigung des Herzogs und die Erhaltung der Universität Jena zu wirken. Denn der Herzog war noch nicht nach Weimar zurückgekehrt, Napoleon legte das als Troß aus und grollte noch immer 2. Noch am 5. November erklärte er dem Regierungsrath Müller, der ihm bis Breslau nachgereist war und dort Audienz erhalten hatte: „Mir ist es Pflicht, Fürsten, die so gegen mich handeln, wie der Ihrige, ohne Weiteres abzusehen. Sie sehen, wie ich's mit dem Herzog von Braunschweig gemacht habe. Ich will diese Welfen in die Sümpfe Italiens zurückjagen, aus denen sie hervorgegangen sind. Wie diesen Hut will ich sie zertreten und vernichten, daß ihrer in Deutschland nie mehr gedacht werde." Umsonst suchte Müller den Herzog mit seiner militärischen Pflicht zu entschuldigen. „Nein,“ sagte Napoleon, „sein Ehrgeiz überwog, er wollte eine Rolle spielen, nun mag er dafür büßen, da er seine Familie und sein Land in's größte Elend gestürzt hat."

Als Karl August am 23. November in Berlin eintraf, um eine Audienz bei dem französischen Imperator nachzusuchen, war dieser schon weiter nach Polen aufgebrochen. Am 11. December trat Kursachsen, am 15. Weimar, Gotha, Meiningen, Hildburghausen, Coburg nach kurzer Unterhandlung in Posen dem Rhein

1 O. Jahn, Briefe an Voigt. S. 88 ff.

2 Müller, Erinnerungen. S. 27.

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