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Zweite Periode. Huldigung der Monarchen.

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Göthe mit dessen großen Gegnern persönlich bekannt, mit dem Freiherrn von Stein, mit dem Staatskanzler Metternich, mit Görres. Im Jahre 1818 dichtete er seinen letzten Maskenzug“ zu Ehren der in Weimar anwesenden Kaiserin Maria Feodorowna von Rußland. Als er 1820, bei Anwesenheit des Königs von Württemberg sich für unfähig erklärte „bei Hofe aufzuwarten", da hatte des Königs Majestät die Gnade, ihn in seinem Hause durch Ihre Gegenwart zu beglücken; das liebe, erbgroßherzogliche Paar veranlaßte und leitete die Zusammenkunft". Anfangs Februar 1827 brachte ihm der Großherzog den preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm und dessen Brüder, die Prinzen Wilhelm und Karl, wiederholt in's Haus; an seinem Geburtstage, den 28. August jenes Jahres, fand sich König Ludwig von Bayern ein, um ihm persönlich das Großkreuz des bayerischen Verdienstordens zu überreichen. Im Juni 1829 suchte ihn nochmals Prinz Wilhelm von Preußen auf, dießmal mit seiner Braut, Prinzessin Auguste; im Juli 1831 der König von Württemberg. Einen Kaiser wollten die deutschen Fürsten nicht über sich haben, gegen den Papst hatten sie tausend Bedenken; aber dem alten Poeten in Weimar zu huldigen, hielten sie für keine Entwürdigung.

Von den Berühmtheiten Deutschlands folgten die meisten dem Beispiele der Monarchen. Alles brachte dem Dichterkönig seine Huldigung dar. Da erschienen die beiden Humboldt, Savigny, Wolf, Klaproth, Brentano, Arnim, Zacharias Werner, Tieck, Mendelssohn-Bartholdy, A. W. von Schlegel, Grillparzer 1, Sar

1 Den Zauber, den Göthe bei solchen Huldigungsbesuchen ausübte, hat Grillparzer sehr anschaulich skizzirt. Er war, nach seiner Versicherung, „kein blinder Anbeter Göthe's, wie damals der Mode= ton ging". Der Empfindungsmattigkeit, welche Göthe der damaligen Zeit mittheilte, schrieb er theilweise den Verfall der Poefie zu. Dennoch entschloß er sich 1825, ihn zu besuchen: „Mir war, als ob schon sein bloßer Anblick hinreichend wäre, mir neuen Muth in die Seele zu gießen." Das erste Zusammentreffen befriedigte ihn nicht, das zweite gewann ihn für immer. „Als ich im Zimmer vorschritt, kam mir Göthe entgegen und war so liebenswürdig und

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Grillparzer, Lang und Heine in Weimar.

torius, Luden, Heine, der Ritter Lang, der Staatsrath Schultz, die Bildhauer Tieck und Rauch, die Maler Stieler und Kügelgen, die Architekten Schinkel und Zahn und hundert Andere. Aus Paris kamen Cousin, Ampère und Stapfer, aus Polen Micki

warm, als er neulich steif und kalt gewesen war. Das Innerste meines Wesens begann sich zu regen. Als es aber zu Tisch ging und der Mann, der mir die Verkörperung der deutschen Poesie, der mir in der Entfernung und dem unermeßlichen Ab= ftande beinahe zu einer mythischen Person geworden war, meine Hand ergriff, um mich in's Speisezimmer zu führen, da kam einmal wieder der Knabe in mir zum Vorschein, und ich brach in Thränen aus." Grillparzer, Werke. X. 151 ff. 167. 170 ff.

Weniger andächtig erzählt der bayerische Diplomat Ritter von Lang über Weimar (1826): „Wo ich mich vom Teufel verblenden ließ, mich bei seinem alten Faust, dem Herrn von Göthe, in einem mit unterthänigen Kraßfüßen nicht sparsamen Brieflein anzumelden. Ich war angenommen um halb Eins. Ein langer, alter, eiskalter, steifer Reichsstadtsyndicus trat mir entgegen, in einem Schlafrock, winkte mir, wie der steinerne Gast, mich niederzusehen, blieb tonlos an allen Saiten, die ich bei ihm anschlagen wollte, stimmte bei allem, was ich ihm vom Streben des Kronprinzen von Bayern sagte, und brach dann in die Worte aus: Sagen Sie mir, ohne Zweifel werden Sie auch in Ihrem Ansbacher Bezirk eine Brandversiche= rungsanstalt haben?"" u. s. w. Memoiren des Karl Heinrich Ritters von Lang. Braunschweig 1842. II. 342 ff. "Göthe's Auge," erzählt dagegen Heine, „blieb in seinem hohen Alter ebenso göttlich wie in seiner Jugend.... Um seinen Mund will man einen kalten Zug von Egoismus bemerkt haben; aber auch dieser Zug ist den ewigen Göttern eigen, und gar dem Vater der Götter, dem großen Jupiter, mit welchem ich Göthe schon oben verglichen. Wahrlich, als ich ihn in Weimar besuchte und ihm gegenüberstand, blickte ich unwillkürlich zur Seite, ob ich nicht auch neben ihm den Adler fähe, mit den Blizen im Schnabel. Ich war nahe daran, ihn griechisch anzureden; da ich aber merkte, daß er Deutsch verstand, so erzählte ich ihm auf Deutsch, daß die Pflaumen auf dem Wege zwischen Jena und Weimar sehr gut schmeckten. .. Und Göthe lächelte. Er lächelte mit denselben Lippen, womit er einst die schöne

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Göthe's fünfzigjähriges Dienstjubiläum.

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wicz und Odyniec, aus Großbritannien ganze Schaaren von Touristen; auch Amerika lieferte sein Contingent. Die Frankfurter hatten ihren berühmtesten Mitbürger zwar aus dem Bürgerbuch gestrichen, weil er der Steuern daselbst los sein wollte; aber da für bereiteten ihm anhängliche Freunde in der Vaterstadt die glänzendsten Ovationen. In Weimar selbst wurde er wie ein König geehrt und hochgehalten. Die großartigste Feier ward ihm bei Anlaß seines fünfzigjährigen Dienstjubiläums am 7. November 1825 zu Theil. Der Herzog ehrte ihn mit seiner brüderlichen Umarmung, mit einem feierlichen Glückwunschschreiben und einer besonders für ihn geschlagenen Denkmünze. Die Stadt Weimar verlieh ihm und den Seinigen das Ehrenbürgerrecht auf ewige Zeiten. Die medicinische Facultät zu Jena ertheilte ihm den Doctorhut; die philosophische zum eigenen Doctorhut noch das Recht, zwei Andere zu Doctoren zu ernennen; die juristische wußte nicht, daß er bloß Licentiat der Rechte war, und unterließ deßhalb die Beförderung; die theologische stiftete ihm eine Weihetafel mit der Anerkennung, daß er als Schöpfer eines neuen Geistes in der Wissenschaft und als Herrscher in dem Reiche freier und kräftiger Gedanken das wahre Interesse der Kirche und der evangelischen Theologie mächtig gefördert habe“ 1.

Wie ein König, ja fast wie Gott verehrt, war der alte Herr nicht glücklich. Er hat es seinem Hausgeist Eckermann offen gestanden, daß er die glückliche Zeit seines ganzen langen Lebens auf höchstens vier Wochen beziffere. Es war das ewige Wälzen

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Leda, die Europa, die Danae, die Semele und so manche andere Prinzessinnen oder auch gewöhnliche Nymphen geküßt hatte H. Heine, Werke. Hamburg 1876. III. 158.

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1 Ausführliche Schilderung von Peucer an Böttiger vom 8. Nov. 1825. Göthe Jahrbuch. I. 344–346. Dünger, Göthe's Leben. S. 627. 628. Das Dienstjubiläum Knebels, der einst die Anstellung Göthe's vermittelt hatte, wurde nicht gefeiert. Er mußte fich damit begnügen, daß Göthe's August beim Jubiläum seines Vaters einen Toast auf ihn ausbrachte. Dünger, Freundesbilder

aus Göthe's Leben. S. 600.

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Göthe's pessimistische Verstimmung.

eines Steines, der immer von neuem gehoben sein wollte. . . Mein eigentliches Glück war mein poetisches Sinnen und Schaffen. Allein wie sehr war dieses durch meine äußere Stellung gestört, beschränkt und gehindert!... Ein weitverbreiteter Name, eine hohe Stellung im Leben sind gute Dinge. Allein mit all meinem Namen und Stande habe ich es nicht weiter gebracht, als daß ich, um nicht zu verletzen, zu der Meinung anderer schweige. Dieses würde nun in der That ein sehr schlechter Spaß sein, wenn ich dabei nicht den Vortheil hätte, daß ich erfahre, wie die anderen denken, aber sie nicht wie ich."1 Im Gespräch mit Müller vergleicht er sich dem Dachs, der sich im Winter in seine Höhle verkriecht, dem Ball, der nach den Spielen des Sommers in der Ecke liegt. Von einer andern Unterhaltung sagt Müller: Göthe war zwar herzlich und mittheilend, jedoch innerlich gedrückt, sichtbar leidend. Seine ganze Haltung gab mir den Begriff eines unbefriedigten, großartigen Strebens, einer gewissen inneren Desperation." Selbst als das Jubelfest des Großherzogs herannahte, traf ihn Müller „in jener bitter humoristischen Stimmung und sophistischen Widerspruchsart, die man so ungern zuweilen an ihm wahrnimmt“. „Den Unsinn verbreitet, offenbare Irrthümer als baare Wahrheit ausgegeben zu sehen," so klagte er, ist das Schrecklichste, was einem Vernünftigen begegnen kann. So ist aber die liebe Menschheit." — „Was ist denn überhaupt am Leben?" klagte er ein andermal, „man macht alberne Streiche, beschäftigt sich mit niederträchtigem Zeug, geht dumm auf's Rathhaus, flüger herunter, und am andern Morgen noch dümmer hinauf." Selbst vor dem eigenen Weimar zog er sich schließlich griesgrämig in seine Dachshöhle zurück:

,,,Weimar, sagte er, ,war gerade nur dadurch interessant, daß nirgends ein Centrum war. Es lebten bedeutende Menschen hier, die sich nicht mit einander vertrugen; das war das Belebendste aller Verhältnisse, regte an und erhielt Jedem seine

1 Eckermann, Gespräche. I. 76.

Religiöse Haltlosigkeit und Leere.

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Freiheit. Jezt finden wir hier kaum sechs Menschen, die zusammen in einen geselligen Kreis paßten und sich unterhalten könnten, ohne einander zu stören. Und nun ging er die bedeutendsten unserer Männer durch mit epigrammatischer Schärfe und schneidender Kritik. ‚Darum, damit schloß er, ‚entsage ich der Geselligkeit und halte mich an die tête-à-tête. Ich bin alt genug, um Ruhe zu wünschen. Ich habe keinen Glauben an die Welt und habe verzweifeln gelernt.“

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Es ist kein Zweifel, der alte Göthe hat noch seine guten Stunden und Tage gehabt, aber lange nicht in dem Grade, als es sein Weltruhm erwarten läßt. Die größte häusliche Behaglichkeit, die sorgfältigste Pflege, die mannigfachste Beschäftigung und Unterhaltung, bei der ungewöhnlichsten Rüstigkeit des Körpers und der Seele, befriedigten seinen groß angelegten Geist nicht. Es fehlte dasjenige, was allein den Menschen innerlich beglücken und in allen Widerwärtigkeiten des Lebens vor Pessimismus bewahren kann: er hatte den christlichen Glauben seiner Jugend unwiederbringlich verloren.

Gerade über das Christenthum hat er in seinen letzten Lebensjahren viel Schönes und Erhebendes gesagt und durch seine glänzenden Aussprüche Viele zu irrigen Urtheilen sowohl über ihn selbst, als über die Religion verleitet. Der am prachtvollsten tönende stammt aus seinen letzten Lebenstagen:

„Mag die geistige Cultur nun immer fortschreiten, mögen die Naturwissenschaften in immer weiterer Ausdehnung und Tiefe wachsen, und der menschliche Geist sich erweitern wie er will, über die Hoheit und sittliche Cultur des Christenthums, wie es in den Evangelien schimmert und leuchtet, wird er nicht hinauskommen!"

Als Resultat aller Lebensweisheit, Erfahrung und Forschung eines so hoch begabten Greises ist dieses Zeugniß für die Wahrheit und Göttlichkeit der Evangelien nicht ganz ohne Gewicht.

1 Burkhardt, Göthe's Unterhaltungen mit Müller. S. 58. 69. 84. 135. 142.

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