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Göthe's wirkliche Verdienste als Naturforscher.

das ist die lebhafte, sinnliche Beobachtungsgabe, ein mächtiges Naturgefühl und eine glänzende Dichtergabe, um das Beobachtete flar und durchsichtig, das Empfundene tief und ergreifend, in Prosa wie in Versen, darzustellen. Dadurch hat er das Interesse für die Natur und für die Naturwissenschaften in den weitesten Kreisen gehoben; er hat, wie Alexander von Humboldt anerkennt, „die Zeitgenossen mächtig angeregt, des Weltalls heilige Räthsel zu lösen und das Bündniß zu erneuern, welches im Jugendalter der Menschheit Philosophie, Physik und Dichtung mit Einem Band umschlang". Das sind wahre, unläugbare Verdienste, die jeder gern anerkennt. Doch schon in der Auffassung des Weltganzen und seiner Gesetzmäßigkeit, in ausgebreiteter Naturkenntniß und in glänzender Naturschilderung tritt er weit gegen Humboldt zurück. An Stelle klarer, kosmologischer Aufschlüsse bietet er verschwommene pantheistische Träumereien 2; an Stelle einer um fassenden Physik eine unhaltbare Farbenlehre; an Stelle eines gründlichen naturgeschichtlichen Wissens osteologische, morpholo gische, geologische Einzelheiten. Von den sogenannten „Welträthseln“ wird keines gelöst, und die Forschung selbst sinkt, wie bei Voltaire, Rousseau und Diderot, nur zu oft zum geistreichen, dilettantischen Spiel herab3.

Am schlimmsten erging es Göthe auf dem Felde der Geologie. Hier stand er nach fünfzigjährigem Dilettantismus eben

und „Einleiter“ zu Göthe's naturwissenschaftlichen Schriften „den Copernicus und Kepler der organischen Welt“ nennt? Da ist Häckel denn doch bescheidener und vernünftiger, indem er gesteht: „Aller= dings hat Göthe niemals eine zusammenhängende Darstellung seiner Entwicklungstheorie gegeben." Anthropogenie S. 72.

1 Alexander von Humboldt, Kosmos II. 75.

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2 Hätte ich nicht die Welt durch Anticipation bereits in mir getragen, ich wäre mit sehenden Augen blind geblieben, und alle Erforschung und Erfahrung wäre nichts gewesen, als ein ganz todtes vergebliches Bemühen." Eckermann, Gespräche. I. 90.

3 Ueber das Vage, Schwankende und Inconsequente in Göthe's Metamorphosenlehre vgl. Tilmann Pesch a. a. O. II. 218. 219.

Große Noth auf geologischem Gebiete.

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jenem Manne gegenüber, der sein ganzes Leben der Naturforschung gewidmet, die ganze Welt durchwandert, in der Geologie speciell einen europäischen Ruf erworben hatte: Alexander von Humboldt. Göthe kannte ihn persönlich. Sie hatten früher viel über naturwissenschaftliche Dinge mit einander verhandelt. Sie standen auf freundlichem, wenn auch nicht vertraulichstem Fuß. Ein Buch Humboldts, „Vertheilung der Pflanzengestalten“, tröstete den Dichter Anfangs Juni 1816, als der Tod Christiane's eine bedenkliche Lücke in seinen Haushalt gerissen. Alle Complimente Göthe's vermochten indeß ebenso wenig, als früher die „Xenien“, Humboldts Urtheil in wissenschaftlichen Dingen zu bestechen. Er hatte zu viele Vulkane gesehen und untersucht, um mit dem Chef des Ilmenauer Wasserbergwerks an dessen Wassergeologie zu glauben. Im Jahre 1823 erschien sein Heft Ueber den Bau und die Wirkungsart der Vulkane in den verschiedenen Erdstrichen". Es war schrecklich Humboldt war Plutonist! Kläglich wand sich Göthe, als er das fatale Buch, wenn nicht recensiren, so doch anzeigen sollte:

„Genanntes Heft, von Freundeshand verfaßt und zugesendet, nehme ich dankbarlichst auf, indem es zu keiner gelegeneren Zeit bei mir anlangen konnte. Ein weit umsichtiger, tiefblickender Mann, der auch seine Gegenständlichkeit, und zwar eine grenzenlose, vor Augen hat, gibt hier aus hohem Standpunkt eine Ansicht, wie man sich von der neueren ausgedehnten vulkanistischen Lehre eigentlich zu überzeugen habe.

„Das fleißigste Studium dieser wenigen Blätter, dem Buchstaben und dem Sinne nach, soll mir eine wichtige Aufgabe lösen helfen, soll mich fördern, wenn ich versuche, zu denken wie ein solcher Mann, welches jedoch nur möglich ist, wenn sein Gegenständliches mir zum Gegenständlichen wird, worauf ich denn mit allen Kräften hinzuarbeiten habe. Gelingt es, dann wird es mir nicht zur Beschämung, vielmehr zur Ehre gereichen, mein Absagen der alten, mein Annehmen der neuen Lehre in die

1 Bratranek, Göthe-Humboldt Briefwechsel. S. 314.

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Verhandlungen mit Alexander von Humboldt.

Hände eines so trefflichen Mannes und geprüften Freundes niederzulegen." 1

Es gelang nicht. Der gute Herr war zu alt, zu eigensinnig auf seine vorgefaßten Ideen versessen. Um die Gemüthlichkeit aufrecht zu halten, schickte er dem für Damen keineswegs gleichgiltigen Naturforscher im nächsten Januar (1824) die schöne Klavierspielerin Madame Szymanowska, die eben nach Paris ging, in's Haus; die konnte wohl mit einer Friedenspolka Neptunismus und Plutonismus versöhnen!

„Nun mahnt mich die Gelegenheit, durch eine schöne, liebenswürdige, talentvolle Frau dies Blättchen mit Gruß und Wunsch, verehrter Freund, an Sie gelangen zu lassen. Möchte ich doch hinlängliche Zeit an Ihrer Seite in der Weltstadt verweilen können! Wie sehr würde ich mich gefördert, wie manche Zweifel gelöst sehen, über die ich weder mit mir noch mit andern einig werden kann."

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Humboldt war nicht weniger verbindlich und galant. Er widmete „Sr. Excellenz dem Herrn Geheimen Rath von Göthe“ noch ein paar freundliche Briefchen und übermittelte ihm 1827 die Gedichtsammlung „einer geistreichen jungen Dichterin, Madame Amable Tastu, Frau eines hiesigen Buchhändlers, mit dem Ausdrucke der innigsten Bewunderung“, und dazu „ein wunderschön eingebundenes Exemplar der Urika und das Kupfer nach Gerards geistreicher Zeichnung“, ein Geschenk der schwerkranken Duchesse de Rauzan, geborenen Duchesse de Duras, nebst den erklärenden Zeilen von ihrer Hand:

"Mais la Gravure est pour Goethe, la Gravure est le principal, le livre n'est que l'accessoire, et je ne l'ai envoyé que pour pouvoir écrire quelque part le mot de reconnaissance que je sens vivement pour l'indulgence de votre patriarche." 3

1 Göthe's Werke [Hempel]. XXXIII. 412. 413.

2 Bratranek, Göthe-Humboldt Briefwechsel. S. 317.
3 Bratranek, Göthe-Humboldt Briefwechsel. S. 320-322.

Racheplan wider die Plutonisten.

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Von Plutonismus und Neptunismus sagte Humboldt nichts; auch Göthe schwieg öffentlich. Im Stillen aber hegte er wider den großen Naturforscher einen unversöhnlichen Grimm:

„Wenn Alexander Humboldt," sagte er am 6. März 1828 zu Müller 1, und die andern Plutonisten mir's zu toll machen, werde ich sie schändlich blamiren; schon zimmere ich Xenien genug im Stillen gegen sie; die Nachwelt soll wissen, daß doch wenigstens ein gescheidter Mann in unserm Zeitalter gelebt hat, der jene Absurditäten durchschaute. Ich finde immer mehr, daß man es mit der Minorität, die stets die gescheidtere ist, halten muß.

„Als Meyer fragte, was es denn eigentlich heißen wolle, Plutonist oder Neptunist, sagte Göthe: O danket Gott, daß Ihr nichts davon wißt, ich kann es auch nicht sagen, man könnte schon wahnsinnig werden, es nur auseinanderzusetzen. Ohnehin bedeutet solch' ein Parteiname späterhin nichts mehr, löst sich in Rauch auf; die Leute wissen schon jetzt nicht mehr, was sie damit bezeichnen wollen. Ihr müßt verzeihen, wenn ich grob bin, ich schreibe jezt eben in den Wanderjahren an der Rolle des Jarno, da spiele ich eine Weile auch im Leben den Grobian fort."

Besonders empfindlich war es ihm, als am 28. October 1829 das von Elie de Beaumont vorgetragene Erhebungssystem der französischen Akademie von der betreffenden Untersuchungscommission zu beifälliger Aufnahme und Förderung bestens empfohlen wurde.

„Die Verlegenheit,“ schrieb er 2, „kann vielleicht nicht größer gedacht werden, als die, in der sich gegenwärtig ein fünfzigjähriger Schüler und treuer Anhänger der sowohl gegründet scheinenden als über die ganze Welt verbreiteten Wernerischen Lehre finden muß, wenn er, aus seiner ruhigen Ueberzeugung aufgeschreckt, von allen Seiten das Gegentheil derselben zu vernehmen hat.' Eine offene Controverse wagte er nicht3. Er begnügte sich,

1 Burkhardt, Göthe's Unterh. mit Müller. S. 124.
2 Göthe's Werke [Hempel]. XXXIII. 469.

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3 An Zelter schrieb er (3. Oct. 1831), daß er Humboldt für einen bloßen Redekünstler halte: „Daß sich die Himalaya-Gebirge

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Der Plutonismus feierlich verflucht.

seinem Verdruß in „Verschiedenen Bekenntnissen“ Luft zu machen, die aber erst nach seinem Tode gedruckt erschienen. Er zählt da noch einmal alles auf, was er für die Geologie gethan und wie er die neue Lehre nicht annehmen könne. Der Hauptsah lautet:

„Nach meinem Anschauen baute sich die Erde aus sich selbst aus; hier erscheint sie überall geborsten und diese Klüfte aus unbekannten Tiefen von unten herauf ausgefüllt."

Als den stärksten Trumpf spielt er dann das Pyrophylacium des P. Athanasius Kircher aus, indem er thut, als wäre die neue vulkanische Theorie eine bloße Wiederholung der Hypothesen, welche der für seine Zeit sehr universell gebildete, forschungseifrige und fleißige Jesuit zwei Jahrhunderte früher, als es noch gar keine wissenschaftliche Geologie gab, aufgestellt hatte 1.

Hier, wie in der Religion und Politik, langte der greise Dilettant beim vollen pessimistischen Bankerott an.

„Man bildet sich vergebens ein," sagte er am 27. Januar 18302, daß man allen literarischen Erscheinungen face machen.

auf 25 000 Fuß aus dem Boden gehoben und doch so starr und stolz, als wäre nichts geschehen, in den Himmel ragen, steht außer den Grenzen meines Kopfes, in den düstern Regionen, wo die Transsubstantiation xc. (!) hauset, und mein Cerebralsystem müßte ganz umorganisirt werden - was doch schade wäre —, wenn sich Räume für diese Wunder finden sollten. Nun aber gibt es doch Geister, die zu solchen Glaubensartikeln Fächer haben, neben sonst ganz vernünftigen Loculamenten; ich begreif' es nicht, vernehm' es aber doch alle Tage. Muß man denn aber Alles begreifen? Ich wiederhole: unser Welteroberer ist vielleicht der größte Redekünstler. ... Dagegen erscheine ich ihnen als der hartnäckigste Härefiarch, worin uns Gott gnädiglich erhalten und bestätigen wolle." Göthe= Zelter Briefwechsel. VI. 308. 309. - „Die Sache mag sein, wie sie will, so muß geschrieben stehen, daß ich diese vermaledeite Polter= kammer der neuen Weltschöpfung verfluche!" Göthe's Werke [Hempel]. XXXIII. 466.

1 Göthe's Werke [Hempel]. XXXIII. 471.

2 Burkhardt, Göthe's Unterhaltungen mit Müller. S. 129.

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