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Die Herenmeister und fahrenden Schüler.

selbst Papst Sylvester II. entging diesem Loose nicht. Was sich nicht auf landläufigem Wege oder als Wunder erklären ließ, wurde dämonischem Einfluß zugeschrieben. Aus den fleißigen Gelehrten wurden Zauberer gemacht, die mit dem Schwarzen im Bunde standen. Doch erscheint dieser Zauberglaube eher in heiterem, als düsterem Gewande. Es spiegelt sich darin mehr das komische Erstaunen eines Bauern, der zum ersten Mal einen Schlag von der Elektrisirmaschine erhält, als ein finsteres Grauen vor einer wirklich diabolischen Macht. Noch weit mehr heftete sich der Volkshumor an die „fahrenden Schüler“, welche als Wahrsager, Schahgräber, Kalendermacher, Geisterseher und Zauberer Land auf, Land ab wanderten und aus der Leichtgläubigkeit des Volkes ihren Vortheil zogen. Doch fehlten auch hier · wirklich abergläubische Vorstellungen nicht, sondern entwickelten sich mit den Jahrmarktstreichen dieser Charlatane in wunderlicher Phantastik weiter, bis endlich die Gestalt des frühern Magus, jene des räthselhaften Gelehrten und jene des Charlatans in der Volksphantasie zu einer Person zusammenfloß und das war — der geschichtliche Faust.

unter

Eine ganze Schaar von gelehrten Gewährsmännern ihnen der Abt Trithemius, Mutian Rufus und die beiden Schüler Melanchthons: Johann Mennel (Manlius) aus Ansbach und Augustin Lercheimer aus Steinfelden - bezeugen die Existenz eines Dr. Johannes Faust, der als Schwarzkünstler und Zauberer eines ungeheuern Rufes genoß, nach fast allgemeiner Ansicht mit dem Teufel im Bunde stand und nach zahllosen Abenteuern endlich ein unglückliches Ende nahm, d. h. vom Teufel erwürgt, mit umgedrehtem Halse in seinem Bette vorgefunden ward1. Alz

1 Trithemii Epistolae (ed. Spiegel). Hagenoae 1580. p. 312. Opera. Francof. 1601. II. 559. Briefe von Conrad Mutianus Rufus bei Tentzel, Suppl. Hist. Gothanae. Jenae 1701. I. 95. J. Manlii Locorum communium collectanea. Francof. 1566. Aug. Lercheimer von Steinfelden (Wittekind), Ein christ= lich Bedenken vnd Erinnerung vor Zauberey. Frankfurt 1585.

Der geschichtliche Fauft. Bildung der Faustsage. 351

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sein Geburtsort wird Kundlingen oder Knittlingen angegeben, ein Ort in der Nähe von Bretten, dem Geburtsorte Melanch thons. Trithemius charakterisirt ihn einfach als einen Charlatan - einen Landstreicher, Schwäßer, Betrüger, einen Menschen voll der übertiebensten Anmaßung. Conrad Mutian Rufus, Canonicus zu Gotha, nennt ihn ebenfalls einen „Chiromanten, einen reinen Prahler und Gaukler". Der Abt Johannes Entenfuß zu Maulbronn gab ihm von 1516 bis 1525 Unterschlauf" in seinem Kloster, wo noch der „Faustthurm" und die „Faustküche" sein Andenken verewigen. In den reformatorischen Kreisen dagegen, wo man sich mit dem Teufel merkwürdig viel zu schaffen machte und alle Philosophie und Naturerforschung, ebenso wie Alchymie, als Teufelswerk verabscheute, galt Faust als ein durch und durch verworfener Mensch. „Es steckt nichts anders in jhm," erklärte Luther, denn ein hoffertiger stolzer vnd ehrgeiziger Teuffel." Melanchthon, den er in Wittenberg besuchte, „laß ihm einen guten text, schalt und vermant jn, daß er von dem Ding beyzeit abstünd, er würd sonst ein böß end nemmen, wie es auch geschah". Man wollte ihn einkerkern; er entfam aber, wie Lercheimer meint, von seinem Geiste gemahnt. Als Ort seiner Studien wird Krakau genannt, als Schauplatz seiner magischen Charlatanskünste Venedig, Würzburg, Kreuznach, Erfurt, Heidelberg, Wittenberg, Leipzig, Prag und Wien. Seinen Tod verlegen Gast und Weyer in ein württembergisches Dorf.

Schon in den zerstreuten chronistischen Angaben schwankend zwischen einem friedlichen Alchymisten und einem gefährlichen

Kap. 7. 13. 15. 16. 19. Colloquia oder Tischreden des thewren Mannes Gottes Dr. Martin Luthers 2. Eisleben 1566. Kap. 1.

- Joh. Gast, Sermones Convivales. Basil. 1554. II. 274. 275. Joh. Wieri De praestigiis daemonum. Basil. 1568. Phi= lipp Begardi Index Sanitatis. Wormbs 1539. Lud. Lavater, Tractatus vere aureus de spectris etc. Genevae 1575. Andr. Hondorff, Promptuarium Exemplorum. Franks. 1572, u. s. w. Weitere Literatur s. bei Reichlin-Meldegg a. a. O. und K. Engel a. a. D.

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Das älteste Volksbuch von D. Joh. Faust.

Magus und Zauberer, einem betrügerischen Landstreicher und angesehenen Professor, einem Teufelskind und einem gewöhnlichen Taschenspieler, ward die Gestalt Fausts in der Phantasie und im Munde des Volkes rasch zu einer der abenteuerlichsten und seltsamsten Sagengestalten, die es überhaupt gibt. Dem Zauberer wurden die außerordentlichsten Wunderdinge, dem Taschenspieler die drolligsten Aeffereien, dem Alchymisten die geheimnißvollste Wissenschaft, dem Teufelsbanner eine fast unbegrenzte Macht, aber schließlich auch das grauenvollste Ende zugeschrieben. So entstand gegen Ende des Jahrhunderts, etwa fünfzig Jahre nach dem muthmaßlichen Ende des historischen Faust, das erste deutsche Volksbuch dieses Namens:

Historia von D. Johann Fausten, dem weitbeschreyten Zauberer vnnd Schwartzkünstler, Wie er sich gegen dem Teuffel auff eine benandte zeit verschrieben, Was er hierzwischen für feltzame Abentheuwer gesehen, selbs angerichtet vnd getrieben, biß er endtlich seinen wol verdienten Lohn empfangen. Mehrertheils auß seinen eygenen hinderlassenen Schrifften allen hochtragenden, fürwitzigen vnd Gottlosen Menschen zum schrecklichen Beispiel, abscheuwlichen Exempel, vnd treuwhertziger Warnung zusammengezogen, vnd in den Druck verfertiget. Jacobi IIII. Seyt Gott vnderthänig, widerstehet dem Teuffel, so fleuhet er von euch. Cum Gratia et Privilegio. Gedruckt zu Franckfurt am Mayn durch Johann Spies. M. D. LXXXVII. 1

Faust ist hier der Sohn eines Bauern zu Rod bei Weimar, wird von einem Oheim in Wittenberg an Kindesstatt gehalten, studirt, erlangt den Magistergrad, überflügelt beim Examen sechzehn andere Candidaten und wird Doctor der Theologie.

„Daneben hat er auch einen thummen, unsinnigen vnnd hoffertigen Kopff gehabt, wie man ihn ja denn allezeit den Speculierer genannt hat. Ist zur bösen Gesellschafft gerahten, hat die H. Schrifft ein weil hinder die Thür vnd vnter die Banck gelegt, ruch- vnd Gottloß gelebt (wie denn diese Historia hernach gnugsam gibt). Aber es ist ein wahr Sprichwort: Was zum Teuffel wil, das

1 Neu herausgegeben von Wilh. Scherer. Berlin, Grote, 1885.

Fausts Verschreibung an den Teufel.

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läßt sich nicht auffhalten noch im wehren. Zudem fand D. Faustus seines gleichen, die giengen mit Chaldeischen, Persischen, Arabischen vnd Griechischen Worten, figuris, characteribus, coniurationibus, incantationibus, vnnd wie solche Namen der Beschwerung vnd Zauberey mögen genennet werden. Vnd diese erzehlte Stück waren lauter Dardaniae artes, Nigromantiae, carmina, veneficium, vaticinium, incantatio, vnnd wie solche Bücher, Wörter vnd Namen genennet werden mögen. Das gefiel D. Fausto wol, speculiert vnd studiert Nacht vnd Tag darinnen, wollte sich hernacher keinen Theologum mehr nennen lassen, ward ein Weltmensch, nandte sich ein D. Medicinae, ward ein Astrologus vnnd Mathematicus, vnd zum Glimpff ward er ein Artzt, halff erstlich vielen Leuten mit der Artzeney, mit Kräutern, Wurtzeln, Wassern, Träncken, Recepten vnd Clistiern, darneben ohne Ruhm war er Redsprechig, in der Göttlichen Schrifft wol erfahren u. s. w.1

„Wie obgemeldt worden, stunde D. Fausti Datum dahin, das zu lieben, das nicht zu lieben war, dem trachtet er Tag und Nacht nach, name an sich Adlers Flügel, wolte alle Gründ am Himmel vnd Erden erforschen, dann sein fürwitz, Freyheit und Leichtfertigkeit stache vnnd reizte ihn also, daß er auff eine zeit etliche zäuberische vocabula, figuras, characteres, vnd coniurationes, damit er den Teufel vor sich möchte fordern, ins Werk zu setzen vnd zu probiern im fürname."

Die Beschwörung gelingt. Es erscheint ihm zwar nicht Lucifer, aber in dessen Auftrag ein vielvermögender Dämon, „Mephostophiles" genannt. Ihm verschreibt Faust bei der dritten Zusammenkunft seine Seele mit dem eigenen Blute.

„Eben in dieser Stundt fellt dieser Gottloß Mann von seinem Gott vnd Schöpffer ab, der ihne erschaffen hatt, ja er wirdt ein Glied deß leidigen Teuffels vnnd ist dieser Abfall nichts anders, dann sein stoltzer Hochmuht, Verzweiflung, Verwegung und Vermessenheit, wie den Riesen war, darvon die Poeten dichten, daß fie die Berg zusammen tragen, vnd wider Gott kriegen wolten, ja

1 W. Scherer a. a. O. S. 4. 5. 6. Vgl. Simrock, Die deutschen Volksbücher. Frankfurt 1846. IV. 7. 8. 15.

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Fauft und Mephostophiles.

wie dem bösen Engel, der sich wider Gott setzte, darumb er von wegen seiner Hoffahrt vnnd Vbermuht von Gott verstoffen wurde." 1

Was Faust in seinem Pact mit dem Teufel gesucht, wird ihm voll und ganz zu Theil. Mephostophiles stellt sich ihm für 24 Jahre mit allem zur Verfügung, was die Hölle bieten kann. Faust begnügt sich zuerst mit Wenigem. Er richtet sich als Gelehrter im Hause seines Oheims ein und lebt da mit seinem jungen Famulus Christoph Wagner. Mephostophiles hat einstweilen nur für seine Nahrung und Kleidung zu sorgen. Dann verlangt Fauft sich zu verehelichen. Die Ehe wird ihm aber als ein Werk des Höchsten" verweigert, und da er auf dem Wunsch beharrt, durch grausigen Höllenspuk verwehrt. Faust zieht nun sein Begehren nach der Ehe zurück und versinkt dafür in den Pfuhl der Unzucht. Der Dämon schafft ihm alle Weiber herbei, die er nur wünscht.

Jeht, bereits im Schlamme der niedrigsten Begierden watend, studirt der Nekromant abergläubische Bücher und verlangt von seinem dienenden Geist Aufschluß über das Jenseits, über den Ursprung, die Natur, den Fall, das Loos, die Thätigkeit und die Qualen der gefallenen Geister. Die Schilderung Lucifers und seines Unglücks rührt ihn tief; Reue beschleicht ihn; doch Zweifel und Unglaube behalten die Oberhand. Selbst die Versicherung des bösen Geistes, er würde, wenn er an seiner Stelle wäre, sich reuig an Gott wenden, vermag ihn nicht mehr zu erschüttern. Er verhärtet im Bösen.

Acht Jahre verbringt Faust mit Lesen, Studiren, Fragen. Ueber Gott und himmlische Dinge erhält er keinen Bericht mehr; er sucht deßhalb durch Fragen aus dem Gebiet der Physik und Astrologie hinter das Wesen und den Ursprung der Dinge zu kommen. So lange sich seine Fragen um die körperlichen Dinge drehen, erhält er erwünschten Aufschluß; sobald er aber weiter dringen will, fertigt ihn der Geist mit Irrthümern ab, mit Materialismus und Pantheismus :

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