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Fausts Weltfahrt und Ende.

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„Die Welt, mein Fauste, ist unerboren vnnd unsterblich. So ist das Menschliche Geschlecht von Ewigkeit hero gewest vnd hat Anfangs kein Vrsprung gehabt, so hat sich die Erden selbsten nehren müssen, vnnd das Meer hat sich von der Erden zertheilet." 1

Nachdem ihm Belial seine vorzüglichsten Räthe und Diener in seiner Studirstube vorgeführt, zieht Faust sodann zur Weltfahrt aus, hinab in die Hölle, hinauf in die Gestirne, hinaus in alle Hauptstädte und Länder der Welt, zum Sultan in Constantinopel, zum Papst nach Rom, zu Kaiser Karl V. nach Innsbruck, zu den Studenten in Leipzig, zu Fürsten, Bürgern und Bauern im ganzen Reich herum. Die griechische Helena, welche er den Studenten zu Leipzig mittelst seiner Zauberkünste vom Grabe aufbeschworen, wird im 23. Jahre seine Concubine. Dann naht die unheimliche Frist heran. Vergeblich versucht Faust noch einmal zu beten. Es gelingt ihm nicht. Der Dämon holt endlich seine Beute.

Voll der tiefsten religiösen Ideen, nur in wenigen Zügen von protestantischer Auffassung angehaucht, voll der erschütterndsten Motive neben dem köstlichsten deutschen Volkshumor, bietet dieses älteste Volksbuch den eigentlichen Kern der Sage, zwar sehr mangelhaft angeordnet, oft nicht eben musterhaft erzählt, aber in seiner ganzen naiven, ursprünglichen Kraft als echte Volksdichtung. Daß das Buch im Volke zündete, beweisen die sehr rasch aufeinanderfolgenden Ausgaben und neuen Bearbeitungen *, sowie

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2 Scherer (Einleitung S. IX ff.) unterscheidet eine dreifache Ueberlieferung": eine Erfurter, eine Wittenberger, eine oberrhei= nische; die erstere humanistisch gefärbt und von freundlicher Sym= pathie für Faust getragen, die beiden anderen dagegen theologisch aufgefaßt und mit ernster Wendung gegen Faust als ein „greuliches Exempel". Ein sicheres und zugleich vollständiges Denkmal liegt jedoch bis jezt nur für die dritte in dem Frankfurter Volksbuch vor.

3 Frankfurt 1588. 1590. 1591. 1592. 1593; Lübeck 1588; Hamburg 1589; Berlin 1589, u. s. w.

4 Die wichtigsten Bearbeitungen von: G. R. Widmann. Ham

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Die Faustbücher. Marlowe's Faust.

die Uebersetzungen, in welchen es nach Frankreich und England, Dänemark und den Niederlanden drang. Der englische Dramatiker Marlowe griff den gewaltigen Stoff auf und schuf eine erschütternde Tragödie daraus, die 1594 schon aufgeführt, 1604 gedruckt wurde 2. Bald darauf wurde der Faust auch als Volksschauspiel in Deutschland auf die Bühne gebracht und erhielt sich da bis tief in das 18. Jahrhundert hinein. Von der Herrschaft des französischen Geschmacks verdrängt, flüchtete er in das Puppentheater 3. Auch in dieser Form lernte Göthe die Sage frühe kennen.

„Die bedeutende Puppenfabel," so erzählt er von seinem Straßburger Aufenthalt, klang und summte gar vieltönig in mir wieder. Auch ich hatte mich in allem Wissen umhergetrieben und war früh genug auf die Eitelkeit desselben hingewiesen worden. Ich hatte es auch im Leben auf mancherlei Weise versucht und war immer unbefriedigter und gequälter zurückgekommen. Nun trug ich diese Dinge, so wie manche andere, mit mir herum

burg 1599; J. N. Pfizer. Nürnberg 1694, und von dem Christlich Meynenden. Frankfurt und Leipzig 1728. Widmann schlug die Sage breit als Rüstzeug gegen das Papstthum

1 De Historie van Doct. J. Faustus etc. Emmerich 1592. Histoire prodigieuse et lamentable de Jean Faust etc. par Victor Palma Cayet. Paris 1598. History of the damnable life and deserved death of Dr. John Faustus (1590 ?).

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2 The Tragicale History of D. Faustus. As it has been Acted by the Right Honorable the Earle of Nottingham his servants. Written by Ch. Marlowe. London 1604. Deutsch von v. d. Velde. Breslau 1870.

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3 Doctor Faust, Schauspiel. Berlin 1832. Simrock, Doc= tor Johannes Faust, Puppenspiel. Deutsche Volksbücher. IV. 153-223. (Boneschki; Hamm), Das Puppenspiel vom Doctor Faust. Leipzig 1850. - Oskar Schade, Das Puppenspiel Doctor Faust. Weimar 1856. Karl Engel, Doctor Johann Faust,

Volksschauspiel. Oldenburg 1874.

Göthe's Werke [Hempel]. XXI. 184.

Faust als Volksschauspiel und Puppenspiel.

357 und ergehte mich daran in einsamen Stunden, ohne jedoch etwas davon aufzuschreiben. Am meisten aber verbarg ich vor Herder meine mystisch-kabbalistische Chemie und was sich darauf bezog, ob ich mich gleich noch sehr heimlich beschäftigte, sie consequenter auszubilden, als man sie mir überliefert hatte.'

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Das Puppenspiel läßt den tiefen theologischen Gehalt der Sage bei weitem nicht zu so gewaltiger, poetischer Entwicklung kommen, wie das Volksbuch. Doch meint Simrock: „Von dem Werk des großen Meisters (Göthe's) wird es nicht in den Schatten gestellt; es ist in seiner volksmäßigen Art ebenso kühn und geistreich erfunden und durchgeführt; als Bühnenspiel runder und von stärkerer, wenn auch nicht so tiefgreifender Wirkung." 1 Jedenfalls fand Göthe hier nicht bloß den Sagenstoff schon scenisch zerlegt und dramatisch aufgefaßt, sondern die drei Hauptfiguren: Faust, Wagner und Mephistopheles, überaus charakteristisch gezeichnet und in Scenen versetzt, welche die mächtigste Anregung boten.

Ungleich bedeutender für den Dichter war die Sage selbst. Sie verknüpft wie kaum eine andere Ernst und Scherz, die tiefsten religiösen Ideen und die tollsten Abenteuer, Gelehrtenleben und Volksleben, Welt und Wissenschaft, Himmel und Hölle. Sie faßt die dämonologischen Volksanschauungen des Mittelalters wie in einem Brennpunkte zusammen, leitet von ihnen zu jenen des Protestantismus über und eilt in der Charakteristik der Hauptgestalt schon der neueren Zeit voraus.

Der Kern und die religiös-ethischen Grundlinien der Sage sind noch aus dem katholischen Mittelalter herübergenommen sind wesentlich katholisch. Gott die Erschaffung und der Fall der Engel die Erbsünde die Erlösung die Noth wendigkeit der Gnade und des Gebetes die Existenz und Thätigkeit der bösen Geister — die Zulassung der Versuchung und die verschiedenen Arten der Versuchung – die Nothwendigkeit wahrer innerer Neue zur Bekehrung – die Existenz ewiger

1 Simrock, Die deutschen Volksbücher. IV. 155.

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Katholische Elemente der Faustsage.

Strafen für die bösen Geister und für den unbußfertigen Sünder also fast alle großen Grunddogmen des Christenthums

sind in den Gesprächen und Erzählungen des Volksbuches völlig rechtgläubig aufgefaßt. Faust ist ein ungemein wahr gezeichnetes Bild der Apostasie, wie sie sich in allen Jahrhunderten der Kirchengeschichte wiederholt hat. Es waren immer hochbegabte, hochstrebende, stolze Geister, welche zu Führern des Irrthums wurden. Fausts sittlicher Zersehungsproceß bezeichnet alle Hauptstadien des Abfalls: Stolz, Wissensdünkel, ehrgeiziges Eindringen in die kirchliche Wissenschaft und in die kirchlichen Würden,. Unbefriedigung in der Theologie wie im Glauben, Verweltlichung, eitles Wissensstreben, Weltlust, Unglaube, Aberglaube - endlich ausdrücklicher Anschluß und Verschreibung des ganzen Wesens an das Böse- und Untergang im Bösen 1.

1 Obwohl die Faustsage heute allgemein als specifisch protestan= tisch ausgegeben wird, so hat deßhalb die Vermuthung, daß sie ursprünglich aus katholischen Kreisen stammt, ihre vollwerthigen Gründe. „Die Sage von Faust," sagt Wolfgang Menzel gerade heraus, „ist eine Allegorie der Reformation. Aus einer katholischen Schule entstanden, die Schöpfung eines tiefsinnigen Dichters, personificirt fie in Fauft die große Geisterbewegung, die zum Abfall von der alten Kirche führte. Sie will zeigen, wohin der menschliche Geist gelangt, wenn er sich vom Mutterschooß der Kirche losreißt und der eige= nen Kraft allein vertraut. Sie läßt den Faust sein Werk in Wittenberg beginnen, wo Luther das seinige begann. Sie läßt ihn aus der Theologie flüchten zur Sternkunde, Magie, Chemie; fie läßt ihn schmachten nach der Herrschaft über die ganze Natur. Sie er= füllt ihn mit dem Stolze, ein von Gott selbst unabhängiger, absolut freier Geist zu sein, der selbst über Himmel und Hölle steht, weil in ihm die höchste Einheit der Dinge realisirt, also auch der Gegen= saß von Gut und Böse für ihn verschwunden sei. Sie macht ihn zum Herrn nicht nur über die Natur, sondern auch über die Ge= schichte. Er kann die Vergangenheit reproduciren, Alexander der Große, die schöne Helena müffen für ihn wieder lebendig werden. Damit bezeichnet die geniale Dichtung den Zusammenhang der Reformation mit dem sogen. Humanismus, der Wiederaufnahme der

Protestantische Beigaben der Faustsage.

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Diese Auffassung des Abfalls von Gott ist im Wesentlichen katholisch, hat aber bei der Gestaltung der Sage zum Faustbuch eine protestantische Richtung erhalten. Der Cölibat ist als Werk des Teufels, das Papstthum als eine Grundsuppe des Bösen und als die Pflanzschule diabolischer Zauberei hingestellt, die Dazwischenkunft der Mutter Gottes ausgeschlossen. Der Kampf zwischen Gnade und Sünde ist in einen Kampf zwischen Glauben und Wissen umgestaltet. Faust wird nicht bloß als Zauberer verurtheilt, sondern auch als wissensdurstiges Genie, welches die Bibel „unter die Bank gelegt", um sich der Philosophie, der Mathematik, den Naturwissenschaften zu ergeben. Das ist nicht der Geist, der einen Albert den Großen, einen Nikolaus von Cues, einen Copernicus und Columbus beseelte, das ist ein echt wittenbergischer Zug, ein Wiederhall der Zornesworte, welche Luther gegen die hohen Schulen geschleudert hatte1. Indem aber das natürliche Wissen und besonders die Philosophie herabgesezt wurde, erhielt gerade aller. Aberglaube, alle Hinwendung zum Dämonischen recht offenen Spielraum. Die Theologie selbst betrat mit einer solchen Verkeßerung der menschlichen Vernunft den Boden der Unwahrheit und deßhalb des Dämonischen 2. claffischen Studien, der neuen Schwärmerei für das Alterthum. In der Helena ist der ganze verführerische Reiz der Renaissance personificirt." Wolfgang Menzels Literaturblatt. Nr. 64. 12. Aug. 1857. Das schließt nicht aus, daß die Sage früh in protestantische Kreise gedrungen ist und hier grundfäßlich eine andere Wendung erhalten hat. 1 „Die hohen Schulen wären werth, daß man sie alle zu Pulver machet; nichts Höllischer und Teuflischer ist auf Erden kommen von Anbeginn der Welt." Sämmtliche Werke. VII. 63. S. Janssen, Geschichte des deutschen Volkes. II. 293 ff. Noch in seiner lezten Predigt warnte Luther vor der Vernunft: „Aber des Teufels Braut, die Vernunft, die schöne Meze, fähret herein und will klug sein, und was sie saget, meint sie, es sei der heilige Geist. Es ist die höchste Hure, die der Teufel hat." Sämmtliche Werke. XVI. 142 ff. Janssen III. 536.

2 Fr. von Hummelauer, Die christliche Vorzeit und die Naturwissenschaft (Stimmen aus Maria-Laach. XIX. 295–299).

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