ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

wir nicht seines Gleichen werden sollen. Wir wollen auf alle Weise verhüten, daß das Gute, welches wir bey Lasterhaften wahrnehmen, uns nicht gleichgültig gegen ihre Fehler mache und verblende.

[ocr errors]

Eben daher lasset uns genaue Verbindung mit Lasterhaften gänzlich vermeiden. Eine ganz eigne unwiderstehliche Kraft, alles zu verunreinigen, alles anzustecken, hat das Laster, M. 3., sobald man ihm zu nahe kommt, sobald man es wagt, sich mit ihm in eine gewisse Vertraulichkeit einzulassen. Ihr sehet, wie bald die Schuldner des Herrn im Evangelio von der Treulosigkeit des HausHalters hingerissen werden, wie bald sie in die Ver: fälschung ihrer Schuldverschreibungen willigen, und an den Verbrechen dieses Elenden theil nehmen. Und wahrlich nach der Erfahrung ist es so; ihr werdet überall Beyspiele unglücklicher Menschen finden, die durch einen unvorsichtigen Umgang mit Lasterhaften es unvermerkt, nnd oft mit unglaublicher GeschwinDigkeit, selbst geworden find. Soll uns dieß nicht der Beweis seyn, daß für unsre Unschuld und Tugend nichts gefährlicher ist, als eine solche Unnäs herung zu Menschen, die mit irgend einem Laster behaftet sind? Um die Pflicht zu erfüllen, von der ich heute geredet habe, ist auch eine solche Annaherung gar nicht nöthig. Der Herr im Evangelio läßt seinem treulofen Haushalter alle Gerechtigkeit widerfahren, die er fordern konnte, aber er entfernt ihn von sich, er kündigt ihm an: Du kannst hinfort nicht mehr Haushalter seyn. Dieß fey die Negel, nach der auch wir uns richten wollen, wenn wir gerecht und billig gegen Lasterhafte find. Wir wollen jeden Vorzug, jede grosse Eigen schaft, jedes ungemeine Talent, wodurch sie sich aus: zeichnen, mit Vergnügen bemerken; wir wollen alles gebührend schäßen, was an ihnen geschäzt zu werden verdient; wir wollen aus unsern Verbindungen mit

ihnen alle die Vortheile für gute Endzwecke ziehen, die sich daraus ziehen lassen; aber zu unsern Freun den wollen wir sie nicht wählen; zu den Vertrauten unsers Herzens wollen wir sie nicht machen, wir wollen es nie vergessen daß sie nur von Einer Seite betrachtet unsrer Achtung würdig sind, von einer andern hingegen angesehen, gefährliche Geschöz pfe sind, welche wir fliehen müssen. Wir werden Lasterhaften nie unrecht thun, werden uns aber auch durch unsre Billigkeit gegen sie nie selber schaden, wenn wir so verfahren, wenn wir genaue Verbindungen mit ihnen gänzlich vermeiden.

Wie

Endlich M. Br., lasset uns stäts der großfen Wahrheit eingedenk seyn, daß man auch nur mit einem einzigen herrschenden Laster kein wahrer Christ seyn kann, die wuns derbare Mischung von guten Eigenschaften und von grossen Fehlern, von mancherley Tugenden und von einzelnen Sünden, die wir bey Lasterhaften so häufig antreffen, bey der sie uns oft so liebenswürdig und achtungswerth erscheinen, kann nur allzuleicht den Wahn veranlassen, es sey erlaubt, irgend einer Schoosfünde nachzuhängen, wenn man sie nur durch andre rühmliche Eigenschaften gleichsam vergüte. schädlich, wie gefährlich würde uns die Bemühung werden, auch gegen Lasterhafte gerecht zu seyn, wenn wir aus der Aufmerksamkeit auf sie diese verderbliche Lehre zögen. Nein, M. Br., die wahre christliche Tugend ist ganz unverträglich mit herrschenden Lastern; es bleibt ein ewig wahrer Grundsah: so Jemand das ganze Gesek hält, und sündiget an einem, der ists ganz schuldig. So viel Gutes auch ein Lasterhafter an fich haben mag, wir wollen es uns fleissig vorhalten, daß dieß Gute immer noch die reine, lautre Tugend nicht ist, die das Christenthum von uns fordert; daß wir ganz frey seyn müssen von jeder herrschenden und vorsäß

1

lichen Sünde, wenn wir Gott gefallen wollen; daß wir uns reinigen müssen von aller Ungerechtigkeit. Und dazu gieb du uns Kraft, du, der du schon auf Erden heilig, unsträflich und von den Sündern ab gesondert warst! Olaß uns, so wie du, milde, ge recht und nachsichtsvoll gegen alle seyn, die mit uns leben; aber strenge und unerbittlich gegen uns selbst. Laß uns alles Gute, das wir an Andern finden, als deine Gabe schäßen; aber nie zufrieden mit uns selber, laß uns immer weiter streben, immer ernstlicher nachjagen der Heiligung, ohne welche dich Niemand sehen wird. Wir flehen um deine Hilfe, erbarme dich unser, und vollende, vollende das gute Werk, das du in uns angefangen hast, zu deinem Preise; Amen.

187

48.

Am zehnten Sonntage nach Trinitatis.

[ocr errors]
[ocr errors]

8 giebt einen gewissen Zustand der Trägheit, des Mißvergnügens und der Erschlaffung, M. 3., in welchen unsre Seele von Zeit zu Zeit versinkt, und der in mehr als einer Rücksicht unsre Aufmerksamkeit verdient. Auch der Thätigste unter uns muß es wissen, daß zuweilen Stunden eintreten, wo das rege Feuer, das ihn sonst erwärmt, ganz erloschen zu seyn scheint; wo das ganze Triebwerk seiner Kräfte gleichsam stockt, und keine Bewegung anneh men will; wo er unzufrieden mit sich selbst, mit seinem Zustand und mit allem ist, was er geleistet und bewirkt hat; wo seine Geschäfte ihn aneckeln, und das, was er sonst mit Lust thut, ihm schmerz hafte Empfindungen verursacht; wo ein geheimer Unville über seine ganze Verfassung eine Niedergeschlagenheit über ihn ausbreitet, von der er sich nicht loszureissen vermag. Wie qualvoll find die Stunden dieser Ermattung! Mit welcher unwiders stehlichen Gewalt beherrscht uns in denselben das Gefühl unsers Unvermögens, und drückt uns zu Boden! Wie verächtlich und klein, wie thöricht und unbesonnen kommt uns dann alles vor, was Menschen unternehmen und ausführen! Wie vergeblich scheint uns insonderheit jede grosse uneigennüßige An

strengung, jede Aeusserung unsrer edlern Kräfte!, Wie geneigt werden wir dann, den thierischen Ge nuß, welchen der träge Müssiggänger sucht, und die Bemächliche Ruhe, der er sich überläßt, immer noch für das Beste zu halten, was dem Menschen auf Erden zu Theil wird, und den für den Klügsten anzusehen, welcher diese Parthen ergriffen hat.

Es lassen sich mancherley Ursachen bemerken, M. 3., welche diese traurige Ermattung, dieses peinliche Mißvergnügen mit uns selbst, und mit dem Loos der Menschen überhaupt, bey uns hervorzubringen pflegen. Oft ist dieser Zustand die Folge einer allzuheftigen Anstrengung, die sich nicht anders endigen kann, als mit einer solchen allgemeinen ErSchlaffung. Oft ist es ein kränklicher Körper, der dem Geist bey seinen Bestrebungen zu viel Hindernisse in den Weg legt, und ihn gleichsam nöthigt, an sich selbst zu verzweifeln. Zunveilen ist der Einfluß der Witterung, der Jahrszeit, und andrer äußrer Umstände so nachtheilig, und erweckt so viel finstre, unangenehme, niederschlagende Vorstellungen ins uns, daß die Seele zulezt erliegt, und sich ihrem Gram überläßt. Oft genug sind es auch die Necke reyen der Menschen, die vielen Angriffe des Neides, der Ungerechtigkeit und der Bosheit, die auf uns geschehen, die vielen Arten des Widerstandes, welche wir selbst dann antreffen, wenn wir die edelften Absichten ausführen wollen, was uns zulezt ermüdet, was uns in den feindseligen Unmuth ver sezt, wo wir vom Gefühl unsrer Ohnmacht gepeinigt, unzufrieden mit Gott, mit der Welt, und mit uns selber sind.

Doch dieser Zustand hat oft noch eine andre Ursache, M. Z., die merkwürdiger ist, als die übri gen alle, und deren schädlichen Einfluß wir nicht immer so achten, als wir sollten. Die offenbare Eitelkeit alles dessen, was auf Erden ist und ge=

[ocr errors]
« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »