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auf thierischen Genuß, als auf den lezten Zweck unsers Lebens, zu sehen. Hier, hier, M. 3., liegt die Hauptursache, warum es so viel träge, nachlässige, unedle Menschen giebt, die für nichts Sinn und Geschmack haben, als für niedrige. Wollust, die so viel Freuden dieser Art mitnehmen, als sie nur können, die es für thöricht halten, sich aus Pflicht, oder des gemeinen Besten wegen, auch nur das geringste Vergnügen zu versagen. Das Gefühl von der Kürze dieses Lebens, von der Eitelkeit groffer und schwerer Unternehmungen, von der ganzen Nichtigkeit dessen, was auf Erden geschieht, ist zu stark, zu wirksam, zu gewaltig in ihnen, als daß sie es nicht für das Beste halten sollten, zu ge= niessen, so viel sich geniessen läßt, weil dieß, wie es ihnen vorkommt, noch das Einzige ist, was man davon bringt, das Einzige, was man für wahren Ge= winn halten kann. Oder Grundsaß: lasset uns essen und trinken, denn morgen find wir todt, dieser schändliche, allen Eifer für grosse, edle, gemeinnützige Thaten unterdrückende Grundsaß herrscht in weit mehrern Menschen, M. 3., als man glauben sollte. Freylich tragen die meisten Bedenken, ihn zu äussern. Aber merket nur auf die Urtheile, die ihnen zuweilen entfallen, beobachtet die Regeln, nach denen sie handeln, fehet auf ihr müssiges Leben, auf ihr unablässiges Jagen nach Vergnügen, auf die unersättliche Gierigkeit, mit der sie geniessen, und auf ihr Zaudern, auf ihre Entschuldigungen, auf ihre Vorwände, auf ihr schändliches Zurückweichen, sobald fie der Tugend und dem gemeinen Wohl ein Opfer bringen sollen: und es wird euch gar nicht schwer werden, den Grundsatz zu finden, der in den Tiefen ihres Herzens verborgen liegt, ihr werdet nicht daran zweifeln können, daß sie in der Ueberzeugung, es sen doch alles eitel und vergänglich, es für das Klügste halten, sich so viel finnlichen Genuß zu verz schaffen, als die Umstände erlauben wollen. Und

selbst euch, ihr bessern und edlern unter meinen Brüdern, selbst euch kann ich getrost fragen, ob sich die Neigung, thierisches Vergnügen zu suchen, in den finstern Augenblicken, wo das Gefühl der Eitelkeit alles Irdischen recht lebendig ben euch war, nicht auch in euern Seelen regte, ob nicht der Gedanke zuweilen in euch aufstieg, euer Streben und Wirken, eure Anstrengung für das Gute, eure Aufopferung im Dienste Gottes und der Welt sen doch wohl am Ende nichts weiter, als eine unkluge Schwärmeren, und der treffe es am besten, der überall nur sich und seinem Vergnügen lebe? Nur allzu genau ist das lebhafte Gefühl von der Eitelkeit alles Jr: dischen mit der Neigung verknüpft, nichts zu achten, als was nahen sinnlichen Genuß verschafft, man wird um so begieriger nach jeder Art der Wollust, je flüchtiger die Tage sind, die man auf Erden zuzubringen hat.

Ihr sehet ohne mein Erinnern, daß der gar nicht fähig ist, währen, lebendigen, christlichen Eifer für das Gute zu beweisen, der so denkt, der sich durch das Gefühl von der Eitelkeit alles Irdischen fo erniedrigen läßt. Ist es nun nicht möglich, diesem Gefühle ganz auszuweichen, muß es vielmehr ben tausend Gelegenheiten nothwendig in uns rege werden: so ist es freylich nöthig, daß wir noch untersuchen, wie wir verhüten sollen, daß es unsern Eifer für das Gute nicht unterdrü cke, daß es demselben so wenig nachtheilig werde, wie bey Jesu im Evangelio,

Und dieß wird geschehen, M. Z., wenn wir uns gewöhnen, diesem Gefühle dann am wenig ften zu trauen, wenn es am lebhaftesten in uns ist. Hätte wohl Jesus im Evangelio der Wahrheit gemäß gedacht, wenn er seine bisherigen Bemü hungen, unter seinem Volke Gutes zu befördern, für ganz verloren gehalten, für völlig eitel erklärt hätte?

Der wußte es, der von ihm ausgestreute Saame keime im Verborguen, und werde zu seiner Zeit schon sichtbar werden; daher konnte ihn weder der bevorstehende Untergang seines Vaterlandes, noch sein naher Tod abhalten, in seiner wohlthätigen Geschäftigkeit fortzufahren. Glücklich, glücklich, wer weise genug ist, das Gefühl von der Eitelkeit alles Irdischen so zu mässigen, es so zu berichtigen! Ge rade dann, M. 3., wenn es am heftigsten in uns ist, wenn es uns ganz zu Boden drücken, und die edelsten Kräfte unsers Wesens gleichsam lähmen will, gerade dann ist es am falschesten, und gründet sich auf unrichtige Vorstellungen. Kommt uns alles vergeblich vor, was wir und Andre verrichten; scheint uns alles unvollkommen, was da ist und geschieht; sehen wir in allem, was dieser Erdkreis enthält, gar nichts weiter, als elende flüchtige Erscheinungen, die bald verschwinden, und sich in nichts verwandeln wer den: so urtheilen wir nicht frey und unparthenisch, so hat sicher irgend ein unangenehmer Umstand, irgend eine Leidenschaft unsre Seele verstimmt, und mit trüber Baune angefüllt, so dürfen wir sicher darauf rechnen, daß wir uns selbst betrügen. Denn so groß ist die Eitelkeit des Irdischen nicht, M. 3., als sie uns in solchen trüben Augenblicken erscheint. Nichts, was da ist und geschieht, ist ganz vergeb lich und verloren, wenn es uns gleich so vorkommt; haben wir nicht schon oft hinterher erfahren, wie viel Bemühungen gewirkt hatten, die wir eine Zeit lang für völlig verschwendet hielten? Nicht so groß ist die Unvollkommenheit dessen, was da ist und ge= schieht, wenn wir gleich zuweilen mißvergnügt mit allem find. Könnte uns so manche reine Freude, könnte uns so manches erquickende Vergnügen zu Theil werden, wenn alles so schlecht und unbedeutend wäre, als unser Unmuth uns oft bereden will? Nicht so vergänglich ist alles, was da ist und ges schieht, wie wir beym Gefühl unsrer Schwachheit

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uns oft einbilden. Es giebt für den, der sich verdient um Andre macht, eine dankbare Nachwelt, es giebt Menschen, die sein Andenken noch lange bewah ren und segnen, es giebt eine Geschichte, die seinen Namen aufzeichnet, es giebt eine Ewigkeit und einen höchsten Vergelter, vor dessen Augen nichts verloren ist, dessen Gerechtigkeit und Güte nichts unbelohnt läßt. Wohlan also, M. Br., gerade dann, wenn das Gefühl von der Eitelkeit alles Irdischen am stärksten in uns wird, wenn wirs fühlen, daß wir daben ermatten, daß Abneigung und Widerwille, gegen alle nüßliche Thätigkeit sich in uns regen will: gerade dann wollen wir uns erinnern, daß irgend eine Ursache uns irre führt, gerade diese allzugrosse Lebhaftigkeit soll uns das Zeichen seyn, daß wir ausschweifen und fehlen; gerade dann wollen wir unsre Vernunft auffordern. das, was in uns vor: geht, genauer zu prüfen. Es wird sich dann bald zeigen, daß wir keine Ursache haben, allen Muth Finken zu lassen; das Gefühl von der Eitelkeit alles Irdischen wird unsern Eifer für das Gute nicht unterdrücken, wofern wir uns nur gewöhnen, ihm ge rade dann am wenigsten zu trauen, wenn es am leb haftesten in uns ist.

Und dabey lasset uns fleissig bedenken, wie unbeschreiblich sich der erniedrigt, der finn liche Lust zu seinem lezten Endzweck macht. Lasset uns annehmen, M. 3., aller Eifer für das Gute wäre ganz eitel, mit allen Bemühungen, Wahrheit zu erforschen und zu verbreiten, Tugend zu üben und zu befördern, Menschen zu bessern und zu bes glücken, die Vorschriften der Religion heilig zu halten und zu üben, die Lüfte des Herzens einzuschränFen und zu dämpfen, Edelmuth und Rechtschaffenheit zu beweisen und zu lieben, mit allen diesen Be mühungen wäre gar nichts ausgerichtet, sie blieben ewig ohne alle weitere Folge und Belohnung: es würde doch vernünftiger, es würde doch der Würde

unsers Wesens, und der ganzen Einrichtung desselben gemäßer seyn, so zu handeln, als das Gegen theil zu thun. Denn heißt, blos seinen Lüften le ben, etwas anders, als die Menschheit verläugnen, und sich herabseßen unter die Thiere? Fühlet ihrs, die ihr diesen schändlichen Grundsatz befolget, denn gar nicht, daß ihr nicht werth send, die schöne menschliche Gestalt zu tragen, welche der Tempel der Vernunft seyn soll; daß ihr gerade diese Vernunft, die euch als Menschen auszeichnet, die euer erhabenster Vorzug ist, zur Dienerin thierischer Lüste erniedrigt, daß ihr euch hiemit in einen Widerspruch verwickelt, der weder grösser, noch schimpflicher seyn kann; daß ihr euch als Geschöpfe darstellet, die aller ihrer Würde eutsagen, und auf die Achtung, auf das Wohlwollen, auf die Werthschätzung ihrer Mitmen schen keinen Anspruch weiter haben wollen? Denn send ihr, wenn ihr aufrichtig seyn wollet, nicht in euern eignen Augen verächtlich, wenn der Bauch euer Gott ist, wenn ihr blos euern Lüsten fröhnet; sagt es euch nicht ein gewisses, unbestechliches, inn res Gefühl von Zeit zu Zeit, daß ihr keiner Achtung werth send; und würdet ihr euern Grundsatz, so viel sinnliche Luft mit wegzunehmen, als sich erhalten läßt, so sorgfältig verbergen, wenn ihr euch desselben nicht zu schämen hättet? Oft, M. Br., oft lasset es uns bedenken, wie verächtlich, wie verabscheuungswürdig der Mensch wird, wie offenbar er den Fähigkeiten seines Wesens entgegenhandelt, und wie unbeschreiblich er sich beschimpft, sobald er aufhört, das Gute zu lieben, und blos seinen Lüsten dient. Je lebhafter wir dieß einsehen, desto weniger wird das Gefühl von der Eitelkeit alles Irdischen unserm Eifer für das Gute schaden, wir werden fähig seyn, das, was Recht ist, seines eignen, inuern, unabhängigen Werthes wegen zu lieben, ohne auf die vergänglichen Vortheile weiter zu sehen, die unfre Sinnlichkeit sucht.

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