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ringschätzung zu behandeln? Ich weiß es wohl, daß die Reißzungen zu einer solchen Verachtung mannigfaltig und groß sind; und daß wir unter Menschen leben, welche sie nur allzuoft wirklich verdienen. Aber wenn wirs auch nicht ganz verhindern kön= nen, M. Br., daß Empfindungen des Unwillens und der Geringschäßung gegen Andre sich in uns regen: so lasset uns doch selbst bey den Ausbrüchen dieses Gefühls nicht vergessen, daß wir uns vielleicht irren, daß wir zu weit gehen, daß Gott ganz gewiß anders urtheilt, daß er selbst in dem verächtlichsten Geschöpf noch immer etwas Gutes entdeckt, das künftig sich entwickeln soll, daß er es nicht hervorgebracht haben, und nicht erhalten würde, wenn es durchaus verwerflich wäre. Und so wollen wir denn keinem unsrer Brüder allen Anspruch auf Achtung, auf Liebe, auf Duldung und Schonung abläugnen; Gott urtheilt anders, als wir; dieß sey uns der stärkste Antrieb, Niemanden zu verachten.

Aber auch Niemanden zu beneiden. Wir haben alles, was wir wünschen können, wenn wir gerechtfertigt vor Gott find, wenn uns sein Beyfall zu Theil geworden ist. Und wovon hängt sie ab diese Rechtfertigung, dieser Beyfall, dieses Wohlgefallen Gottes, das jedem vernünftigen Geschöpf das wichtigste aller Güter seyn soll? Müssen wir grosse Schäße besitzen, müssen wir einen hohen Rang unter den Menschen behaupten, müssen wir uns durch Fähigkeiten, und Kenntnisse auszeichnen, müssen wir uns in vortheilhaften Umständen besinden, wenn wir Gott angenehm feyn wollen? ihr habt gesehen, daß alle diese Dinge vor ihm nichts sind, und unsera Werth in seinen Augen weder erhöhen, noch vermindern; ihr wisset es, daß es der Glaube an seinen Sohn Jesum, daß es der daraus entspringende Gehorsam gegen seine Gefeße,

daß es Weisheit, Tugend und Aehnlichkeit mit ihm ist, was er allein fordert und schäzt. Und doch beneiden wir einander um Dinge, auf die er ben seinem Urtheil über uns nicht im mindesten sieht; doch sehen wir scheel, daß er diesem mehr Güter, jenem mehr Ehre, einem Undern mehr Macht, noch einem Andern mehr Gesundheit und Vergnügen geschenkt hat, als uns? Bist du, der du so eifersüchtig Andrer Glück betrachtest, denn in der Hauptsache zurückgesezt? Hast du es nicht eben so gut, wie jene, in deiner Gewalt, durch Glau: ben an Jesum den Beyfall Gottes zu erlangen, und dir den Werth zu verschaffen, der allein vor ihm gilt? Reisse dich los von dem elenden Wahne, der die Urtheile der Menschen so in Verwirrung bringt; lerne den äussern Schimmer verach: ten, den irdisches Glück giebt, und der im Tod erlischt; lerne den Menschen nehmen, wie er seyn soll, wie Gott ihn ansieht und wie er allein An spruch auf wahre Achtung machen kann: so wirst du nicht Ursache haben, irgend Jemanden zu benei den; so wird der große Gedanke dich trösten, daß du in deiner Niedrigkeit, in deiner Armuth, in deinem Elend eben den Zutritt zur Gnade Gottes in Christo hast, der Beglücktern offen steht; und daß nichts dich hindert, eben so weise, eben so gut, und des Beyfalls Gottes eben so würdig zu wer den, als sie. Beurtheilt Gott uns anders, als die Menschen, und gilt äußrer Prunk und irdisches Glück vor seinem Richterstuhle nichts: so saget selbst, warum wir uns einander um Dinge beneiden, deren Werth so gering ist, die so leicht gemißbraucht, und ein Fallstrick für uns werden können!

Doch die Wahrheit, daß Gott anders über uns urtheilt, als die Menschen, sen auch Trost für uns in den Stunden des Trübsinns und der Muthlosigkeit. Wie oft treten solche

Stunden ein, M. Br., und wie drückend find fie für das verzagte Herz! Uch wenn ein kranker Körper uns das Gefühl der Kraftlosigkeit, und ei nes traurigen Unvermögens aufdringt; wenn äußre Noth und widrige Umstände uns mit finstern Vorstellungen und bangen Sorgen erfüllen; wenn unfre angestrengtesten Bemühungen nichts ausrichten, und unsre besten Absichten mißlingen; wenn unfre Mitmenschen uns verkennen, und uns ihren Beyfall, ihre Zuneigung, ihre Unterstüßung versagen: so werden wir nur allzuleicht zweifelhaft an uns selber; wir fangen an, uns nichts mehr zuzutrauen, und mit Geringschäßung auf uns zu sehen; wir kommen uns dann oft so unbedeutend, so elend, so verächtlich vor, daß wir uns und unsern Zu: stand nicht ohne Eckel und Unwillen betrachten können. Aber, o Verzagter, der du dich so unglücklich fühlest in deinem Trübfinn, hebe dein Haupt auf, und überlege; der, in dessen Händen dein Schicksal ist, richtet anders, als du und die Menschen! Er schäzt dich nicht gering, weil du elend vor den Augen Andrer bist; er hält dich nicht für überflüssig, weil du jezt deine Kräfte nicht gebrauchen kannst; er sieht dich nicht mit Verachtung an, weil deine Unternehmungen verunglückt sind; er beurtheilt dich nicht unbillig, weil Menschen die Reinigkeit deiner Absichten in Zweifel ziehen. O vor seinem Blick verschwinden die Nebel des Unmuths, die dich umwölken; du bist sein Geschöpf, das er ganz kennt, dessen Kräfte er weiß, auch wenn sie sich nicht äussern; dessen Herz er durchschaut, auch wenn es verschlossen und beklemmt ist; dessen Werth er nicht nach dem bestimmt, was es gerade jezt ist, sondern nach dem, was es gewesen ist, und in alle Ewigkeit seyn wird! Und so ermahne dich denn, und fasse Muth! Gott würde dich nicht hervorgerufen haben aus dem Nichts, seine Hand würde dich nicht erhalten und bewahren, wenn er nicht

Wohlgefallen an dir hätte, wenn er nicht etwas in dir fände, das seiner väterlichen Liebe würdig wäre, wenn er nicht wüßfe, wozu er dich gebrauchen könne, wenn er mit einem Worte nicht Gedanken des Friedens über dir hätte. Es muß uns Trost seyn, M. Br., in den Stunden des Trübfinns und der Muthlosigkeit, daß Gott anders über uns `ur: theilt, als die Menschen.

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Diese Wahrheit sey aber auch die kräftigste Ermunterung für uns, in allem Guten immer weiter zu streben. Denn bemerket es wohl, durch gute Vorfäße, durch äussern Schein, durch einzelne lobenswürdige Handlungen können wir zwar Menschen blenden, und ein günstiges urtheil erschleichen: aber den Allwissenden betrügen wir nicht; er überschaut das Ganze; seinem unend lichen Verstande schwebt die Reihe unsrer Handlungen in ihrem wahren Zusammenhange vor, und jezt schon ist es ihm bekannt, was wir künftig seyn, wie schnell oder langsam wir fortschreiten, wie weit wir es in alle Ewigkeit hinaus bringen werden. Kann es uns also vortheilhaft seyn, dür fen wir seinen Beyfall hoffen, wenn er in der Reihe unsrer Veränderungen Zeitpuncte erblickt, wo wir stille stehen, zurücksinken, uns verschlimmern werden; wenn er vorher weiß, wie langsam, wie träge, wie nachlässig wir seyn werden, den Grad von Vollkommenheit zu erreichen, den wir erreichen könnten, und unserm Mittler nachzustreben, der sich mit solcher Schnelligkeit zu allem aufschwang, was die menschliche Natur werden kann? O das unbe stechliche, alles umfassende Urtheil Gottes über uns fen uns ein immerwährender Antrieb, nie stille zu stehen, nie zu sagen, es ist genug. Mit Wohlge: fallen und Gnade kann er nur dann auf uns herab blicken, wenn der Sinn seines Sohnes Jesu in uns ist, wenn wir nie aufhören, zu wachsen an Erkennt

niß, Glauben und Liebe, wenn wir nie müde werden, Gutes zu thun, wenn wir. mit allen unsern Kräften streben, vollkommen zu seyn, wie er vollkommen ist.

Sehet da den Geist, M. Br., mit welchem ich euch erfüllen, den ich durch mein Lehren und Ermahnen so gern in euch erwecken möchte! Ach es ist ein grosses erhabnes Ziel, das mir vor Au gen schwebt; euch zu einem Verhalten zu leiten, mit welchem ihr vor Menschen bestehen könnet, das ist mir, so viel es auch seyn mag, doch noch viel zu gering, viel zu wenig; der Richterstuhl des Allwissenden ist es, vor welchem ich mir euch, und mich selber denke; daß ihr da bestehen, daß ihr da gerechtfertigt werden, daß ihr da Beyfall erhalten, und nach dem Kampfe des irdischen Lebens den Kranz des Siegs und der Ehre empfangen möch tet, dieß ists, was ich wünsche, wozu ich euch unter dem Beystande Gottes gern behülflich werden möchte! Zwar fühl ich es mit Bedauern, daß, so willig auch der Geist ist, euch unablässig zu ermah nen, zu bitten und zu ermuntern, die Schwachheit des Fleisches ihn doch einmal über das andre hindert, seinem sehnlichsten Wunsche Genüge zu leisten, und sich hier in eurer Mitte und mit euch zu stärken und zu erquicken durch das Wort der Wahrheit und durch die Kraft des Evangelii Jesu. Aber lasset michs eingestehen, es ist Labsal für mich im Leiden, es ist Trost für mich, wenn ich mein Unvermögen fühle, die rührenden Beweise der Nachsicht, der Liebe, und des Wohlwollens zu überdenken, mit denen ihr mich überhäuft habt, M. Br., so lang ich unter euch lebe, und deren Werth mein Herz nie aufhören wird, mit der innigsten Dankbarkeit zu empfinden. Möchte Gott mir die Gnade schenken, euch diese Dankbarkeit bis zum lezten Hauche meines Lebens so vollkommen beweisen zu

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