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kann ausarten, kann unterdrückt werden, kann eine falsche Richtung nehmen, wenn wir nicht über sie wachen, wenn sie nicht unter der Aufsicht der Vernunft steht, und von einem ächt christlichen Sinne geleitet und erwärmt wird. Soll also der Hang zur Theilnehmung die Absichten erreichen, um welcher willen er da ist, soll er aus einer bloß natürlichen Empfindlichkeit ein wahrer sittlicher Vorzug werden: so lasset uns ihn bewahren vor unterdrückenden Leidenschaften. Denn durch Leidenschaften, M. 3., durch unbändige Begierden und Lüfte aller Art kann das sonst so reißbare Gefühl der Theilnehmung geschwächt, kann unser von Natur so weiches Herz gleichgültig, hart, grausam und unerbittlich gemacht werden. War es nicht leiden. schaftlicher Religionshaß, was die Juden zu den Zeiten Jesu gegen Heiden und Samariter verschloß? War es nicht schändlicher Eigennuß, was verursachte, daß der Priester und Levit'im Evangelio ben dem verwundeten Wandrer so gleichgültig vorüber giengen? Und bringt nicht jede andre Leidenschaft dieselbe Wirkung hervor? Vergeblich wird man sich an dich wenden, wenn du ehrgeißig bist; nichts wirst du für Andre, fühlen, sobald deine Eitelkeit es erniedrigend findet, sich ihrer anzunehmen. Vergeblich wird man dich anflehen, wenn du habsüchtig bist; nichts wirst du für Andre fühlen, sobald sie dich etwas kosten würden. Vergeblich wird man seine Zuflucht zu dir nehmen, wenn du wollüstig bist; ben aller deiner sonstigen Empfindsamkeit wirst du nichts für Andre fühlen, sobald du dir einen Genuß versagen sollst. Vergeblich wird man deinen Beystand suchen, wenn du ein träger Müssiggänger bist; nichts wirst du für Andre fühlen, sobald du dich zu ihrem Besten anstrengen solist. Vergeblich wird man alles anwenden, dein Herz zu rühren, wenn du ein blinder Eiferer für deine Kirche, für deine Nation und für gewisse Meynungen bist; nichts

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wirst du für Andre fühlen, du wirst fähig seyn, sie zu haffen, zu drücken, zu verfolgen, sobald sie einer andern Secte, einem andern Lande, einer andern Religion angehören. Ach wie hart, wie fühllos, wie grausam kann unser Herz werden, M. Br., dieses Herz, das Gott so empfindlich, so theilnehmend gebildet hat, wenn wir über die milde natürliche Güte desselben nicht sorgfältig wachen, wenn wir irgend eine Leidenschaft, sie sen von welcher Art fie wolle, in demselben herrschend werden lassen! Wol let ihr also bleiben, was ihr nach den Absichten eures Schöpfers seyn sollet, Wesen, die fähig sind, einander zu verstehen, und mit zärtlichem Wohlwol len einander auszuhelfen: so höret die Stimme des Christenthums, das jedes herrschende Laster verbietet, das Einschränkung aller eurer Begierden und Lüfte verlangt, das euch auffordert, das Fleisch zu kreu Bigen, und die Glieder zu tödten, die auf Erden find. Es ist Pflicht, den Hang zur Theilnehmung zu bewahren vor unterdrückenden Leidenschaften.

Aber dieß ist noch nicht genug; wir müssen ihn auch lenken lernen durch vernünftige Vorstellungen von unsern Pflichten. Nicht den geringsten sittlichen Werth kann der Hang zur Theil nehmung haben, M. Z., wenner ein blindes, ohne Ue berlegung wirkendes Vermögen ist. Denn ist er als dann nicht ein blosses Werk der Natur, eine blosse Folge von der Einrichtung unsers Körpers, von der Mischung unsrer Säfte, von der Zartheit unsrer Nerven, eine Gabe, die uns ohne all unser Zuthun zu Theil geworden ist? Ich muß noch mehr sagen: ist ein em: pfindliches Herz, das leicht gerührt und gewonnen wer den kann, nicht sogar ein gefährliches Gut, wenn es nicht von den Einsichten der Vernunft geleitet wird? Giebt es nicht tausend schwache Menschen, die blog darum, weil sie von Natur so lebhaft fühlen, und so innig Theil nehmen, sich von der Arglift bethören, von

der Verführung hinreissen, von der Bosheit mißbrauchen, und alles aus sich machen lassen, was man will; Menschen, die hißig schwärmen, wenn sie ruhig über legen, die Nachsicht und Mitleiden beweisen, wenn sie fest und strenge seyn, die dem Drang ihres gerührten Herzens blindlings folgen, wenn sie sich zurückhalten follten? Bedauernswürdige Geschöpfe, fähig zu jeder Thorheit, das Spiel jeder Leidenschaft, der Spott jes des schlauen Betrügers werdet ihr seyn, wenn ihr nichts weiter habt, als eine starke, natürliche Anlage zur Theilnehmung, wenn ihr euer natürliches Gefühl nicht durch vernünftige Vorstellungen von euern Pflichten lenket. Nur der ist ein wahrer Christ, der alle seine Neigungen dem Gebote der Pflicht unterwirft, der sie nur da wirken läßt, wo seine Vernunft es billig und recht findet. Auch der Hang zur Theilnehmung muß diese Herrschaft anerkennen, wenn er einen wahren Werth haben, und den Absichten Gottes gemäß handeln soll. Lasset uns also fröhlich seyn mit den Fröhlie chen, weil es Pflicht ist; laffet uns Mitleiden haben mit dem Unglücklichen, weil es vernünftig ist; lasset uns mit theilnehmender Wärme auf alles achten, was Menschen und ihr Wohl betrifft, weil Gott es haben will; lasset uns unser Mitgefühl verstärken, oder vermindern, es äussern, oder zurückhalten, nach demselben handeln, oder unthätig seyn, je nachdem: unsre jedesmalige Schuldigkeit, je nachdem unser Gewissen und das von uns erkannte Gebot Gottes es fordert. Wir müssen den Hang zur Theilnehmung lenken lernen durch vernünftige Vorstellungen von unsern Pflichten.

Ganz vornämlich aber lafset uns ihn beleben durch ächt christliche Beweggründe. Wir handeln noch immer nicht als Christen, wenn unser Hang zur Theilnehmung nicht mit der Hauptquelle aller wahren christlichen Tugend, mit dem Glauben an Christum zusammenhängt, wenn er nicht daher Kraft und Leben empfängt. Der Gedanke, daß Gott in

Christo alle Menschen liebet; die Betrachtung, daß das Blut der Versöhnung für Alle geflossen ist; die Ueberzeugung, daß wir durch Christum selbst Verzei hung erhalten haben, und lebendige Hoffnung zu Gott fassen dürfen; das Gefühl endlich, daß wir verbun den sind, mit der Liebe, mit welcher Christus uns ge= liebet hat, auch seine Erlöseten zu umfassen, und ihnen als solchen Gutes zu thun, so viel wir können: dieser Glaube, dieser Sinn muß den natürlichen Hang zur Theilnehmung beleben, muß ihn heiligen und stärken, muß alle seine Wirkungen begleiten, wenn er eine wahre christliche Bildung haben soll. Mit welcher Zärtlichkeit werdet ihr alles lieben, was Mensch ist, wenn ihr in allen Menschen Brüder und Erlösete Jefu erblicket! Wie wenig Gewalt werden feindselige Leidenschaften über euch haben, wenn die Liebe Jesu Christi ausgegossen ist in eure Herzen! Welche Opfer werdet ihr der Wohlfahrt Andrer bringen, wenn euch die Dankbarkeit gegen den beseelt, der sein Leben für uns Alle gelassen hat! Wie rein wird euer Wohlwollen seyn, wenn ihr euch nach dem Muster dessen richtet, der uns geliebet hat bis in den Tod! Wohlan also, fasset vor allen Dingen Vertrauen zu Gott durch Christum, lernet vor allen Dingen die Wohlthaten schäßen, die euch durch ihn widerfahren sol: len; und euer Hang zur Theilnehmung wird von selbst eine ächte, uneigennüßige, christliche Liebe werden; ihr werdet euch belebt fühlen durch christliche Beweggründe.

Und dann wird es euch möglich seyn, ihn endlich fruchtbar zu machen durch nüßliche Thätig keit. Denn dieß, M. Br., dieß ist unumgänglich nöthig, wenn er nach den Vorschriften des Christenthums gebildet seyn soll. Hütet euch, so viel ihr kön net, vor dem Fehler derer, die den Hang zur Theilnehmung, welcher nach den Absichten Gottes ein Se: gen für die Welt seyn soll, in ein müssiges Tändeln mit Empfindungen, in ein unthätiges Spiel mit leb

haften Rührungen verwandeln; die sich bey diesem Empfindeln sogar mit vieler Selbstgefälligkeit betrachten, und sich ihrer ganzen Pflicht entledigt zu haben glauben, wenn sie nur recht stark gerührt gewesen find. Aber kann dieses elende Tändeln mit Gefühlen die Absicht seyn, warum Gott ener Herz theilnehmend gebildet hat? Wird durch träges Bedauern die Noth eines Menschen leichter, der Kummer eines Elenden erträglicher, der Jammer eines Unglücklichen milder? Sehet ihr, daß der edle Samariter im Evangelio den verunglückten Wandrer bloß beklagt, und sich von der Pflicht, ihn zu retten, durch müssige Thränen loskauft ? Von ihm lernet die Natur eines wahren, veredelten Hanges zur Theilnehmung. Ist er, was er seyn soll, so begnügt er sich nicht mit blossen Rührungen; er ist geschäftig; er legt Hand an; er arbeitet; er erleichtert, tröstet, erquickt und opfert auf, was in seinem Vermögen steht. Wenn ihr euch also bewußt send, daß ihr gedrungen von wahrer Gottesund Menschenliebe arbeitsame Männer, geschäftige Gattinnen, treue Mütter, zuverlässige Freunde, wahre Wohlthäter aller derer send, die sich euch nähern, wenn ihr bey einem gefühlvollen Herzen mit redlichem Eifer alle eure Pflichten erfüllet, und täglich Gutes schaffet: ja, dann ist mehr als bloß natürliche Empfindung in euch, dann ist euer Hang zu Theilnehmung gebildet nach den Vorschriften des Christens thums. Welche Freuden erwarten euch, wenn ihr so gesinnet send; und welche Werke werden euch einst nachfolgen, wenn ihr ausruhen werdet von eurer Arbeit! Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen; Amen.

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