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52.

Am vierzehnten Sonntage nach Trinitatis.

Wenn man die Wirkungen bedenkt, M. 3., wek

che Glück und Unglück in der Denkungsart und den Sitten der Menschen hervorzubringen pflegen: so muß man fast zweifelhaft werden, ob man denen, deren wahre Wohlfahrt uns am Herzen liegt, das Eine oder das Andere wünschen soll. Daß Unglück und widrige Schicksale von jeher das Meiste bengetragen haben, den menschlichen Geist in Thätigkeit zu setzen, seine Kräfte zu beleben, und ihn zu einer Anstrengung zu nöthigen, die er ben erwünschten Umständen nie bewiesen haben würde, ist unläugbar. Dem lebhaften Gefühle des Mangels, und eines unangenehmen peinlichen Zustandes ist das menschliche Geschlecht die heilsamsten Erfindungen schuldig; unter dem Drucke der Armuth und groffer Wider wärtigkeiten haben sich fast alle die Männer gebildet, die durch ihre Weisheit und Grösse über Andre hervorragen; und wer kann die ungeheure Menge derer zählen, die nur durch Noth und Unglück gebessert werden konnten, die wohl nie aufgehört hätten, thöricht und lasterhaft zu seyn, wenn mancherlen Leiden sie nicht gleichsam gezwungen hätten, nachzudenken, und beßre Gesinnungen anzunehmen Fast alles Grosse, Erhabne, Bewundernswürdige, was unter den Menschen da gewesen und ausgeführt worden ist, steht in einem gewissen Zusammenhang mit Elend und Noth, und ist dadurch entweder ver

anlaßt und vorbreitet, oder doch befördert und be schleunigt worden.

Aber eben so einleuchtend sind auf der andern Seite die nachtheiligen Einflüsse des Glücks und gün stiger Schicksale. Wer kann es läugnen, daß der größte Theil jener Müssiggänger und unbrauchbaren Menschen, deren es überall so viele giebt, im Schoose des Ueberflusses und des Glücks aufgewachsen ist? Wer kann es läugnen, daß Viele, die edel und gut waren, so lange sie mit Widerwärtigkeiten zu ringen hatten, ihre Gesinnungen änderten und lasterhaft wurden, sobald sie ein günstigers Schicksal erfuhren? Wer kann es läugnen, daß die Laster der Wollust, der Weichlichkeit, der Verschwendung, des Uebermuthes und der Tyranney, daß selbst die vichischen Ausschweisungen, in welche die menschliche Natur so oft verfallen ist, Ausgeburten des Ueber; flusses und eines allzugroffen Glücks zu seyn pfle gen? Wer kann es endlich läugnen, daß ganze Völker, die weise, tugendhaft, voll Thätigkeit, Muth und edler Enthaltsamkeit waren, so lange sie mit mächtigen Feinden zu kämpfen, und ihre Freyheit zu vertheidigen hatten, feige und lasterhaft wurden, und fich Ausschweifungen aller Art überliessen, sobald sie nichts mehr zu fürchten hatten, sobald der Ueberfluß besiegter Feinde sie in den Stand sezte, die verführerischen Freuden des Glücks zu kosten? Fast alle Verderbnisse der Sitten, fast jeder Verfall der menschlichen Natur steht in einer Verbindung mit Glück und Ueberfluß, und ist dadurch entweder ver anlaßt, oder doch beschleunigt worden.

Und diese nachtheilige Wirkung des Glücks ist nie sichtbarer, M. Z., nie gewisser, als wenn es plößlich erscheint, und den, der bisher elend war, auf einmal mit seinen Schmeicheleyen überhäuft. Wer sich nur nach und nach, und mit lauter Mühe aus der Noth empor arbeitet, dem folgt die Tu gend, die er so lange geübt hat, auch in den bessern

Zustand nach, in welchen er unmerklich übergetreten ist. Aber wie so ganz anders beträgt sich der, den eine schnelle Veränderung auf einmal in beßre Umstände versezt, die ihm noch ungewohnt und fremde find! O die seltsamen, die gefährlichen Folgen, die ein solcher Wechsel für die Denkungsart der Menschen zu haben pflegt, verdienen es, M. Br., daß wir sie bemerken, daß wir sie ernsthaft_und_sorgfältig erwägen. Werden die erwünschtesten Verände rungen unsers Lebens, werden die größten Wohltha: ten, die uns Gott erzeigt, durch die er uns auszeich= net und erhebt, nicht schädliche Versuchungen für uns werden, und wohl gar den Verlust unsrer Frömmigkeit und Tugend nach sich ziehen, wenn wir nie über die Gefahren nachgedacht haben, die mit einem plößlichen Glücke verbunden sind? So sey uns denn das Evangelium, welches wir jezt betrachten sollen, Veranlassung und Anweisung, dieser Sache weiter nachzuforschen, und unser Herz gegen den Betrug der Sünde auch auf dieser Seite zu verwahren. Gott segne selbst diese Stunde, und würdige uns seines Beystandes. Wir bitten um diese Gnade in stiller Andacht.

Evangelium: Luc. XVII. v. 11-19.

Und es begab sich, da er reisete gen Jerusalem, og er mitten durch Samariam und Galilåam. Und als er in einen Markt kam, begegneten ihm zehen ausfäßige Männer, die stunden von ferne, und erhüben ihre Stimme, und spra chen: Jesu, lieber Meister, erbarme dich unser. Und da er fie sabe, sprach er zu ihnen: Gehet hin, und zeiget euch den Priestern. Und es geschah, da sie hingiengen, wurden sie rein. Einer aber unter ihnen, da er sahe, daß er gesund worden war, kehrete er um, und preisete Gott mit lauter Stimme. Und fiel auf sein Angesicht zu seinen Füssen, und dankete ihm'; und das war ein Samariter. Jesus aber ant wortete, und sprach: Sind nicht ihrer zehen rein worden? Wo sind aber die neune? Hat sich sonst keiner funden, der wieder umkehrete, und gebe Gott die Ehre, denn dieser Fremdlinger? Und-er sprach zu ihm: Stehe auf, gehe hin, dein Glaube hat dir geholfen.

Nicht leicht kann eine glückliche Veränderung unerwarteter und schneller seyn, M. 3., als diejes nige war, welche sich mit den zehn Aussäßigen im Evangelio zutrug. Diese Männer, die, ihrer Krankheit wegen aus der menschlichen Gesellschaft verstoffen, als scheußliche Jammergestalten herumirrten; diese Elenden, die verlassen von Jedermann, selbst von ihren Verwandten und Freunden, auf nichts weiter rechnen konnten, als auf die schwache Handreichung, die sie sich einander selber leisteten; diese bedauernswürdigen Geschöpfe, die nichts weiter vor fich sahen, als noch einige Jahre volk Jammer, und am Ende derselben einen Tod, der ihre gequälte Seele endlich einem schon halb verweseten Körper entreissen würde; diese unbeschreiblich unglücklichen Menschen also werden durch das Machtwort Jesu auf einmal dem tiefsten Abgrund entrissen, der menschlichen Gesellschaft wiedergegeben, in den Schoos ihrer Familien zurückgeführt, mit neuen Kräften belebt, und in einen Zustand versezt, den sie vorher nicht einmal wünschen, geschweige denn erwarten durften. Allein eben diese Männer geben uns auch durch den schändlichen Undank, welchen sie gegen ihren Wohlthäter beweisen, sehr niederschlagende Erläuterungen über die Folgen, die ein so schneller Wechsel für die menschliche Tugend zu haben pflegt. Lasset uns ben diesen Erläuterungen verweilen, M. Br., so demü thigend sie auch seyn mögen und über den nach: theiligen Einfluß des plöhlichen Glück 8 auf die Gesinnungen der Menschen dießmal weiter nachdenken. Es wird nöthig seyn, daß ich den Zusammenhang plößlicher Verände rungen mit unsern Gesinnungen überhaupt ins Licht seße; hernach 'will ich den nachtheiligen Einfluß beschreiben, welchen insonder heit das plößliche Glück auf dieselben hat; und zulezt wollen wir sehen, wie diesem Einflusse vorgebeugt werden müsse.

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Es werden sich die nachtheiligen Wirkungen, welche ein plötzliches Glück in den Gesinnungen der Menschen hervorzubringen pflegt, weit richtiger einse hen, und beurtheilen lassen, M. 3., wenn ich den Zusammenhang überhaupt ins Licht sehe, in welchem jede unerwartete Veränderung unsers Schicksals, sie sey angenehm, oder unangenehm, mit unsrer Denkungsart steht. Lasset uns also sehen, was eine plößliche Veränderung unsers Schicksals sey, wel chen Eindruck sie auf unsre Seele mache, und wie dieser Eindruck mit unsern Ge sinnungen zusammenhänge.

Wir reden nämlich hier bloß von solchen Veränderungen, die unsre äusserlichen Umstände, unsre Gesundheit, unser Vermögen, unsreEhre, und mit einem Worte alles betreffen, was zu unserm irdischen Wohlseyn gehört. Erfolgen diese Veränderungen langsam und allmählia, sind sie die späte Frucht eigner Anstrengung und Arbeit, können wir sie lang vorhersehen, und werden nicht wider Vermuthen von ihnen überrascht: so werden auch die Einflüsse, die sie auf unsre Gesinnungen äussern, nur schwach seyn; ihre Wirksamkeit verliert durch die Langsamkeit, mit der sie zu Stande kommen. Allein dergleichen Veränderungen sind oft sehr unerwartet, und treten mit einer Schnel= ligkeit ein, bey der man sie nicht vorhersehen konnte. Dieß geschieht gemeiniglich dann, wenn sie bloß durch außre Ursachen bewirkt werden, und unabhängig von unserm Verhalten sind; oder wenn wir sie wenigstens nicht so nahe glaubten, und vielleicht gar daran zweifels ten, ob sie jemals erfolgen könnten. In diesem Sinne war das, was mit den Aussäßigen im Evangelio vorgieng, eine plötzliche Veränderung. Sie hieng von der zufälligen Zusammenkunft dieser Männer mit Jesu ab; fie rührte nicht von ihrem Verhalten, sondern von der Güte Jesu her; vorhergesehen konnte sie auf keine Weise werden, denn die Unglücklichen, welche mit dem

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