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Religionsverfassung gleich anfangs dazu bestimmt war, nicht länger, als bis auf Christum, zu gelten; daß sie also für die, welche Chriftum bekennen, keine verbindende Kraft weiter hat? Das Gesetz, sagt Paulus, ist unser Zuchtmeister gewesen bis auf Christum, daß wir durch den Glauben gerecht würden; nun aber der Glaube ges kommen ist, sind wir nicht mehr unter dem Zuchtmeister. Und daß dieß auch insbesondere von allen den Verordnungen Mofis gelte, wodurch gewisse festliche Tage vorgeschrieben werden, schärft eben dieser Apostel sehr nachdrücklich ein. So las fet nun Niemand, sagt er, euch Gewissen machen über Speise, oder über Trank, oder über bestimmte Feyertage, oder Neumonde, oder Sabbather, welches ist der Schatz ten von dem, was zukünftig war, aber der Körper selbst ist in Christo. Es war also bloß Herablaffung zur Schwachheit ihrer Mitbürger, bloß Klugheit, welche sich nach den Zeitumständen be quemte, daß Jefus und seine Apostel selbst noch an jüdischen Festen Antheil nahmen. Christus war gekommen, sie ohne alle Ausnahme abzuschaffen. Und daben bemerket, daß er keine andern an die Stelle derselben gesezt, sondern seinen Bekennern in diesem Stücke die unbegränzteste Freyheit gelassen hat. Denn auch nicht eine Spur findet sich in den Schriften der Apostel, daß durch Jesum ein neues Fest angeordnet worden wäre. Dieß gilt selbst von dem Tage, der vielleicht noch am ersten einen göttlichen Befehl für sich zu haben scheinen könnte, vom Sonntag. Es ist wahr, in den Nachrichten der Apostel find Anzeigen vorhanden, daß dieser Tag schon zu ihren Zeiten dem Andenken Jesu gewidmet war, und daher im vorzüglichen Sinne der Tag des Herrn genannt wurde. Über die Feyer desselben ist nirgends vorgeschrieben, es ist nirgends zum Gesek gemacht, daß man sich an ihn zu binden habe. Ber

geblich würde man sich, um die göttliche Einseßung dieses Festtages zu beweisent, auf Stellen des alten Testamentes berufen. Was Moses und die Propheten vom Sabbath und seiner Feyer sagen, ist nicht nur, wie ich schon angemerkt habe, für Christen nicht weiter verbindlich; sondern handelt auch von einem ganz andern Tage, nämlich vom Sonnabend, und es würde die unüberlegteste Verwechse lung seyn, wenn man den Sonntag der Christen mit dem Sabbath der Juden für einerley haltent wollte. Noch weit weniger läßt sich für die übrigen Feste, welche die christliche Kirche zu feyern pflegt, ein Befehl Gottes anführen. Die Geschichte beweiset es unwidersprechlich, daß sie insgesammt spätern Ursprungs find, und daß die Gewohnheit, sie zu begehen, nicht bis zu den Zeiten Jesu und seiner Apostel hinaufreicht. Haben aber die Festverordnungen Mosis durch Christum ihre Gültigkeit verloren; hat Jesus neue Verordnungen dieser Art nicht gegeben; ist in allen Schriften der Apostel kein Befehl dieser Art anzutreffen; so müßten wir entweder vergessen, aus welcher Quelle wir alle Erkenntniß dessen, was Gott durch Christum vorgeschrieben hat, schöpfen müssen; oder wir müssen eingestehen, daß alle Festtage nach der Lehre des Christenthums Anstalten sind, die keinen ausdrücklichen Befehl Gottes für sich haben.

Hieraus folgt gleichsam von selbst, daß sie keineswegs zum Wesen des Christenthums gehören. Denn urtheilet selber, wäre die Fener irgend eines bestimmten Tages nach dem Willen Gottes unumgänglich nöthig; wäre es nicht möglich, ohne dieselbe Gott zu gefallen und ewig selig zu werden: würden wir dann nicht die bestimmtesten Befehle und die deutlichsten Anweisungen in der Schrift darüber finden, würde sich Gott nicht eben so unzweydeutig darüber erklärt haben, als über andre Bedingungen unfrer Begnadigung und Wohl fahrt?

fahrt? Müssen wir nicht eben daraus, weil die Schrift über bestimmte Festtage ein so tiefes Stillschweigen beobachtet, den Schluß ziehen, daß fie zum Wesen des Christenthums gar nicht zu rechnen find? Und wen darf dieß Wunder nehmen? Unterscheidet sich die Religion, welche wir bekennen, nicht eben dadurch von allen, die jemals auf Erden da gewesen sind, daß sie fren ist von allen Anordnungen, welche bloß den äussern Gottesdienst betref fen; daß sie ausser der Taufe und dem Abendmahl Jesu nichts vorschreibt, was wir als einen heiligen Gebrauch nothwendig zu beobachten hätten; daß sie im eigentlichsten Verstande Anbetung Gottes im Geist und der Wahrheit ist, bey der alles auf unsre Gesinnungen und auf die Bildung unsrer Seele zur Aehnlichkeit mit Gott ankommt? Es ist freylich wahr, daß die Christen, wie fern sie eine Ge meine ausmachen, und eine sichtbare Kirche bilden, auch gottesdienstliche Ceremonien, auch äusserliche Einrichtungen und Feste nöthig haben. Aber diese Ceremonien, diese Einrichtungen und Feste sind ganz ihrer Freyheit anheim gestellt; nach der Lehre Jesu sollen wir vernünftige, zu einem reifern Alter er: wachsene Gottessöhne seyn, denen man über der= gleichen ausserwesentliche Anstalten keine zwangvollen Gesetze zu geben braucht, die selbst entscheiden können, welche Gestalt und Form der äusserlichen Gottesdienste die zweckmässigste und nüßlichste sey. Und so, M. Z., haben sich über diese Sache die einfichtsvollsten Lehrer unsrer Kirche stets erklärt; diese Freyheit des Evangelii wird nirgends nachdrücklicher behauptet, als in unsern öffentlichen Glaubens und Bekenntnißschriften. Sehr merkwürdig, und ganz im Geiste des freyen, reinen, erhabnen Evangelii Jesu ist das, was das Augspurgische Bekenntniß hierüber sagt. Es wird ausdrücklich in demselben bemerkt, daß die sehr irren, welche dafür halten, die Ordnung vom Sonntag für den Sabbath sey als *

Dr. Reinh, vollst. Predigtsammig. 3.TH.

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nöthig aufgerichtet; es wird behauptet, die heilige Schrift habe den Sabbath abgethan, und nach Er: öffnung des Evangelii könnten alle Ceremonien des alten Gesetzes nachgelassen werden; es wird endlich hinzugesezt, die christliche Kirche habe den Sonntag angeordnet, damit das Volk wüßte, wenn es zusam= menkommen sollte, und habe diese Veränderung darum gemacht, damit die Leute ein Erempel hätten der christlichen Freyheit, und wüßten, das weder die Haltung des Sabbaths, noch eines andern Tags zur Seligkeit nöthig sey. Lasset uns den edlen freyen Sinn, mit welchem unsre Vorfahren alle Feste und Fenertage für nichts mehr und nichts weniger erkannt haben, als für willkürliche Anstalten der Kirche, diesen edlen Sinn, der in den Schriften der Apostel herrscht, und aus ihnen geschöpft ist, lasset uns nicht verläugnen, M. Z.; die eingeführten Festtage sind Anstalten, die keineswegs zum Wefen des Christenthums gehören. Aber sind sie barum überflüssig; können sie darum ganz entbehrt und abgeschafft werden? Lasset uns vorsichtig ur theilen, M. Br., lasset uus überlegen, daß daraus, wenn das Christenthum keine bestimmten Feste anordnet, noch gar nicht folgt, daß es überhaupt keine Tage dieser Art verlange.

Eben der edle, freye Sinn, welcher alle Feste der Christen für menschliche Einrichtungen hält, er: kennt sie doch zugleich für Anstalten, die im Allgemeinen nothwendig sind. Das Chris stenthum weiset uns nämlich an, gewisse Absichten zu befördern, die sich nicht besser erreichen lassen, als durch religiöse Feste, die wenigstens nicht genug gesichert sind, wenn nicht auf diese Art für sie ge sorgt wird. Ist es nicht eine unsrer wichtigsten Pflichten, daran zu arbeiten, daß die wahre lebendige Erkenntniß Gottes und Jesu verbreitet und er: halten werde? Sollen wir nach den Forderungen der Apostel nicht reich werden in allerley

Kenntniß und Erfahrung? Soll das Wort Christi nicht reichlich unter uns wohnen in aller Weisheit? Sollen wir uns nicht einander lehren und vermahnen mit Pfal= menund Lobgesängen, und geistlichen liebs lichen Liedern? Saget aber selbst, wie sollen die grossen Wahrheiten der Religion in stätem Andenken erhalten werden, wenn nicht gewisse Tage ausdrücklich dazu bestimmt sind, sie öffentlich in Erinnerung zu bringen? Wie sollen diese Wahrheiten Kraft und Leben erhalten, wenn sie nicht in gemeinschaftliche Ueberlegung genommen, und von Zeit zu Zeit von ganzen Versammlungen erwogen werden? Wie sollen insonderheit die, deren Aufmerksamkeit und Kraft das ganze Leben hindurch auf ganz andre Angelegenheiten und Geschäfte gerichtet ist, in der Erkenntniß und Verehrung Gottes wachsen, wenn sie nicht durch festliche, geheiligte Tage recht absichtlich auf die Wahrheiten der Religion gelenkt wer den? Wie soll der grosse Haufe bey den Zerstreuungen, in denen er seine Tage zubringt, ben den ermüdenden Arbeiten, die feinen Geist niederdrücken, und bey dem Mangel an Gelegenheit, sich zu unterrichten, ich will nicht sagen zunehmen in der Erkenntniß, sondern das Wenige, was er in der Jugend gefaßt hat, nur erhalten, wenn ihm nicht Tage der Ruhe gegönnt sind, wo er sich sammeln, fich ermuntern, sich über seine niedrigern Geschäfte erheben, und öffentlich Belehrung, Troft und Er= munterung erhalten kann? Schet noch hinzu, daß das Christenthum überhaupt einen sehr grossen Werth auf den öffentlichen und gemeinschaftlichen Gottesdienst legt. Der Herr selbst hat die Verheissung gegeben, wo zwey oder drey versammelt find in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen. Er hat insonderheit sein Abendmahl dazu angeordnet, daß wir bey demselben sein Andenken öffentlich erneuern, und uns einander zur

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