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von den schändlichen Nachrichten voll ist, welche die Verläumdung von Jedem zu geben weiß? Kann es anders, seyn, als daß unser Argwohn endlich allgemein werden muß, wenn uns die Verläumdung, beredet, auch nicht einer sey frey von niedrigen Ausschweifungen? Vergeblich ermahnen wir zum Friez den, vergeblich predigen wir die Religion der Liebe, vergeblich dringen wir auf Redlichkeit und Wahrhaftigkeit, auf menschenfreundliche brüderliche Gesinnung, so lang ihr noch geneigt seyd, der Verläumdung euer Ohr zu leihen, und jedes nachtheilige Gerücht für wahr zu halten, das sie verbreitet. Um weise und vorsichtig zu handeln, habt ihr ihre Dienste wahrhaftig nicht nöthig; ihr zu glauben, ist nicht Klugheit, sondern Thorheit; auf unerwiesene Nachrichten Verdächte zu bauen, ist nicht Vorsicht, sondern Schwachheit. Soll euer Herz frey bleiben von ungerechtem Mißtrauen: so verschliesset euer Ohr der Verläumdung.

Lasset

And uns aber auch von dem Verhalten

Andrer nicht eher ein entscheidendes Urtheil fällen, als bis wir es ganz überse hen können. Denn ist es nicht offenbar, daß wir, die wir eigne Einsichten, eine eigne Art zu denken und zu empfinden, auch einen eignen Standpunct haben, aus welchem wir alles betrachten, das Verhalten Andrer, die mit andern Einsichten und Empfindungen, und in einer ganz andern Lage handeln, oft sonderbar, verdächtig, gefährlich finden müssen, wenn es auch im Grunde gut, überlegt und rühmlich ist? Ist es nicht am Tage, daß uns die Handlungen Andrer oft blos darum räthselhaft sind, und Mißtrauen erwecken, weil wir sie nicht in ih rem wahren Zusammenhang überschauen, ihre Ab= sichten nicht wissen, und ihre vollständige Entwickelung nicht abwarten? Ist es aber gerecht, ist es vernünftig und christlich, auf diesen äussern Schein, der uns auf eine so vielfache Art täuschen kann,

Verdächte zu gründen, und den, der vielleicht ganz unschuldig ist, ungehört zu verurtheilen? O so lang ich unter Menschen lebe, die ich blos nach einer äussern Ansicht kenne; so lang ich blos Handlungen wahrnehme, die aus mir verborgnen Absichten Hervorkommen; so lang ich fühle, wie weh es mir selber, thut, wenn man zu früh über mich abspricht, wenn man mich verurtheilt, ohne alles untersucht zu haben; so lang ich mir eingestehen muß, daß ich alles, was von Andern geschieht, nur benläufig be merken kann, und viel zu viel mit mir selbst zu thun habe, als daß ich mich auf gründliche Prüfungen einlassen könnte: so lang ich dieß alles weiß und erfahre, so lang will ich Gutes von Jedem hoffen, der mich nicht nöthigt, das Gegentheil zu glauben; ich will jede böse Nachrede, die ich höre, so lange für falsch halten, bis sie klar erwiesen ist; ich will lieber hintergangen werden, als Andern Unrecht thun, als nur Einen für böse halten, der Gottes Freund ist, den Jesus liebt, und in dem vielleicht mehr Gutes verborgen liegt, als die Augen der Menschen entdecken können. Richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr komme; lasset uns dem unge rechten Mißtrauen gegen die Menschen unser Herz dadurch verschließen, daß wir von dem Verhalten Andrer nicht eher ein entscheidendes Urtheil fällen, als bis wir es ganz übersehen können.

Insonderheit aber lasset uns an unsrer eig nen Verbesserung redlich arbeiten, und die Ursachen eines fehlerhaften Argwohns werden sich von selbst ber uns vermindern. Du Heuchler, sagt Jesus im Evangelio, zeuch zuvor den Bal ken aus deinem Auge, und besiehe dann, daß du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest. Wie nöthig ist die Beobachtung dieser Regel, wenn sich das Mißtrauen gegen die Menschen bey uns verlieren soll, das uns so unbil: lig gegen sie macht! So lange wir uns noch selbst

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Böses bewußt sind, so lange sehen wir es auch ben, Andern voraus. Selbst unser Stolz begünstigt diese Voraussetzung; er würde sich beleidigt finden, wenn er Andre für besser erkennen müßte. Wir suchen dann eine Art von Genugthuung darin, Mitschuldige zu haben, und werden immer geneigter, unsre Vergehungen auch Undern anzudichten. Unmöglich werden wir uns vom Mißtrauen gegen Andre losreissen können, so lange wir verdienen, daß man Mißtrauen in uns selber seße. Aber je mehr wir uns selber bessern; je mehr der Sinn Christi in uns herrschend wird, und die Liebe zum Guten in uns erwacht; je mehr uns daran liegt, den le= bendigen, das ganze Herz reinigenden Glauben an Jesum überall um uns her wirksam werden zu se hen: desto wichtiger und ehrwürdiger werden uns die Menschen; desto milder und gütiger fangen wir an, von ihnen zu urtheilen; desto mehr richten wir unsre Aufmerksamkeit auf jede gute Spur, die sich an ihnen zeigt, desto mehr wird es uns eigen, barmherzig zu seyn, wie der Vater im Himmel barmherzig ist. Lasset uns nur an unsrer eignen Verbesserung redlich arbeiten, so werden sich die Ursachen eines ungerechten Mißtrauens immer mehr bey uns verlieren.

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Endlich lasset uns auf alle Weise vorzubeugen suchen, das der Glaube an die menschliche Tugend nicht aus unsrer Seele verschwinde. Denn wollen wir redlich seyn, M. Br., so müssen wirs eingestehen, daß wir vornämlich darum so mißtrauisch gegen Andre find, weil wir von der menschlichen Tugend überhaupt nicht viel halten; weil sich zuweilen tief in unsrer Brust der schreckliche Gedanke regt, wahre Tugend komme nirgends vor; was man dafür ansehe, sey blen dender Schein; für gut gelte der, der seine Fehler am besten zu verbergen wisse. Es ist aus mit al: lem Vertrauen gegen Andre, wenn dieser menschen

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feindliche Gedanke in uns die Oberhand gewinnt. Lasset uns ihm entgegen arbeiten, so viel wir können; lasset uns alles zu Hilfe nehmen, was uns Erfahrung und Geschichte von Handlungen des Wohlwollens, von Thaten der Großmuth, von Proben der Selbstbeherrschung, von Opfern der Liebe bekannt machen; Lasset uns der bescheidnen Tugend nachspüren, die so gern im Stillen wirkt; lasset uns bedenken, daß der Zusammenhang in der menschlichen Gesellschaft sich von selbst auflösen, daß Unordnung, Verwirrung und Elend überall herrschen müßten, wenn nirgends wahre Rechtschaffenheit anzutreffen wäre; lasset uns endlich wohl überlegen, wie viel Gott thut, wahre Befferung zu bewirken, welche Anstalten er durch das Evangelium Jesu dazu getroffen hat, und wie geschäftig sein Geist ist, diese Anstalten zu unterstüßen. Denn dich, Vater unsers Herrn Jesu Christi, und unser Vater, dich selbst würden wir lästern; schmähen würden wir deinen Sohn, den du gesandt hast, uns vom Bösen abzurufen; schmähen würden wir deinen Geist, und sein Werk verachten, wenn wirs nicht glauben wollten, daß du Verehrer auf Erden hast, die dich im Geist und in der Wahrheit anbeten; wenn wir zweifeln wollten, ob alle Anstalten und Einrichtungen deiner Gnade etwas Gutes auf Erden ausrichten. Nein, nicht mißtrauisch zweifeln, danken wollen wir, Vater des Lichts, daß du unsrer Seele dich so herzlich annimmst; hoffen wollen wir, dein grosser Tag werde einst weit mehr Gutes ans Licht bringen, als unsre Schüchternheit zu erwarten wagt. Laß uns selbst immer würdiger werden, einst zu bestehen vor deinem Sohne; ihm, den du zum Richter über uns gesezt. haft, sen es überlassen, uns allen das Urtheil zu sprechen; wir wollen nicht richten, nicht verdammen; wir wollen barmherzig seyn, wie du, o Va= ter, barmherzig bist; Amen.

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42.

Am Tage Maria Heimsuchung.

So groß auch der Mißbrauch ist, M. Z., welcher

gewöhnlich mit den Worten getrieben wird, die zur Bezeichnung wichtiger Gegenstände bestimmt sind: so ist doch vielleicht unter allen den Ausdrücken, welche durch den gemeinen Sprachgebrauch ihrer Würde beraubt und gleichsam entweiht werden, kei ner, der diesem Schicksal mehr unterworfen wäre, als der heilige, ehrwürdige Name der Freundschaft. Er soll eine Verbindung anzeigen, bey welcher die edelsten Neigungen des menschlichen Herzens wirk sam find, in welcher die besten Menschen aller Zei ten gestanden haben, welche die Pflegerin der erha bensten Tugenden, die Mutter der gemeinnützigsten Thaten, die Geberin der reinsten Freuden seyn soll; ohne welche die Güter der Erde nur unvollkommen gebraucht und genossen werden können, und das Leben nicht selten eine unerträgliche Last ist. Aber diese ehrwürdige Benennung wie ist sie herabgefunken, unter die Zahl gemeiner gleichgültiger Ausdrü cke! Wie hat ihr unser Leichtsinn die hohe Bedeutung so ganz genommen, welche sie haben soll! Uch es find flüchtige Verbindungen, die wir plöhlich knüpfen, und eben so plößlich wieder auflösen; es find leichte Bekanntschaften, an denen unser Herz wenig Antheil nimmt; es sind leichtsinnige Verbrüderun gen, die das blosse Vergnügen stiftet, und die nur darauf abzielen, uns vor den Qualen der langen

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