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andern zweck. Ich suchte und fand das erste Veilchen des Jahrs. Das ist die Blume der Demuth, denn verborgen und unscheinbar blüht fie im Thale, aber ihr feiner, zarter Duft verkündigt ihr Daseyn. Sie trågt die Farbe des Glau: bens und der Treue, die zwar auf Erden nicht grell hervorsticht, aber in die sich der Himmel kleidet. Ich überreichte diesen Erstling des Frühlings der, welcher es in so vieler Hinsicht ge= bührte. Die Augenblicke, in denen solche kleine, aber durch ihren Sinn bedeutende Darbringungen im Anfange des Lenzes geschehen, üben eine wunderbare Gewalt über die Eheleute aus. Sie versehen sich ein Paar Jahre, welche dazwischen liegen, zurück in die Tage eines höhern Suchens und Findens, eines herrlicheren Gebens und Unnehmens.

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Mit diesen Erinnerungen geht eine ganze Belt dem Gemüthe auf, die äußerlich wohl untergehen konnte, allein dem Herzen immer wieder aufgeht. Bielerley kam aus ihr wieder empor und trat in seiner ersten frischen jugendlichen

Gestalt vor unsre Seele. Der Hintergrund war nur lichter und blauer geworden und aus dem Vordergrunde trat nichts hinderndes dazwischen, aber viel, das ein neues Licht auf diese Gestalten warf. In jeder Rücksicht war uns der Frühting gekommen, als ich die Pfarrfrau heimführte.

Auf der Hausflur trat uns ein feyerlicher Mann mit silbernem Haare entgegen. Es war der alte Nachbar, der die Pfarrerin als Kind noch auf dem Arme getragen, und seit Jahren, an diesem Festtage zu erscheinen, nie vorgessen hat. Nicht bloß das Alter hat ihm die Haare gebleicht, sondern auch das Unglück. Darum lebt er von der Liebe anderer, aber nicht von Wohlthaten. Er erscheint immer mit einem Segenswunsche, und man fühlt, er ist der Gebende und wir sind die Empfangenden. Er nimmt nichts als von Menschen; man sieht es ihm an, er nimmt von seinem himmlischen Vater durch die Hand der Menschen, und wenn er dankt, was mit unbeschreiblicher Demuth geschieht, so ist es flar, er gibt nicht seinen menschlichen Dank, son=

Glockentöne, 3r Bd. 2te Aufl.

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bern er verheißt den Lohn der Gnade, der nicht verdient ist. Man möchte das Haupt entblößen, wenn er es nun bedeckt, und ihm sich verbunden achten, daß er nicht verschmäht, was wir bittend reichen. Ich bin desselbigen in guter Zuversicht, daß der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird es auch vollführen bis an den Tag Jesu Chrifti," sagte er dieß Mahl und als er Amen sprach, fiel die Pfarrfrau ein und beyde fprachen es zusammen. Als ich Euch auf meinen Armen trug, Frau Pfarrerin, fuhr er fort, und Ihr ein so liebes, freundliches und bescheidenes Magdlein waret, habe ich des Spruches mich oft über Euch gefreut: als ich jezt in das [Haus trat, fiet er mir wieder ein. Ich stand ja an den Stellen, wo ich so oft mit Euch gespielt und dieses Wortes froh geworden. Darum kann ich jest nichts anders wünschen und erbitten, und die Erfüllung liegt auch schon darin, Wir bas then ihn den Abend mit uns zuzubringen; allein es schien, er könne nur segnen und müsse, wena fein Umt gethan, so fort von dannen gehn. Nicht um zu arbeiten, denn heute war ein Festtag,

sondern um den lehten Unterredungen der Pfarre frau und des Greifes nicht gegenwärtig zu seyn, ging ich auf meine Bücherstube. Sie folgte mie nicht lange hernach.

Es war gerade heute ein Samstag, wie auch damahls, als die Pfarrfrau geboren ward. Der alte Andreas, als er noch in seiner irdischen Bruft das Heimweh trug, das ihm nun aus der triumphierenden genommen, pflegte, wenn von seinem Geburtstage die Rede war, zu sagen, daß er ihn nur alle fünf oder sechs Jahre feyere. Nur dann fey der rechte Geburstag, wenn der jährliche Lag mit dem Wochentage zusammen falle. Er meinte, wer am Sonntage geboren, könnte ihn unmöglich am Mittwoch feyern, und umgekehrt. So kirchlich war der selige Greis, daß er nur nach Wochen and Feyertagen zählte und fast möchte ich sagen, so prophetisch, daß er keine Jahre, sondern im großen Style Jahrwochen gelten ließ für das schöne Fest unsers Daseyns. Es liegt viel Wahres in seiner Aeußerung. Der menschliche Körper erneuert sich auch erst nach

einer solchen Reihe von Jahren. Darum freutem' wir uns insbesondere des dießjährigen Geburtsfestes, wenn wir bedachten, daß auch der selige Andreas es würde gelten laffen. Der alte feyerliche Nachbar hatte uns an ihn lebendig erinnert, Der Besuch des lebenden und die Erinnerung an den vollendeten Greis gaben unsrer Stimmung eine irdische Weihe, denn einem häuslichen Leben, zu dem keine Greise gehören, fehlt der höhere Ernst, wie dem, zu welchem keine Kinder gehdxen, die höhere Seiterkeit fehlt,

Indeß nicht bloß des alten Andreas Xcußes rung, sondern was heute im ganzen Hause als Tagesgeschäft der Feher zur Seite ging, führte uns darauf, wie wir es als eine befondere Gunst anzusehen haben, daß der Pfarrfrau Geburtstag auf einen Samstag gefallen. Nur in einem Pfarrhause erscheint der Samstag, sonst der ges ringfte unter allen Wochentagen, in seiner kirchlichen Herrlichkeit. Indeß der Pfarrer unter den Båtern der Kirche auf seiner Bücherstube sitt und aus Gottes Wort hervorlangt, was er mors

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