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54.

Predigt am sechsten Sonntage nach Trinitatis.

Heiliger Gott, du haft uns dein Wort und Gebot gegeben, du hast uns deinen Willen fund gethan. Am Wissen fehlt's nicht. Hilf_doch, daß uns das Wissen deiner Gebote nicht desto mehr anklage, schreibe uns deine Gebote in's Herz und schenke uns deine Furcht und Liebe, damit wir danach thun! Amen.

Text: Ev. Matth. 5, 20-26.

Denn ich sage euch: Es sei denn eure Gerechtigkeit besser, denn der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen. Ihr habt gehöret, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnet, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Racha, der ist des Raths schuldig; wer aber sagt: Du Narr, der ist des höllischen Feuers schuldig. Darum wenn du deine Gabe auf dem Altar opferft, und wirst allda eindenken, daß dein Bruder etwas wider dich habe; so laß allda vor dem Altar deine Gabe, und gebe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder; und alsdann komm und opfere deine Gabe. Sei willfertig deinem Widersacher bald, dieweil du noch bei ihm auf dem Wege bist, auf daß dich der Widersacher nicht dermaleinst überantworte dem Richter, und der Richter überantworte dich dem Diener, und werdest in den Kerker geworfen. Ich sage dir: Wahrlich, du wirst nicht von dannen heraus kommen, bis du auch den letzten Heller bezahleft.

Geliebte in dem Herrn! Ihr seid Fleisch und Bein, oder Fleisch und Blut von oben bis unten hin, das heißt: ihr seid Erde. Nun sigt aber etwas in euch, das regt sich und bewegt sich da drinn in dem Fleisch und Bein, in der Erde. Es sißt und wohnt etwas da drinn, das spricht aus euch heraus. Aus dem Menschen, der aus puren Erdenstoffen besteht, kommen Hauche und Töne, die bedeuten etwas, die haben einen Sinn und Geist. Das ist die Sprache. In jedem sigt etwas, das spricht aus ihm heraus, und die Lufthauche und Töne, die aus ihm herauskommen, sind nur der Leib oder Körper eines Geistes, der aus ihm ausströmt.

Die Sprache ist ein großes Wunderwerk. Wer hat's gemacht, dies Wunderwerk? Wer hat das Wesen in den Menschenleib hineingesezt, das aus ihm heraus spricht? Wer hat gemacht, daß die Hauche und Töne, die aus ihm herauskommen, einen bestimmten Sinn und Geist haben? Wer hat die Sprache geschaffen?

Das hat Gott gethan, der alles, was da ist, gemacht und mit Leben und Geist durchströmt hat.

Der Mensch kann sprechen, Gott hat ihm die Sprache ge

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macht. Kann Gott auch sprechen? Wie? Gott hat die Sprache, er hat tausenderlei Sprachen gemacht, und er sollte selbst nicht sprechen können?! Und Gott sprach." Gott kann sprechen und hat gesprochen, ehe es Engel und Menschen gab, und er spricht auf vielerlei Weise. Glaubt ihr, daß Gott am Sinai mit Moses und durch Moses mit dem Volke Israel geredet hat?

Ich glaube es, und ich wüßte keinen vernünftigen Grund, warum er es nicht gethan haben sollte. Hat Gott nie mit Menschen gesprochen, dann wissen wir auch nichts von ihm, dann sind wir von Gott geschieden und ohne Gott. Aber so ist es nicht.

Nachdem Gott manchmal und auf mancherlei Weise zu den Vätern geredet hatte durch Mosen und die anderen Propheten, hat er zuleht, persönlich erscheinend, zu ihnen geredet durch den Sohn. Ja, der Sohn Gottes ist selbst die allerhöchste und vollkommenste Sprache Gottes des Vaters, er ist der ewige Ausgang aus dem Vater, und heißt darum gradezu das Wort. Er ist das Urwort, das vorweltliche und überweltliche Wort.

Alle Götter sind Gößen, sind nichts; aber unser Gott hat den Himmel gemacht. Unser Gott ist allein wirklich Gott, alle anderen Götter sind menschliche Erfindung. Dieser allein wirkliche Gott hat nun dem Volke Israel durch Moses seinen Willen in einzelnen Geboten kund gethan und befohlen. Und weil er sie in einzelnen Säßen festgesezt hat, darum nennen wir sie zusammen das Gefeß.

Das Gesetz Gottes vom Sinai muß die Grundlage aller menschlichen Gesetzgebung sein, wenn sie etwas taugen soll. So lange die Völker ihre Gesetze auf Gottes zehn Gebote gründen, so lange bleiben sie bestehen und blühen. Wenn die Gesetzgeber ihre Geseze nicht mehr auf die zehn Gebote Gottes gründen, und zwar auf alle zehn ohne Ausnahme vom ersten bis zum leßten, dann fiechen die Völker dahin, alles Kuriren hilft nichts, sie sterben zuletzt.

Durch Moses hat Gott der Menschheit die zehn Gebote ge= geben. Der Sohn Gottes, Jesus Christus, hat die Gebote Gottes den Menschen ausgelegt und Gottes Sinn und Willen dabei gezeigt. Hier legt er uns das fünfte Gebot aus: Du sollst nicht töten.

Wie Gott das fünfte Gebot versteht,

das laßt uns jezt sehen, und zwar 1) was Gott darin ver bietet, 2) was er ge bietet.

I. Was Gott im fünften Gebot verbietet. Ihr habt gehört, daß Gott durch Moses den Vätern gesagt und befohlen hat: Du sollst nicht töten, wer tötet, der ist des Gerichtes schuldig.

Die Gebote Gottes können aber nicht mit Händen und Füßen allein erfüllt werden, sondern müssen vor allen Dingen mit dem Herzen erfüllt werden. Wer Gottes Gebote blos mit den Händen. und Füßen thut, der ist wohl rechtschaffen und unsträflich vor Menschen. Aber wenn nicht Herz und Mund und der ganze Mensch Gottes Gebote halten, dann ist er nur ein Pharisäer und hat nur eine Pharifäergerechtigkeit.

Darum, fährt Jesus fort, als der Bevollmächtigte Gottes des Vaters, als der Mund und die rechte Hand Gottes sage ich euch dreierlei.

Erstens: Wer mit seinem Bruder zürnet, der ist des Gerichtes schuldig. Also wer gegen den Nächsten nur in seinem Herzen nicht rechtschaffen, sondern voll Bitterkeit und Zorn ist, der ist ein Uebertreter des fünften Gebotes. Und o, wie viel Haß und Neid und Zorn und Falschheit sigt in den Herzen! Wenn ein Mensch die Herzen von zehn beliebigen Menschen blosLegen könnte, so daß man mit den Augen sehen könnte, wie's da drinn beschaffen ist, wieviel schändliche Gedanken kämen da zum Vorschein. Und dabei ist's doch auswendig meistens glatt und süß und freundlich.

Vor Gott aber liegen die Herzen bloß, und er sieht, wie auf der Herzen Grund sich so viele böse, gehässige, rachsüchtige Regungen, wie ein giftiges Gewürm, winden und schlängeln, die vor ihm ein Greuel sind.

Darum, meine Lieben, sehet nicht eure Oberfläche und Außenseite, sondern sehet eure Herzen an. Laßt euch vom Heiligen Geiste die Augen aufthun und schärfen, damit ihr die heilige Wissenschaft lernt, in das eigne Herz zu sehen. Nach dem Herzen werdet ihr zunächst gerichtet. Denn Gott siehet das Herz an. Der Mensch lernt aber eher in alles hineinsehen, als in sein eignes Herz, immer hält er seine Außenseite für den wahren Menschen, und das ist sie doch nicht. Der Mensch lernt eher Bescheid in Asien und Afrika, ja in der fernsten Sternenwelt, die Millionen Meilen von uns entfernt ist, ehe er in sein eignes Herz hineinsehen lernt, welches ihm doch so nahe ist. Wer aber gegen den Nächsten im Herzen nicht rechtschaffen ist, der übertritt das fünfte Gebot. So sieht es Gott an.

Zweitens will Gott den Mund haben. Wer zu seinem Bruder sagt Racha, der ist schuldig, vor den

hohen Rath gestellt und von ihm verurtheilt zu werden.

Racha heißt ursprünglich: Du Dummkopf, du alberner Mensch. Wer sich also hochmüthig über seinen Nächsten erhebt, wer ihn einen dummen, einfältigen Menschen schimpft und als solchen be= schimpft, der ist vor Gott gleichfalls ein Totschläger. Und o, wie viele Schimpfworte, die den andern tief kränken, die ihm in's Herz hineinschneiden und ihm das Leben verbittern, sind an der Tagesordnung. Wie gemein ist doch das Schimpfen!

Darum gebt weiter acht auf euren Mund. Das Schimpfen ist eine schwere Sünde und eine Uebertretung des fünften Gebotes. So sieht es Gott an. Und wie er es ansieht, darauf kommt alles an, nicht, wie wir es ansehen.

Drittens nennt der Heiland noch eine besondere Art des Schimpfens und Beschimpfens. Wer zu seinem Bruder sagt: Du Narr! der ist des höllischen Feuers schuldig, das ewig nicht erlischt.

Ein Narr ist ein Mensch, der seinen Verstand verloren hat. Solche Menschen gehören zu den unglücklichsten, die es giebt. Unter allem irdischen und zeitlichen Unglück kenne ich kein größeres, als geisteskrank und geistesverwirrt zu sein. Am größesten ist dies Unglück darum, weil solche Menschen in ihrer Geistesverwirrung und Verrücktheit Gottes Wort nicht verstehen, Gott nicht erkennen, nicht beten, nicht kindlich froh mit Jesu verkehren können. Alles, was sie derart thun, wird ihnen zur Verwirrung und zu Lauter Unsinn.

Ich habe solche Menschen in einem Zustande gesehen, daß ich entsezt vor ihnen floh und ihren Anblick nicht ertragen konnte. Ich habe verrückte Menschen gesehen, die unablässig durcheinander beteten und fluchten und von einem bösen Geiste ruhelos umhergejagt wurden, daß sie in ihrer Stube umberliefen, wie ein wildes Thier in seinem Käfig; von anderen entseglichen Dingen und Selbstmordsversuchen nicht zu reden.

Groß ist das Unglück solcher Menschen aber auch darum, weil sie mit Menschen nicht verkehren können, wie ein anderer Mensch, weil man ihnen nichts anvertrauen, nichts in die Hände legen kann, sondern sie als unzurechnungsfähige oder gefährliche Menschen behandeln muß.

Seht, darum ist es eine große Sünde, einen Menschen als geisteskrank oder verrückt zu bezeichnen, der es doch nicht ist. Wißt ihr, was man darunter versteht: einen Menschen moralisch tot machen? Nun, wer einen andern als geisteskrank bezeichnet, der

macht ihn moralisch tot. Und wißt ihr, wem solche Sünde und Schande am meisten angethan wird? Den Zeugen der Wahrheit, den aufrichtigen Knechten des Herrn Jesu Christi.

Den Heiland selbst haben die, welchen er lästig und unangenehm war, mehr als einmal als einen Verrückten hingestellt. Auch seine Apostel sind dann und wann als Verrückte ausgeschrieen und behandelt worden. Wir müssen für Narren geachtet werden um Christi willen, sagt deshalb der Apostel Paulus, der gewiß kein Narr war, sondern einen sehr hellen Verstand hatte. Die Welt und besonders die Tonangeber in der Welt können Jesum und seine Nachfolger nicht leiden, aber auch nicht verstehen und nicht begreifen. Drum war es von jeher die Art der Gottlosen und ihres Lügenvaters, die Jünger und Nachfolger des Herrn Jesu als Geisteskranke und Verrückte auszuschreien. Der ist nicht richtig im Kopf" ,die plagt sich mit allerlei närrischen Gedanken" der ist verrückt", und ähnlich sagen sie. Und mit nichts kann man einen Menschen so sehr vernichten und tot schlagen, als wenn man die Leute glauben macht, er sei wirklich nicht recht gescheit. Glauben das die Leute einmal, dann hat all sein Reden und Thun keinen Credit mehr. Denn wer mag z. B. noch einen Prediger hören, wer mag noch einem solchen folgen, der nicht klar im Kopfe ist?

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Liebe Brüder und Schwestern, die Sünde, daß jemand zum Narren gestempelt wird, kommt durchaus nicht selten vor, wohl aber kommt sie in verschiedenem Grade vor. Es giebt Fälle, in welchen gescheite Menschen mit allerlei List und Ränken bis in's Irrenhaus gebracht und dort eingesperrt wurden, blos weil man sie los sein und den Mund der Wahrheit verstopfen wollte. Es ist noch nicht lange, da las man in den Zeitungen, daß ein Mann auf diese Weise seine Frau auf die Seite geschafft hat. Zuerst sprengte er aus, sie habe von Zeit zu Zeit geistige Störungen und Anfälle von Irrsinn, dann behandelte er sie herzlos, so daß die Frau sich einem tiefen Kummer überließ, dann stempelte er sie vollends zum Narren und brachte es mit Geld und Helfershelfern endlich dahin, daß sie in's Irrenhaus gesteckt wurde. Nun heirathete der Ehebrecher schnell eine andere.

Es kann kaum eine verruchtere und teuflischere Sünde geben, als einen Menschen der Narrheit zu bezichtigen. Das ist für manchen ein größeres Unglück, als gradezu totgeschlagen zu werden. Vergeßt nicht, daß es der sanftmüthige und von Herzen demüthige Jesus ist, welcher gesagt hat: Wer seinen Bruder einen Narren schilt, der ist des höllischen Feuers schuldig.

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