ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

wir sind doch gleich so aufbrausend und zornig, so unversöhnlich und unbarmherzig gegen andere, die uns kaum mit einem Worte oder einem Finger angerührt haben. Lasset's euch gesagt sein: Unser Antheil an der Gnade unseres Herrn Jesu Christi, an seiner Versöhnungsgnade ist hin, wenn wir nicht vergeben unsern Schuldigern, wenn wir nicht dem Nächsten die Fehler von Herzen verzeihen. Die Betrübnis der anderen, der aufrichtigen Jesusjünger, verklagt uns vor Gott, wenn wir hart sind gegen den Nächsten, nachdem wir selbst kaum erst die vergebende Gnade empfangen haben. Und Gott zieht dann seine Vergebung wieder zurück. Dann haben wir vergeblich das heilige Abendmahl empfangen, vergeblich gebetet: Vergieb uns unsre Schuld! Wir haben dann Gottes verzeihende Gnade wieder verscherzt, verwirkt und rückgängig gemacht, und sind wieder unter Gottes gerechtem Zorn.

Das ist eine Art.

Die anderen aber, wenn sie Vergebung der Sünden beim Vaterunser-Beten oder beim heiligen Abendmahl oder in der Beichte empfangen haben, machen Ernst mit der zweiten Hälfte der fünften Bitte: als auch wir vergeben unsern Schuldigern. Gottes Barmherzigkeit, die Versöhnungsgnade des Herrn Jesu Christi hat ihnen das Herz weich gemacht. Wenn sich nun ein anderer an ihnen versündigt, so sind sie jederzeit bereit, ihm auch zu verzeihen, wenn er sie darum bittet. Und was bewirken sie damit? Sie machen damit Gottes Gnade fest, sie bleiben dadurch in der Gnade unseres Herrn Jesu Christi und in der Liebe Gottes des Vaters und in der Gemeinschaft des Heiligen Geistes.

Brüder und Schwestern, laffet uns das für gewiß wissen: Wer seinem Schuldiger nicht von Herzen vergiebt, der verwirkt wieder die göttliche Gnade und Verzeihung und macht sie rückgängig. Freilich verdienen können wir Gottes Gnade und Vergebung der Sünden durch nichts, auch nicht dadurch, daß wir dem Nächsten verzeihen. Aber wir machen dadurch die Vergebung unserer Sünden bei Gott fest und bleiben darin! Amen.

71.

Predigt am dreiundzwanzigften Sonntage nach Trinitatis.

Ich weiß, mein Gott, daß du das Herz prüfest, und Aufrichtigkeit ist dir angenehm, Lüge und Falschheit sind dir ein Greuel. O heiliger Vater, laß uns doch auch einen Abscheu gewinnen an jeder Unaufrichtigkeit und Falschheit. Durchscheine und durchleuchte uns mit dem Lichte deines Wortes und des Heiligen Geistes, damit wir uns selbst erkennen und der Wahrheit gehorsam werden! Amen.

Text: Ev. Matth. 22, 15-22.

Da gingen die Pharisäer hin und hielten einen Rath, wie sie ihn fingen in seiner Rede; und sandten zu ihm ihre Jünger samt Herodes Dienern, und sprachen: Meister, wir wissen, daß du wahrhaftig bist, und lehrest den Weg Gottes recht, und du fragest nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen. Darum sage uns, was dünket dich? Ist es recht, daß man dem Kaiser Zins gebe, oder nicht? Da nun Jesus merkte ihre Schaltheit, sprach er: Ihr Heuchler, was versucht ihr mich? Weiset mir die Zinsmünze. Und sie reichten ihm einen Groschen dar. Und er sprach zu ihnen: Wes ist das Bild und die Ueberschrift? Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu ihnen: So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gotte, was Gottes ist. Da sie das höreten, verwunderten sie sich, und ließen ihn und gingen davon.

Geliebte in dem Herrn! Eine merkwürdige Geschichte ist's und bleibt's, welche uns hier berichtet wird, ein vorzüglicher Herzensund Seelenspiegel. Blicken wir mit sehenden Augen in denselben, dann können wir daraus vieles an Herzenskenntnis und Lebenskenntnis gewinnen.

David sagt: Wohl dem, der nicht wandelt im Rathe der Gott-losen! Ein solcher Rath der Gott-losen ist hier versammelt. Laßt uns in diese Versammlung eintreten. Wandeln wollen wir nicht in ihr, aber sehen wollen wir, was da vorgeht. Wer sind die Gottlosen? Es sind die Pharisäer. Wer sind aber die Pharisäer? Das ist eine wichtige Frage. Wer den Pharisäer nicht kennt, kennt auch Jesum Christum nicht.

Die Pharisäer waren Leute aus allen Ständen, die angesehensten, einflußreichsten Männer des Volkes, ausgezeichnet durch ehrbaren und unbescholtenen Wandel. Niemand konnte ihnen etwas nachsagen. Auch an guten, selbst an frommen Werken, namentlich an Werken der Wohlthätigkeit, fehlte es ihnen nicht. Sie galten allgemein, und besonders in ihren eignen Augen, für Ehrenmänner und Biedermänner.

Wie stand's aber mit ihrem Herzen? Danach dürft ihr nicht fragen. Da hieß es: Rühre mich nicht an. Denn da rührten sie selbst nicht dran. Ihr Herz machten sie nie zum Gegenstande der Untersuchung, und das sollten auch andere nicht thun. Aber das Herz ist doch die Hauptsache, und Gott fragt doch zuerst nach dem Herzen und erst zum zweiten nach dem äußeren Wandel.

Nun, so laßt uns einen Blick in ihr Herz thun, dazu bietet sich hier die beste Gelegenheit. Sie hielten einen Rath, wie fie Jesum fingen. Warum wollten sie denn Jefum fangen? Sie wollten ihn aus dem Wege räumen oder auf die Seite schaffen. Warum wollten sie ihn denn aus dem Wege räumen? Weil sie ihn haßten. Warum haßten sie ihn denn? Weil er ihr Herz kannte, weil er sie durchschaute. Er hielt sie nicht für die Leute, für welche sie sich selbst hielten und für welche sie gehalten sein wollten, für welche sie auch bei den meisten wirklich gehalten wurden. Das konnten sie ihm nicht verzeihen, darum haßten sie Jesum. Aber woher wußten sie, daß er ihr Herz kannte und sie durchschaute?

Meine Lieben, wer ein unaufrichtiges, unlauteres, falsches Herz hat, und doch für einen guten, redlichen Menschen gelten will, der spürt's, wenn ihm ein Mensch der Lauterkeit und Wahrheit nahe kommt, der ihn durchschaut und kennt. Die Finsternis spürt augenblicklich, wenn Licht in ihre Nähe kommt und in sie hinein leuchtet. Nun denket euch Jesum, der die Wahrheit in Person und das Licht der Welt ist. Als er diesen Menschen des Scheines nahe kam, empfanden sie augenblicklich ein unangenehmes Gefühl. Dieser Jesus war ihnen von Anfang an zuwider. Sie spürten: Der ist ganz anders, als wir, der ist uns unleidlich, der durchschaut uns. Sie spürten auch: Wenn dieser zu Ansehn und Geltung kommt, dann ist's mit unserm Ansehn aus. Darum haßten sie ihn.

Aber sie hatten noch andere Beweise dafür, daß sie Jesus durch und durch kannte. Er hatte ihnen ihr Bild mehr als einmal gezeigt, er hatte ihnen die Larve des Biedermannes und den Schafspelz der Tugend und Gerechtigkeit mehr als einmal abgezogen, nicht sanft und auch nicht heimlich. Daß er die Wahrheit war, das schon verziehen sie ihm nicht. Daß er ihnen aber die Wahrheit auch noch sagte, das verziehen sie ihm gar nicht. Da seht ihr ihr Herz.

Wie tief kann doch der Mensch sinken, wenn sein Herz der göttlichen Wahrheit entfremdet ist, und wird sich doch nicht

bewußt, was er thut! Und was er ist, dessen wird er sich dann noch weniger bewußt. Diese Männer hielten also einen Rath mit Gesinnungsgenossen, wie sie den guten, heiligen Jesus fangen könnten. Meint ihr, die hätten nun gedacht: Was sind wir doch für schlechte Menschen, daß wir mit solchen Gedanken und Werken umgehen!? Ach nein! Sie hielten sich nach wie vor für Biedermänner. Das ist die Macht der Sünde, daß sie den Menschen über sich selbst blind macht. Das ist die Macht der Finsternis. Laffet uns genauer betrachten Finsternis und Licht oder

Ein Stück Pharisäerleben.

I. Der schlaue Rath. Sie wollten also Jesum fangen und vernichten. Aber das ging nicht ohne Weiteres. Um ihn zu fangen, dazu mußte ein Verbrechen von ihm vorliegen. Und selbst dann hätten sie ihn nicht fangen können. Das kam nur der Obrigkeit zu, sie aber waren als Pharisäer nur Privatpersonen. Also war bis zum Fangen Jesu noch ein weiter Weg. Darum sinnen sie nun darauf, wie sie ihn zum Verbrecher machen, wie sie ihn dazu bringen, daß er ein Verbrechen begehe. Nach Längerem Rathschlagen kommen sie zu dem Beschluß, ihn in seiner Rede zu fangen. Damit müssen sie sich vorerst begnügen.

Das sind doch traurige Menschen. Sie wollen also ablauern, was er spreche, und hoffen, er werde einmal etwas sagen, weshalb sie ihn anschwärzen und womit sie ihn dann zu Falle bringen könnten. Namentlich wünschten sie eine politisch verdächtige Aeußerung von ihm zu erjagen, die sie dann denunciren könnten.

Aber, sagte da einer in der Versammlung, wenn wir warten wollen, bis er sich einmal gelegentlich über unsere politischen Verhältnisse ausspricht, da können wir vielleicht lange warten. Wer weiß, ob er je eine solche Aeußerung thun wird! Wir müssen die Sache anders anfangen. Die Gelegenheit müssen wir machen, wir müssen ihm eine verfängliche Frage vorlegen, wir müssen ihm eine Falle stellen.

Der Vorschlag wurde angenommen. Aber wie nun weiter? Was für eine Frage sollte das sein? Der eine meinte dies, der andere jenes. Endlich sagte einer: Ich weiß, wie wir's anfangen: Wir fragen ihn, ob es recht ist, dem Kaiser Steuer zu zahlen. Ja, sagten die anderen, das ist die rechte Frage, da mag er sich wenden und winden, wie er will, so ist er gefangen. Sagt er: Dem auswärtigen Kaiser darf die israelitische Nation, dem heidnischen Kaiser darf das Gottesvolk die Steuern nicht geben, dann zeigen wir ihn der römischen Obrigkeit an, die

Romheld, Predigten.

31

[ocr errors]

wird ihn dann als Aufwiegler gefangen sehen. Sagt er aber: Ihr müßt der Obrigkeit, die Gewalt über euch hat, unterthan sein und auch Steuern zahlen, dann sagen wir dem Volke: Der ist ein Volksfeind, der ist gegen unfre Nation und hälf's mit den Römern, mit den Heiden. Dann wird das Volk in dieser unruhigen Zeit schon Rache an ihm nehmen und ihn vielleicht steinigen. Es mag nun so oder so kommen, in jedem Falle haben wir unseren Zweck erreicht, wir werden ihn los, ohne daß wir eine Hand an ihn legen, und bleiben die unbescholtenen Männer. Das war ihr schlauer Rath.

Meine Lieben, so ehrbar diese Menschen von außen erscheinen, so schlecht sind sie inwendig. Und wie der Mensch inwendig ist, so ist er. Wahrlich sie und ihres Gleichen wären nicht halb so schlecht, wenn sie einen solchen, den sie nun einmal um seiner Reinheit und Wahrheit willen hassen, direct und offen angriffen, statt auf verdächtige Aeußerungen aus seinem Munde zu fahnden, und ihn dann dadurch zu verderben.

Schon bei Kindern ist die Angeberei eine häßliche Untugend, die man bei Leibe nicht begünstigen soll. Wenn freilich die, die ein Recht dazu haben, wenn die Obrigkeit in Staat oder Kirche, in Schule oder Haus von jemand, sei er Kind oder erwachsen, verlangt, daß er gegen andere ein Zeugnis der Wahrheit ablege, so muß er es thun. Aber in den meisten Fällen wird es ihm zur Ehre gereichen, wenn er es auch dann mit schwerem Herzen thut, es müßte sich denn grade um ein Verbrechen handeln. Aber aus freien Stücken und ohne Beruf dazu jemand anzuzeigen, das verräth ein schwarzes Herz. Wer aber gar auf Worte und Fehler eines anderen lauert, um ihn anzuzeigen und in's Unglück zu bringen, der hat ein teuflisches Herz, und wäre er auch ein biederer Pharisäer. Nie wird ein guter Mensch einen anderen anzeigen, wenn dieser nicht grade ein Verbrecher ist. Wohl aber werden es oft grade die edelsten Menschen sein, denen auf ihre Worte aufgepaßt wird.

Wenn in einem Volke das Spioniren und Denunciren häufig vorkommt, dann ist die Sittlichkeit des Volkes in Verfall. Denn wo keine Lauerer und Denuncianten angenommen und groß gezogen werden, da giebt's auch keine. Wenn aber ein Volk politisch zerrissen und in Partheien gespalten ist, dann schaffen sich die Kalfakter und feilen Seelen durch Lauern und Denunciren in die Höhe, die Guten aber seufzen dann unter schwerem Druck. Eine solche Zeit war damals im Volke Israel. Aehnlich war es in unserm deutschen Volke zu Anfang dieses Jahrhunderts, besonders

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »