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habe der Apostel schreiben wollen; es habe aber eine Stimme vom Himmel zu ihm gesagt: ,, Versiegele, was die sieben Donner geredet haben, und schreibe daselbe nicht (Off. 10, 3. 4.) Allem Anschein nach sind die Worte dieser sieben Donner nichts Anderes als die schrecklichen Gerichte Gottes, seine drohenden Urtheile gegen die verkehrte christliche Heydenwelt. Diese Gerichte sind unter Siegel gelegt, in einem feyerlichen aber verschlossenen Instrument aufbewahrt, d. h., auf eine räthselhafte und verborgene Weise verhängt. Es ist schon geraume Zeit verflossen, und wird vielleicht noch verfließen, che man die geheimnißvollen Hüllen durchschauen kann, welche die Orakel der sieben Donner bedecken. Aber endlich wird der Augenblick kommen, wo der Herr für einige seiner Diener vbraus den Schleyer lüften, und zulet durch den Erfolg vor den Augen aller Glaubigen zerreißfen wird. Denn ein Siegel hat nicht den Zweck etwas, auf ewig in die Vergessenheit zu begraben, sondern die Wahrheiten, die es verschließt, zurückzuhalten auf den Tag, wo der Herr bestimmt hat, sie seinen Auserwählten kund zu thun.

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Auch sehen wir in der Apokalypse, daß die Gerech ten, die durch ihre Geduld alle Bosheit des Antichrists überwunden haben, mit Bewunderung und Dank erkennen, daß die göttlichen Gerichte offenbar worden sind: Und die den Sieg behalten hatten an dem Thier und seinem Bilde, und seinem Mahlzeichen, und seines Namens Zahl fangen das Lied des Lamms und sprachen: Groß und wundersam sind deine Werke, Herr Gott allmächtiger, gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, du König der Heiligen. Alle Heyden werden kommen und anbeten vor dir: denn deine Urtheile sind offenbar worden" (Off. 15, 24.). Also entwickeln sich seine Plane nur allmählig, und er wird seiner Kirche in den legten

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Zeiten Wahrheiten entdecken, die er ihr in frühern Zeit- altern nicht fund gemacht, weil sie ihr damals nicht nö thig waren.

Wenn St. Paulus von seiner Entzückung in den drit ten Himmel erzählt, so sagt er, er habe daselbst unaussprechliche Worte gehört, die kein Mensch sagen dürfe. (2. Cor. 12, 4.) Diese geheimen und unaussprechlichen Worte sind nichts Anders als tiefe Mysterien, die dem heiligen Apostel gezeigt wurden, und die er den Glaubigen seiner Zeit mitzutheilen keine Erlaubniß hatte. Könn te aber Gott nicht eines Tags seiner Kirche dieselben Geheimnisse offenbaren, die er damals dem h. Paulus entdeckte? Es läßt sich unmöglich irgend ein haltbarer oder nur scheinbarer Grund angeben, warum eine solche Eröffnung durchaus und für immer seiner Ordnung und seinem Plan mit der Kirche auf Erden zuwiderlaufen sollte.

Ein sichtbarer Mißbrauch des Ansehns Pauli würde es seyn, wenn man uns den Fluch entgegenseßen wollte, den er gegen Jeden ausspricht, welcher ein andres Evangelium verkündigen würde, als das er gepredigt hat. (Gal. 1, 8. 9.) Dieser Text beweist nur, daß mán unter keinem Vorwand einem Neuerer Gehör geben soll, welcher der Lehre zu widersprechen wagt, die Jesus Christus seinen Aposteln geoffenbart, und worin sie die Glaubigen unterwiesen haben. Wenn, unmöglicherweise, diefer Neuérer ein Engel vom Himmel wäre, so müßte man auch dann ihn von sich stoßen, und seine Irrthümer verfluchen. Daraus folgt aber nicht, daß Gott nicht in Zus kunft seinen Kindern noch verborgene Wahrheiten eröffnen, und den Boten dieser Predigt eine unverwerfliche Beglaubigung ertheilen könne. Wer dürfte einen Engel mit Anathema belegen, der ihm eine Erkenntniß brächte, die noch nicht fund geworden ist? Aber Evangelium pre

digen wider das gepredigte, das Evangelium Christi verkehren, wie der Apostel sich ausdrückt, ist dasjenige, was seinem Urheber oder Herold ein Anathema verdient; so daß jede Lehre, die der Lehre der Apostel und aller Kirchenväter entgegen ist, ungeprüft zu verwerfen, die aber, welche sich mit den von den Vätern im Glauben em pfangenen Dogmen verträgt, anzunehmen und zu billi gen ist.

Gott kann also ohne die mindeste Verlegung des Glaubens uns Wahrheiten schenken, die nicht in der heili gen Beylage beschlossen sind, welche den Aposteln anfäng lich vertraut wurde, die aber der ersten Offenbarung so wenig widersprechen oder Abbruch, thun, daß sie vielmehr deren Vervollständigung und gänzliche Entwickelung seyn. werden. Das gibt uns auch Jesus deutlich zu verstehen, wenn er zu seinen Aposteln sagt: „Ich habe euch noch viel zu sagen, aber ihr könnets jeßt nicht tragen.“ (Joh. 16, 12.) Worüber der h. Augustinus die Anmerkung macht: Ihr möchtet vielleicht wissen, was das für Dinge sind, welche die Apostel damals nicht tragen konnten. Aber wer von uns wäre kühn genug, um sich dessen für fähig zu halten, was die Apostel weder tragen noch be: greifen mochten? Auch dürft ihr nicht erwarten, daß ich diese Dinge sage, die ich vielleicht selbst nicht verstehen. fönnte, wenn mir sie Jemand sagte, und die ihr nicht tragen könntet, wenn ich auch so geschickt wäre euch zu sagen, was euch zu hoch ist. — Es würde sehr verwegen seyn, errathen, oder sagen zu wollen, was diese Dinge find, die Jesus Christus nicht gesagt hat." *) Die hohen Wahrheiten aber, die unser göttlicher Meister anfänglich seinen Aposteln verschwiegen, kann er uns gar wohl zu einer andern Zeit offenbaren, zumal in derjenigen, wo er

*) S. Aug. Tract, XCVI, in Joann.

nach den alten Weissagungen Ströhme der Weisheit und Erkenntniß auf seine Gemeine auszugießen beschlossen hat.

Man wird vielleicht einwenden, daß er durch die Sendung des heiligen Geistes die Apostel in Stand gesezt habe zu tragen und zu begreifen, was vor dem Pfingstfest über ihre Fassungskraft ging, weil vermöge der Zusage des Herrn, der heilige Geist sie in alle Wahrheit leiten sollte. Und weil die Apostel uns hernach mündlich oder schriftlich Alles überliefert haben, was sie von dies sem göttlichen Geist gelernt hatten, bis dahin aber nicht hatten tragen oder verstehen können, so scheint der Tert des Johannes für unsre Meynung von keinem Gewicht zu seyn.

Wenn dem also wäre, so müßte bewiesen werden, daß die Wahrheiten, für welche Jesus seine Jünger da mals nicht empfänglich hielt, in der Folge von ihnen in ihren Schriften aufgezeichnet, oder im Wege der mündlichen Ueberlieferung fortgepflanzt worden. Es wäre, wie Augustin sagt, eine augenscheinliche Verwegenheit, es ohne Beweis zu behaupten, und es gibt keinen Beweis dafür, daß, welche gegründete Wahrheit man auch anführen mag, sie eben das sey, was Jesus damals seinen Jüngern verschwiegen. Hiezu würde nichts Geringeres als ein göttliches Zeugniß, das ist ein bekräftigendes Wunder erfordert. Der Kirchenvater geht noch weiter: er hält es für unverständig zu glauben, daß die von Jesu den Aposteln verheimlichten Dinge in ihren Schriften enthalten feyen. Er zeigt, daß unter den Hauptwahrheiten des Glaubens, wie sie sich in den Evangelien und apostolis schen Briefen finden, keine einzige ist, welche die Glaubigen, welche sogar die bloßen Catechumenen nicht tragen könnten, wenn sie sie auch nicht allzeit verstünden; desto gewisser konnten sie die Apostel, selbst vor der Aus

gießung des heiligen Geistes tragen. *) Daraus folgt also, daß die Wahrheiten, welche durch ihr majestätisches Gewicht oder ihren Schrecken den Geist der Apostel bez schwert haben würden, nicht diejenigen sind, welche wir in ihren Schriften lesen, oder die Ueberlieferung uns ge=" bracht hat, vielmehr für eine andre Ordnung der Dinge aufbehalten sind. Es ist wahrscheinlich, daß weder Jesus selbst nach seiner Auferstehung, noch durch seinen heiligen Geist sie darin unterwiesen **; daß sie vielmehr von höherer Natur als diejenigen waren, die von ihnen auf uns gekommen sind. Gleichwohl gibt das Wort Chrifti deuts lich zu erkennen, daß erissie einst in demjenigen unterrichten werde, was er ihnen damals verbarg. Und dieß möch te wohl zur Zeit der Wiedergeburt geschehen, in seinem sichtbaren Reich, wann er sie sehen wird auf Throne, zu regieren die zwölf Stämme Israel; dann wird er ihnen und durch sie dem neuen Volk Dinge eröffnen, die während ihres ersten Amis ihre Fassungskraft überstiegen.

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*) Dieser Schluß ist unrichtig, und Augustin scheint zu weit zu gehen. Tragen, faffen, verstehen, ist gewißfermaßen eins. Die Apostel waren zu der Zeit noch sehr schwach, und hatten jüdische Vorurtheile, die der junge Catechuz mene gar nicht kennt. Die Schriften der Apostel enthals ten Geheimnisse, welche bey weitem nicht alle Glaubige faffen und tragen können. Dahin gehört z. B. gerade der Grundsatz unsers Werks von der Verstoßung der Heys den und Wiederannahme der Juden; gleichwie die Apofel damals die Verstoßung der Juden und die Annahme der Heyden nicht tragen konnten. Dahin gehört die ganze Apokalypse' zc.

**) Dieß steht in offenbarem Widerspruch mit dem Zusam, menhang des 12. u. 13. Verses Joh. 16. ihr könnets jezt nicht tragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten."

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