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muß sich notwendigerweise dies Moment auch in der Religion bemerklich machen. Die menschliche Familie und Hausgenossenschaft, sei es auch in welcher Fassung immer, liefert hierfür das konkrete Vorbild; meist ist das Verhältnis des Himmels zur Erde, die ursprünglich eins waren, maßgebend, aus dieser Ehe entstehen weitere Götter, und so bilden sich ganze Götterdynastien, die nicht selten in langen, blutigen Kämpfen miteinander um die Siegespalme streiten. Vielfach findet sich als gemeinsame Wurzel eine Urgöttin, die an der Spitze eines ganzen Geschlechts steht (was wohl mit matriarchalischen Grundanschauungen zusammenhängen dürfte), so z. B. die ägyptische Hathor, die westasiatische Istar oder Astarte, die als Magna Mater deorum später nach Rom kam, die argivische Hera, die ephesische Artemis, die große Demeter gehören in denselben Rahmen. Umgekehrt tritt der patriarchalische Charakter in der finnischen Mythologie hervor, wo in der Kalevala (dem Nationalepos) Ukko, der Himmelsgott, den höchsten Rang einnimmt und deshalb dann angerufen wird, wenn die Hilfe der anderen Götter versagt:

Ukko, du, o Gott dort oben!

Ukko, komm, du wirst gerufen,
Ukko, komm, du bist jetzt nötig.

In dieser Anordnung, die ganz von selbst zu einem monotheistischen Abschluß führen mußte, bekundet sich verhältnismäßig früh eine gewisse aristokratische Tendenz, eine Unterscheidung der mächtigen Götter von den älteren, zur Seite gedrängten, die nur gleichsam von der Gunst der jetzigen Herrscher zehren, sie sind die Diener, Helfer und Mittler der großen Weltlenker. Anderseits findet sich auch noch das Verhältnis des offenen oder versteckten Krieges. Bei allen Abweichungen im Detail

offenbart sich auch hier ein Typus; bald ist es der Gott des betreffenden Ortes oder Gaues (so Ptah in Memphis, Amun-Rê in Theben, Marduk in Babel, Assur in Assyrien) oder ein allgemein anerkannter Volksgott, wie der griechische Zeus oder der römische Jupiter. Der griechische Gott versinnbildlicht vortrefflich jenen wachsenden monotheistischen Zug bei aller Buntheit des olympischen Pantheons. Obschon er dem unerbittlichen Schicksal gegenüber machtlos ist (er kann den Spruch desselben nur verzögern, nicht vereiteln), obwohl er launenhaft und sinnlich angelegt ist, zeigt er anderseits doch wieder große und erhabene Züge. Aber weil das ethische Bewußtsein noch wenig gereift ist, so vermengt das naive Empfinden arglos Allzumenschliches mit Göttlichem, bis ein schärferes Nachdenken hier den Stein des Anstoßes entdeckt. Insofern trägt jede Mythologie den Todeskeim in sich, und der verhängnisvolle Ruf: Der große Pan ist tot, erschallt früh oder später auf diesem Felde. Namentlich ist es das unverhüllte erotische Moment mit all seinen weiteren Verästelungen, das einer späteren Generation widerwärtig wird; gerade hiergegen richteten sich die Pfeile der griechischen Denker, in erster Linie des Xenophanes, als er die heitere griechische Götterwelt angriff. Der Anthropomorphismus richtet sich auf die Dauer selbst zugrunde, indem er in schlichter Naivität die widersprechendsten Eigenschaften in dem göttlichen Bilde vereinigt hat. Und doch zeigen sich schon zwei charakteristische Züge, die eine erfreuliche Umwandlung verraten. Einmal ist dies die, wenn auch anfangs schüchterne Betonung geistiger Fähigkeiten, besonders der Klugheit, des Scharfsinns, vor der ursprünglichen einseitigen Wertschätzung der bloßen physischen Stärke. In allen Mythologien wird der entscheidende Sieg letzten Endes nicht durch das Übergewicht

körperlicher Leistungen, sondern vorschauender Klugheit und List gewonnen; so Zeus im Ringen mit den noch halbtierischen Giganten, Odhin gegenüber den Riesen, der babylonische Bel oder noch mehr der barmherzige Schöpfergott Ea gegenüber der Tiâmat. Ja, wenn die neue Weltordnung schon einigermaßen hergestellt und gesichert erscheint, wissen die physisch schwächeren, aber intelligenteren jüngeren Götter bei drohenden Gefahren jedesmal Rat und Aushilfe, man denke nur an den germanischen Loki. Zweitens stellen sich sittliche Anforderungen bei den religiösen Idealen immer mehr als unabweislich heraus. Bei aller Naivität des homerischen Sängers, mit der er unbefangen das Leben und Treiben der Olympier schildert, ist er doch wieder aufrichtig bemüht, Zeus als den obersten Gott, der Recht und Gerechtigkeit handhabt, der der Schützer der Frommen und Gottesfürchtigen ist, ein Hüter des Eides, der Gastfreundschaft usw., als den höchsten Lenker der Welt hinzustellen, dem auch gewisse erhabene Züge göttlicher Allmacht und Allwissenheit, obschon unter erheblichen Einschränkungen, nicht fehlen. Der uralte natürliche Gegensatz zwischen Nacht, Dunkelheit, Dürre, Tod und Licht, Tag, Fruchtbarkeit, Leben überträgt sich von selbst auf das sittliche Gebiet, am schärfsten und folgerichtigsten bei den Iraniern, deren genialen Religionsstifter Zoroaster wir schon einer höheren Stufe zuzählen müssen. Aber daß wir auch bei den eigentlichen Naturvölkern, freilich vorgeschrittener Gesittung, dazu die fruchtbarsten Ansätze antreffen, beweisen die überhaupt sehr gereiften Anschauungen der alten Peruaner. Ihr höchster Gott Viracocha wird streng monotheistisch verehrt, wie das folgende Gebet veranschaulichen mag: O Viracocha, immer gegenwärtig, o Viracocha, Ursache von allem, Viracocha

der Helfer, der unermüdliche Schöpfer, Viracocha, der du alles anfangen läßt, der du ermutigst, Viracocha, du immer glücklicher, Viracocha, immer nahe, höre auf unser Gebet, sende deinem Volk Gesundheit und Wohlfahrt. Andere Bezeichnungen sind: der, welcher vollendet, oder der wahrhaft Eine, oder der, welcher alles überwacht, oder der Erzieher der Welt usw. (vgl. Brinton, The Myths of the New World p. 210 ff.). Überhaupt sind alle Lichtgottheiten zugleich segenbringend und ethisch förderlich, sie sind (im Bunde mit den eigentlichen Halbgöttern) die wahren Kulturträger, während umgekehrt die Götter der finsteren Unterwelt nicht mehr geehrt werden, als irgend nötig erscheint, um sich vor Schaden zu hüten. Osiris, Hel, Hades, der finnische Mana, der polynesische Maui, der tonganische Hikuleo u. a. sind sämtlich Herrscher in einem Totenreich, aus dem kein neues Leben erblühen kann, falls wenigstens nicht besondere ethische Vorstellungen und Ideen diese mythologische Idee befruchten. Der Gedanke einer sittlichen Vergeltung und Zurechnung bildet sich allem Anschein nach erst verhältnismäßig spät.

21. Ethische (Erlösungs-) Religionen.

Die sittlich lautere, reine Gesinnung, die nicht nach irgend einer Anerkennung fragt, ebenso wenig sich um ein etwaiges Gebot oder Verbot kümmert, ist das Kennzeichen der höchstentwickelten Religionen; aber freilich dürfen wir hier nicht zu rigoristisch verfahren, denn sonst könnte selbst das Christentum, das z. B. auch in der Bergpredigt einen ausgeprägt eudämonistischen Zug verrät, nicht zu Recht bestehen. Daß aber die sittliche Wertschätzung des Handelns und Denkens als solche in den drei großen Weltreligionen entscheidend ist und ebenso mit gewissen, durch den Kultus bedingten Einschrän

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kungen bei Zoroaster, in den Weden, im Judentum und in der Lehre von Konfuzius, dürfte ohne weitere Begründung einleuchten. Fraglich dagegen ist es, ob wir den Tâoismus von Laotse, einem Zeitgenossen des chinesischen Weisen, der seltsam die tiefsinnigsten metaphysischen Gedanken mit läppischem Aberglauben vermengt, mit Max Müller dahin rechnen dürfen. Dazu kommt die recht geringe Verbreitung, die ihn wohl mehr als Sekte ansehen läßt. Aber nicht nur ist durch die Wiedergeburt des Menschen das Ethische der Mittelpunkt der religiösen Welt geworden, auch sonst sind manche anderweitige Änderungen des bisherigen Tatbestandes eingetreten. Zunächst in betreff des bereits früher behandelten Begriffs der Offenbarung; diese ersteckt sich nunmehr auf die ganze Lebensführung, so daß sie einen völligen Wandel des bisherigen Lebens verursacht. Die gotterfüllten Propheten befinden sich in einer fortwährenden Verbindung mit der sie erfüllenden Gottheit, sie fühlen sich berufen, ein neues Gesetz zu verkünden, dessen Bedeutung und Geltung sie durch einzelne Aussprüche erläutern und bekräftigen. Daraus ergeben sich dann für ihre Jünger gewisse vorgeschriebene Dogmen, deren Heiligkeit mit den Jahren wächst, und damit verknüpft sich ebenso ungezwungen die steigende Wertschätzung ihrer in heiligen Büchern gesammelten Aussprüche. Über die Zeit ihrer Aufzeichnung lagert meist tiefes Dunkel, sehr bezeichnend ist es übrigens, daß diese niemals von den Religionsstiftern selbst ausgegangen ist. Zu diesen heiligen Büchern gehören außer der Bibel die Weden, der Tripitaka Gautamas, der Koran, der Avesta mit den Gathas, die Kinghs der Chinesen, die höher geachtet werden als ihre klassischen Bücher, die Shu. Fünf Länder sind es, die heilige Bücher mit kanonischem Ansehen hervorgebracht

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