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ausgeprägt ethnischen Charakter und entsprach vollkommen der hergebrachten Geringschätzung des Auslandes; auch hier lockerte sich der feste Bestand, die engere Organisation, um so mehr, weil der kühne griechische Geist über diese künstliche Scheidung hinweg sich bald zu allgemeinen Ideen erhob und dadurch den Boden für das Wachstum und die Verbreitung des späteren Christentums unendlich befruchtete. Es ist übrigens ein beachtenswertes Symptom, daß dieser Umbildung meist gewisse religiös-philosophische Versuche vorherzugehen pflegen, eine neue Form für diese Entwicklung zu finden. Im Altertum gehören dahin z. B. der Stoizismus, der Neupythagoreismus, die verschiedenen, nicht lange vor Beginn unserer Zeitrechnung wie üppige Pilze aus dem Boden schießenden Kulte, wie der Mithraskultus, der Serapisdienst u. a. Während nun in den eigentlichen nationalen Religionen das Volkstum als solches in seiner ungebrochenen Einheit entscheidend ist, dem gegenüber die einzelne Persönlichkeit mehr oder minder machtlos ist, tritt gerade umgekehrt in den universalen Religionen die ganze Wucht und überragende Bedeutung der Religionsstifter zutage. Außerdem vollzieht sich darin eine folgenschwere Wendung, daß ein universales Lebensideal aufgestellt wird, und zwar ins Jenseits verlegt. Damit verliert der frühere ethisch mehr oder minder wertlose sinnliche Eudämonismus, der sich lediglich auf die Güter dieser Welt richtet, seine egoistische Färbung; es ist ein bedenkliches Zeichen für den Islam, daß er diese irdischen Spuren und Anklänge nur allzu deutlich verrät, noch ganz abgesehen von der brutalen Propaganda des Glaubens durch Feuer und Schwert. Durch die schlechthin unbedingte Anerkennung des Religionsstifters und der in ihm zur Wahrheit gewordenen

Offenbarung ergibt sich die Organisation der an ihn geknüpften, auf sein Bekenntnis gegründeten Religionsgemeinschaft von selbst, wie sich dieselbe dann auch überall, in den Grundzügen übereinstimmend, auf Erden entwickelt hat. Durch die Aufstellung dieser unumschränkten Autorität, die dann später durch göttliche Aussprüche und Schriften noch mehr gefestigt wird, rückt die Persönlichkeit des göttlichen Propheten von selbst in den Mittelpunkt des ganzen Religionssystems, das nun durch die Kirche im Dogma und Kultus weiter ausgebaut wird. Auch hier entscheidet im einzelnen wieder die jeweilige Gesittungsstufe der Völker, und insofern bekundet sich wieder das allgemeine Kulturniveau wie der betreffende ethnische Typus; das mittelalterliche Christentum deckt sich selbstverständlich nicht entfernt mit unseren Anschauungen, und ebenso stark unterscheidet sich das religiöse Ideal südlicher europäischer Nationen von den germanischen usw. Erst in einem ganz freien Geiste, der alle menschlichen Schlacken von sich abgestreift hat, kann sich der für die höchste Stufe religiöser Entwicklung maßgebende ethische Gedanke in völliger Reinheit entfalten, wie wir das bei Christus beobachten können. Diese Rolle, die die großen Genien der Menschheit in den Erlösungsreligionen gespielt haben, bedarf einer kurzen eigenen Erörterung. Nur den einen Punkt wollen wir schon jetzt nachdrücklich betonen, daß das eigentliche Charakteristische der Weltreligionen nach ihrem inneren Gehalte beurteilt in dem Ethischen liegt. Je mehr dies gegenüber allen anderen Zutaten der Phantasie hervortritt, je reiner die jenseitige Seligkeit als das Ideal einer sittlichen Vollendung erscheint unter Verzicht auf alles Dogmatische und Rituelle, je energischer somit dieser Erlösungsgedanke die ganze Weltanschauung

heiligt, den Menschen als unmittelbares Glied des göttlichen Allebens und Wesens hervortreten läßt, desto mehr bekundet sich die Wiedergeburt des Menschen, auf die es letzten Endes ankommt, in ihrer erhabenen, jede bloße eudämonistische Wertschätzung weit hinter sich lassenden Bedeutung, durch die eben dann auch die Religion als solche sich in ihrer lebenspendenden Kraft und Fülle offenbart. Hierdurch tritt zugleich die substantielle, ewig frische, trotz aller Entstellungen stets wieder mit siegreicher Wucht durchbrechende Unvergänglichkeit der religiösen Wahrheiten unverkennbar hervor, welche eben ihre Ideale über den so verhängnisvollen Wandel der Zeit hinaushebt. Gewiß ist, wie bereits hervorgehoben, die religiöse Weltanschauung, wie alles sonstige geistige Leben, abhängig von dem jeweiligen Stande der Kultur, der Gesittung, der Bildung, der Einsicht, die uns Wissenschaft und Technik etwa in den Zusammenhang der Dinge gestatten, aber ebenso sicher ist es, daß der Ewigkeitsgehalt der Religion sich gerade durch eine energische Erhebung über das Milieu, über den Gesamtbestand geistigen und sittlichen Lebens bekundet, so daß dadurch ganzen Epochen, in denen dieser Gedanke mit unwiderstehlicher Gewalt sich Bahn bricht, ein besonderer religiöser, weihevoller Typus aufgedrückt wird. Man denke nur an die Reformation oder gar an das Urchristentum selbst zurück! Hier erscheint die Religion als die berufene Hüterin von unvergänglichen Schätzen, die wohl gar durch die bisherige Kulturentwicklung bedroht, geschweige denn irgendwie gefördert waren. Gerade an diesem Punkte darf man von der absoluten Geltung religiöser Ideale sprechen gegenüber allen zufälligen geschichtlichen Veränderungen, und deshalb erweisen diese auch ihre weltüberragende Bedeutung

durch eine völlige Um- und Neugestaltung der überlieferten Ansichten. Wie diese Wirkung sich im einzelnen vollzieht, kann hier nicht genauer geschildert werden, nur so viel mag bemerkt sein, daß dieser Ewigkeitsgehalt in dem Bewußtsein des Menschen sich zu einer unerschütterlichen Überzeugung entfaltet durch die unmittelbare Berührung des einzelnen mit der Gottheit. Und zwar nicht nur oder wenigstens nicht ausschließlich in gewissen hochgesteigerten seelischen Zuständen der Begeisterung (Ekstase), obwohl diese in der Religionsgeschichte eine bedeutsame Rolle spielen, sondern in der dauernden Lebensgemeinschaft, so daß das eigene, vergängliche Ich durchleuchtet und vergeistigt wird durch diese unmittelbare, ununterbrochene göttliche Kraft; hier vollzieht sich jene so oft und so unzulänglich beschriebene Vereinigung des Menschen mit Gott, die eben das Individuum, nicht nur alles Werden im Lichte der Ewigkeit betrachten, sondern sich selbst als unmittelbaren, unlösbaren Bestandteil des Urwesens empfinden läßt. Dies kraftvolle Ewigkeitsgefühl ist so wenig ein bloßes Kulturergebnis, daß es umgekehrt, wie gesagt, ganzen Zeitaltern neue, bleibende Ideale gegeben hat.

Zweiter Abschnitt.

Prinzipien der Religionswissenschaft. § 23. Begriff der Religion.

Für die Völkerkunde bildet, wie wir früher sahen (vgl. § 2), Glaube, Mythologie und Kultus ein untrennbares Ganze, und die bisherige Betrachtung hat sich bemüht, diesen inneren Zusammenhang wenigstens in

großen Umrissen zu erweisen; trotzdem bedarf es aber einer schärferen logischen Zergliederung des Begriffes der Religion, wenn wir auch von den im Laufe der Zeit versuchten Definitionen nur einige heranziehen werden. Nach Kant besteht die Religion in der Erkenntnis aller unserer Pflichten als göttlicher Gebote, wodurch sichtlich die Beziehung mit der Sittlichkeit möglichst betont wird, bei Hegel und Fichte tritt dazu das metaphysische Moment. Nach jenem ist Religion das Wissen des endlichen Geistes von seinem Wesen als absoluter Geist, und ähnlich faßt neuerdings Drews die Religion als Selbstbewußtsein Gottes, Fichte erklärt: Religion ist Erkenntnis. Sie macht den Menschen sich selber klar, beantwortet die höchsten Fragen, die überhaupt aufgeworfen werden können und bringt so dem Menschen vollkommene Einigkeit mit sich selbst und wahre Heiligung seines Gemütes. Schleiermacher sucht lediglich den Zusammenhang mit dem Gefühl festzuhalten, wenn er sagt: Religion ist weder Wissen noch ein Tun, sondern eine Bestimmtheit des Gefühls und des unmittelbaren Selbstbewußtseins, welche sich darin offenbart, daß wir uns unser selbst als schlechthin abhängig oder als in Beziehung mit Gott bewußt sind. Wundt endlich bezeichnet alle Vorstellungen und Gefühle als religiös, die sich auf ein ideales, die Wünsche und Forderungen des menschlichen Gemüts vollkommen befriedigendes Dasein beziehen. In vielen Erklärungen, besonders seitens der Anthropologen und Naturforscher, tritt das Motiv der Furcht, des Grauens vor der Erhabenheit und Wucht der elementaren Erscheinungen zutage oder, damit gelegentlich verknüpft, die Ableitung aus dem unausrottbaren Kausalitätsdrange. Dafür hat wieder Goethe in Wilh. Meister in einer längeren Erörterung die Ehrfurcht

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