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bildet den entscheidenden Maßstab, sondern die innere Gesinnung, die wahre Frömmigkeit, die Religiosität, nicht mehr das äußere Bekenntnis von Dogmen und Formeln, sondern die gottesfürchtige Ergebung, die lautere, unsträfliche Lebensführung, die nie ermattende Menschenliebe. Diese immer schärfere sittliche Wertschätzung und Betonung, die der Religion anfänglich so fern lag, ist wiederum ein typischer Zug der religiösen. Entwicklung bei aller sonstigen kulturgeschichtlichen und ethnographischen Besonderung, und gerade deshalb wohnt dem Christentum eine solche universalistische Tendenz inne. Es mag uns gestattet sein, diese Verinnerlichung, diese immer schärfere Betonung des eigentlichen Wahrheitsgehaltes in der Religion an einer kurzen Gegenüberstellung Gautamas und Christus' zu zeigen.

Der indische Königssohn, in Pracht und Glanz aufgewachsen, unbefriedigt durch die Antworten der gelehrten Brahmanen auf die quälenden Rätsel und Fragen, fand erst durch einen rastlosen Erkenntnisprozeß die ersehnte Ruhe, indem er das Individuum als die letzte Quelle alles Leidens hinstellte; deshalb muß dies, wie es die Upanishads lehren, im Nirwana verschwinden. Als nach unendlichen Prüfungen und Anfechtungen (nicht zum wenigsten von Mara, dem Versucher) Buddha sich zur Vollendung, und zwar aus eigener Kraft, durchgerungen hatte, sprach er: Der Allüberwinder, der Allwissende bin ich, unbefleckt von allem, was ist. Alles habe ich verlassen, ohne Begehren bin ich, ein Erlöser. Aus eigener Kraft besitze ich die Erkenntnis; wen sollte ich meinen Meister nennen? Ich habe keinen Lehrer, niemand ist mir zu vergleichen. In der Welt samt den Himmeln ist niemand, der mir gleich sei. Ich bin der Heilige in der Welt, ich bin der höchste Meister. Ich

allein bin der vollendete Buddha; die Flammen sind in mir erloschen, ich habe das Nirwana erreicht. Und bei seinem Tode sprach Brahma:

In den Welten die Wesen all legen einst ab die Leiblichkeit, So wie jetzt Buddha, der Siegesfürst, der höchste Meister aller Welt,

Der Mächtige, Vollendete, zum Nirwana ist gangen ein.

Durch seinen Wandel gab er allen Menschen das leuchtende Muster für ihre Entwicklung, und damit riß er, auch ohne den Kampf gegen die Brahmanen aufzunehmen, die alten Schranken der Kaste und die althergebrachten Forderungen der Askese nieder, um allen, die unter der Last des Daseins keuchen, eine Erlösung und Befreiung zu verschaffen. In rücksichtsloser logischer Konsequenz wird der Vollendete Gott gleich gesetzt, an Stelle des früheren Gottes oder gar des ihn symbolisierenden und vermittelnden Priesters tritt der Heilige selbst ein. Wenn auch sicherlich, besonders anfangs, das menschliche Mitgefühl in diesem metaphysisch schulgerechten System nicht fehlte, so weht doch nicht der belebende Hauch echter Liebe darin, wie denn überhaupt alle Gefühle in der Eisesluft abstrakter Meditation erkalten. Es ist sehr bezeichnend, daß wir im Leben des indischen Religionsstifters, ganz im Gegensatz zu Christus, nie von einer zornigen Gemütsaufwallung hören. Als Grundsatz ist freilich, wie im folgenden Satz, die allgemeine Menschenliebe gefordert: Wie das Wasser alle, den Bösen sowohl als den Gerechten, auf dieselbe Weise von allerle Staub und Schmutz reinigt und sie mit erquickender Kühle erfüllt, so sollst du Freund und Feind mit deiner Liebe erquicken, und wenn diese neunte Vollkommenheit erlangt ist, wird dir die Weisheit eines Buddha angehören.

Auch der Zimmermannssohn aus Nazareth suchte geschichtlich das fortzubilden, was noch fruchtbar und entwicklungsfähig war, wie er selbst von sich sagte, er sei nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen; auch er wandte sich zunächst an seine Landsleute und Glaubensgenossen und erst dann an die Menschheit überhaupt. Aber er wollte nicht den einzelnen mit all seinen Trieben und Neigungen vernichten, töten, sondern umwandeln, umschaffen, alles Irdische im unaufhörlichen Kampf der Gegensätze läutern, veredeln, er war ausgeprägter Optimist, kein Pessimist bei aller Anerkennung der furchtbaren dämonischen Macht des Bösen, er war Vertreter eines unentwegt sittlichen Strebens, das im vollsten Maße sich erst sozial betätigen kann und deshalb evolutionistisch wirken muß und einer egoistischen Askese und Isolierung durchaus unzugänglich ist; nicht die Schärfe der Reflexion entscheidet, die Tiefe des metaphysischen Blicks, sondern lediglich die Stärke und Glut des Glaubens, des Gefühls, der Überzeugung von der völligen Wiedergeburt des Menschen im Lichte der göttlichen Gnade, im Geiste der Liebe und Brüderlichkeit. Auch die Stifter der großen Weltreligionen sind bei aller Genialität in ihrem praktischen Schaffen doch an die jeweilige kulturgeschichtliche Lage der Dinge gebunden; ohne die dadurch sich ergebende Wechselwirkung wären sie letzten Endes zur Ohnmacht verurteilt. Je vielseitiger und feingegliederter der ganze gesellschaftliche Organismus ist, um so fruchtbarer wird auch jene Beziehung der einzelnen hervorragenden Persönlichkeiten zu ihrer Umgebung sein. Gerade die Epochen der höchsten Kultur, die sonnenumleuchteten Höhen der Weltgeschichte tragen den unleugbaren Stempel dieses innigen Zusammenhanges, der jederzeit die sicherste Ge

währ eines echten, nicht wieder durch jähe Rückfälle unterbrochenen Fortschrittes in sich trägt.

§ 26. Allgemeingültige Elemente der Religion.

Wiederholt haben wir auf die auch für die Religionsgeschichte wichtige Erscheinung hingewiesen, daß bei aller fast unübersehbaren Verschiedenheit der religiösen Ideale sich doch gewisse typische Parallelen und Übereinstimmungen beobachten lassen, und damit im Zusammenhang ein, wenn auch durch mancherlei Rückfälle unterbrochener Fortschritt. Das Opfer mit all seinen blutigen Greueln bezeugt den erschreckenden religiös-ethischen Tiefstand der primitiven Menschheit; nur langsam konnten im Laufe der Zeit Ablösungen und Symbole den unbarmherzigen Ernst jener Zeiten mildern. Die Blutrache, eine uralte religiöse Einrichtung, geradezu ein unentbehrliches Bindemittel für rohere Organisationsformen, beruht auf mächtigen instinktiven, durch die ursprüngliche Blutsverwandtschaft konsolidierten Regungen, die freilich einer reineren, höheren Anschauung zuwiderlaufen. Mit der Grausamkeit eng verschwistert hat die ihr psychologisch verwandte Wollust im Dienste der Religion, besonders in den vorderasiatischen Religionen, die furchtbarsten Verheerungen angerichtet. Von dem allmählichen Wandel der Gottesvorstellungen ist früher schon gesprochen. Aber es ist eben voreilig, aus dieser kulturgeschichtlichen Verschiedenheit den Schluß zu ziehen, daß es schlechterdings gar keine objektiven Normen und Werte in der Religion gebe. Wie für die Ethik das Sollen, das Pflichtbewußtsein zugleich die letzte Quelle und das entscheidende Kriterium für alles sittliche Handeln darstellt, so sind auch für die Religion diejenigen Elemente allgemein gültig, welche ethisch all

gemein verbindlich sind, und die sich somit in allen höheren Religionsformen trotz mannigfacher kulturgeschichtlicher Abweichungen in den Grundzügen wiederfinden. Dazu wäre etwa zu rechnen: Liebe, Ehrfurcht, Pietät, Frömmigkeit, Glaube usw. Vor allem bildet die erste das große Grundmotiv jeder religiösen Weltanschauung; betrachten wir die verschiedenen Formen derselben, die Mutter-, die Gattenliebe, die Freundschaft, die Nächsten-, die pantheistische Alliebe oder die theistische Gottesliebe, so haben wir eine in sich zusammenhängende, durch die stärksten sittlichen Empfindungen und Ideale getragene Stufenleiter, die eine stets wachsende Vervollkommnung in sich schließt. Diese Allgemeinverbindlichkeit bleibt natürlich auch zu Recht bestehen gegenüber der traurigen Tatsache, daß nur zu häufig die Wirklichkeit diesen idealen Anforderungen nicht entspricht. Die Liebe ist nach dem herrlichen Wort des Apostels die größte unter allen sittlichen Gütern (Glaube und Hoffnung), weil sie in der völligen Vernichtung des egoistischen Interesses und in der entsprechenden schrankenlosen Erweiterung des ursprünglich so engherzigen Ichs vor keinem auch noch so harten Opfer zurückscheut. Ein weiteres sehr bedeutsames Gefühl, das gleichfalls Universalität beanspruchen darf, ist die Pietät, schon in dem Verhältnis der Eltern zu den Kindern bewährt, in der religiösen Perspektive aber durch die Verknüpfung mit Ehrfurcht, Ergebung und Frömmigkeit, die davon unzertrennlich sind, zu besonderem Wert gesteigert. Alle sozialethischen Verbindungen beruhen letzten Endes (abgesehen von gewissen sympathetischen Bedingungen) auf dem unbedingten Vertrauen, das wir unseren Mitmenschen entgegenbringen, auf dem Gefühl der Dankbarkeit (beides sind bedeutsame Elemente des Ahnenkultus), und damit

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