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scheint, ja nicht selten überlegen, kann diese Ansicht nicht überraschen; jeder Kalifornier kennt für sein Kind einen schützenden Genius in Tiergestalt für den Stamm ist es gleichfalls ein heiliges Tier, das als Totem verehrt wird und nur unter sühnenden Zeremonien eventuell erlegt werden darf Besonders die mächtigen oder irgendwie unheimlichen Tiere werden in erster Linie bevorzugt, die großen Raubtiere, dann vor allem die Schlangen, ferner viele Vögel, neben dem kleinen Kolibri der Adler. Bei der nahen Verwandtschaft des Menschen und des Tiers ist es eine ganz folgerichtige Vorstellung, daß die ja nicht immer an ihren Sitz gebundene Seele (z. B. nicht nachts) in Tierleiber hineinfährt und nun die Menschen ängstigt, daher der so ungemein weit verbreitete Glauben an die Menschentiger, Werwölfe, Vampire usw. Der Wiedergeburt, deren eigentliche religiös-ethische Seite nicht in diesen Zusammenhang gehört, entspricht auf der anderen Seite die Präexistenz, an der neben den Indianern oder den westafrikanischen Eweern und manchen anderen Naturvölkern Pythagoras und viele orientalische Kirchenväter, Platonischem Muster folgend, festhalten.

§ 8. Zukünftiges Leben.

Die Vorstellung von einem zukünftigem Leben gehört schon aus dem Grunde zu den Glaubensartikeln primitiver Rassen, weil ihnen das Nichts oder die völlige Zerstörung, wie bereits erwähnt, ein unzugänglicher Gedanke ist; selbstverständlich dürfen wir nicht unsere ethischen und metaphysischen Forderungen damit verknüpfen. In irgendwelcher Form findet ein Fortleben statt, meist in genauem Verhältnis zum

irdischen Dasein; deshalb z. B. die zahlreichen blutigen Opfer beim Tode großer Häuptlinge und Herrscher, denen eben ein standesgemäßes Gefolge später nicht fehlen darf. Daher wird auch dieser Aufenthalt höchst abweichend geschildert, für die Vornehmen als ein Tummelplatz von Freuden, ja Ausschweifungen, während sich die niederen Klassen mit einem bescheidenen Lose begnügen müssen, noch ganz abgesehen von dem späterhin immer stärker ethisch gefaßten Gegensatz eines lichten Himmels und einer düsteren Unterwelt oder Hölle. Meist sind die Seelen an ihren Aufenthaltsort gebunden, nur infolge besonderer priesterlicher Kunststücke vermögen sie denselben zu verlassen; umgekehrt finden auch wohl dort Besuche der Menschen statt (in Visionen und Halluzinationen), die freilich nicht selten gefährlich verlaufen. Selbst im

Christentum findet sich in der Höllenfahrt Christi ein Abbild und Überlebsel dieser Vorstellung wieder. Im Zusammenhang mit der Natur wird das Totenland meist nach Westen, nach dem Sonnenuntergang, verlegt, nach einer Insel der Seligen. So erzählt Hesiod in den Werken und Tagen von einem Reiche der im vierten Zeitalter lebenden Heroen (zwischen der Bronze und dem Eisen), den Inseln der Glücklichen, die dann mit den Elysäischen Feldern identifiziert wurden, dem Wohnort der seligen Geister. Oder aber es ist die Unterwelt, der Hades, der die Abgeschiedenen aufnimmt, obwohl eine eigentliche Hölle den Stämmen niederer Gesittung fremd ist, da eben bei ihnen die Idee einer sittlichen Vergeltung nicht entwickelt ist. Dasselbe gilt für die Auffassung des zukünftigen Lebens überhaupt; bald ist es nur eine entsprechende Fortsetzung des irdischen Daseins, vielleicht etwas präch

tiger, bald taucht der unbequeme Gedanke einer Verantwortung für die diesseitige Lebensführung auf, so daß ein Ausgleich in irgend einer und sei es auch noch so naiven Form angestrebt wird. Der Indianer findet in seinem Paradiese die schönsten Jagdgründe, angefüllt mit dem leckersten Wild, der Arktiker einen sonnigen. Ort, wo beständiger Sommer herrscht und Überfluß an Renntieren und Vögeln, den Skandinavier erwarten in der Walhalla ritterliche Übungen, Kampf und Speerwurf, der Moslem schwelgt in sinnlichen Genüssen, wie sie nur eine orientalische Phantasie zu erdenken vermag, kurz, überall begegnen wir einem recht ausgeprägten Materialismus. Gewisse Anklänge einer Vergeltungstheorie sind nicht zu leugnen; so wenn die Grönländer nur denjenigen den Zugang zum glücklichen Lande Tomgasuks, ihres großen Geistes, eröffnen, welche sich hier wacker bewährt haben. Wo im übrigen körperliche Wertschätzung vorherrscht, da kann selbstverständlich von einer feineren sittlichen Beurteilung nicht die Rede sein. Erst auf höheren Kulturstufen, wo priesterliche Spekulation einen maßgebenden Einfluß gewinnt, erhalten die Vorstellungen von der allmählichen Läuterung der Seele einen scharf ausgeprägten Charakter. Alle höheren Religionen, die ägyptische, wedische, altpersische usw., kennen diese Idee von der Vergeltung, von einem mehr oder minder peinlichen Gericht, das über die Toten abgehalten wird. Wie vor einem richtigen Gerichtshof werden Klage und Verteidigung geführt, alles gegeneinander abgewogen und dann das Urteil gefällt, so z. B. bei den alten Ägyptern und Persern. Unzweifelhaft ist dadurch ein bedeutungsvolles ethisches Moment in den Prozeß eingeführt, die Vergeltung mußte das Verantwortlichkeitsgefühl stärken und somit

pädagogisch fruchtbar wirken, wenn auch von keiner autonomen sittlichen Auffassung die Rede sein kann.

§ 9. Erlösung.

Obwohl erst auf den höheren Entwicklungsstufen, wie eben angedeutet, der eigentlich ethische Begriff einer Entsühnung mit dem entsprechenden Moment der Vergeltung zu vollem Ausdruck gelangen kann, so lassen sich doch auch schon früher die betreffenden Keime und Ansätze zu jener Entfaltung beobachten,

es fehlte ja auch sonst der organische innere Zusammenhang. Alle Opfer, der größte Teil des Kultus ist auf diesem fruchtbaren Untergrunde eines mehr oder minder drückenden Bewußtseins einer Verfehlung, eines Irrtums usw. erwachsen, so z. B. bei den Peruanern, wo sich geradezu christliche Anklänge nicht verkennen lassen. Im Buddhismus und Brahmanismus, in der christlichen Kirche führt das ganz von selbst zu einer förmlichen systematischen Ausbildung des Gedankens, zum offiziellen Dogma. Da die Lehre Gautamas die schärfste Konsequenz dieser Vorstellungen enthält und ebenso in der Ertötung des Individuums den Gipfel der Mystik darstellt, soll dieselbe hier in aller Kürze skizziert sein. Die höchste Seligkeit der Vollendung, nach der jeder echte Jünger zu streben hat, liegt nicht in der Tat, da diese als tatsächliche Handlung an der Welt des Begehrens haftet, sondern in dem Erkennen, das alle Willensregung überwindet durch die den ganzen Menschen von Grund auf umwandelnde Wahrheit, daß ich selbst dem eigenen Weltwesen, dem Atman gleich bin. Das ist das Stadium des Nirwana, wo das Bewußtsein und das Individuum, diese Quelle alles Leides erlischt, wo alles eitle Sehnen

Achelis, Abriß der vergleich. Religionswissenschaft.

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und Begehren sein Ende findet. Das ist die strengere esoterische Fassung dieses Begriffes, während die Auslegung für das gewöhnliche Volk gegenüber dem ausgeprägten Nihilismus an dem endämonistischen Moment der Seligkeit (aus begreiflichen Gründen) festhält. Ähnlich ist die brahmanische Moksha eine Befreiung von allen sinnlichen Fesseln und Hemmnissen; gegenüber dem Trugbild einer unendlichen Vielheit und Verschiedenheit der Dinge gelangen wir erst durch schärferes Nachdenken zur wahren Erlösung durch die befreiende Erkenntnis von der Einheit des Menschen und Brahma. Deshalb hört natürlich alles Begehren auf, das Manas (Wahrnehmung und Wille) löst sich völlig vom Objekt, oder wie es in den Upanishaden (philosophische und theologische Betrachtungen über das Wesen der Dinge, Kommentare gewissermaßen der Weden) heißt: Wer frei von Sinnwelthaftung

Sein Manas schließt im Herzen ab,
Und so zur Manaslosigkeit

Gelangt, der geht zum Höchsten ein.

(Deußen, Sechzig Upanishads des Veda, Leipzig
1897, S. 647.)

So lange hemme dein Manas,
Bis im Herzen es wird zu nicht,
Das ist Wissen, ist Erlösung,
Das andre ist gelehrter Kram.

Oder in etwas freierer Fassung:

oder:

Wenn alle Leidenschaft schwindet,
Die nistet in des Menschen Herz,
Dann wird, wer sterblich, unsterblich,
Schon hier erlangt das Brahman er,
Doch wer den Atman anschaute
Als Gott unmittelbar in sich,

Herrn des Vergang'nen und Künft'gen,
Der ängstigt sich vor keinem mehr.

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