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schreiben An den christlichen Adel deutscher Nation', das eigentliche Kriegsmanifest der Lutherisch-Hutten'schen Revolutionspartei. An Hus und Hutten sich anschließend, griff Luther darin alles bestehende Kirchenwesen in seinen Grundvesten an, und stellte Forderungen auf, welche die Zerstörung des ganzen hergebrachten Rechtszustandes bezweckten.

Ausgehend von der husitischen Lehre über das allgemeine Priesterthum, erklärte Luther, daß alle Christen priesterlichen Standes seien. Was aus der Taufe gekrochen ist,' sagt er, ‚das mag sich rühmen, daß es schon Priester, Bischof und Papst geweihet sei. Nur des Amtes halber sei ein Unterschied zwischen den Christen, das priesterliche Amt aber übertrage die Gemeinde, ohne deren Willen und Befehl' Niemand ein solches Amt an sich nehmen dürfe. Und wo es geschehe, daß Jemand erwählt zu solchem Amt und durch seinen Mißbrauch würde abgesezt, so wäre er gleich wie vorhin.' Hat ihn die Gemeinde abgesetzt, so ist ,er ein Bauer oder Bürger wie die andern; also wahrhaftig ist ein Priester nimmer Priester, wo er abgesetzt wird‘2.

Weil alle Christen Priester sind, so haben auch alle die Macht zu schmecken und urtheilen, was da recht ist oder unrecht im Glauben'; der Maßstab ihres Urtheils ist die hl. Schrift, die Jeder nach seinem gläubigen Verstand' auslegt. Keiner darf den Geist der Freiheit, wie ihn Paulus nennt, abschrecken lassen mit erdichteten Worten der Päpste', vielmehr,gebührt einem jeglichen Christen, daß er sich des Glaubens annehme zu verstehen und zu verfechten, und alle Irrthümer zu verdammen‘.

Das seines besonderen Priesterthums und seiner hierarchischen Ordnung entkleidete christliche Gemeinwesen, worin ein Jeder sich aus freier Schriftauslegung seinen Glauben bildet, ist der weltlichen Gewalt untergeordnet. Dieweil weltliche Gewalt von Gott geordnet ist, die Bösen zu strafen, und die Frommen zu schüßen, so soll man ihr Amt lassen frei gehen unverhindert durch den ganzen Körper der Christenheit, niemands angesehen, sie treffe Papst, Bischöfe, Pfaffen, Mönche, Nonnen oder was es ist;',was geistliches Recht dawider gesagt hat, ist lauter erdichtete römische Vermessenheit. besondere soll,das weltliche Schwert' dafür sorgen, daß ‚ein recht frei Concilium werde und falls der Papst ein solches wehren wolle, ,und bannen und donnern würde, sollte man das verachten als eines tollen Menschen Vornehmen und ihn in Gottes Zuversicht wiederum bannen und treiben, wie man mag'.

1 Sämmtl. Werke 21, 274-360.

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2 Maurenbrecher, Studien und Skizzen 342-347 hebt treffend hervor, wie Luther burch Proklamirung des allgemeinen Priesterthums und des Gemeindeprincips als Basis des neuen Kirchenthums den gesammten Zustand der Kirche bis in die Wurzeln angriff.

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Dieses von der weltlichen Gewalt, trotz des päpstlichen Widerspruchs, zu berufende Concil soll das Kirchenwesen von Grund aus neu ordnen und Deutschland von dem römischen Räuber', von dem schändlichen, teuflischen Regiment der Römer befreien. Nom sauge die Deutschen in einer Weise aus, daß wir uns verwundern sollten, daß wir noch zu essen haben'. Der Papst lebe in einer solchen Pracht, von dem Gute der Deutschen, daß er, ,wenn er nur spazieren reitet, bei drei- oder viertausend Maulreiter um sich hat, troy allen Kaisern und Königen'! Es wäre nicht Wunder, daß Gott vom Himmel Schwefel und höllisch Feuer regnete und Rom in Abgrund versenkte, wie er vor Zeiten Sodoma und Gomorra that.' ‚O edle Fürsten und Herren, wie lange wollt ihr euer Land und Leute solchen reißenden Wölfen offen und frei halten. Luther copirte nicht bloß 1, sondern er überbot noch die Sprache des Crotus Rubianus und Hutten in der Schilderung Roms, wo Alles mit Rauben und Stehlen, Lügen und Trügen so lästerlich sei, daß,nicht möglich ist dem Antichrist, so lästerlich zu regieren'. ‚Dieweil denn solches teuflisch Regiment nicht allein eine öffentliche Räuberei, Trügerei und Tyrannei der höllischen Pforten ist, sondern auch die Christenheit an Leib und Seele verdirbt, sind wir hier schuldig allen Fleiß vorzuwenden, solch Jammer und Zerstörung der Christenheit zu wehren. Wollen wir wider die Türken streiten, so lasset uns hier anheben, da sie am allerärgsten sind.'

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Von weltlicher Gewalt oder gemeinem Concilium' sollten inskünftig alle Geldsendungen nach Nom untersagt, alle päpstlichen Commenden und Reservationen aufgehoben werden; jedem Curtisan, der aus Italien herauskäme, solle ein ernster Befehl geschehen, abzustehen oder in den Rhein und das nächste Wasser zu springen und den römischen Bann mit Brief und Siegel zum kalten Bade zu führen. Die deutschen Bischöfe sollten fürder nicht mehr bloße Ziffern und Delgößen des Papstes sein; keiner dürfe in Nom das Pallium begehren und die päpstliche Bestätigung seiner Wahl nachsuchen; auch die vorbehaltenen Fälle des Papstes, und die Eide, welche die Bischöfe dem Papste zu leisten gezwungen worden, sollten abgethan, alle auf kirchliche Lehen oder Pfründen bezüglichen Sachen von dem Primat in Germanien mit Hülfe eines gemeinen Consistoriums geregelt werden.

Durch Vorschläge dieser Art hoffte Luther die deutschen Bischöfe, ins

1 Ueber den Einfluß von Crotus und Hutten auf Luther's Ansichten und Schreibart vergl. die Nachweise bei Kampschulte 2, 75–79. Aus Hutten's Flugschriften entnahm Luther auch, wie Kampschulte betont, einen Theil seines Stoffes. Was er über römische Habsucht schrieb, hatte er, wie er später erzählte, von einem Doctor Wick ,ausgekundschaftet. Vergl. Köstlin, Martin Luther 1, 336.

besondere den Erzbischof von Mainz als deutschen Primas, für seine Plane zu gewinnen; die kaiserliche Gewalt aber insbesondere noch dadurch, daß er die Einziehung des Kirchenstaates und die Aufhebung der päpstlichen Oberlehensherrlichkeit über Neapel in Vorschlag brachte; dem Adel sollten die Domstifte als Versorgungsanstalten für die nachgeborenen, Söhne vorbehalten bleiben.

Das kirchliche Leben betreffend, erklärte er, daß,Feiertage, Kirchenschatz und Zierden ärgerlich und schädlich seien; alle Feiertage müßten aufgehoben oder auf die Sonntage verlegt, die Jahrtage, Begängnisse ganz abgethan oder verringert; Capellen und Feldkirchen dem Erdboden gleich gemacht werden. Da durch die vielen gestifteten Messen, wie zu besorgen, Gottes großer Zorn erweckt würde, so sei ,es nützlich, derselben nicht mehr zu stiften, sondern der gestifteten viele abzuthun'. Alle Wallfahrten, welche Jemand,um guten Werkes willen unternehmen wolle, seien zu untersagen, ,wo er es aber aus Vorwith thäte, Land und Leute zu besehen, mag man ihm seinen Willen lassen! Auch die gebotenen Fasten müsse man aufheben. Die geistlichen Strafen: das Interdict, der Bann, die Suspension der Priester und dergleichen seien,als gräuliche Plagen und Jammer durch den bösen Geist in das himmlische Reich der Christenheit gebracht worden; die Verhängung des Interdicts vornehmlich sei eine größere Sünde, als wenn Jemand zwanzig Päpste erwürge'. Ueberhaupt müsse das geistliche Recht von dem ersten Buchstaben bis an den letzten zu Grund ausgetilgt werden, sonderlich die Decretalen'. Ist doch Alles, was das Papstthum hat eingesezt und ordinirt, nur gerichtet auf Sünde und Irrthum zu mehren.,Man sagt, daß kein feiner weltlich Regiment irgend sei, denn bei dem Lürken, der doch weder päpstlich noch weltlich Recht hat, sondern allein seinen Alkoran. So müssen wir bekennen, daß nicht schändlicher Regiment ist, denn bei uns durch geistlich und weltlich Necht, daß kein Stand mehr geht natürlicher Vernunft, geschweige der heiligen Schrift gemäß.“

,Gott gebe uns Allen,' sagt Luther am Schluß, einen christlichen Verstand und sonderlich dem christlichen Adel deutscher Nation einen recht geistlichen Muth, der armen Kirche das Beste zu thun. Jedoch nicht bloß auf den Adel, sondern scheinbar auch auf Kaiser Carl sette er damals noch volle Zuversicht: Gott hat uns, heißt es gleich im Eingange der Schrift, ein junges edles Blut zum Haupt gegeben, damit viel Herzen zu großer guter Hoffnung erweckt.' 1

1 Ju einem Briefe an Joh. Lange sagte Luther am 18. August 1520 über sein Sendschreiben: Libertate et impetu, fateor, plenus est, multis tamen placet, nec aulae nostrae penitus displicet. Ego de me in his rebus nihil statuere possum: forte ego praecursor sum Philippi, cui exemplo Heliae viam parem in spiritu

Mit allem Kraftaufwand suchte Luther überhaupt das deutsche Nationalgefühl gegen die,Wälschen aufzustacheln und für seine Sache zu verwerthen. Seiner Schilderung nach waren die Italiener mit allen nur möglichen Lastern behaftet, und dabei so hochmüthig, daß sie die Deutschen nicht einmal für Menschen ansähen.

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Gleichzeitig mit dem Sendschreiben an den deutschen Adel gab Luther eine gegen ihn erschienene Schrift des Sylvester Prierias über das unfehlbare päpstliche Lehramt mit Nandglossen heraus1. In dem Vorworte zu dieser Schrift nennt er das päpstliche Nom eine Synagoge des Satans, preist glücklich die Griechen und Böhmen, die sich von dem römischen Babylon abgesondert, verflucht Alle, die mit Rom noch Gemeinschaft haben.,Nun fahre hin, unglückliches, verkommenes, gotteslästerliches Rom, Gottes Zorn komme über dich, wie du es verdienet hast. Im Nachwort aber ruft er förmlich zum Religionskriege auf. Wenn die Naserei der Romanisten,‘ sagt er, ‚so fortfährt, so scheint mir kein anderes Heilmittel übrig zu bleiben, als daß der Kaijer, die Könige und Fürsten mit Gewalt der Waffen dazu thun, sich rüsten und diese Pest des Erdkreises angreifen, und die Sache zur Entscheidung bringen, nicht mehr mit Worten, sondern mit Eisen. Wenn wir Diebe mit dem Strang, Mörder mit dem Schwert, Kezer mit dem Feuer bestrafen, warum greifen wir nicht vielmehr mit allen Waffen diese Lehrer des Verderbens an, diese Cardinäle, diese Päpste und das ganze Geschwürm des römischen Sodoma, welche die Kirche Gottes ohne Unterlaß verderben, und waschen unsere Hände in ihrem Blut2.

et virtute, conturbaturus Israel et Achabitas.' Schon viertausend Exemplare der Schrift seien verkauft. Bei de Wette 1, 478.

De Juridica et irrefragabili veritate Romanae ecclesiae. Op. latina 2, 79-108. Jm Juni war die Schrift bereits im Druck, vergl. Luther's Brief an Spalatin bei de Wette 1, 154.

2,Mihi vero videtur, si sic pergat furor Romanistarum, nullum reliquum esse remedium, quam ut imperator, reges et principes vi et armis accincti aggrediantur has pestes orbis terrarum, remque non jam verbis, sed ferro decernant.' ‚Si fures furca, si latrones gladio, si haereticos igne plectimus, cur non magis hos magistros perditionis, hos cardinales, hos papas et totam istam romanae Sodomae colluviem, quae ecclesiam Dei sine fine corrumpit, omnibus armis impetimus, et manus nostras in sanguine istorum lavamus. pag. 107. Wie stimmt nun hiermit, wenn er am 16. Januar 1521 über Hutten an Spalatin schreibt: Nollem vi et caede pro Evangelio certari; ita scripsi ad hominem! Er fügt hinzu und hierdurch löst sich das Räthsel: mitto etiam epistolam meam ad principem' den Kurfürsten Friedrich von Sachsen (bei de Wette 1, 543), der mit Hutten und dem von diesem beabsichtigten Religionskrieg Nichts zu schaffen haben wollte. Luther schickte deßwegen die Antwort, welche er an Hutten gegeben hatte, bemerkt Meiners, Lebensbeschreibungen 3, 278,,an Spalatin, damit dieser sie dem Kurfürsten vorlegen und ihn

Für solche Ausbrüche ungezügelter Leidenschaft findet man nur eine Erklärung in einigen vertraulichen Aeußerungen Luther's gegen seine Freunde. In einem Briefe an Johann Lange vom 18. August 1520 schreibt er: ,Wir sind hier überzeugt, daß das Papstthum der Sitz des wahren und wirklichen Antichristes ist, und halten dafür, daß uns zur Hintergehung und zum Verderben desselben, um des Heiles der Seele willen, Alles erlaubt ist. Ich bin meiner nicht mächtig, gesteht er in einem andern Briefe, getrieben, ich weiß nicht, von welchem Geiste.2

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,Es ist jetzt die Zeit euerer Heimsuchung gekommen, ihr werthen Deutschen, schrieb Hieronymus Emser gegen Ende des Jahres 1520,,darin euch Gott einmal sonderlich heimsuchen und bewähren will, wie getreu und fest sich ein Jeder bei seinem heiligen Glauben und der christlichen Kirche erzeigen werde. Bisher, ein besonders und ewiges Lob der Deutschen, ist nie erfahren, daß einig deutscher Kaiser, König, Fürst oder Commune, nachdem sie den christlichen Glauben erstlich angenommen, wieder davon abgefallen oder zu Keßer worden wäre, als der andern Nationen Fürsten, Könige und Kaiser, die sich durch etliche Kezer so jämmerlich haben verführen lassen, daß sie von dem Glauben Christi abtrünnig worden, die Abgötter angebetet, Kirchen und Klöster zerstört, die Geistlichen: Priester, Bischöfe und Päpste verfolgt, vertrieben und getödtet haben', ‚der eine da, der andere dort, wie das die Chroniken glaubwürdig anzeigen'. ‚Dazu sind auch gånze Landschaften, Kaiserthume und Königreiche, zu der Zeit ihrer Heimsuchung, aus Fürwig fremder und neuer Lehre und Verstockung ihrer Sünden von dem heiligen Glauben abgetreten. Es haben sich von dem

überzeugen möchte, daß Luther ganz in den Gesinnungen seines Herrn an Hutten ge= schrieben habe. In einem Briefe an Staupit vom 9. Februar 1521 spricht Luther mit Freude von Hutten's Thätigkeit. Bei de Wette 1, 558. Am 13. November 1520 billigte er Hutten's mörderische Anschläge auf das Leben der päpstlichen Legaten. ,Gaudeo Huttenum prodiisse, atque utinam Marinum aut Aleandrum intercepisset.' Bei de Wette 1, 523. Die Briefe Luther's an Hutten sind verloren gegangen. Cochläus hatte sie gesehen. Vidimus,' schreibt er,,certe cruentas ejus litteras ad Huttenum. Otto 121 Note.

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1,Nos hic persuasi sumus, papatum esse veri et germani illius Antichristi sedem, in cujus deceptionem et nequitiam ob salutem animarum nobis omnia licere arbitramur. Bei de Wette 1, 478.

2 Compos mei non sum, rapior nescio quo spiritu, cum nemini me male velle conscius sim. Im Januar oder Februar 1521. Bei de Wette 1, 555.

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