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und die Uebernahme irgend eines Amtes, welches ihm mit bestimmten Pflichten. auch einen bestimmten Unterhalt geboten, wies er als unverträglich mit seiner Unabhängigkeit weit von sich, aber er fand es nicht unter seiner Würde, Prälaten, Fürsten, Grafen und Herren, oft unter Schmeicheleien. niedrigster Art, um Pensionen und Geldgeschenke anzubetteln und sich durch lobhudelnde Zueignungsschriften den klingenden Dank reicher Leute zu verdienen. Derbe Zurechtweisungen, die er wegen gehässiger Bettelhaftigkeit“ sich zuzog, thaten seinem Erwerbseifer keinen Eintrag. Schließlich waren seine Vermögensverhältnisse so günstig gestellt, daß er jährlich die nach damaligem Geldwerthe außerordentliche Summe von sechshundert Ducaten verausgaben konnte und außer einem „fast königlichen Schatz' an goldenen und silbernen Bechern und kostbaren Münzen nicht weniger als siebentausend Ducaten hinterließ. Meine Schränke, freute er sich, sind gefüllt mit Geschenken an schön gearbeiteten Pocalen, Flaschen, Löffeln, Uhren, deren einige aus gediegenem Gold; die Ninge lassen sich kaum zählen.'1 Charac= teristisch unter seinen Bettelbriefen ist besonders einer, durch den er die Marquise von Weere, welche ihm bereits eine jährliche Pension ausgesetzt hatte, heimzusuchen beabsichtigte. Die Dame sollte ihm nicht bloß eine geistliche Pfründe verschaffen, sondern auch durch Geldspenden Beihülfe leisten zu der von ihm beabsichtigten Wiederherstellung der wahren Theologie" 2. Suche der Marquise zu zeigen, ermahnte er einen Freund, wie viel größer der Ruhm sein müsse, an dem meine Schriften ihr einen Antheil gewähren, als der aller anderen Theologen, die sie unterstützt; denn die Predigten dieser Theologen sind Altagsgewäsch, ich aber schreibe für die Ewigkeit; jene werden mit ihren ungelehrten Reden nur von Einzelnen gehört, meine Schriften dagegen werden von Lateinern und Griechen und allen Völkern

1 Ueber seine Pensionen und Geschenke und Ausgaben vergl. die Briefe bei Vischer 8–15. 33–34. Heß 1, 190, 281. Müller 217. Drummond 2, 268. Nachdem er einmal im Jahre 1504 für eine in Brüssel gehaltene Schmeichelrede auf den Erzherzog Philipp den Schönen ein Geschenk von fünfzig Goldgulden empfangen und wenige Monate später den Erzherzog wiederum anbetteln ließ, erhielt er eine geringfügige Summe als Almojen. Pour Dieu et en aumosne' schenkte ihm Philipp ,une somme de dix livres, de quarante gros monnaie de Flandre la livre. Nève 7-8. Colet schrieb ihm im Jahre 1513 über seine,odiosa mendacitas': Si humiliter mendicaveris, habeo aliquid'... Er selbst meldete in demselben Jahre: Ab N. satis audacter petii, at ille impudenter rogantem, impudentius repulit' . . . Op. 3, 1524, App. ep. 4 und 3, 132 ep. 150. Vergl. Heß 1, 169-170. Ueber seinen Nachlaß schrieb sein Freund Amorbach: ,sunt qui illum circa septena millia aureorum (ne dicam plus) reliquisse ferunt. Reliquit aureorum et argenteorum poculorum fere regium apparatum.' Krafft, Briefe und Documente 75. Ueber das Dedicationsunwesen vergl. Müller 181. Geiger, Reuchlin 335–336.

2,Ut vera theologia instauretur.'

der Erde gelesen werden; Leute wie jene gibt es überall in unzähliger Menge, ein Erasmus dagegen wird in vielen Jahrhunderten nicht wieder gefunden.' 1

Das literarische Schweifwedeln vor Fürsten und Vornehmen, um Gunst und Gaben zu erwerben, das Unwesen der ekelhaft schmeichlerischen Zueignungen auch der unbedeutendsten Schriften an hohe Gönner kam durch Erasmus bei der jüngern Generation der Humanisten ziemlich allgemein. in Gebrauch, nicht minder aber vererbte sich auf dieselben jene maßlose Eitelkeit und Selbstüberschätzung, die bei Erasmus schon in früher Jugend hervortritt und bis in's Alter ihm eigen blieb. Dieses eitle Wesen wurde durch die Lobeserhebungen genährt, welche ihm ebenfalls schon in früher Jugend zu Theil wurden und ihn der Art verblendeten, daß er sein Urtheil in allen Dingen für maßgebend erachtete und in einer oft komischen. Reizbarkeit und Empfindlichkeit aufbrauste, wenn dieses irgendwie angefochten wurde oder wenn seine Schriften gar Tadel und Widerlegung erfuhren. Seinem Talente ausgesuchter Schmeichelei 2 gegen Verehrer und Gönner erwies sich in solchen, besonders in den letzten Jahrzehnten seines Lebens häufigen Fällen, eine leidenschaftliche Vosheit gegen Anfechter und Widersacher als vollkommen ebenbürtig. Er häufte gegen diese Beschuldigungen auf Beschuldigungen; führte die wider ihn gerichteten Angriffe nicht bloß auf völlige Unwissenheit, sondern auf absichtliche Verhärtung gegen die Wahrheit zurück, und bediente sich überhaupt ohne Unterschied aller Waffen, um den Gegner sowohl als Schriftsteller wie als Menschen zu vernichten. Sogar die Drucker der gegnerischen Schriften mußten unter seinen Verfolgungen leiden. So erklärte er einmal den Straßburger Drucker Schott, aus dessen Officin eine Schrift gegen ihn hervorgegangen, für einen wüthenden Drachen und ärgsten Bösewicht, dessen Schandthat größer sei als die eines Räubers, Mörders und Ehebrechers 3. Wer gegen ihn auftrat, galt in seinen Augen an und für sich als Uebelthäter, wider den ihm die Hülfe der obrigkeitlichen Gewalt zur Seite stehen müsse. Unter den italienischen Humanisten war die Lästersucht längst Mode geworden; Erasmus trug durch sein Vorgehen viel dazu bei, daß sie auch in Deutschland in Aufnahme kam und als selbstverständlich und ehrbar angesehen wurde.

1 Op. 3, 86 ep. 94. Vergl. auch Heß 1, 98–102.

Da

2 Zu seinen geschmacklosesten Schmeichelbriefen gehört einer an Papst Leo X., von dem er unter Anderm sagt: qui quanto ceteri mortales pecudibus antecellunt, tanto ipse mortales universos majestate superat' u. s. w. Vergl. Heß, 1, 217. ist es doch in Bezug auf seine flattery schwer mit Drummond 2, 345 zu sagen: His letters in this respect are models of good taste.'

3 Vergl. Heß 2, 266.

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Man handelte nach dem Wahlspruch des Laurentius Valla: der Streit mag schändlich sein, aber dem Gegner zu weichen, erscheint noch schändlicher. Nur in Einem Punkte übertraf Erasmus seine italienischen Vorbilder. Diese schimpften und lästerten, aber sie hielten sich frei von frömmelnden Redensarten, in die Erasmus, nachdem er dem Gegner den Dolch in's Herz gestoßen, sich nicht selten einhüllte.

Erasmus übte auf seine Zeit eine großartige Einwirkung aus 2. Die Mannigfaltigkeit seiner Kenntnisse fast auf allen Gebieten damaligen Wissenz war ungewöhnlich; die Nastlosigkeit und Vielseitigkeit seines Schaffens erregt Erstaunen; seine kunstvolle Beherrschung der lateinischen Sprache, die Beweglichkeit und Fruchtbarkeit seines Stiles wurde nur von Wenigen erreicht. Er war ein Mann von universalem Blick und schlagendem Worte. Seine eigentliche Bedeutsamkeit liegt gerade darin, daß er die verschiedensten Nichtungen der Literatur in sich wie in einem Brennpunkte vereinigte 3. Er besorgte neue Ausgaben von lateinischen, Uebersetzungen von griechischen Classikern, Ausgaben und Uebersetzungen von Kirchenvätern, Ausgaben und Erklärungen der Bibel, schrieb allerlei Schriften philosophischen, theologischen, pädagogischen, satirischen Inhalts. Geistige Tiefe aber besaß er nicht; gründliche Forschungen stellte er selten an, vielmehr ging er mit reißender Eile über seinen Stoff hin und gestand oft selbst, daß er seine Gedanken mehr ausgieße als ausarbeite, und daß es ihm leichter werde ein Buch zu schreiben, als das Geschriebene durchzusehen und daran zu bessern. Daher seine häufigen Widersprüche und die vielen Ungenauigkeiten und Flüchtigfeiten, die ihm seine Gegner mit Recht zum Vorwurfe machten. Am gewandtesten handhabte er die Waffen des Spottes, der Fronie und der boshaften Satire, worin er seinen ,ersten Lieblingsschriftsteller Lucian zum Vorbild genommen hatte. Männliche Charakterwürde, Wärme des Gemüthes, Opferfreudigkeit, Vaterlandsliebe treten in seinen Werken eben so wenig wie in seinem Leben hervor. Er war ein kalter Egoist. In der Selbstschätzung der unsterblichen Bedeutung seiner Person lag der Schwerpunkt seines Wesens und Wirkens 5. Erasmus, heißt es ganz zutreffend in einem

1 Vergl. Voigt 427.

2 Man kann diese nur vergleichen mit derjenigen Voltaire's im achtzehnten Jahrhundert. Man hat Erasmus wohl den Voltaire der Renaissance genannt. Die Schattenseiten seines Nachbildes waren freilich viel düsterer.

3 Hagen 1, 256. Kahnis 1, 37.

Stellen.

Vergl. Müller 220-224 und die dort aus den Briefen des Erasmus citirten

5 Hans Holbein's im Museum zu Basel vorhandenes Portrait des Erasmus zeigt den Kritiker, Sceptiker und Satiriker in trefflicher Characteristik. Sein calculiren

satirischen Gesprächbüchlein' jener Zeit, ,war gleich so klein, ja viel kleiner von Gemüth, denn von Person und Leib.1

Als ächter Stubengelehrter besaß er kein Verständniß des Volkes und ging auf seinen vielen Reisen durch England, Italien, Frankreich und anderwärts niemals auf eine unmittelbare Anschauung des Volkslebens aus. Selbst den unwillkürlichen Einfluß der lebendig auf ihn einwirkenden Umgebung wehrte er, so viel er konnte, von sich ab. In lächerlicher Eitelkeit rühmt er sich, vom Italienischen eben so wenig zu verstehen als vom Indischen, und auch der deutschen, französischen und englischen Sprache unkundig zu sein 2. Um nicht die Reinheit und Eleganz der guten Latinität zu verlieren und um sein ganzes Denken zu latinisiren, wies er jede lebende Sprache als verderblich, oder als zu gemein zurück. Auch hierin wurde er Vorbild der jüngeren deutschen Humanisten, welche, im Gegensatz zu der ältern Schule, ihre Muttersprache als eine altfränkische, barbarische verachteten und verspotteten, sich um die deutsche Literatur nicht kümmerten, und deßhalb dem Volk als eine eigene abgesonderte Kaste gegenübertraten.

Während aber Erasmus in selbstgefälliger und gespreizter Stuben= gelehrsamkeit mit seinem ganzen Leben, Sinnen und Denken dem Volke gänzlich fern stand, trug er doch keine Scheu, die fromme Andacht des Volkes in liebloser und unedler Weise zu bespötteln, zu verhöhnen und zu verzerren3. Die seinem sceptischen und frivolen Sinn ganz unverständliche Volksandacht gab er für Aberglauben aus, über den ein frei denkender Geist erhaben sei. Er selbst aber war so abergläubisch, daß er aus astrologischen Wahngebilden die Gründe kennen lernen wollte, weßhalb in seiner Zeit so viele Streitigkeiten vorhanden seien 4.

des, ängstliches, klugfurchtsames Wesen ist meisterhaft vorgeführt. Von Kühnheit, Feuer, Energie ist keine Spur in dieser Erscheinung. Vergl. Woltmann, Hans Holbein 1, 273. Aus dem Wesen des Erasmus erklärt sich leicht, daß ein Character wie Beatus Rhenanus, troß seiner freundschaftlichen Verbindung mit demselben, in dessen Biographie sich zu keiner Wärme des Gefühls erheben kann und nur selten ein lebendiges Interesse für die Persönlichkeit des Geschilderten zeigt. Vergl. Horawit über die Biographie. des Erasmus von B. Rhenanus in den Sizungsberichten der philos-histor. Klasse der Wiener Academie der Wissenschaften 72, 372–375. Selbst bei dem Tode eines Albrecht Dürer zeigte Erasmus eisige Gleichgültigkeit. Vergl. Thausing, Dürer, Geschichte seines Lebens 497-498. Von dem, was Erasmus in einem Briefe an Colet über sich selbst aussagt, nämlich er sei,simplex, apertus, simulandi ac dissimulandi juxta ignarus' (Op. 3, 40 ep. 41), traf in Wirklichkeit ziemlich das Gegentheil zu.

1 Vergl. Heß 2, 123. 2 Vergl. Müller 196-197. Nève 21-23.

3 Kerker 562 hat mit einem tiefen Gefühl der Entrüstung darauf hingewiesen. 4 Vergl. seine Briefe Op. 3, 405, 427 ep. 380, 403. In einem Briefe vom 29. Mai 1527 Op. 3, 983 ep. 868 preist er das Glück der Astrologen,qui ex astris

Als die eigentliche Absicht aller seiner Arbeiten bezeichnete Erasmus: er wolle dem Studium der classischen Bildung, den schönen Wissenschaften aus allen Kräften aufzuhelfen suchen, und denselben durch Verbindung mit den theologischen Studien ein christliches Ansehen verschaffen; er wolle für die Ausbreitung der Philosophie Christi', für die Wiederherstellung der ,wahren Theologie' thätig sein und sich hierzu als Beihülfe der humanistischen Studien bedienen. Mit anderen Worten: er wollte nach dem Vorbilde seines zweiten Lieblingsschriftstellers' Laurentius Valla durch den Humanismus das theologische Studium reformiren, durch die grammatischen und rhetorischen Studien eine Umgestaltung der Theologie bewirken. Darin aber lag gerade das Gefährliche und Verderbliche seiner Nichtung. Denn die von ihm bezweckte Umgestaltung der Theologie sollte sich nicht etwa bloß auf die Form der Sprache und des Lehrvortrags, sondern auf ihren Geist und ihren Inhalt erstrecken; humanistische Rhetorik sollte an Stelle der speculativen Untersuchungen, und an Stelle der festbegrenzten dogmatischen Lehrverfassung eine dehnbare und vieldeutige gesezt werden. Will man," - schrieb er, Friede und Eintracht, die Summe unserer Religion, erreichen, so muß man möglichst wenige dogmatische Bestimmungen treffen und in vielen Dingen einem Jeden sein freies selbsteigenes Urtheil erlauben.'1

Der von ihm als Jdeal gepriesenen dehnbaren und vieldeutigen TheoLogie diente er in seinen Schriften und Briefen zunächst durch eine so vieldeutige, in verschiedenen Zeiten verschiedene, nach Absicht und persönlichem Bedürfniß in allen Farben schillernde Sprache, daß die positivsten und negativsten Geister, Katholiken, Häretiker und Nationalisten sich auf bestimmte Aussprüche von ihm berufen können. Mit vollem Recht sagte Luther über seine Wankelworte': ,wenn man meint, er habe viel gesagt, so hat er nichts gesagt; denn alle seine Schriften kann man ziehen und deuten wie und wohin man will.2 Er beschäftigte sich mit theologischen Fragen mehr im

norunt sibi dies et horas fortunatas eligere. Auch die italienischen Humanisten waren, je mehr sie den lebendigen christlichen Glauben verloren, allem möglichen Aberglauben zugänglich. Vergl. Burckhardt, Renaissance 410-422.

1 Vergl. Kerker 541 fll. Heß 1, 461. Drummond 2, 182. Erasmus rühmt sein Unterfangen mit den Worten: Theologiam nimium ad sophisticas argutias delapsam, ad fontes ac priscam simplicitatem revocare conatus sum'. . . ,ad puriorem Christianismum orbem ceremoniis pene Judaicis indormientem expergefeci.' Op. 3, 1727 App. ep. 345.

2 Vergl. Heß 2, 453.,Le oui et le non, le pour et le contre, se heurtent dans ses écrits', erörtert ganz richtig Durand de Laur 2, 546. Comme écrivain religieux trois choses lui ont manqué, la fermeté et la vivacité de la foi, la rigueur de l'esprit théologique, les élans du mysticisme chrétien qui ravissent l'âme et l'unissent à Dieu. 2, 561. Ueberhaupt gehören die Abschnitte, worin der Verfasser den Erasmus als theologischen Schriftsteller behandelt, zu den besten des Werkes.

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