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II. Aufwiegelung des Volkes durch Predigt und Presse.
Presse.

1521-1523.

Der zur Zeit des Wormser Reichstages erwartete,große Brand' wurde noch nicht entzündet, aber die Aufwiegelung des Volkes durch umherreisende Prädicanten, theils Weltgeistliche oder ausgesprungene Mönche, theils Laien, und durch eine massenhafte revolutionäre Literatur dauerte trotz des Wormser Edictes ununterbrochen fort. Unbehindert konnten in den meisten deutschen Gebieten die grimmigsten Zorn- und Lästerreden und Lästerschriften ver= breitet werden. Insbesondere wurde auch das Landvolk in die Bewegung hineingezogen und zur gewaltsamen Zerstörung der bestehenden Zustände aufgestachelt. Der gesammte Clerus, vom Papste angefangen bis zum letzten Bettelmōnche, sowie jede Vorschrift und Uebung der alten Kirche wurde in der rohesten, unfläthigsten Weise beschimpft und verhöhnt; in den Trinkstuben, in den Bädern, auf dem Markte, auf freiem Felde zogen,zahlreiche Leute los gegen die Pfaffen, die Diener Lucifer's, des höllischen Drachen, und ihr ganzes schändliches sodomitisches Gaukelwerk mit Heiligen und Gößen, Beichten und Beten, Zehnten und Zinsen'. Nicht minder stellte man dem Volke auch die Schindereien der hohen weltlichen Herren als ,fürder ganz unerträglich' hin1.

Einer der einflußreichsten Prädicanten und Flugschriftenschreiber war der ehemalige Franziscanermönch Johann Eberlin von Günzburg, der sich in der Schweiz, in Schwaben, Bayern, Sachsen und anderwärts aufhielt und mit Mund und Feder das neue Evangelium verkündete. Unter einem Pfaffen, sagte er, verstehe man einen heillosen, gottlosen Menschen, faul, geizig, häderisch, zänkisch, ehebrecherisch'; der Zorn Gottes breche aus über die Pfaffen und es sei ein Wunder, wenn das Volk sie nicht steinige. Mönch und Pfaffen haben mit Sorg und Angst, Tag und Nacht nachgedacht, wie sie uns betrügen möchten, dieweil wir Sorg und Angst gehabt haben, um unsere Leibesnahrung für uns, unser Kind und Gesind, und auch daß wir

1 Man vergl. die Auszüge aus Predigten und Flugschriften bei Hagen 2, 155 bis 227, und Baur, Deutschland in den Jahren 1517-1525.

uns nicht hätten versehen, daß unsere Seelsorger und Heiligenfresser unter einem guten Schein eine solche Seelenmörderei uns zugerichtet hätten.‘ Durch die Lehren der hohen Schulen und Bettelmönche seien die Deutschen. ,ärger geworden denn Heiden, und ärmer denn Bettler'. Von dem Stifter des Ordens, welchem er ehemals angehört hatte, dem hl. Franciscus, schrieb Eberlin, er sei entweder ein Narr gewesen, dem man mit guten Kolben lausen, oder ein Bub, den man des Landes verjagen soll. Man werde zwar sagen, es seien,viel heilige Leute in seinem Orden gewesen; aber ein böser Baum trägt keine guten Früchte; sie waren nur Lockmeisen des Satans, von dem die Regel jedenfalls herrührt'. O Mutter, rief er in einem Sendschreiben an die Stadt Ulm aus, die du dein Kind in ein Kloster lässest, härter als Stein, Löwin, Wölfin, ja Medea, Vater mehr als Mörder, Freund ärger als Feind, Mitbürger ärger als Landesfremder, Christ mehr als Antichrist! O Mutter, hättest du dein Kind in der Wiege erwürgt, denn es muß doch nur flagen wie Hiob und Hieremias über den Tag seiner Geburt; denn im Kloster steckt es dem Antichrist im Hals. Wo Mönche sind, da sind des Teufels Kriegsknechte. Man solle die Mönche, verlangte er, als Unterdrücker des göttlichen Wortes,aus Stadt und Land jagen, ja der weltliche Potestat soll sie um solch unablässiger öffentlicher Lästerung Gottes willen gar erwürgen, so käme man diese elenden, erbärmlichen Heiligenfresser los'. Luther habe genug gelehrt, daß man die Welt von den Klosterschweinen befreien solle'. Alle Geweihten, Mönche, Nonnen und Pfaffen, bekräftigte er an einer andern Stelle, sind gezeichnete Teufelsangehörige und eben darum Gottes Verfluchte und wie Ahab verkauft dazu, Böses zu thun. Ein Mohr mag eher weiß werden, als ein Mönch Gutes thun. Alle Weihungen sind Larven der Verführung, die man durch Gottes Wort und durch ordent liche Gewalt des Schwertes abthun soll. Alle Bischöfe und Priester müßten heirathen, denn ,Gott habe den chelichen Stand geboten und von diesem Gebot die Pfaffen nicht ausgenommen. Dem gemeinen Nußen unchristlich und schädlich' seien die Bischöfe, welche die Pfaffen am ehelichen Stande hindern. Eine Schrift, worin er dieß nachzuweisen versuchte, ließ er mit einer Titelvignette schmücken, auf der unter Musikbegleitung drei Paare eingesegnet wurden: ein Mönch und eine Nonne, ein Mönch und eine Weltdame, ein Bischof und eine Weltdame.

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Ueber die zu gottesdienstlichen Zwecken errichteten Gebäude lehrte Eberlin: die Kirche ist das nicht von Gott, sondern von der Gemeinde zu ihren christlichen Versammlungen bestimmte Haus. So einer Gemeinde nicht mehr gefällt ein solches Haus, mag man es wol fürhin gebrauchen als Kaufhaus, Badhaus, Brodhaus, Fleischhaus ohne alle Scrupel. Das ist ein Anfang alles Uebels und eine große List des Teufels, daß er uns verblendet hat, Gott wolle ein Haus von uns haben, und uns also von Christo und seinem

Geist auf den Pracht dieser Welt gezogen hat, so doch Christus sagt: mein Reich ist nicht von dieser Welt. Durch die Kirchen und Kirchenzierden, Altäre, Bilder und Glaswerke käme das Geld aus dem Lande. Nicht genug, daß man mit einer Kirche so unjägliche Unkosten hat, jedes kleine Dorf muß deren zwei oder drei haben, und an allen Wegen müssen wir Capellen haben, ja jeglicher Bauer will ein Heiligen Häuslein bei seinem Weingarten oder Acker haben.',Euere frommen Eltern,' versicherte er den Ulmern bezüglich ihres Domes, sind verführt worden, eine so köstliche Kirche zu bauen, darüber viel Geld drauf gegangen ist und noch drauf geht jährlich, daß man besser den Armen als den Abgöttern von Tempeln gäbe. Ein Haus zur Erbauung zu haben, ist nicht unrecht; aber Gott hat nicht mehr Gefallen daran, als an einem Badhaus, Waghaus oder Rathhaus. Möchte Gott euch den Sinn geben, alle eure marmelsteinernen Kirchen abzubrechen und einen lustigen Spital oder Häuser für arme Leute zu bauen aus den Steinen. Ich wollte gern, der Hagel zerschlüge die Kirchen, und wollte helfen eine neue bauen ohne Gemälde, köstliche Zierden und Meßgewänder. Gehet lieber in Seide und Sammt, Gold und Silber zu Markt oder Tanz, als daß der Pfaff darin Gözendienst treibt."

Es sei nicht nothwendig, belehrte Eberlin die Bauern, daß jegliches Dorf einen eigenen Pfaffen habe'. ‚Unsere Vorfahren in Deutschland sind viele hundert Jahre Christen gewesen, und hatten oft zehn oder zwölf Dörfer nur einen Pfarrer. Wenn dich dein Gewissen nagt, so suche Rath und Trost bei einem vertrauten, frommen Christen; kannst du keinen Pfaffen haben, so nimm einen Laien; ist's kein Mann, so ist's ein Weib, es sei im Leben oder im Sterben. Leide eher den Tod, als daß du dich zur Beichte treiben lässest. Lasse dir genügen am Feiertag zur Kirche zu gehen; kannst du nicht kommen, so laß dir am Glauben genügen. Kannst du an deinem Tod das Sacrament nicht haben, so genügt deine Begierde dazu. Besonders solle man die Messereipfaffen abstellen'; die Messe sei eine Gotteslästerung, als ob man das Sacrament in ein Privatlin oder in einen Saustall würfe'. In einer Abhandlung über die Reformirung geistlichen Standes' ging er sogar so weit zu verlangen, daß ,bei Verlust des Kopfes' dem Volke kein anderes Gebet mehr gelehrt werden dürfe, als „das Vater Unser und das Credo, und zwar das Apostolicum und nicht das Athanasianum'.

In einer neuen Ordnung weltlichen Standes machte Eberlin schon im Jahre 1521 zur socialen Umbildung des Gemeinwesens unter Anderm folgende Vorschläge. Keine ehrliche Arbeit oder Nahrung soll sein, denn der Ackerbau; keine fremden Waaren, außer zu großer Leibesnoth, dürfen eingeführt werden'; sogar die Einfuhr von Korn sei nur im Falle äußerster Noth gestattet; keine kaufmännische Genossenschaft, welche mehr als drei

Mitglieder zähle, dürfe geduldet werden. Gewild, Vögel und Fisch soll Jedermann gemein sein, für seine Noth zu fahen, wer es vermag; Holz soll Jedermann gemein sein zu hauen; doch nüßlich.“ Für einen halben Pfennig soll man so viel Brod geben als ein starker Mann auf einen Imbiß essen mag; ein Maß Wein soll um einen Kreuzer gekauft werden, und das Maß soll so groß sein, daß zwei Menschen auf einen Imbiß genug haben, die vernünftig trinken wollen. Jede Beamtung, auch die des Königs, soll durch allgemeine Wahl besetzt werden; in allen Räthen sollen gleich viel Edelleute und Bauern, in feinem aber darf ein Geistlicher sizen. Wer unter hundert Gulden besigt, hat keine Steuern zu entrichten, wer mehr hat, zahlt jede Woche einen Heller. In den Städten darf mit Ausnahme der zum gemeinen Nuß bestimmten Gebäude kein übermäßig köstlich Haus gebaut werden; Jeden, welcher überflüssiger zehrt, als sein Vermögen geachtet wird, soll man bei einem Eid dem Oberen anzeigen. Alle Männer sollen bei großer Strafe lange Bärte tragen; Keiner soll sein Angesicht glatt haben wie ein Weib; keinen Bart zu tragen, soll eine Schmach sein. Für öffentliche Anstalten darf Keiner etwas in seinem Testamente vermachen. Die weltliche Obrigkeit besorgt die Armenpflege und führt einen zwangspflichtigen und unentgeltlichen Schulunterricht ein, für den Eberlin folgenden merkwürdigen Schulplan entwirft. Alle Kind, Mägdlin und Knäblin, soll man im dritten Jahr ihres Alters zur Schule thun bis sie acht Jahre alt werden. Den Schulen soll von gemeinem Seckel Versehung geschehen. In den Schulen soll man die Kinder lehren das christliche Gesetz aus dem Evangelio und aus Paulo, ferner Latein und Deutsch gleich gut verstehen, Griechisch und Hebräisch obenhin ein wenig lesen und verstehen; dazu Saitenspiel; die Kunst des Messens, Rechnens und Sternkennens; endlich Kräuterkunde und die Kenntniß der gewöhnlichen Arzneien wider gemaine Krankheiten. So ein Kind acht Jahre alt ist, mag man es zu einem Handwerk thun, oder aber länger studiren lassen.'

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‚Es ist so, als wenn die Welt närrisch wäre worden und schwärmerisch,‘ sagte mit Bezug auf solche Vorschläge der Verfasser der Klage eines einfeltig Klosterbruders', so viel wunderliche Phantasten stehen auf und bilden den Leuten Wunderliches ein, welches sie all lernen können und müssen. und erhitzigen dadurch die Köpfe und schwellen sie auf mit unsinnigem Fürschlagen; machen sie toberisch, daß es wol zu klagen ist.' 1

In den höheren Schulen, verlangte Eberlin, dürfe keine Philosophie mehr gelehrt, kein Scholasticus Doctor fürhin gelesen werden, dann allein zur Verachtung; alle Pfaffen Gesetz oder Decretale sollen öffentlich verbrannt werden. In allen Sachen dürfe keine Obrigkeit, weder in der Stadt

1 Bl. C.

noch auf dem Lande, fürder Gewalt haben etwas zu thun ,ohne Hülfe und Rath derer, welche vom Haufen der Unterthanen dazu gesezt oder geordnet sind'. Alle alten kaiserlichen und Pfaffenrechte thun wir ab. Jeglicher soll gemeine Rechte wissen, und daß Jeglicher wisse sein Billiges und Unbilliges; kein Jurist, kein Fürsprecher soll fürhin sein."1

1 Vergl. Kurz, Einleitung zu Murner's Gedicht vom großen lutherischen Narren IX-XXVII. Hagen 2, 167–169. 226. 309. 334. Riggenbach 44. 58-77. 88-96. 99. 105. 124-125. 148. 184-186. Mit Eberlin's Vorschlägen bezüglich dessen, was alles ein Kind bis zum achten Jahre lernen soll, stimmt nicht, wenn er an anderen Stellen seiner Schriften sagt: Luther und Melanchthon hätten den Wunsch, daß ihre und aller Lehrer Bücher verbrannt würden und die Christen allein bei der Bibel blieben. Und das ist wahr. Jeder mag es abnehmen, wie kleiner Nußen aus der Lehrer Bücher erwächst; so Jeder des Andern Meinung verwirft und doch selten eine bessere darthut, werden auch die Leser uneins darüber, eitel und öde. Lies Originem, Hieronymum und Andere, was findest du anders als Blumen der Worte, menschlichen Tand! Chrysostomus hätte einen besseren Marktrichter gegeben als einen Kirchenlehrer, Augustinus hat so lange geschrieben, bis daß er gezwungen ward, seine eigenen Schriften an vielen Orten zu widerrufen. Gregorius hat von sittlichen Dingen geschrieben viele Bücher voll; welcher zehn Blätter in der Biblia betrachtet, und dabei im Glauben den Geist läßt seinen Expositor und Lehrer sein, findet mehr als in allen Büchern Gregorii. Wie viel hat Boetius von der heil. Dreiheit geschrieben? Die Christenheit bestände auch ohne dies. Ein christgläubiges Herz läßt sich an der Biblia genügen und lernt von menschlichen Künsten nur so viel, als ohne große Arbeit und ohne viel Zeit gelernt werden kann. Riggenbach 137–138. Später kam Eberlin, wie sich aus Riggenbach's Schrift des Nähern ergibt, von vielen seiner Verwunderlichkeiten und Maßlosigkeiten zurück. ,Es war Vielen seltsam,' schrieb er über seine spätere Wirksamkeit als Prediger, ‚daß ich lehrte, daß mehr zu einem Christen gehört, als Pfaffenschelten, Fleisch essen, nicht opfern, nicht beichten. Ich tadelte auch des losen, evangelisch genannten Haufens Fressen, Saufen, Huren, Wuchern, Fluchen, Falschheit, Untreu u. s. w.‘ Ist nicht der Teufel drinnen, daß Niemand unwilliger und ungehorsamer gefunden wird, denn Etliche und Viele, die sich evangelisch und lutherisch nennen. Wenn uns Gott gleich gnädige fromme Fürsten gäbe, so verdürben wir's mit unserer muthwilligen Weise, daß sich Fürsten und Herren, Edle und Städte unsers Frevels schämen müssen. Wenn die Leute merkten, daß wir wären, wie wir sein sollten nach Laut der Episteln St. Pauli, man würde, uns wohl predigen lassen, aber wir sind so viel verläumdet worden durch unser Schwärmen, daß man uns so bald nicht mehr trauen wird, und das ist unsere Schuld. So ihr jest frei seid vom Papste, des Gewissens halber, wollet ihr auch gern alles Leidens frei sein, im Sause leben, das Kreuz Christi mit Füßen treten, sein Erempel verachten und also zwiefach ärger werden, denn die Papisten, ja denn Tyrus und Sidon und Sodoma. Darum auch werdens die Sodomiter leidlicher haben am Tage des Gerichts, denn ihr. Riggenbach 222, 212, 242. Ein chronologisches Verzeichniß sämmtlicher Schriften Eberlin's bei Riggenbach 285–290. Einen Bericht über die durch Eberlin für den Grafen Georg II. von Wertheim im Jahre 1530 veranstaltete culturgeschichtlich interessante Leichenfeier hat A. Kaufmann in dem Archiv des histor. Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg 20, 1-29 herausgegeben.

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