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Nonne, Glocken, Thurm, Meß, Vigilien, Kutten, Kappen, Platten, Regel, Statuten und das ganze Geschwürm und Gewürm päpstliches Regiments bleibe. Jeder, der Christi Wort rede, könne frei sich rühmen, daß sein. Mund Christi Mund sei. Ich bin je gewiß, daß mein Wort nit mein, sondern Christi Wort sei, so muß mein Mund auch deß sein, deß Wort er redet! 1

Man hätte ihm erwiedern können, was er selbst am 27. Januar 1517 an den Nürnberger Rechtsgelehrten Christoph Scheurl schrieb: Das ist gerade der Gipfel des Hochmuthes, wenn man von sich annimmt, daß man eine Wohnung Christi sei. Nur dem Stand eines Apostels kann man etwa dieses Rühmen gestatten. 2 Aber auf diese Erwiederung würde Luther jetzt geantwortet haben mit dem Ausspruche seines Briefes an den Kurfürsten Friedrich von Sachsen vom 5. März 1522: Euer Gnaden weiß, oder weiß sie es nit, so laß sie es ihr hiermit kund sein, daß ich das Evangelium 3 nicht von Menschen, sondern allein vom Himmel, durch unsern Herrn Jesum Christum habe, daß ich mich wol hätte mögen, wie ich es dann hinfort thun will, einen Knecht und Evangelisten rühmen und schreiben.‘4

Mit diesem Briefe kündigte Luther dem Kurfürsten an, daß er die Wartburg verlassen habe und nach Wittenberg zurückkehren werde. Dort erheischten seine Anwesenheit die in Folge der neuen evangelischen' Predigt ausgebrochenen revolutionären Bewegungen.

1 Sämmtl. Werke 22, 43-59.

2 ,Immo id ipsum est summum arrogantiae, praesumere de te, quod Christi habitaculum sis, nec nisi apostolico ordini facile permittenda ista gloriatio. Bei de Wette 1, 50.

3 das heißt seine Lehre von der Rechtfertigung allein durch den Glauben und der Unfreiheit des menschlichen Willens.

4 Bei de Wette 2, 139.

III. Revolutionäre Bewegungen in Erfurt und Wittenberg.

Beginn der Kirchenspaltung. 1521-1522.

Die ersten revolutionären Ausbrüche nach dem Wormser Reichstag erfolgten im Juni 1521 in Erfurt. Luther's Freund, der Augustiner Johannes Lange, stachelte dort das Volk durch aufregende Predigten zum Haß und zu Gewaltthaten gegen den Clerus an. Der Rath der Stadt selbst be= diente sich in seinen Anschlägen gegen die Vorrechte und die Reichthümer der Geistlichen der aufrührerischen Menge. Bewaffnete Haufen von Studenten, Handwerkern, losem Gesindel und,Bauern allerlei“ zerstörten in wenigen Tagen mehr als sechzig ‚Pfaffenhäuser“, richteten, unbehindert durch die Obrigkeit, die fürchterlichsten Verheerungen an, vernichteten Bibliotheken, zerrissen in dem erzbischöflich mainzischen Gerichtsgebäude alle vorgefundenen Documente und Zinsregister, und verübten Gewaltthätigkeiten schlimmster Art. Auch Todtschläge kamen vor. Selbst der um die Universität so hochverdiente Maternus Pistoris wurde nicht verschont.

Sie kamen auch in Maternus Haus,
Der fiel hinten zum Fenster hinaus,
Daß er lag, als wer er gar tot;

Die Pfaffen waren in großer Not.'

Die Aufrührer feuerten sich an bei ihrem Zerstörungswerk

Schlagt alles, was da ist, enzwei,
Fenster, Benke, Ofen und Tisch,
Gitter und alles in einem Risch!

Arbeit getreilich in aller Maßen,

Als wollt ir nichts im Haus ganz lassen.' 1

In einem neuen Aufstande gegen Ende Juli gingen sieben Häuser von Geistlichen in Flammen auf 2.

1,Das Pfaffenstürmen zu Erfurt. Authore Gothardo Schmaltz. Gotha'. Bei v. Liliencron 3, 369-376. Vers 167-171. 220–224.

2 Näheres über beide Aufstände bei Kampschulte 2, 123-132. Einer der mißhandelten Geistlichen sagte der Stadt eine schlimme Zukunft voraus:

,Erfurt tunc doleas nunquam caritura dolore,

Cum careas clero, qui te ditavit honore.'

Seit diesen Aufständen begann der Verfall der Universität. Die Zahl der Studirenden sank auf weniger als die Hälfte herab, da viele Eltern ihre Söhne von Erfurt abriefen, um sie vor husitischer Ansteckung 1 zu bewahren. Unter den Zurückgebliebenen wurden Rohheiten und Ausschweifungen alltägliche Erscheinungen 2.

Trotz aller revolutionären Aufläufe und Zerstörungen bestand ‚das alte Kirchenthum bis zum Herbst 1521 in Erfurt, wie allenthalben in Deutschland, unangefochten fort. Nach wie vor wurde noch der gewöhnliche Gottesdienst gefeiert; die heilige Messe, die Ausspendung der Sacramente unterlag noch keiner Veränderung; an die Aufstellung eines eigenen neuen Kirchenwesens wurde noch nicht gedacht.

Aber die Aufhebung des alten Kirchenwesens folgte mit Nothwendigkeit aus Luther's Lehren von der Rechtfertigung allein durch den Glauben und dem allgemeinen Priesterthum. Waren alle Christen Priester vor Gott, so bedurfte man keiner Hierarchie; waren die guten Werke nicht nothwendig zur Seligkeit, so waren kirchliche Stiftungen und Klöster unnüt, und nicht minder die irdischen Güter der Kirche. Die so prunkhaft verkündete evangelische Freiheit verlangte die Entfernung aller dieser,gräulichen Mißstände, und entzündete in Unzähligen die Begier nach Loslösung von den alten Banden drückender Sclaverei in Kutten und Klöstern, in Beten, Fasten und Kasteien, und nach Mitbetheiligung an dem ,reichen Gut müßiger Pfaffen“ und dem ‚unnüßen Kirchengepränge in goldenen und silbernen Kelchen, Monstranzen und dergleichen.

In der Stadt Erfurt begann die Umwandlung im Herbste 1521. In tumultuarischer Weise3 verließen Mönche in großer Zahl, insbesondere die Augustiner, die Klöster und fingen an öffentlich zu predigen, daß man nicht mehr in der Religion der Väter verbleiben dürfe. Das alte Testament schreibe ausdrücklich die Pflicht vor, den Glauben der Vorfahren zu verlassen; die Kirche Gottes sei nichts Anderes gewesen als eine Mutter von Menschensatzungen, Hoffart, Geiz, Wollust, Treulosigkeit und von Heuchlern', eine Werkstätte der Lüge und alles Bösen. Der Augustiner

1 ,Adeo ut plerosque bonorum hominum filios, ne Hussitico lederentur contagio, klagte die Matrikel der philosophischen Fakultät, ,hinc ad patrios lares avocari contigerit.'

2 Näheres bei Kampschulte 2, 134 - 138.

3 Luther war damit nicht zufrieden. Non probo, schrieb er am 18. Dec. 1521 an Lange,,egressum istum tumultuosum, cum potuissent et pacifice et amice ab invicem separari. Und am 28. März 1522: ,Video monachos nostros multos exire nulla alia causa, quam quo intraverant, hoc est, ventris et libertatis carnalis gratia, per quos Satanas magnum foetorem in nostri verbi odorem bonum excitabit. Bei de Wette 2, 115. 175.

Lange nannte die Klöster ,freie Naubschlösser'. Der gemeine Mann, verlangte einer der Apostaten, solle, so oft er nur den Namen der katholischen Kirche höre, ein Kreuz schlagen. Sämmtliche Prädicanten drangen darauf, daß ein von der Tyrannei des Papstthums frei gewordener Christ keine guten Werke mehr verrichte, denn Fasten und Gebet, Beicht und Ablaß, Möncherei und Messe seien bloße Menschensagungen, erfunden für die Habsucht der geölten und geschorenen Pfaffen'. Christliche Märtyrer und die Kirchenväter der ersten Jahrhunderte wurden auf der Kanzel in den Koth hinabgezogen; die Keuschheit eines hl. Franciscus und Dominicus wurde zum Gespötte des Pöbels gemacht. Durch Jauchzen und Zurufen gab der Pöbel in der Kirche dem Prediger seine Zustimmung zu erkennen. Auf den Märkten, in den Wirthshäusern wurden theologische Fragen verhandelt; Knaben, Männer, Weiber erklärten die Bibel. In wiederholten Aufläufen gab der Pöbel seinen evangelischen Eifer kund. Das sind die Früchte der evange= lischen Predigt, schrieb Luther's Ordensgenosse und ehemaliger Lehrer Bartholomäus Usingen, daß das Volk, nachdem es den Gehorsam der katholischen Kirche abgeschüttelt, unter dem Vorwande christlicher Freiheit sich den Lüsten des Fleisches hingibt, wahre Frömmigkeit verachtet und sich in einen Abgrund stürzt, aus dem es kaum jemals wird errettet wer= den können."

Usingen war in der Stadt der unerschütterlichste Vertheidiger des alten Glaubens. In seinen Predigten im Dom und in apologetischen Schriften warnte er das Volk vor den neuen falschen Propheten. Unter dem Schein des Evangeliums und der Freiheit vernichten diese, sagte er, Religion, Zucht und Ehrbarkeit, sie erneuern das alte husitische Unwesen, erregen Aufruhr und Tumult, geben das christliche Gemeinwesen einer endlosen Verwirrung preis. Eine Reform des kirchlichen Lebens sei noth= wendig, vor Allem aber eben für die zuchtlosen, ausgesprungenen Mönche, welche jetzt als Sittenrichter aufträten und durch böswillige Uebertreibung der kirchlichen Mißbräuche ihre eigene Schmach zu verdecken bemüht seien‘. Es erfüllte den Ehrenmann mit Entrüstung, daß gerade Solche über die Gesammtheit der alten Kirche zu Gerichte sißen wollten, welche selbst der Reformation am meisten bedürftig waren. Daß das Unterfangen ungestraft vor sich gehen könne, erklärte er für eine Schmach des deutschen Namens. Wie in Folge des griechischen Bildersturmes die alte Größe von Constantinopel und die römische Kaiserkrone auf die deutsche Nation übergegangen sei, so werde, prophezeite er in trüber Ahnung, der gegenwärtige deutsche Bildersturm den Verfall Deutschlands und den Verlust der alten Größe herbeiführen1. Zu Tausenden eilte das Volk in seine

1 Vergl. die trefflichen Ausführungen bei Kampschulte 2, 141-161. 169–174. 7

Predigten, aber auf den Gang der Ereignisse in der Stadt hatten sie keinen Einfluß. Die Revolutionspartei wurde übermächtig in Erfurt. Dreißig Jahre lang hatte Usingen dem Ruhme der Stadt und der Universität gedient, jezt sah er sich schußlos den Verhöhnungen des Pöbels ausgesetzt und war kaum seines Lebens sicher. Denn der städtische Rath stand in seiner Mehrheit auf Seiten der Prädicanten und schütte,das Evangelium', um sich der verhaßten Herrschaft des Erzbischofs von Mainz zu entziehen und die reichen Kirchengüter in Besitz zu nehmen 2.

Furcht vor dem Erzbischof von Mainz, meldete Carl von Bodmann nach Rom, haben die Religionsneuerer nicht, sie hoffen vielmehr, daß er und Andere mit ihm sich allmählich auf ihre Seite neigen und bei der geplanten Einziehung der Kirchengüter zu eigenem Vortheile hülfreiche Hand leisten werden. Für die Vollstreckung des Wormser Edictes gegen Luther und seinen Anhang geschieht, nachdem der Kaiser das Reich verlassen, so gut wie gar Nichts. Selbst in einigen bischöflichen Städten werden luthe= rische Bücher frei und offen verkauft und das kaiserliche Edict wird dadurch beinahe zu einem Gespötte des Volkes.3,Mit einem wahren Heißhunger," schrieb er in einem andern Briefe, werden die Schriften verschlungen, welche die Kirche und die kirchlichen Zustände angreifen und lästern, während nur von wenigen Bischöfen dafür Sorge getragen wird, daß das Volk in Predigten und geeigneten Gegenschriften über die Verderblichkeit der Frrlehren für die

1 In einer Predigt am Mathiasfeste 1523 hatte er einmal beinahe viertausend Zuhörer. Vergl. Kampschulte 2, 153 Note 1. Cuelsamer, einer der Prädicanten, sagte auf der Kanzel über Usingen aus: „Nebulo ille turpissimus nunc tandem Christum ipsum pudefacere conatur ob fornicariorum defensionem: idque lucri causa.' Usingen sei ein mit Blindheit geschlagener Sophist, sagte Lange, der Nichts von dem Evangelium verstehe; einer jener hartnäckigen Alten, ließ sich ein anderer Prädicant vernehmen, die nach dem Zeugnisse der heiligen Schrift zu allen Zeiten der Wahrheit widerstanden hätten. Lärmende Volkshaufen wurden in Usingen's Predigten geschickt, ihn durch Zischen und lautes Reden in Verwirrung zu bringen u. s. w. Mehr als einmal, berichtet er selbst, sei der Versuch gemacht worden, ihn gewaltsam aus dem Leben zu räumen. Gedungene Aufpasser lauerten ihm auf, wenn er aus der Predigt heimkehrte. S. 155. 158. 170.

2 Kampschulte 2, 165 ffl. 3 Ueber die Nachlässigkeit der Bischöfe in Sachen Luther's und seiner Schriften flagt wiederholt auch Cochläus. Vergl. dessen Glos und Comment auf den 18. Artickel vom rechten Meßhalten Bl. B und D2; ferner Glos und Comment auf 154 Artickel Bl. Q3 und V*. So wurde das Wormser Edict, mit welchem man das Ende der Tragödie hatte herbeiführen wollen, der Anfang derselben. Vergl. den Brief des Alfonso Valdez vom 15. Mai 1521 an Petrus Martyr in Lessing's Werken, herausgegeben von Malzahn 4, 101.

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