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Auch der wegen der Türkennoth nach Nürnberg neu ausgeschriebene Reichstag kam zur festgesetzten Zeit nicht zu Stande, weil inzwischen Franz von Sickingen als,Türk im Reich' erschien, und weil man allgemein ,allerlei Aufruhr und Empörung allenthalben im Neiche' befürchtete 2. Die Stände schicken sich übel zum Reichstage, klagte der Frankfurter Abgeord= nete Hamann von Holzhausen im October 1522,,noch kein Fürst ist angekommen, ich wollte, daß ich zu Hause wäre. Mit großem Ernste be= mühe sich Erzherzog Ferdinand, der an Stelle des Pfalzgrafen Friedrich das Amt eines kaiserlichen Statthalters in Nürnberg angetreten hatte, den Tag in Gang zu bringen, aber es sei noch zweifelhaft, ob derselbe überhaupt stattfinden werde 3. Erst am 17. November wurde der Tag eröffnet und den anwesenden Ständen zu erkennen gegeben, daß sie vornehmlich berathschlagen sollten über folgende Gegenstände: wie ein beständiger Friede im Reiche aufgerichtet, wie den Türken Widerstand geleistet, und wie Regiment und Kammergericht beständig unterhalten und mit einer festen Besoldung versehen werden möge 4.

Aber die Berathungen hatten kaum begonnen, als schon alle Stände“, welche doch,ob der großen Noth einig sein sollten, wider einander' waren, und es war,kleglich zu sehen und fast zu desperiren'. Jedweder Stand' hielt sich für am meisten beschwert', und jedweder warf,die Schuld der Noth und des Unglücks auf den andern' 5.

Ein trauriges Bild dieser Zustände gewähren die beim Reichstage eingereichten und von einzelnen Ständen gewechselten Beschwerdeschriften.

Zunächst fühlten sich die städtischen Abgeordneten dadurch beschwert, und zwar mit Recht, daß sie zu den Berathungen des Tages nicht hinzugezogen wurden, sondern sich einfach gefallen lassen sollten, ,was Kurfürsten, Fürsten und andere Stände beschlossen'. Kurfürsten und Fürsten sind also,

1 Vergl. oben S. 246.

2 * Philipp Fürstenberg an den Rath zu Frankfurt am Samstag nach Nativitatis Mariä (Sept. 13) 1522, in den Reichstagsacten 36 fol. 40. Donnerstag nach Elisabeth (Nov. 20.) forderten die beim Tage versammelten Stände die noch abwesenden auf, baldigst einzutreffen wegen der drohenden Türkengefahr und weil sich allenthalben im Reiche große Aufruhr und Empörung ereignen', woraus große Gefahren bevorständen. Reichstagsacten 36 fol. 86.

3 Hamann von Holzhausen an den Rath zu Frankfurt am Mittwoch nach Michaelis (Octob. 1) 1522. Ferner Briefe vom 4., 8. und 9. Oct. 1522, in den Reichstagŝacten 36 fol. 53 55. 57. 58.

** Holzhausen am 20. Nov. 1522; am vergangenen Montag (Nov. 17) sei der Tag eröffnet worden. Reichstagŝacten 36 fol. 84.

5* Brief von Clemens Endres aus Trier vom 27 Nov. 1522, in Trierischen Sachen und Briefschaften fol. 52.

schrieb der Frankfurter Abgeordnete, des Gemüths und der Meinung, hinfort den Städten keinen Stand oder Stimme in Reichstagen und Geschäften. zu vergönnen, sondern sie gänzlich auszuschließen“ 1. Dieses Vorgehen er= schien den Städteboten ,als nicht erträglich und sie benügten die Gelegenheit, einmal ,offen zu reden und ihre Klagen herauszuschütten'. Sie reichten. darum eine Beschwerdeschrift ein.

Bisher, sagten sie darin, seien die Städte stets als Reichsstand ge= achtet, zu den gemeinen Reichstagen berufen, in den Anschlägen des Neiches höher noch als die anderen Städte angeschlagen worden; im Rathe der Reichsversammlung hätten sie vor wenig Zeiten' gleich den Fürsten und anderen Ständen ihre Stimmen gehabt und alle fürfallende Handlung helfen beschließen. Jetzt dagegen würden die Städteboten,in des Reichs Rath nicht mehr gelassen; alle des Reichs obliegende und vorfallende Sachen würden ohne sie berathschlagt und beschlossen. Nun sei aber vor Allem in den gegenwärtigen schweren Zeitläufen eine Gemeinschaft und Vereinigung aller Stände dringendes Bedürfniß; darum gehe ihre Bitte dahin, daß die Sachen wieder in den alten Stand gestellt würden.

Die weiteren Klagen der städtischen Abgeordneten bezogen sich auf die langjame Execution des Rechtes und auf das Fehdewesen, welches in einer Weise überhand genommen habe, daß kein Leib und Gut mehr sicher sei, kein Handel und Wandel mehr bestehen könne. Allem Landfrieden und aller Reichsordnung zuwider würden unaufhörlich die Güter ihrer Bürger und Verwandten auf den Straßen geraubt, hinweggeführt oder auf offenem Felde verbrannt; die Personen verwundet, an ihren Gliedern gestümmelt, elendiglich ermordet, oder gestockt, gepflockt, eingethürmt'; es kämen solch' tyrannische und grausame Thaten vor, die auch bei den Ungläubigen zu vernehmen erschrecklich wäre. Außerdem würden dieselben Thäter und Verbrecher um ihrer Mißhandlungen, wie unehrbar, groß und übermäßig die seien, nicht allein selten gestraft, sondern durch Andere augenscheinlich gehauset und geduldet'; werde diesem Unwesen nicht abgeholfen, so stehe das volle Verderben der deutschen Nation bevor. Unerträglich seien ferner die vielen von Fürsten und Obrigkeiten aufgerichteten und gestatteten neuen Zollstätten. Das deutsche Volk sei bereits ,hoch und übermäßig vor allen anderen Nationen mit vielfältigen großen Zöllen, Mauten, Geleiten und anderen Dienstbarkeiten allenthalben beschwert'; allen göttlichen und menschlichen Gesetzen sei es zuwider, daß ein Oberkeit oder Stand mit so vieler Personen Nachtheil, auch der armen Leute und des gemeinen Mannes Schweiß, Blut und Verderben allein reich' werden solle. Auch sei bekannt, wie auf

1 Hamann von Holzhausen am 17. Dec. 1522, in den Frankfurter Reichstags

acten 36 fol. 102.

rührig sich die Läufe allenthalben im Reich erregen, darum wohl Noth wäre, den gemeinen Mann nicht mit noch mehr unerträglichen Bürden zu belästigen. Gleich schwere Klagen erhoben die Städte über die geistlichen Gerichte und über den römischen Hof und über das Münzwesen: die böse, geringe und auch falsche Münze würde mit Haufen in deutsche Lande geschoben, die gute Münze durch Juden und Christen in welsche Lande ge= schleppt; alles Geld verliere sich mit Gewalt 1.

Auf diese Beschwerdeschrift ertheilten die Kurfürsten, die Fürsten und die übrigen Stände am 23. Januar 1523 den Städteboten die Antwort: bezüglich der Reichsstandschaft sei den Städten kein Recht genommen worden, denn sie hätten nie eine Stimme im Rathe des Reiches gehabt; zeitweilig seien auf den Reichstagen allerdings städtische Abgeordnete in die Ausschüsse gewählt worden, allein dieß sei keine Gerechtigkeit, sondern Gnade gewesen. An der langsamen Execution des Rechtes trügen die Städte selber Schuld; das Fehdewesen bedrücke nicht die Reichsstädte allein, sondern alle Stände und man wäre eben daran, über eine stattliche Handhabung des Landfriedens zu verhandeln; die Zölle seien allerdings beschwerlich, aber diese seien vom Kaiser verliehen worden und es wolle den Reichsständen nicht gebühren, ‚der kaiserlichen Majestät ihre Hand, Macht und Gewalt zu sperren. Die Städte hätten ihre Klagen darüber beim Kaiser persönlich in Worms vorbringen sollen. Was die geistlichen Gerichte anbelange, so trete man darüber gerade jezt mit dem Papste, auf dessen Erbieten, in Verhandlung; die Ordinarien selbst seien des Gemüthes und Vornehmens, ihre Gerichte in ein ordentliches Wesen zu bringen. In Sachen der Münze würde durch Beschneiden derselben und Anderes besonders in den Städten gesündigt 2.

Ueber diese schimpfliche, spöttliche und verächtliche Antwort', schrieb Hamann von Holzhausen am 25. Januar an den Rath zu Frankfurt, sind die Gesandten der Städte fast unlustig, und haben sich deß vereiniget, auf der Kurfürsten, Fürsten und anderer Stände Beschließen keine Antwort zu geben, und in Nichts zu verwilligen, auch den Abschied nicht helfen zu versiegeln. Neue Zeitung, sagte er an demselben Tage in einem Briefe an den Frankfurter Bürgermeister Johann von Glauburg, ,weiß ich nicht zu schreiben, denn daß sich die Sachen und Läufe und was hier auf dem Reichstag gehandelt wird, zu einem großen Widerwillen, zu Widerwärtig

1 Supplikation der Stett, im Franks. Archiv, Reichstagsacten 38 fol. 27-38. Im Ganzen zehn Beschwerdepunkte, unter welchen die mitgetheilten die wichtigsten sind.

2* Antwort auf die Supplikation der Städte in den Reichstagsacten 38 fol. 347 bis 357. Nach dem Briefe Holzhausens vom 25. Januar (vergl. folgende Note) wurde sie überreicht auf Freitag nach Sebastiani (Januar 23) 1523.

keit und Aufruhr zutragen. Gott wolle seine Gnade und Barmherzigkeit uns mittheilen, und abwenden. Dieser Reichstag ist, um Frieden zu machen, ausgeschrieben worden, so machen wir hier nichts Anderes, denn einen Unfrieden und Widerwärtigkeit.' 1

Von entscheidender Wichtigkeit wurden diese Streitigkeiten zwischen den Ständen zunächst bezüglich der Hülfeleistung wider die Türken.

Die Städteboten wollten die auf dem frühern Tage zu Nürnberg veranschlagte Türkensteuer weder verwilligen noch vollziehen, weil die Städte in diesem Anschlag in Vergleich zu den höheren Ständen unerträglich beschwert worden seien. Sie verweigerten auch jede Beihülfe, sei es an Geld oder Mannschaften, zu einem Heere von viertausend Mann, welches die übrigen Stände am 19. December den anwesenden ungarischen Gesandten zugesichert hatten 2. Flehentlich hatten die Gesandten von Ungarn und Croatien um Hülfe gebeten, denn beide Länder seien in höchster Gefahr, von den Türken erobert zu werden, und die Bewohner würden, falls sie, die Gesandten, ohne tröstliche Antwort anheim kämen, umschlagen und zu den Türken fallen' 3. Unbewegt verharrten die städtischen Abgeordneten auch dann auf ihrer Weigerung, als die Johanniter auf Rhodus nach langen heldenmüthigen Kämpfen der osmanischen Uebermacht erlegen und gezwungen waren, ihre Insel, eines der wichtigsten Bollwerke der Christenheit, zu verlassen. Es sei, sagten die Abgeordneten schon in einer frühern Vereinbarung, ganz vergebens und unmöglich, die Türken allein durch die deutsche Nation zu bekriegen und hinter sich zu treiben', wenn nicht zugleich der Papst und alle christlichen Könige und Gewalten sich zum Widerstande vereinigen würden; andernfalls werde der deutschen Nation aus einem Kriege nichts Anderes dann Spott, Schaden und Verderben erwachsen‘. Für den Fall, daß die Türken Deutschland selbst überziehen und angreifen würden, solle man, wie auf jeden Stand, so auch auf jede Commune, geist

1 * Beide Briefe vom Sonntag St. Paulustag Conversionis (Januar 25) 1523, in den Reichstagsacten 37 fol. 19. 20.

2 * Näheres in,Sacri imperii ordinum finalis responsio Ungaricis oratoribus data in comitiis Nurmbergensibus die Veneris post Lucie (Dec. 19) anno 1522′, in den Reichstagŝacten 38 fol. 21-25. Den Ungarn wurde auch zugesichert, es solle darüber berathen werden, wie der Papst, der Kaiser, Böhmen, England, Frankreich, Venedig und andere christliche Gewalten zusammengebracht werden könnten, durch ihre Botschaften an gelegen Malstadt von der großen währenden Hülf gegen die Türken zu berathschlagen und zu beschließen'. Reichstagsacten 38 fol. 10.

3 * Vergl. Rathschlag der vom großen Ausschuß verordneten Räthe, was der ungarischen Botschaft wegen der begehrten Hülfe zu antworten sei, in den Reichstagsacten 38 fol. 7-12.

lich und weltlich, eine ziemliche und leidliche Anzahl Volkes schlagen und jeder Commune überlassen, ihre Bürger und Unterthanen selbst zu besteuern und mit der eingekommenen Steuer die Mannschaft zu besolden 1.

Von Einigkeit, schrieb der päpstliche Legat Franzesco Chieregato nach Rom, ist unter den Deutschen keine Rede mehr; man muß froh sein, daß auch nur eine ganz geringe Hülfe gegen die Ungläubigen in Aussicht gestellt worden, ob sie aber wirklich geleistet werden wird, muß die Zukunft lehren. Auf die Bitte des Legaten, daß die ganze auf dem Reichstage zu Worms dem Kaiser zu seiner Romfahrt verwilligte Mannschaft jetzt, dem kaiserlichen Wunsche gemäß, zu einem Türkenzuge gestellt werden möchte, hatten die Stände geantwortet: die inneren Zustände Deutschlands seien seit jenem Reichstage der Art verschlimmert worden, daß eine so starke Mannschaft nicht außer Landes geschickt werden könne 2.

Die Streitigkeiten zwischen den Städten und den übrigen Reichsständen wurden auf dem Tage zu Nürnberg ,wesenhaft verschärft' durch ein von letzteren ausgehendes Zollproject, welches die Städte für ein gar entsegliches und sie gänzlich zu Grunde richtendes' ausgaben.

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Zur Unterhaltung des Kammergerichtes und Regimentes, auch der Execution, so auf des Regimentes Ansehen, Handlung und Beschluß ge= stellt, sollte nämlich ein allgemeiner Grenzzoll auf alle nicht zu den unentbehrlichen Lebensbedürfnissen gehörigen Waaren sowohl bei der Ausfuhr als bei der Einfuhr gelegt werden, und dieser Zoll sollte vier Procent des Einkaufspreises der Waaren betragen 3.

Ein solcher Zoll, erklärten die städtischen Abgeordneten in einer neuen Beschwerdeschrift vom 2. Februar 1523, werde allen Handel zu nichte machen und werde unter dem gemeinen Mann zu verderblichem Aufruhr

1 * Abschied der Pottschaften der Frey- und Reichsstett, so yeßo auf fürgeschlagenem Reichstag zu Nüremberg versamlet gewesen. Dazu einen Brief Holzhausen's vom 15. Dec. 1522, in den Reichstagsacten 36 fol. 95. 105. Am 19. Dec. forderten die in Nürnberg versammelten Städteboten die dort noch nicht vertretenen Städte dringlichst auf, wegen der ihnen allen drohenden Gefahren und Bürden unverzüglich ihre Gesandten zu schicken, fol. 104.

2* Responsum nuntio apostolico datum in re Hungarica in den Reichstagsacten 38 fol. 38–43. In Deutschland, hieß es darin, ,non parva bellorum intestinorum subpullulant fomenta, ex quibus maxime timendum, ne subito non mediocre erumpat incendium. Ob id, cum res Germaniae iam sint in longe deteriori conditione et statu, quam eo tempore, cum auxilia illa Cesareae Maj. decreta fuerant, summa providentia, consilio et deliberatione opus est, an nunc expediat, tantas copias e Germania mittere.'

3 Der Rathschlag bezüglich des gemeinen Zolles ging vom Markgrafen Casimir von Brandenburg aus, vergl, dessen Schreiben bei Höfler, Fränkische Studien 8, 309–310.

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