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wollen, sich Luther's Bücher meiden, ist gar mein getreuer Rath. Denn ob er gleich was Gutes zuweilen untergemenget, so ist doch des Giftes so viel, daß es das Gute tödtet und auslöscht."

Aus obgeschriebenem Büchlein, redet Emser am Schluß den Kaiser an, wird Deine Majestät wol erkunden, wie wir Deutschen aus Luther's falscher Lehre, Frevel und Durstigkeit, durch einander vermenget, und nicht allein von unserem alten Glauben, sonder auch von Deinem und allem christlichen Gehorsam abgeführt werden, also daß alle Stände wanken und zittern. 1

Aus den religiösen Wirren erfolgte naturgemäß der allenthalben sichtbare Niedergang des geistigen Lebens.

Die Universitäten verfielen,binnen wenigen Jahren mit einer eben so beklagenswerthen wie erstaunlichen Raschheit, denn die studirenden Jünglinge', flagte man im Jahre 1524, seien nicht mehr bedacht auf ernstere Studien sie üben sich nur noch in religiösen Kämpfen und Zänkereien; lesen, schreiben und verbreiten kleine Abhandlungen und Flugschriften; sie verfallen in Rohheit und Sittenlosigkeit, wollen aber gleichzeitig dabei Verkündiger neuer Weisheit und Verbesserer des öffentlichen Lebens sein 2.

Luther hatte die Universitäten verrufen als Mördergruben, als Molochtempel, als Synagogen des Verderbens 3; in einer im Jahre 1521 gehaltenen und in mehreren Ausgaben veröffentlichten Predigt hatte er sich sogar dahin ausgesprochen: die hohen Schulen wären werth, daß man sie alle zu Pulver machet; nichts Höllischer und Teuflischer ist auf Erden kommen von Anbeginn der Welt; wird auch nicht kommen' 4.

In gleichem Tone sprachen unzählige Prädicanten und ergingen sich in Schmähungen gegen alle weltliche Gelehrsamkeit.

Am schwersten wurden von der Ungunst der Zeit, wie die Neugläubigen sich ausdrückten, zunächst die schönen Wissenschaften, die humanistischen Studien betroffen. Vor dem Beginn der religiösen Streitigkeiten standen diese in einer solchen Blüte, daß Cicero sich bald hätte in einen Winkel verkriechen müssen', in Kurzem aber war kaum noch eine Spur dieser Blüte mehr vorhanden.

1 Bl. V1-3. 2 Vergl. Glos und Comment auf LXXX Artickeln Bl. L2.
3 Vergl. oben S. 195–197.

4 Sämmtl. Werke 7, 63; in einer Predigt über Römerbrief 15, 4-13. Luther that den Ausspruch in seinem Aerger gegen Aristoteles, diesen todten Heiden, da kein Kunst, sondern eitel Finsterniß innen ist. Die Stellen finden sich nur in den ältesten Ausgaben der Predigt. Vergl. die Note 59 zu 7, 63 und dazu XL.

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,Unter dem Vorwande des Evangeliums, schrieb der Humanist Eobanuz Hessus im Jahre 1523 aus Erfurt, unterdrücken hier die entlaufenen Mönche ganz und gar die schönen Wissenschaften. In ihren verderblichen Predigten entreißen sie den rechten Studien ihr Ansehen, um ihre Tollheiten der Welt als Weisheit zu verkaufen. Unsere Schule ist ganz verödet; wir sind verachtet. So tief sind wir gesunken, klagte er seinem Freunde Camerarius, daß uns nur noch die Erinnerung an unser früheres Glück übrig geblieben ist; die Hoffnung, es wieder erneuern zu können, ist völlig verschwunden. 2 Unsere Schule ist verfallen, klagte ebenso Euricius Cordus in einem Briefe an seinen Freund Draconites im Jahre 1523,,und unter den Studirenden herrscht eine solche Zügellosigkeit, daß sie unter den Soldaten im Feldlager nicht größer sein kann; es verdrießt mich hier zu leben. Welch ein Verfall der Wissenschaften, schrieb gleichzeitig der Humanist Nossen, ist über uns hereingebrochen. Niemand kann mit trockenen Augen sehen, wie hier aller Eifer für Wissenschaft und Tugend verschwunden ist. Ich fürchte Nichts so sehr, als daß, nachdem die Grundlage der Wissenschaften zerstört worden, auch alle Frömmigkeit verfallen und eine Barbarei eintreten wird, welche die geringen Ueberbleibsel von Religion und Wissenschaft vollständig vernichtet." 3

,Niemand würde es früher geglaubt haben, sagte in demselben Jahre 1523 der Decan der Erfurter philosophischen Facultät in einem amtlichen Berichte, wenn Einer vorausgesagt hätte, daß in Kurzem unsere Universität so verfallen werde, daß kaum noch ein Schatten des frühern Glanzes zu= rückbleibe, wie wir das jetzt, o des Schmerzes, vor Augen sehen. Die Sache der Universität wird auf den Kanzeln behandelt, daß fast Nichts ungeschmäht bleibt, was früher in Ehren stand. Alle wissenschaftlichen Studien liegen verachtet zu Boden, schrieb der Rector der Hochschule, die academischen Ehren sind verhaßt, unter der studirenden Jugend ist alle Zucht verschwunden. Doch was Wunder, fügt er hinzu,,daß solches den Schulen geschieht, da nicht einmal die Religion, welche durch so viele Jahrhunderte Verehrung genoß, gegen Schmähungen gesichert ist. So haben es unsere Sünden verdient, daß es parteisüchtigen Menschen jetzt gestattet ist, ungestraft Alles anzutasten, wie es ihnen in den Sinn kommt, daß fast nur das gepriesen wird, was vordem verachtet wurde ‘4

Von Jahr zu Jahr verringerte sich in Erfurt die Zahl der Lehrer, wie der Studirenden; man fand kaum noch Jemand, der zur Annahme

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eines akademischen Amtes Bereitwilligkeit zeigte. Vom Mai 1520 bis 1521 waren noch dreihundertelf Studenten immatriculirt worden, im folgenden Jahre sank die Zahl der Immatriculirten auf hundertzwanzig, im Jahre 1522 auf zweiundsiebzig, im Jahre 1523-1524 auf vierunddreißig herab 1.

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Ein gleicher Verfall des wissenschaftlichen Studiums trat in Wittenberg ein. Ich sehe, sagte Melanchthon im Jahre 1523 in einem Briefe an Eoban, daß du denselben Schmerz empfindest, wie ich, über den Verfall unserer Studien, die erst vor Kurzem ihr Haupt erhoben hatten und nun wieder zu versinken beginnen. Diejenigen, welche die profanen Wissenschaften nicht wollen, denken, glaube mir, nicht viel besser über die theo= logischen. Wenn jenes goldene Zeitalter eingetreten wäre, schrieb Melanchthon später bei Herausgabe seiner Schriften, auf welches wir bei dem blühenden Zustande der Wissenschaften früher hoffen durften, so würden meine Schriften freudiger,, zierlicher und glänzender sein, aber die verhängnißvolle Zwietracht, welche bald folgte, hat auch meine Studien verscheucht. Er hatte seine Studien so fröhlich begonnen', aber schon im Jahre 1524 klagte er mitten unter den religiösen Wirren: Ich lebe hier nicht anders als in einer Wüste. Fast habe ich mit Keinem Umgang als mit beschränkten Geistern, an welchen ich auf keine Weise Gefallen finde; darum sitze ich zu Hause wie ein lahmer Schuster. Keinen habe ich hier,' äußert er sich in einem andern Briefe, ,der mir gleichgesinnt wäre, sondern es sind, wie Plato sagt, Wolfsfreundschaften voller Sorge und Mühseligkeit. Alle seine Bemühungen für die Hebung der schönen Wissenschaften in Wittenberg scheiterten durchaus 2. In vertraulichen Briefen nahm er keinen Anstand, die Schuld der Verachtung der Wissenschaft wesentlich den Wittenberger Theologen beizumessen 3.

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Auch die übrigen norddeutschen Universitäten, wie Leipzig und Nostock, sanken von Jahr zu Jahr in ihrer Bedeutung herab. In Rostock, wo früher alljährlich bis an dreihundert Studenten immatriculirt wurden, meldeten sich im Jahre 1524 nur noch achtunddreißig, im Jahre 1525 nur noch fünfzehn an3.

1 Vergl. die Uebersicht der jährlichen Immatriculationen bei Kampschulte 2, 219. 2 Seine Briefe im Corp. Reform. 1, 575. 604. 613. 679. 683. 695. 726. 894. Vergl. die Abhandlung: Reformation und Literatur' in den hist.-pol. Bl. 19, 259 fll. Döllinger, Reformation 1, 354.

3 Corp. Reform. 1, 887 und 2, 513. Vergl. 1, 830.

4 In Leipzig wurden in den Jahren 1508-1522 nicht weniger als 6485, in den Jahren 1523-1537 nur 1935 Studirende immatriculirt. Zarncke, die urkundlichen Quellen zur Gesch. der Universität Leipzig, in den Abhandl. der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften 3, 594-597.

5 In Rostock belief sich im Frühjahre 1512 die Zahl der Immatriculirten auf

Dasselbe traurige Bild bieten auch die süddeutschen Hochschulen, wie Basel, Heidelberg, Freiburg dar. Die Universität liege gleichsam wie todt und begraben da, klagte man aus Basel seit 1524, leer seien die Stühle der Lehrer wie die Bänke der Lernenden. Im Jahre 1522 ließen sich dort nur neunundzwanzig, im Jahre 1526 nur fünf neue Studenten einschreiben 1. In Heidelberg waren um das Jahr 1525 mehr Lehrer als Studenten vorhanden 2. Ich habe noch kaum sechs ständige Zuhörer, schrieb im Jahre 1523 Ulrich Zasius, der berühmteste aller Rechtslehrer, aus Freiburg,,und diese sind obendrein noch Franzosen. Ich versehe mein Lehramt mit großem Eifer, wenn ich auch nicht weiß, ob und welche Zuhörer ich haben werde, aber beinahe ist mir das Amt zuwider, weil die Wissenschaft des Rechtes so sehr verachtet wird. Hier ist, wiederholte er im Jahre 1524, ,ein merkwürdiger Mangel an Studenten, und ich sehe keine Hoffnung auf Bes= serung. Die Universität zu Wien, welche unter Kaiser Maximilian mit ihren Hunderten von Lehrern und manchmal jährlich siebentausend Studenten eine der ersten Hochschulen Europa's gewesen, gerieth in Folge der religiösen Wirren allmählich in eine solch erbärmliche Lage“, daß sie kaum noch einige Dutzend Studenten zählte; die juristische Facultät mußte für einige Zeit ihre Hörsäle schließen wegen Mangel an Studirenden; die theologische konnte lange Zeit aus Mangel an Professoren keine regelmäßigen Doctorpromotionen mehr vornehmen 4.

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Wo die neue Lehre ungehindert gepredigt werden konnte, arbeiteten zahllose Prädicanten mit vollem Bewußtsein an dem Untergang aller wissen

119, im Wintersemester auf 186 und auch die Jahre unmittelbar vor dem Anfange der Reformation lassen noch keine Abnahme der Studirenden erkennen. Seit dem Ausbruch der religiösen Kämpfe aber war die Zahl derselben in fortwährendem Sinken, so daß im Sommersemester 1524 nur 24, im Wintersemester nur 14, im Sommersemester 1525 nur 11, im Wintersemester nur 4 immatriculirt wurden. Im Wintersemester 1526 fand nicht eine einzige Immatriculation statt. Krabbe, Die Universität Rostock im 15. und 16. Jahrhundert 290-293. 372. 387. Zu diesen Zeiten,' sagt ein Chronist (Grape's Evangel. Rostoď 109), ‚ist eine solche Verwüstung, sozusagen, der Academie gewesen, daß, wenn man einen Docter genannt, gewesen, als wenn man ihn, weiß nicht was genannt. Vergl. Döllinger, Reformation 1, 575.

1 Vergl. Vischer, Gesch der Universität Basel 185. Mit der körperlichen Pest, corporum pestis, trug vereint die Reformation, die animorum pestis, wie die Matrikel seit 1526 sich bei jedem Rectorate ausdrückt, mit ihren Erschütterungen dazu bei, neue Schüler vom Besuche abzuhalten, alte zu vertreiben. Vischer 258.

2 Döllinger 1, 581.

3 Vergl. Stinging, Ulrich Zasius 249-250.

4 Vergl. Kink, Gesch. der Wiener Universität 1, 254 und Aschbach 2, 86 Note

2. 294.

schaftlichen Bildung; planmäßig ging man darauf aus, auf den Trümmern der kirchlichen und wissenschaftlichen Anstalten eine Herrschaft des unwissenden Pöbels unter Leitung kirchlicher Demagogen aufzurichten. Man handelte nach denselben Grundsätzen, welche im fünfzehnten Jahrhundert von der husitischen Partei der Taboriten in Böhmen verkündigt waren. Wer die freien Künste studirt, erklärten diese, oder sich in denselben graduiren läßt, ist eitel und heidnisch und sündigt gegen das Evangelium. Sämmtliche Wahrheiten der Philosophie und der freien Künste, wenn sie auch dem Geseze Christi dienlich sind, muß man nicht studiren, sondern als heidnisch abthun und die Schulen zerstören.'2

,Wie die gegenwärtige Zeit, schrieb Glareanus im Jahre 1524 an Willibald Pirkheimer, unter allen die unruhigste ist, so fürchte ich, es werden bald die Wissenschaften mit der Kenntniß der Sprachen wieder verloren gehen. Darauf gehen Leute hinaus, welche sich rühmen, die Frömmigkeit wieder in's Leben zu rufen und sich selbst als die Geißeln der Sophisten rühmen, während sie doch dümmer sind, als alle Sophisten. Wie aber Frömmigkeit ohne ächte Wissenschaft und ohne Kenntniß der griechischen Sprache aufgerichtet werden soll, sehe ich in keiner Weise ein. Und doch schreien diese Menschen mit großem Gebrüll, es sei nicht nothwendig, Latein oder Griechisch zu studiren; es genüge, wenn man Deutsch und Hebräisch verstehe. Man will aus der Christenheit gleichsam ein zweites Türkenreich machen.3 Den Prädicanten, welche von den Kanzeln herab die unerfahrene Jugend von den Studien abmahnten, sollte man, meinte Melanchthon im Jahre 1524, die Zunge ausschneiden *.

Mit dem allerorts zu Tage tretenden Verfalle des wissenschaftlichen Sinnes und dem Verfalle der Achtung und Liebe, welche die Wissenschaften vor dem Aufkommen des neuen Evangeliums bei allen Ständen genossen,

1 So sagt zutreffend Döllinger, Reformation 1, 440.

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2 Vergl. Höfler, Geschichtschreiber der husitischen Bewegung 1, 391. Quod omnes veritates in philosophia et in artibus legis Christi promotivae nullo unquam modo sunt amplectendae sive studendae.' Brezowa bei Höfler 1, 440. Vergl. Palacky 3b, 189. Lechler 2, 272-274. Aschbach, Kaiser Sigmund 3, 101. 102. v. Bezold, Zur Gesch. des Husitenthums 48-49. Auch der, taboritischen Lehrmeinungen huldigende Verfasser der sog. Reformation Kaiser Sigmund's' erklärte: Alle Kunst der Gelehrtesten ist der Welt nicht mehr nüße, sie müssen müßig gehen, ihr Studiren und die Arbeit, die sie gethan haben, ist verloren; es wird Niemand durch sie gebessert. Ich erkenne nicht anders, als daß ihre Weisheit uns ein Weg sei zur Hölle; das ist auch wahrlich wahr. Boehm 60 Note 3.

3 Pirkheimer, Opera edid. Goldast. 314. Vergl. Schreiber, Glareanus 68. Der Brief gehört dem Jahre 1524, nicht 1514 an.

4 ,Linguas profecto praecidi oportet iis, qui pro concionibus passim a literarum studiis imperitam juventutem dehortantur. Corp. Reform. 1, 666.

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