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derer, durch die er hat vergiftet mögen werden, wie da sind Wucherer, Ehebrecher, Feldflüchtige, Treulose, Meineidige und Andere, so öffentliche Laster auf sich haben. Jetzt wird dieselbe Ehrbarkeit gar verlassen, daraus nicht eine geringe Ursache vielen Aergers entsteht. Warum führe man ferner nicht auch Beschwerde über die ausgelaufenen Mönche und Nonnen, die in Vergessung ihrer Ehre und Gelübde vor Gott und Menschen sind treulos und meineidig worden? Täglich, sagt der Herzog, werden Lästerbriefe und Büchlein hin und wieder gedruckt, das lutherische Evangelium zu unterhalten, worin diejenigen, so den Gehorsam der christlichen Kirche zu verhalten gedenken, geschmäht werden. Es unterbleibt auch nicht, sondern wird täglich gearbeitet, die geistlichen Manns- und Weibspersonen aus den Klöstern mit ihren Predigten zu bewegen, mit Drohen ewiger Pein der Hölle und Verheißzung fleischlicher Wollust und Seligkeit. So sie also aus den Klöstern entlaufen, werden sie in umliegenden Fürstenthümern aufgehalten und gestärkt, als hätten sie recht und wohl gethan. Diejenigen, so sie heraushelfen, dünken sich gerühmet, so es doch, beim Leben, im Recht verboten ist. Und das mehr ist: welche man nicht mit Predigen oder Bücher aus dem Kloster bringen kann, die kauft man mit Geld heraus. Und wo man sie mit Geld nicht gewinnen kann, so leget man so viel Gewalts und Unrechts an sie, daß sie heraus müssen. Und diese Herren, die sie also mit Listen oder Gewalt herausbracht haben, die gebrauchen dann der Güter, als wäre es recht wohl ererbtes Gut. Daraus klärlich erscheint, daß ihnen mehr geliebet ihre Güter zu gebrauchen, denn daß sie wollten fromme ehrliche Gottesdiener und Dienerinnen haben. Das Alles wissen wir anzuzeigen dermaßen, daß es unläugbar ist. Was auch für Gott dem Allmächtigen dem heiligen höchsten Sacrament beschieht, auch den Gottesheiligen, wäre von Türken und Heiden zu viel."

,Nicht wollen wir hiermit gesagt haben, fährt Georg fort, daß die Mißbräuche, so allerwege wider Gott sind, nicht sollen abgethan werden, als wo Jemand aus Geiz der Prälaten wider die ordentliche christliche Liebe beschwert wäre worden, oder daß Jemand sonderlich Mißglauben in den heiligen Aemtern der Messen gehabt oder in den andern heiligen Sacramenten, oder ob Jemand nicht eine rechte Meinung gehabt im Eingang geistlichen Standes, oder dergleichen Fälle, darin man irren mag. Dieje Mißbräuche sollen durch die ordentlichen Prediger, die von obersten Prälaten verordnet und gesandt sollen werden, gestraft, gemildert und gebessert, und also gemacht werden, damit das Volk von der Einung der christlichen Kirche nicht geführet, oder ob sie durch Unverstand davon geführet oder in Irrung gebracht worden, daß sie durch gute Mittel und Unterweisung in eine rechte Meinung wieder gebracht werden. Das wäre löblich, ehrlich und seliglich. Und sonderlich, daß das Volk deß unterwiesen würde: ob

ein böser geiziger Prälat Uebertreter war, daß darum alle Obrigkeit, von Gott aufgesezt, nicht zu vertreiben sei und verlaufene Buben an die Statt zu sehen seien; ob Jemand mit dem Amte der heiligen Messe mißhandelt, daß darum nicht alle Messen zu verachten wären; ob Jemand den Canon verstanden hätte, als sollte Gott da abermals von Neuem sterben und gekreuzigt werden, daß der unterwiesen würde, wie er es geistlich verstehen sollte, wie es auch die christliche Kirche versteht. Um eines schwürigen Fingers willen muß man nicht den ganzen Körper erwürgen, sondern man muß sehen, daß der Finger die Hand nicht umbringe: also auch, ob ein Kloster ein, zwei böse Brüder hat oder Untugend übet, muß man darum alle Orden nicht vertreiben. Wo das und dergleichen vorgenommen würde, wäre zu hoffen, es solle manche Seele Gott erhalten werden.'

Aber man gehe nicht aus auf Reform, sondern auf völligen Umsturz alles Bestehenden. Unbehindert könnten Fürsten, Grafen und Städte,Gottes Sacrament lästern und schänden, mit Füßen darauf gehen, Gottes Häuser zerstören, die Almosen zu sich nehmen und verzehren, Klosterjungfrauen aus dem Kloster führen und mit Gewalt reißen. Aller Gehorsam werde vernichtet und es sei zu besorgen, daß dem Reiche das Schicksal des griechischen Reiches bevorstehe. Luther und sein Evangelium habe bereits so viel angerichtet, daß selten in einem Hause Einigkeit des Gemüthes ist. Und hat dazu alle geschriebenen Rechte verworfen, und führt er darauf, daß man alles Recht dem Gewissen nach sprechen soll und nicht nach geschriebenem ordentlichen Recht. So kann man leichtlich auch abnehmen, daß dann kein Recht wird sein, denn, wo Einem was entgegengesprochen, so macht er sich selber einen Verstand nach seinem Gewissen und spricht: die Andern haben Unrecht gesprochen. Und also kommt Niemand zum Recht und wird also kein Recht sein. Durch Abfall von der Kirche und ihrer Einheit und Ordnung sei es bereits dahin gekommen, daß schier ein Jeglicher nun eine neue Ordnung gemacht, und wird also selten an einem Ende gehalten wie am andern, sondern ein Jeder läßt sich seinen Verstand am besten gefallen, und haben also einen getheilten Geist, daß nun mehr Keßereien daraus entstanden, denn Artikel im christlichen Glauben sind 1.

1 Actenstücke aus dem Dresdener Staatsarchiv bei Höfler, Denkwürdigkeiten der Charitas Pirkheimer LVIII-LXXIV. Höfler zählt dieselben mit Recht zu den merkwürdigsten Urkunden der Reformationsgeschichte. Vergl. auch Herzog Georg's Instruc tion für Hans von Schönberg CVII-CXII.

IX. Wachsende Verwirrung im religiösen und gesellschaftlichen

Leben.

Die neuen Lehrmeinungen waren seit wenigen Jahren in Ländern und Städten weit verbreitet worden und der Sturz aller teuflischen Gräuel des Papstthums wurde von den Neugläubigen als ein strenges, göttliches Gebot betrachtet.

In Kursachsen ward, wie die Neugläubigen sich ausdrückten, ‚von Tag zu Tag das Regiment des Teufels geringer'; in Mecklenburg und Pommern traten die Herzoge als gottbegnadete Rüstzeuge für das lautere Gotteswort ein, dämpften das satanische Gaukelwerk der Messe und nahmen die Kirchengüter,in christlichen Gebrauch'. Die durchgreifendste und folgenreichste Revolution bereitete sich in dem Ordensstaate Preußen vor, dessen Umwandlung in ein weltliches Fürstenthum von Luther auf das Eifrigste betrieben wurde. Schon im Jahre 1523 hatte Luther einen seiner Jünger nach Preußen abgesandt, damit auch dieses Land dem Reiche Satans Lebewohl sagen möge'. In Hessen wurde Landgraf Philipp ein begeisterter Neugläubiger, in der Pfalz ließ Kurfürst Ludwig durch Johann Schwebel ,das lautere Wort Gottes aus der Schrift verkündigen, und Herzog Ludwig von Zweibrücken richtete schon im Jahre 1523 mit Hülfe desselben Prädicanten nach neuen Grundsätzen Lehre und Cultus ein, und schickte die Priester, welche Messe lasen, aus dem Lande 1.

Einen besonders starken Anhang hatte die neue Lehre über die Verdienstlosigkeit der guten Werke in den Reichsstädten gefunden. Die Magistrate, sehr häufig seit langer Zeit mit den Bischöfen und den geistlichen Körperschaften theils wegen deren Vorrechte und Freiheiten, theils wegen des Gebrauches und auch Mißbrauches geistlicher Jurisdiction und weltlicher Gewalt in Kämpfe verwickelt, sahen es gern, daß,endlich einmal gezeigt werde, was der geistliche Stand sei; daß er der weltlichen Obrigkeit in Allem Gehorsam schulde und daß die Güter, die er widerrechtlich besiße und ver wende, in bessere Hände gelegt werden sollten'. Ungehindert, oft herbeigerufen, traten in den Städten Prädicanten auf, meist ehemalige Mönche,

1 Wir kommen später auf die Ausbreitung der neuen Lehre des Nähern zurück.

welche mit aller Rücksichtslosigkeit,wider den Gößendienst, die geölten Götzenpfaffen und gestohlenen Güter der Geistlichen, wider Fasten, Beichten und Bußübungen auftraten. Sie priesen die evangelische Freiheit in einer Weise, daß der rohe Haufen, wie schon im Jahr 1522 in Erfurt und Wittenberg, sehr häufig zu den schlimmsten Gewaltthätigkeiten sich befugt glaubte. Unter einander waren die Prädicanten wenig einhelligen Verstandes', oft grimmigen Sinns', was dann dem lautern Evangelium zu höchstem Schaden' gereichte.

Um in diesen gefährlichen Dingen' abzuhelfen, versammelten sich im Juli 1524 die Abgeordneten der Städte auf einem Tag in Speyer. Da damals das kaiserliche Verbot des auf den 11. November nach Speyer anberaumten Religionsconventes noch nicht eingetroffen war, so hätte man erwarten sollen, daß die Städte wenigstens diesem Convente nicht vorgreifen würden. Allein sie wollten schon vor demselben aus eigener Machtvollkommenheit in Glaubenssachen entscheiden und faßten in Speyer einen für die zukünftige Gestaltung deutschen Religionswesens bedeutungsvollen Beschluß.

Nachdem sich das heilige Evangelium und Wort Gottes, hieß es im Abschiede des Tages vom 18. Juli, auch in den Frei- und Reichsstädten zum Nutz des Seelenheiles und Aufnehmen brüderlicher Liebe erhöhet' habe, aber ungleichen Verstandes durch ungelehrte Prädicanten gemeinem christgläubigen Volk verkündet werde, so sei es hoch nothdürftig', daß eine jegliche Stadt sich der Sache annehme. Jede solle so viel als möglich bei ihren Geistlichen und Prädicanten schaffen und daran sein, daß durch dieselben fürohin nichts Anderes, denn das heilige, lautere und klare Evangelium, durch die apostolischen und biblischen Schriften appro birt1, gepredigt und fürgetragen werde, und sonst alle andere Lehre, so der heiligen Schrift und dem Evangelium widerwärtig, auch zur Schmähung und zum Aufruhr dienet, gänzlich geschwiegen und unterlassen werde'.

Dem Gutbefinden der städtischen Behörden sollte demnach anheimgegeben werden, worin dieses lautere und klare Evangelium' bestehe und was demselben entgegen sei.

Würde irgend eine Stadt, hieß es weiter im Abschiede des Speyerer Tages, wegen Nichtausführung des Wormser Edictes mit der Acht oder anderer Execution beschwert werden, so wolle man sofort auf einem neuen Tage darüber verhandeln, wie dieser Stadt zu rathen und zu helfen sei“. Auf dem nach Speyer anberaumten Convente wollten sie einen gemeinschaftlichen Rathschlag in Sachen der Religion vorbringen: stimme der Rathschlag

1 Nicht mehr nach der Auslegung der von gemeiner Kirche angenommenen Lehrer', wie es noch in dem Nürnberger Abschied geheißen.

der übrigen Stände mit dem ihrigen nicht überein, so sollte dieser angezeigt und dargethan werden; würde er aber von den Ständen nicht angenommen, ,alsdann möchten sich der Städte Botschaften nach ihrer Gelegenheit weiter bedenken, Protestation und andere Nothdurft fürwenden' 2.

Auf einen einhelligen christlichen Verstand', welchen die Städte angeb= lich von dem Nürnberger Religionsconvente erwarteten, durfte man bei einem derartigen Vorgehen keineswegs hoffen.

Die Städte rechneten bereits auf auswärtige Hülfe. Man hat mir gesagt, schrieb Erzherzog Ferdinand an den Kaiser, daß die Städte in Speyer Gesandte gehabt haben von den Schweizern und von den Böhmen, weil sie vorher dorthin geschickt hatten, in der Absicht, um einiges Einverständniß mit ihnen zu haben für den Fall, daß man sie wegen der Lehre Luther's, die sie gegenwärtig die evangelische nennen, bestrafen oder überziehen würde.' 3

Um herauszufinden, worin das lautere und klare Evangelium' bestehe, wurden in verschiedenen Städten in Gegenwart einzelner Rathsglieder Disputationen über Religionsangelegenheiten abgehalten, und es wurde dabei manchmal, wie in Constanz, den Disputirenden erlaubt, griechische und hebräische Citate vorzubringen; der städtische Nath, der weder Griechisch noch Hebräisch verstand, gab schließlich die Entscheidung über das rechte Evangelium. Welch' seltsame Dinge bei einer solchen Behandlung religiöser Fragen zu Tage traten, ersieht man beispielsweise aus einem von dem Nathe zu Constanz an das Reichsregiment gerichteten Schreiben, worin Beschwerde geführt wurde gegen Bruder Antonius, Lesemeister der Dominicaner, welcher, sagt der Nath, göttlicher Schrift und unserem Befehle widerwärtig predige'. Er, der Nath, habe den Prädicanten der Stadt befohlen, daß,ihrer jeder artiklichen aufzeichnen solle, was die andern ungleichförmig unserm Befehle gepredigt hätten'. Drei Prädicanten hätten run eine solche Schrift gegen Bruder Antonius eingeschickt. In dieser Schrift wurden demselben. unter Anderm folgende Punkte, durch die er den Befehl des Nathes übertreten habe, zum Vorwurf gemacht. Er gebrauche sich etlicher Bücher als heilig und biblisch, die doch nie dafür geachtet und angenommen worden seien, als das dritte und vierte Buch Esdre, Ecclesiasticum, Sapientiä,

1 wurde im Allgemeinen über Stimme und Session' der Städte im Abschiede des Tages beschlossen.

2 *,Abschid aller Frey- und Reichstett gemeinen Stetttags Montag nach Margaretha (Juli 18) anno 1524 in der Stadt Speyer gehalten. In ,Der erbern Freienund Reichstett Abschiede der jare 1523-1542, im Frankfurter Archiv.

3 Bei Buchholz 2, 68.

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