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Berg gefahren soll sein. So sei auch der Sebald nicht minder halsstarriger und teufelhafter, denn dieser, und sei beschwerlich, daß Christenleute sollten um sie sein, als ihre Weiber; dieselbigen hätten sie auch so irrig gemacht, daß sie nicht wüßten, wo aus. Beide Brüder gingen auch mit Münzer's und Carlstadt's Büchlein um'. Die drei Maler wurden im Jahre 1524 aus der Stadt verbannt, weil sie sich so ganz gottlos und heidnisch erzeigt, und das mit einem Trutz und Verachtung aller Prediger und ihrer weltlichen Oberkeit'. Als besonderer Grund ihrer Ausweisung wurde angegeben, es wäre zu besorgen, daß aus dieser Leute Gegenwärtigkeit viel getheilter irriger Gemüth und Opinion bei viel Menschen in dieser Stadt und draußen folgen würde, daß man hinfüro nicht mehr der Gemeine, sondern einem jeden Irrigen insonderheit predigen und Unterricht thun müßt. Dieß aber würde eine unerträgliche Last' sein, nicht allein allen Predigern, sondern auch den Herren des Nathes von Nürnberg' 1.

,Mit welchem Recht aber, fragten kirchlich gläubige Schriftsteller, ,kann Carlstadt und Anderen die Freiheit genommen werden, Taufe, Abendmahl und lutherische Kircheneinrichtungen zu verwerfen, wenn es Luther freistehen soll, die fünf anderen Sacramente zu leugnen und den lang= hundertjährigen Bau der alten Kirche über den Haufen stürzen zu helfen? Wenn Luther vermöge des aufgestellten Principes freier Auslegung der heiligen Schrift, diese oder jene Sätze als echt evangelisch, gegentheilige Meinungen darüber als verabscheuungswürdig, räuberisch und teuflisch bezeichnen darf, warum sollen nicht Carlstadt und Münzer und wie die neuen Schriftdeuter alle heißen mögen, wiederum andere Säße als allein richtige und durch göttlichen Geist geoffenbarte aufstellen und dafür wirken dürfen mit derselben Freiheit, die man Luther und den Wittenbergern einräumt? Vollständige religiöse Anarchie, sagte man, werde die Folge sein von der ,christlichen Freiheit, wie sie Luther verlange: von der Freiheit bezüglich der Bibel, die, wie er behaupte, klar und für Jeden verständlich sei', und von seinem Grundsage: Ein Jeder sei ein bevollmächtigter Richter aller derer, die ihn lehren wollen, und sei inwendig allein von Gott belehrt' 2.

Daß die heilige Schrift einem Jeden zur Sicherung seines Glaubens' übergeben worden und dem Christen die einzige Nichtschnur sein solle, wurde

1 Verhörsprotocoll bei Jörg 731--733 (vergl. 668) und Vaader, Beiträge zur Kunstgeschichte Nürnbergs 2, 74–77, vergl. 53–54.

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2 Vergl. Glos und Comment Bl. B—D2. E. F. Contra M. Lutherum fol. 9.

als höchste Forderung,christlicher Freiheit festgehalten von allen sectirischen Parteien, welche man unter dem Namen,Wiedertäufer zusammenzufassen pflegt. In vielen Lehren und Cultusformen gingen diese Parteien weit aus einander, aber sie hielten übereinstimmend an dem Sage fest, daß die Kindertaufe abgeschafft werden müsse, weil von ihr in der Bibel an keiner Stelle gesprochen werde: nur wer glaube, habe der Heiland gesagt, könne getauft werden, darum müsse,die Uebung des Glaubens der Taufe vorausgehen.

Die Frage aber, wie diese,lebung des Glaubens', die auch unumgänglich nothwendig sei zum rechten Verständniß der Bibel, stattfinden solle, wurde von Verschiedenen verschieden beantwortet. Hatte Luther behauptet, Jeder werde inwendig allein von Gott gelehrt', so schritten Manche zu der weitern Behauptung vor, man könne, so lange nicht diese innere Belehrung erfolgt sei, überhaupt zu keinem sichern Glauben gelangen.

So erklärte zum Beispiel noch früher als die,gottlosen Maler der Nürnberger Schulmeister Johann Denk vor dem Rathe der Stadt: er halte ,die Schrift mit Petro für ein Lucern, die im Finstern leuchte, aber die Finsterniß seines Unglaubens sei so groß, daß er unmöglich die Schrift allenthalben verstehen könne. So ich sie denn nicht verstehe, sagte er, ,wie soll ich denn den Glauben daraus erschöpfen? Das hieße Glauben von ihm selbst überkommen, so ich ihn nähme, ehe daß er mir von Gott eröffnet würde. Ja, wer der Offenbarung von Gott nicht erwarten will, sondern unterwindet sich des Werks, das allein dem Geiste Gottes und Christi zugehört, der macht gewiß aus dem Geheimniß Gottes, in der Schrift verfasset, einen wüsten Gräuel vor Gott, und zeucht die Gnade unseres Gottes auf die Geilheit. Darum sagt Petrus weiter, daß die Schrift nicht eigener Auslegung sei, sondern dem heiligen Geist gehört es, sie auszulegen, der sie auch am ersten gegeben hat. Dieser Auslegung des Geistes muß ein Jeglicher zuvor bei ihm selbst gewiß sein, wo nicht, so ist's falsch und nichtig.'1

Andere, wie Thomas Münzer und die Zwickauer Propheten, fühlten sich dieser, Auslegung des Geistes', der ‚innerlichen Einsprechung“ und „Offenbarung von Gott' gewiß und gefestigt und verkündeten vermöge derselben ein neues Gottesreich, eine völlige Neubildung des Gesammtzustandes der kirchlichen und zugleich der bürgerlichen Gesellschaft.

Wie in Zwickau und Alstedt und an vielen Orten in Sachsen und Thüringen, so fand diese auf innerlicher göttlicher Auslegung der Schrift' begründete Lehre von dem bevorstehenden Gottesreiche unzählige Anhänger auch in der Schweiz. In Zürich, wo Ulrich Zwingli das neue,Evan

1 Jörg 664-665.

gelium', bald in Uebereinstimmung, bald im Widerspruch mit Luther verkündigt hatte, entstand im Jahre 1523 eine Partei radicaler Bibelausleger, welche den vorgeblichen Reformator für einen höllischen Drachen ausgaben, der falsch und unsinnig predige und das theuere göttliche Wort dem Entscheid weltlicher Oberkeit ausliefere. Ihr habt deß nicht Gewalt,' rief einer der Wortführer der Partei gegen Zwingli aus, ,dem Nathe der Stadt das Urtheil in die Hand zu geben; das Urtheil ist schon gegeben, der Geist Gottes urtheilt. Wir weichen billig von dem Predigen der Prädicanten, sagten die neuen, der Wiedertaufe anhängenden Schriftkundigen gegen die Zwinglianer,,dieweil sie von der Lehre, die sie erstlich aus dem Evangelium haben gepredigt und wir also gelernt, Zerrüttung und Aergerniß anrichtend gefallen, und ihrer ersten Lehr zuwider leben und handeln. Sie brauchen und bemühen jezt unterm christlichen geistlichen Schein anstatt des geistlichen Schwertes und Gewalts das weltlich Schwert und Gewalt zu geistlichen und Glaubenssachen, wider welchen Brauch doch die evangelischen Prediger Anfangs lang geschrieben, und solche Weis ein Tyrannei gescholten haben. Die neue Partei wollte eine Kirche bilden, in der nur die Auserwählten, das heißt ihre Angehörigen, sich be= finden sollten, während alle übrigen Menschen als Gottlose zu betrachten. und zu verfolgen seien. In der Kirche der Auserwählten sollte völlige Gleichheit und Gütergemeinschaft herrschen.

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Dieß gefiel,insonderheit dem armen Mann gar gut', weßhalb er,in starken Haufen zu der Lehre zuzog und göttliche Gesichte hatte, und wäre er Schneider, Schuster oder Kürschner, selb predigte und lehrte vom Gottesreich, wo kein Unterschied der Menschen, auch nicht an Hab und Gut, und daß man sollt ausbrennen Klöster und Schlösser und tödten alle, die widerspenstig dem Gottesreich' 2.

In großer Zahl zogen seit dem Jahre 1524 Revolutionsmissionäre dieser Art im südwestlichen Deutschland und in der Schweiz umher. In St. Gallen zum Beispiel war, nach dem Berichte eines Augenzeugen, die Zahl der Prädicanten so groß, daß man an Sonn- und Feiertagen allenthalben auf Haufen von Bürgern stieß, die einem wiedertäuferischen Prediger zuhörten. „Da, da,' sprach ein Bauer zum andern, das ist das recht Evangeli. Lueg, lueg, wie hant die alten Pfaffen gelogen und falsch gepredigt, man sollt die Buben alle zu todt schlagen. Der Sprecher der katholischen Cantone äußerte sich schon im Jahre 1524 auf der Tagsaßung der Schweiz:

1 Bullinger, der Wiedertäufer Ursprung, Fürgang u. s. w. (Zürich 1560) BI. 250. Näheres über den Ursprung der Wiedertaufe in der Schweiz bei Cornelius, Geschichte des Münsterischen Aufruhrs 2, 8-30.

2 Brief von Clemens Endres vom 13. Mai 1524, vergl. oben S. 326 Note 1. Janssen, deutsche Geschichte. II. 5. Abbrud. 25

durch die religiösen Neuerungen werde das Volk so unruhig, daß es sich weigere, Zinsen, Zehnten und andere Leistungen zu entrichten, und dabei im Glauben stehe, es solle Alles gemein sein; es verachte dermaßen die Obrigkeit, daß der Untergang der Schweiz daraus entstehen könne 1.

Von den mit klarer Schriftauslegung durch göttliche Gesichte und Verzückungen Auserwählten' wurden bald oft die gräßlichsten Thaten begangen. So hieb im Jahr 1525, erzählt der Berner Chronist Anshelm, zu St. Gallen, aus Vorwendung des himmlischen Vaters Wille, im Beiwesen von Vater und Mutter, ein Bruder dem andern sein Haupt ab; und zu Eßlingen hat in einer Versammlung der Brüder einer sein Weib mit Füßen zu todt getreten, beide sprechend: jetzt ist des Vaters Will' erstattet und vollbracht. Noch auf dem Blutgerüste sprach der Brudermörder seine Ueberzeugung aus, an seinem Bruder den Befehl Gottes vollzogen zu haben. Mit dem Willen des Vaters' wurden Unzucht und andere Verbrechen beschönigt und entschuldigt. Nicht er, sagte einer der Prädicanten, begehe Verbrechen, sondern Gott der Vater wirke sie durch ihn, Gott sei auch schon. selbst bei ihm gewesen. So sind ihrer etliche, auch Schriftgelehrte,' be= zeugt Anshelm, so verzückten Geistes geworden, daß sie keinen Buchstaben mehr lesen, noch Menschenstimmen mehr hören wollten, so gar auf des himmlischen Vaters Stimme getröst. Die Regierung von St. Gallen erließ durch eigene Mandate den Befehl, Niemand dürfe in Zukunft behaupten, Gott der Vater habe ihn Etwas geheißen oder er rede und wirke durch ihn.

Neben den schrecklichen und verführerischen Dingen der Verzückungen und Gesichte kamen bei den neuen Schrifterklärern allmählich auch ,die verwunderlichsten Dinge vor, aus übertriebener Beobachtung der Anweisung Luther's, daß man bei Auslegung der Bibel den einfachen, zunächst sich darbietenden Sinn festhalten solle. In St. Gallen rannte man aus allen Thoren nach allen vier Weltgegenden, um zum Reiche Gottes einzuladen, weil es in der Bibel heiße: ,Gehet in die ganze Welt und predigt das Evangelium. In Appenzell vereinigten sich einmal zwölfhundert Täufer und warteten nach dem Spruche: Sorget nicht, was ihr essen werdet, der Speise, welche der himmlische Vater ihnen zusenden werde, bis der Hunger sie aus einander trieb. Ohne Stab, Schuhe, Taschen und Geld liefen ganze Schaaren im Lande herum und predigten von den Hausdächern, denn die Bibel verlange: ,was euch in das Ohr geraunt ist, das kündet aus auf den Dächern'. Viele verließen Weib und Kind und zogen bei den Brüdern bettelnd im Lande umher, denn nicht umsonst habe der Heiland verlangt, daß man um seinetwillen Vater, Mutter und Alles verlassen solle.

1 Sicher's Vericht bei Baumann, Acten 286-287. Zimmermann 2, 22. 87.

Andere verbrannten die Bibel, dem Saze gemäß: ‚Der Buchstabe tödtet, der Geist aber macht lebendig. Die neue Secte und sondere Kirch der Wiedertäufer, bemerkt Sebastian Frank in seiner Chronik, entstund aus dem Buchstaben der Schrift, und zogen viel, auch guter Herzen, die nach Gott eiferten, mit gutem Schein und auch dem Buchstaben der Schrift, den sie steif für sich hielten, zu ihnen.' 1

Einer der Thätigsten und Begabtesten der Secte wurde der Prädicant Doctor Balthasar Hubmaier 2, ein sonderlicher Schriftkundiger, der Jedem seinen Glauben ließ, wie er aus der Schrift ihn fund'. In den ,achtzehn Schlußreden, so betreffend ein ganz christlich Leben, stellte Hubmaier, wie Luther, den Grundsatz auf: Wie jeder Christ für sich selbst glaubt und getauft wird, also soll auch Jeder nach der Schrift selbst urtheilen, ob er von seinem Seelenhirten recht gespeiset und getränkt werde. Er sah sich die an der schweizerischen Grenze in der vorderösterreichischen Herrschaft Hauenstein gelegene Stadt Waldshut zum Schauplah seiner Wirksamkeit aus und fand dort bald unter dem gemeinen Mann und den Zünften eine große Zahl, welche der Meinung waren, daß er als Seelenhirt,eine rechte Speise und Trank darböte. Er zog die Gemeine dermaßen an sich, daß er die vom Nath und der Erbarkeit mit Gewalt meisterte' 3. Unter

1 Ueber das Gesagte Anshelm 6, 268; ferner die Berichte bei v. Arr 2, 503–509. Bullinger Bl. 2. 19. 22. Keßler's Sabbata 1, 258-305. Frank's Chronika 3, 193. 199. Vergl. Jörg 662-663. 669–670. In Augsburg regten sich wiedertäuserische Elemente bereits im Jahre 1524. Vergl. Uhlhorn 62. Jn Nürnberg führte ein wiedertäuferischer Rothschmied seine hochschwangere Frau auf den Johanniskirchhof und tödtete sie dort auf schreckliche Weise, um ihr, seiner Aussage nach, die Bluttaufe zu geben. Vergl. v. Eye, drei Jahre aus dem Leben einer deutschen Reichsstadt, in der Zeitschr. für deutsche Kulturgesch. Jahrg. 1873 S. 203-230. Ueber Tyrol heißt es in einem Bericht: der Progreß der lutherischen Sekte nahm in diesem 24. Jahr also überhand, daß die Fürstl. D. sich darnieder hat seßen müssen, insonderheit aber wider die Widertäufer, deren etliche davon Ruestörer und Aufwiegler an vielen Orten den gemeinen unverständig Mann durch ihre kezerische Lehre dermassen verfierth haben, daß in wenig Wochen eine merkliche Anzal von Manns- und Weibspersonen in solchen Irrthum khumen sein, so alle ihre Hab und Güter, auch Fahrniß verkauft, zu Geld gemacht und sammt Weib und Kind in die Widertauf gezogen sein. Dem zeitlich vorzuthun, und um ihnen eine Furcht einzujagen, hat man zu Innspruď drei Mannspersonen hingerichtet, deren einer bei 400 Seelen in solchen verdammten Jrrthum versierth gehabt. Bei Greuter 31.

2 Ueber Hubmaier vergl. den Aufsatz von Schreiber in Taschenbuch für Geschichte und Alterthum Süddeutschlands, Jahrgang 1 und 2, Freiburg 1839, 1840. Stern, Zwölf Artikel 57 fll.

3 Vergl. das Anbringen der Waldshuter an den Fürstlichen Ausschuß zu Engen, in dessen Brief an den Hofrath zu Innspruck vom 16. Sept. 1524 bei Schreiber, Bauern= frieg 1, 70.

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