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im November 1510 durch Pfefferkorn dem Kaiser, der sich damals in Freiburg aufhielt, überbracht. Maximilian übergab die Actenstücke dreien Theologen, unter welchen sich der berühmte Carthäuserprior Gregor Reisch befand, zur Berichterstattung. Die Theologen sprachen sich im Sinne des Eölner Gutachtens aus: die Bibel könne den Juden ohne Gefahr belassen werden; die übrigen Bücher aber wegzunehmen, sei ein dem christlichen Glauben und den Juden selbst nutzbringendes Werk. Von den Erzbischöfen, Bischöfen und anderen geistlichen Vorstehern sollten mit Unterstützung weltlicher Beamten durch das ganze Reich die Bücher gesammelt, durch lateinund hebräisch-kundige Männer untersucht, die unschädlichen zurückgegeben, die übrigen entweder verbrannt oder in christliche Bibliotheken vertheilt werden, um zum Studium zu dienen.'

Die ganze Bücherfrage' aber gelangte zu keinem Austrage. Der Kaiser äußerte sich wohlgefällig über die Gutachten, wollte jedoch die letzte Entscheidung nicht ohne die Stände des Reiches' treffen, mit diesen aber wurde auf keinem der späteren Reichstage darüber verhandelt 2.

Aber an die Frage über die Judenbücher knüpfte sich ein Streit von höchster Bedeutung für das geistige und religiöse Leben der Nation.

In seinem Gutachten über die Judenbücher hatte Reuchlin den Judenfeind Pfefferkorn persönlich angegriffen, ihn als ,Biffel oder Esel bezeichnet, der von Büchern, auf deren Vernichtung er dringe, nichts verstehe; er hatte von Schalachsbuben' gesprochen, die aus niedrigen Beweggründen zum Christenthum übergingen. Pfefferkorn trat nun in seinem im Jahre 1511 veröffentlichten Handspiegel in leidenschaftlichem Tone gegen seinen Angreifer auf. Reuchlin antwortete in noch leidenschaftlicherer Weise in seinem Augenspiegel', worin er Pfefferkorn einen gemeinen, ehrlosen Bösewicht', einen mit einer ,teuflischen Natur' behafteten Menschen nannte. Er theilte in seiner Schrift unter Anderm das für den Kaiser ausgearbeitete Gutachten über die Judenbücher und eine Erklärung desselben mit.

Beide Schriften waren keine Parteiprogramme, sondern lediglich persönliche Manifeste; mit dem „Handspiegel' hatten die Cölner Theologen, mit dem Augenspiegel die humanistischen Anhänger Reuchlin's Nichts gemein3. Aber in Kurzem ,bildeten sich die großen Parteien'.

1 Bergl. unsere Angaben Bd. 1, 94.

2 Näheres über das Behandelte bei Geiger, Reuchlin 216–240.

3 Am unbefangensten und gründlichsten unter allen neueren Historikern hat L. Geiger in seiner Biographie Reuchlin's die ganze Streitsache dargestellt. In keiner Er

Der in der Frankfurter Herbstmesse 1511 erschienene Augenspiegel' erregte das höchste Aufsehen und wurde bald über ganz Deutschland verbreitet. Weil in demselben irrige, unkirchliche Lehren vorgebracht seien, so überschickte der Frankfurter Stadtpfarrer Meyer, seiner Behauptung nach auf Befehl des Mainzer Erzbischofs Uriel, ein Exemplar der Schrift an die Cölner theologische Facultät, welche durch päpstliche Vollmacht das oberste Censurrecht in Deutschland besaß.

Wie damals die Cölner Universität mit ihren zweitausend Studenan Bedeutung und Größe, Ruhm und Ehre unter allen rheinischen Hochschulen unbestritten noch den ersten Platz behauptete 1, so stand auch die theologische Facultät unter sämmtlichen theologischen Facul täten Deutschlands obenan. Die angesehensten Theologen derselben waren der Regens der Laurentianer Burse Arnold von Tungern 2 und die

zählung des Reuchlin’schen Streites, sagt er Seite 257 Note, ‚hat man sich die Mühe genommen, bei jeder einzelnen Thatsache kritisch vorzugehen, einander entgegenstehende Berichte, falls solche vorhanden sind, gegen einander abzuwägen. Hat man überhaupt die Berichte der Gegner Reuchlin's beachtet, so ist man in solchen Fällen mit dem Urtheile leicht fertig gewesen und hat ihre Glaubwürdigkeit gegenüber den Reuchlin'schen durchaus verdächtigt. Man stäuscht sich, wenn man glaubt, durch Herabseßung der Gegner die Sache Reuchlin's zu verherrlichen; es ist nicht historisch und darum nicht gerecht, den Einen mit anderem Maßstabe zu messen, als die Anderen.“

1 Vergl. unsere Angaben Bd. 1, 73-74. Krafft, Documente und Briefe 117 bis 127, 182-201. ,Bei näherer Betrachtung, sagt Krafft 184, ist es sehr auffallend, welch eine Menge einerseits von gelehrten als Schriftsteller und academische Lehrer thätigen Männern, andererseits welche Fülle von jugendlich strebsamen Kräften, die später zu Namen und Ansehen gekommen sind, sich damals (1512-1514) zu Cöln zufammenfand."

2 Ueber Arnold von Tungern vergl. Bd. 1, 75. 80. Der Humanist Johannes Murmellius erklärte, er habe ,dem berühmten Arnold von Tungern viel zu verdanken, und wisse nicht, ob er seinem Charakter oder seinem Wissen größeres Lob spenden solle. Er widmete ihm im Jahre 1510 eine Schulschrift. Böcking, Suppl. 1, 392. Vergl. Cornelius, Münsterische Humanisten 29. Der Humanist Johannes Butzbach schrieb über Tungern:,vir in divinis scripturis egregie eruditus et saecularis philosophiae non infime peritus, sacrae theologiae apud Coloniam modo insignissimus professor, fama doctrinae suae undique notus, quippe qui eruditionis suae magnitudine et christianae fidei zelo almam illam Coloniensium universitatem magnifice hoc tempore nostro illustrat' . .,devotus Christi sacerdos et doctor integerrimus. Wegen Tungern's Schrift: Contra concubinarios presbiteros', fährt Bußbach fort: ,omnes autorem maledicunt, vituperant, lacerant et carpunt mali sacerdotes. Aus Butzbach's Auctarium in der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 7, 260. Die,mali sacerdotes' werden in den Angriffen gegen den ehrwürdigen Mann mit den sittenlosen Humanisten Hutten und Crotus Rubianus gewiß gemeinsame Sache gemacht haben. Warum mag wol Böcking, der in seinem Commentar zu den Epist. obscurorum virorum in Ulr. Hutteni Op. Suppl. tom. 2 Buzbach's Aucta

beiden Dominicaner Conrad Collin und Jacob Hochstraten.

Sobald Reuchlin erfuhr, daß Arnold von Tungern die Prüfung seines Buches vornehmen solle, schrieb er an diesen am 28. October 1511: er halte es für ein Glück, daß gerade er ihm als Richter gegeben sei, weil er selbst durch Gelehrsamkeit hervorrage, vor Gelehrsamkeit Achtung habe, mit menschlicher Schwäche Nachsicht übe. Bei Abfassung seines Gutachtens' sei es ihm nicht in den Sinn gekommen, irgend einen Menschen zu verlegen, oder einer Universität zu nahe zu treten; er verehre die Wissenschaft, vor Allem die Theologie, habe aber selbst keine theologischen Studien getrieben, und führe theologische Stellen in seiner Schrift etwa so an, wie ein Landgeistlicher in seinen Predigten über Medicin rede. Habe er Irrthümer begangen, so bitte er, daß ihm dieselben angezeigt würden, er sei bereit, sie zu verbessern, denn in Allem wolle er in Gehorsam gegen die Kirche verharren und seinen Glauben unbefleckt bewahren 2. In einem Briefe an Collin, mit dem er seit langer Zeit befreundet war, sprach Reuchlin sich in ähnlicher Weise aus. Dieser antwortete ihm am 2. Januar 1512, es sei nicht auffallend, wenn ein Jurist sich in theologischen Dingen irre3; er habe die Facultät veranlaßt, daß ihm die anstößigen Stellen übersendet würden mit der Angabe, was darin zu ändern sei*.

Die Facultät hielt Reuchlin in ihrem Schreiben vor: Durch sein Gutachten habe er das Unternehmen des Kaisers gegen die Judenbücher vereitelt und sich bei den Christen einer Begünstigung der jüdischen Treulosigkeit verdächtig gemacht; sein,Augenspiegel', in deutscher Sprache geschrieben,

rium bezüglich der Freunde Reuchlin's häufig benußt, obige günstige Stelle über Tungern nicht aufgenommen haben? Sie steht im Auctarium fol. 147, die über Joh. Cäsarius, welche sich bei Böcking 2, 334 findet, fol. 151. Soll die Parteilichkeit noch nach dreihundertfünfzig Jahren sogar in Quellenwerken fortgesetzt werden?

1 Ueber Collin vergl. Veesenmaier im kirchenhist. Archiv von Stäudlin (Halle 1825) Bd. 1, 470–501. Als Professor der Theologie in Heidelberg lehrte Collin mit solchem Beifall, daß bei seiner Uebersiedelung nach Cöln im Jahre 1511,der Decan der philosophischen Facultät zu Heidelberg auf einstimmiges Verlangen der Lehrer daselbst schriftlich in ihn drang, seine Vorlesungen zum Gebrauche ihrer Universität drucken zu lassen'. S. 474. Der Schweizer Heinrich Bullinger bezeichnete noch im Jahre 1545, nachdem er längst von der katholischen Kirche abgefallen war, den Collin als einen ,egregius Thomista'. Vergl. die Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 6, 265.

2 ,Quicquid igitur,' schrieb er,,sancta ecclesia, quae est columna et firmamentum veritatis, credit et qualitercunque credit, item ego et taliter credo. Et sicut ipsa exponit sacram scripturam, ita ego exponendam censeo atque confiteor. Et si usquam aliter exposuerim . . illud corrigere et emendare paratus sum' u. s. w. Reuchlin's Briefwechsel 139.

3 . . . Non mirum, si jurista theologicas non attigerit subtilitates.'
Reuchlin's Briefwechsel 140-144 149--150.

werde von den Juden gelesen und verbreitet; diese seien hocherfreut, daß ein so gelehrter Mann, wie er, ihre Sache führe, ihre gegen Christus und den christlichen Glauben gerichteten Schriften schüße und vertheidige. Zur Stüße seiner Ansichten habe er in verkehrter Weise Aussprüche der heiligen Schrift angeführt, außerdem mancherlei anstößige und ärgerliche Behauptungen eingestreut, und dadurch seine Rechtgläubigkeit zweifelhaft gemacht. Mit großer Freude aber habe die Facultät aus seinen Briefen an Tungern und Collin ersehen, daß er in treuem Glauben verharren wolle und Frriges zu verbessern bereit sei; sie überschicke ihm ein Verzeichniß der unrichtigen Behauptungen und der von ihm verkehrt angewendeten Stellen, und bitte ihn, sich darüber näher auszusprechen, oder nach dem Beispiele des demüthigen und weisen Augustinus einen Widerruf zu leisten 1.

Nach solchen gegenseitig ruhigen Erklärungen hätte man einen friedlichen Austrag der Sache erwarten dürfen, allein dieser erfolgte nicht. Binnen wenigen Monaten, schrieb später Hochstraten über jene Zeit, ,trat bei Reuchlin unter der Einwirkung streitsüchtiger und kirchenfeindlicher Männer eine fast völlige Aenderung seiner Stellung, wie seiner Sprache ein.' Schon am 12. März 1512 beschuldigte Reuchlin in einem Briefe an Collin die Cölner: nicht er, sondern sie hätten den Streit angefangen, ,oder vielmehr der von ihnen angesta chelte getaufte Jude'; er sei unschuldig verrathen und verkauft, aber er fürchte Nichts, denn er habe mächtige Beschüßer unter dem Adel und Nichtadel, und es würde eine große Bewegung verursachen, wenn ein Redner mit der Kraft eines Demosthenes Anfang, Mitte und Ende dieses Handels entwickeln und zeigen würde, wem es dabei um Christus und wem um den Beutel zu thun gewesen. Und zu jener Zahl der Starken, betonte er, ,würden sich auch die Poeten und Historiker gesellen, von denen in dieser Zeit eine große Anzahl lebt, die mich als ihren ehemaligen Lehrer, wie billig, ehren; sie würden ein so großes Unrecht, von meinen Feinden an mir verübt, ewigem Andenken übergeben und mich als einen unschuldigen Mann schildern zu eurer hohen Schule unvergänglicher Schmach 2.

In einer neuen deutschen Schrift 3 hielt Reuchlin alle seine Behauptungen aufrecht und griff die Cölner indirect in spitzigen Bemerkungen an. Die Cölner ihrerseits wollten den Streit dem Volke entziehen. Darum faßte

1

,... Super his ergo petimus, ut per tua scripta nos latius mentem tuam develando informes, aut exemplo humilis et sapientis Augustini palinodiam cantando retractes. Reuchlin's Briefwechsel 146-148.

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Neuchlin's Briefwechsel 165–167.

,Ain clare verstentnus' u. s. w. Vergl. Böcking, Ulr. Hutteni Op. Suppl. 2, 77. Geiger, Reuchlin 264-265.

Arnold von Tungern eine im Ganzen ruhig gehaltene ernste Schrift, worin er die verkehrten Säße Reuchlin's nachzuweisen suchte, in lateinischer Sprache ab1. In der Zueignung des Werkchens an den Kaiser sagte er: er habe gegen Reuchlin geschrieben, weil dessen Augenspiegel die Juden mit Unrecht begünstige und in ihrer Widersetzlichkeit gegen die Christen bestärke, und weil der Verfasser die ihm angezeigten anstößigen Behauptungen nicht habe zurücknehmen wollen, sondern die Cölner Facultät mit der Drohung, viele hinter ihm Stehende seien zu seinem Schuße bereit, von weiterem Vorgehen habe zurückschrecken wollen; durch Drohungen aber sei diese nicht einzuschüchtern.

Anders als die Cölner verfuhr Pfefferkorn. Aufgebracht durch die Schmähungen Reuchlin's, der ihn in seiner legten Schrift als einen Mann bezeichnet hatte, ‚der ainen sundern Lust hat zu lügen', griff er in seinem ,Brandspiegel 2 den Gegner leidenschaftlich an und erbitterte den gereizten Gelehrten um so mehr, weil inzwischen Kaiser Maximilian am 7. October 1512 ein Verbot gegen den Augenspiegel erlassen und dessen Confiscation bei Vermeidung strenger Bestrafung befohlen hatte. Reuchlin veröffentlichte jezt eine Vertheidigung gegen seine Cölnischen Verläumder 3, eine der wüthendsten Parteischriften der Zeit.

Nicht Eifer für den Glauben, behauptete er in seiner Widmung der Schrift an den Kaiser, habe die Cölner veranlaßt, gegen ihn aufzutreten, sondern die Lust, ihm zu schaden, das Streben, ihn zu vernichten.' Seine Gegner seien nicht Theologen zu nennen, sondern Theologisten, Leute, welche nicht mit der Erforschung des Wahren, sondern mit leeren Wortstreitigkeiten sich abgeben, nicht nach sittlicher Reinheit streben, sondern sich mit Verbrechen und Schändlichkeiten aller Art beflecken. Uebrigens sei es eine alte Erfahrung: die Guten würden von den Schlechten verfolgt und verlästert. Schon Homer habe gegen einen unwürdigen Gegner zu kämpfen gehabt; an die Fersen eines jeden bedeutenden Mannes hänge sich ein Verleumder'. Von den Cölnern sei der Handel gegen die jüdischen Bücher nur angefangen worden, um Geld von den Juden zu erpressen. Sie verlangen nach jüdischem Gelde,' sagte er,,möge es ihnen gewährt werden, sie mögen die Juden vertreiben und verbrennen, wenn ich nur Ruhe und Frieden erlange. Der ihm gemachte Vorwurf, er habe Stellen der Bibel und classischer Schriftsteller in falschem Sinne erklärt, sei nicht gerechtfertigt. Es sei erlaubt, dieselben anders aufzufassen, als sie geschrieben

1 Articuli sive propositiones de judaico favore nimis suspectae, ex libello teutonico Joannis Reuchlin etc. Coloniae 1512. Vergl. Böcking 2, 78-79. Geiger 266. 2 Vergl. Böcking 2, 79-80.

3 Defensio J. Reuchlin contra calumniatores suos Colonienses.

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