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Erasmus hatte an der Abfassung dieser Briefe gar keinen Antheil, vielmehr mißbilligte er den Ton derselben, aber Fürst Carpi warf dennoch mit Recht ihm vor, daß er durch sein,Lob der Narrheit den Verfassern der Briefe, dieses giftigsten Libells gegen die kirchlich-scholastische Lehrmethode, gegen die Lehrer des Mittelalters und gegen kirchliche Institute,' Waffen aller Art geliefert habe, und ,in Wahrheit der geistige Vater des umfangreichen Pamphletes sei' 1. Ihrem wesentlichen Inhalte nach sind die Briefe nur das ins Rohe und Persönliche übertragene Lob der Narrheit. Das Schmählichste in diesem, wie in jenen, ist der mit der heiligen Schrift getriebene Spott. Erasmus mißbrauchte die heilige Schrift zu possenhaften Anführungen; die,Briefe unberühmter Männer' legten den verhöhnten Mönchen daraus Stellen in den Mund zur Beschönigung unzüchtiger Dinge. Erasmus, selbst ohne tiefern sittlichen Ernst, warf sich zum rhetorischen Sittenprediger auf und machte insbesondere den ganzen Mönchs stand verächtlich, aber er nannte Niemanden bei Namen 2; seine Nachfolger Crotus und Hutten spritzten den, Schmutz, worin sie wateten, bestimmten Persönlichkeiten in's Gesicht, sogar dem makellosen Arnold von Tungern, den sie Schändliches schreiben ließen und den sie eines ehebrecherischen Verhältnisses mit der Frau des ihnen verhaßten Pfefferkorn bezichtigten. Wahrhaft gemein sind in den Briefen die gemachten Vergleiche. So wird Christus der Herr mit Cadmus verglichen: wie dieser seine Schwester aufsuchte, so suche auch er seine Schwester, die Menschenseele, auf; weil Christus zweimal geboren sei, einst vor aller Zeit und dann im Fleische, so gleiche er dem zweimal geborenen Bacchus; Semele, die den Bacchus auferzieht, bedeutet die Jungfrau Maria 3. Vom Papste wird mit größter Geringschätzung gesprochen; der Ablaß, die Verehrung der Reliquien verspottet. Der heilige Rock zu Trier, sagt ein Poetenschüler, sei ein lausiges altes Kleid; die heiligen drei Könige zu Cöln seien wahrscheinlich drei westfälische Bauern. Die als Schlagwort aufgekommene,wahre Theologie des Erasmus spielt auch in den Briefen ihre Rolle; sie wird als ein Mittel gepriesen, ‚die Kirche zu reformiren und die Irrthümer zu entfernen, die sich in dieselbe

auf ihn ihre Hoffnungen bauten, verschlägt an der Thatsache, daß sie das Papstthum als solches bekämpften, gar Nichts.

1 Lucubrationes 51.

2 Daß die Briefe persönlich geworden, mißfiel ihm vor Allem. Lusi (!) equidem in Moria, sed incruente, nullius famam nominatim perstrinxi, schrieb er am 16. August 1517 an den Humanisten Gäsarius. Aehnlich in einem Briefe an Hermann von Neuenahr: Lusimus et nos olim in Moria, sed nullius nomen a nobis perstrictum est. Op. 3, 1622, 1626 App. ep. 160. 168.

3 Vergl. noch weitere Stellen dieser Art in den Citaten Pfefferkorn's bei Böcking, Suppl. 1, 161.

eingeschlichen. Durch Männer, wie Erasmus, wolle Gott,die Theologen heimsuchen, welche hartnäckig beharren auf einer seit einigen hundert Jahren von ihnen aufgebrachten schmutzigen, finstern und widersinnigen Theologie‘; aus Mangel an Sprachkenntnissen seien die Theologen nicht einmal im Stande, die heilige Schrift zu verstehen. Auch Mutian wird zu den Männern gezählt, welche berufen seien, jene Leute, die auf ihren Hefen Liegen', heimzusuchen 1.

,Wir wollen, schrieb Hochstraten in seiner Apologie bezüglich der Verfasser des Schandlibells,,nicht reden wie jene schmähsüchtigen Menschen, deren Mund voll ist von gehässiger Bitterkeit, aber leer von Wahrheit und Wissenschaft, welche Schimpfwörter gebrauchen, wie man sie kaum von Possenreißern hört. Gott selbst, hochgelobt in Ewigkeit, wird zwischen uns und ihnen richten. Der über den Wolken thront, sagt er in einer Apostrophe an Reuchlin, ‚kennt uns und ist unser Zeuge, daß wir alle Schimpfund Schmähworte in Unschuld erduldet, inbrünstig zu ihm gebetet und nicht das Beispiel der Bekenner falscher Lehren nachgeahmt haben, fromme Männer mit verderblichem Schimpf zu beflecken. Keiner, der die Wahrheit liebt, wird, so hoffen wir, sagen können, daß die Cölner Theologen listig oder betrügerisch gegen dich aufgetreten sind, sondern wird eingestehen müssen, daß wir nur nach der Vertheidigung der christlichen Wahrheit gestrebt haben. Was wir thaten, geschah nicht aus Haß und zur Befriedigung unserer Eitelkeit, sondern in berechtigter Weise nach päpstlichen Vorschriften, die uns ein Vorgehen gegen irrige Meinungen zur Pflicht machen.‘2

Gegen die in den Briefen zur Schau getragene Verspottung und Verhöhnung alles Heiligen, und gegen die ihm darin persönlich entgegengeschleuderten Anschuldigungen und Verläumdungen trat zuerst im Jahre 1516 und 1517 Pfefferkorn auf in einer deutsch und lateinisch geschriebenen Beschirmung, und in einem,Streitbüchlein'. Seiner Beschirmung schickt er ein Mahngedicht voraus, welches mit den Worten beginnt:

Dyr cristenlichen Fürsten und Herren mit Got,

Wie lang wolt yr zusehen diesem Spot?
Sathanas des Düfels nempt doch war,

Er zucht zu ym ein große Schar.

An der gotlicher Menscheyt wil er sich rechen,

Den heiligen Glauben vermeynt er zu brechen.“

Pfefferkorn widmete seine Schrift dem Erzbischof Albrecht von Mainz

1 Epist. 2. 50; bei Böcking 1, 264-266.

2 Vergl. Geiger 411-412.

3 Die Defensio J. Pepericorni contra famosas et criminales obscurorum virorum epistolas u. s. m. bei Böcking, Suppl. 1, 81-176. Vergl. Geiger 378–386.

und beschwur denselben, gegen die verderblichen Bücher der Juden einzuschreiten, den in Rom schon drei Jahre schwebenden Reuchlin'schen Handel schleunigst zu Ende zu führen, und ihm, der in seiner Ehre verlegt worden, vor weltlichen und geistlichen Richtern Recht zu verschaffen. Albrecht aber warf die Schrift ungelesen vei Seite und schickte den Ueberbringer ohne Antwort fort. Nicht etwa, weil Pfefferkorn in seinen Anforderungen bezüglich der Juden ihm zu weit ging. Pfefferkorn verlangte nur, jeßt wie früher, daß die Juden ihrem Wucher entsagen, zu körperlichen Arbeiten angehalten, zum Anhören der Predigt genöthigt werden sollten, Albrecht dagegen suchte gerade in jenen Jahren eine größere Zahl von Fürsten und Städten zu einem Bündnisse behufs ewiger Vertreibung der Juden aus DeutschLand zu vereinigen1. Der Erzbischof wies Pfefferkorn's Hülfegesuch um Ehrenrettung durch richterlichen Spruch nur deßhalb zurück, weil er, um= strickt von den Neßen der Humanisten, gegen die Cölner entschieden Partei nahm und sie nicht einmal vor Gericht wollte zu Recht kommen lassen. ,Möge die Erde sich aufthun, schrieb Albrecht's Leibarzt Heinrich Stromer am 31. August 1516 an Reuchlin, und den getauften Juden verschlingen nebst jener giftigen Schaar falscher Theologen und Mönche, die ihn begünstigen und unterstützen.2 Er habe, rühmte sich der Leibarzt, mit Hülfe anderer Vertheidiger der Gelehrten' es zu Wege gebracht, daß Albrecht Pfefferkorn's ihm überschickte Schrift nicht einmal angenommen habe; der Erzbischof, versicherte er, begünstige Reuchlin und seine Sache 3.

Erzbischof Albrecht hatte den Ehrgeiz, seinen Kurhof zu einem,Sammelplaze von Humanisten und Künstlern herauszubilden', und auf deutschem Boden die Mediceer nachzuahmen. Wo ist in Deutschland ein Gelehrter," schrieb Hutten, den Albrecht nicht kennt, oder von welchem gelehrten und unterrichteten Mann ist er jemals begrüßt worden, den er nicht mit seiner Gnade und seiner Freigebigkeit überhäufte? Maler, wie Albrecht Dürer und Matthäus Grünewald, Miniaturisten, wie Beham und Glockendon, erhielten von Albrecht häufige Aufträge; Goldarbeiter und Bildhauer, fürstlich belohnt, bereicherten den Mainzer Dom und Domschat mit herrlichen Kunstwerken. Leidenschaftlich liebte der Erzbischof die Musik und verschrieb sich

1 Vergl. unsere Angaben Bd. 1, 384.

2 ,Utinam ima tellus dehiscat, et tinctum Judaeum devoret, atque etiam atram pseudotheologorum aciem et aerumnosam fraterculorum conventionem' 11. s. m.

3 Reuchlin's Briefwechsel 254-256.

* Der größte Theil derselben wurde im dreißigjährigen Kriege von den Schweden geraubt und ging angeblich bei der Seeüberfahrt zu Grunde. Albrecht's silberner reich

‚von weit und breit, selbst aus Italien' Tonkünstler, die den Glanz seiner Feste, an denen oft auch Damen Theil nahmen, erhöhen sollten; schöngewirkte Teppiche, glänzende Spiegel zierten die Säle und Gemächer; kostbare Gerichte, feine Weine füllten die Tafel. Nach Außen trat der Kurfürst mit großem Gepränge auf: er hielt sich eine Leibwache von hundert und fünfzig bewaffneten Reitern; zahlreiche, prächtig gekleidete Hofbediente bildeten sein Gefolge, wenn er aus und einritt; Edelknaben sollten in seiner Umgebung ,die feine ritterliche Bildung' erlernen. Dieser glänzende Hofhalt und der am Hofe herrschende Geist fand viele Lobredner, aber er entsprach keineswegs dem Berufe und der Stellung eines Erzbischofs und Oberhauptes der deutschen Kirche. Albrecht war kein Mann von innerlich erlebter Religion, von ernstem sittlichen Wandel; gründliche theologische Studien hatte er nie betrieben; er gab sich keine Mühe für die praktische Ausbildung des Clerus. Während ihm die bisherige scholastische Wissenschaft als eine Barbarei erschien, äußerte er sich mit Entzücken über das ,göttliche Genie des Erasmus, der die seit Jahrhunderten entartete Theologie in ihrem alten Glanze wiederherstelle1. Er versprach demselben seine eifrige Unterstügung. Dafür bezeichnete ihn Erasmus in einem Briefe an Hutten als die einzige Zierde Deutschlands in unserer Zeit, 2 bedauerte aber höchlichst, daß Albrecht durch Annahme des Cardinalhutes seine Würde entehrt und sich zu einem Mönch des römischen Papstes gemacht habe' 3.

,Man rühmt die Freiheit in Sitten und Denkungsart des goldenen Mainz,' schrieb ein ernster Beobachter, der Engländer Robert Turner, welcher einige Zeit am Hofe sich aufhielt, ,allein mir scheint es eine Sclavin des Zeitgeistes geworden zu sein. Am Steuerruder sitt ein katholischer Fürst, aber das Steuerruder selbst führt ein ungläubiger Minister. Knaben, welche die ersten Begriffe des Priesterthums noch nicht kennen, unterstehen sich schon, die Geistlichen zu verhöhnen. Wenn man die verzärtelten und weichlichen Sitten dieser jungen Leute, ihr unanständiges Gespötte und sardonisches Gelächter, ihre Hanswursten- und Comödiantenmanieren, ihre Theater und Romansprache beobachtet, so glaubt man, sie hätten sich im

verzierter Bischofsstab befindet sich noch im Münzcabinet zu Stockholm. Vergl. J. D. Passavant's Brief bei Hennes, Albrecht von Brandenburg 336.

1 Vergl. seine Briefe an Erasmus in dessen Op. 3, 350, 451 ep. 334, 434. Lezterer Brief ist vom 13. Juni 1519, also aus einer Zeit, in der Hutten schon mehrere seiner wüthenden Schriften gegen Kom veröffentlicht hatte, Albrecht aber nannte ihn noch unsern Hutten. Huttenum nostrum vel idcirco, quia amari abs te intelligimus, libenter diligimus.'

2 ,Unicum his temporibus nostrae Germaniae ornamentum.' Op. 3, 477

ep. 447.

3 ,Monachus factus Romani pontificis.' Op. 3, 1686 App. ep. 296.

Serail des Sardanapal gebildet, und nachdem sie allen männlichen Tugenden den Nerv entzweigeschnitten, sich gänzlich auf die weichlichen Sitten der Weiber verlegt. Die Dinge sind an diesem Hofe so verkehrt, daß die jungen Edelknaben, welche dort wie in einer Schule der Religiösität sich befinden sollten, nur darum dort zu sein glauben, um alle Frömmigkeit zu verlieren; man findet unter ihnen eine Menge, welche nicht nur den öffentlichen Gottesdienst vernachlässigen, sondern ihn auch spöttisch verlachen.' 1

Die am Hofe lebenden Poeten, Freigeister und Religionsspötter hielten, nach den Berichten der ‚Briefe unberühmter Männer', ihre Zusammenfünfte im Gasthaus zur Krone; mit Schwertern und Degen an der Seite gingen sie dort ein und aus, würfelten um Ablaßzettel, führten gottlose Neden und verhöhnten Mönche oder Magister, welche ihr Unstern in dasselbe Gasthaus geführt hatte 2.

Der schlimmste unter allen Besuchern der Krone war nach seiner eigenen Schilderung Ulrich von Hutten. Er habe, läßt er in den Briefen einen Mönch erzählen, einmal geäußert, wenn die Dominicaner sich gegen ihn benehmen würden, wie gegen Reuchlin, so wolle er ihnen Fehde ansagen und jedem von ihnen, der in seine Hände fiele, Nase und Ohren abschneiden 3. Aeußerungen dieser Art waren bei Hutten nicht bloße,großsprecherische Worte'. Fehde und raubritterliches Wesen entsprachen durchaus seiner wilden Natur 4, und er warf sich später in einer Schrift sogar zum Vertheidiger des Straßenraubes auf. Schon im Jahre 1509 forderte er einmal seinen Vetter Ludwig von Hutten auf, einem ihm feindlichen Kaufmann, wenn dieser auf die Frankfurter Messe ziehe, die Straße zu verlegen, denselben niederzuwerfen, zwar nicht umzubringen, da dieß nicht rathsam sei, aber einzuthürmen; er selbst wolle dann die Strafe vollziehen 5.

Bevor Hutten, nach seiner Rückkehr aus Italien, im Herbst 1517 vom Erzbischof Albrecht förmlich in seine Dienste genommen wurde, hatte er eine Schrift des Laurentius Valla über die erdichtete Schenkung Kaiser Constantin's an den Papst Sylvester und seine Nachfolger von Neuem heraus

1 Vergl. Vogt, Europäische Staatsrelationen 6, H. 2 und Rheinische Geschichten 4, 25-26.

2 Vergl. Strauß 1, 242.

3 In den Epist. obscur. virorum 2, 55 (Böcking, Suppl. 2, 272) läßt er den Magister Sylvester Gricius schreiben: unter den commensales in hospitio Corone sei ,Ulricus de Hutten, qui est valde bestialis, qui semel dixit, si fratres predicatores' u. s. m.

4 Strauß 1, 70.

5 Nähere Angaben darüber bringen wir später bei. Er schnitt einmal, wie Erasmus als etwas allgemein Bekanntes mittheilt, zweien Predigermönchen, die in seine Hände gefallen waren, die Ohren ab.

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