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gegeben, und zwar mit einer Vorrede an Papst Leo X., die an leidenschaftlichen Ausbrüchen, an Hohn und Spott Alles überbot, was bisher in Deutschland gegen das Papstthum geschrieben worden. Alle früheren Päpste schilderte er darin als Räuber und Diebe, als Tyrannen und Volksanssauger, welche für Sündenvergebung einen Kaufpreis festgesetzt und aus den Strafen des künftigen Lebens eine Erwerbsquelle gemacht hätten. Nur ,der große Leo', heuchelte er, sei ein guter Papst; es war derselbe Leo, den er kurz vorher noch als einen leichtsinnigen und geldgierigen Florentiner dargestellt hatte. Leo habe, sagte er, Friede und Gerechtigkeit, Wahrheit und Freiheit zurückgeführt und werde der weltlichen Herrschaft entsagen; er werde von selbst und gütlich aufgeben, was man, wenn ein schlechter Papst an seiner Stelle gewählt worden wäre, diesem mit Gewalt abgenommen haben würde‘1.

Daß überhaupt für die heilige Sache der Freiheit bald mit Gewalt eingeschritten werden müsse, war schon längst Hutten's Losung geworden, und deutlich genug lehrte er in seinem,Triumphe Reuchlin's', wessen man sich von seiner Partei zu versehen gehabt haben würde, wenn diese eine zur Durchführung ihrer Plane entsprechende Macht in Händen bekommen hätte. Er ruft nämlich in diesem ,Triumphe', worin er die Gegner Reuchlin's mit Ketten belastet vorführt und mit Schmähungen überschüttet, den Henker herbei, um Pfefferkorn zu verstümmeln und an den Füßen zu schleifen. Mit grausiger raffinirter Lust malt er die Qualen aus, welche die Henker an Pfefferkorn vollziehen sollten.

Schleudert ihn hin, das verhaßte Gesicht zur Erde gewendet,
Aufwärts richtet die Knie', daß er den Himmel nicht schaue,

Daß sein stierender Blick euch nicht berühre. Mit seinem

Lästernden Mund beiß' er den Boden und speise den Staub auf.

Zaudert ihr noch, ihr Henker? So sperrt doch ihm hurtig den Mund auf,
Reißet die Zunge ihm aus, dem Stifter unsäglicher Uebel,

Daß er mir im Triumpheszuge Verruchtes nicht spreche.
Haut die Nase und Ohren ihm ab, und treibet den Haken

Fest in die Füße hinein; an den aufgerichteten Knieen

Zerrt ihn herum, daß Gesicht und Brust den Boden mir fege.

Schlagt das Gebiß ihm heraus und machet die Lippen unschädlich.
Habt ihr die Hände hinter dem Rücken ihm fest auch geknebelt?
Stupet dennoch ihm ab die Fingerspißen, ihr Henker. 2

Ueber dieses Schauspiel sollen dann die Umstehenden lachen und demselben Beifall klatschen 3.

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Die Poesie des Hasses und der Rache, welche Hutten in die Literatur einführte, zeigt schon im,Triumphe Reuchlin's' ihren eigentlichen Charakter 1.

Vielen schien es unbegreiflich, daß ein Erzbischof und Primas der deutschen Kirche einen Mann wie Hutten in seine Dienste nehmen konnte. ,Geistliche und weltliche Fürsten, erstere mehr noch als lettere, schrieb ein Jahrzehnt später mit Bezug auf Hutten's Schriften Fürst Carpi in Rom, ,ernten jezt Früchte, welche sie vielfach selbst ausgesäet oder deren Wachsthum wenigstens sie begünstigt haben. Von den Poeten vorzüglich ist in Deutschland ausgegangen, was wir an Empörungen gegen die Kirche und das Gemeinwesen und an Rechtsverlegungen aller Art vor Augen sehen. Wer aber hat diese Männer gefördert, ihre Dienste benugt? Geistliche Würdenträger, sogar höchsten Ranges, haben nicht selten Leute an ihren üppigen Höfen gehalten, die in halbheidnischer Geistesrichtung Alles, was dem Volke heilig war, verhöhnten und auf den Umsturz des Bestehenden ausgingen. Das unselige Poetenwesen und literarische Hofschranzenthum hat unsägliches Uebel gebracht, und die Sorglosigkeit und die Verweltlichung der geistlichen Fürsten trägt große Schuld an der Verachtung des geistlichen Standes und an den Wirren, welche Kirche und Gesellschaft be= drohen.' 2

Aber das unselige Poetenwesen, hätte Fürst Carpi hinzufügen sollen, hatte am päpstlichen Hofe viel früher noch als in Deutschland Pflege und Förderung gefunden, und die Renaissance hatte längst in Rom ihren verführerischen Glanz entfaltet, bevor sie in Deutschland zur Geltung gelangte. Wol bei den wenigsten der in Nom unter Leo X. lebenden hundertzwanzig

1 Triumphus Doctoris Reuchlini bei Böcking 3, 413-448. Schon im Jahre 1514 zeigte Hutten das Gedicht dem Erasmus, der die Arbeit hübsch fand, aber sie vorerst noch nicht drucken zu lassen rieth. Interessant ist, wie auch Erasmus gegen Pfefferkorn wüthete. Dieser hatte nämlich gewagt, in einer Schrift ihn anzutasten, zwar nur ganz beiläufig und ohne seinen Namen zu nennen (Geiger, Reuchlin 386 Note 3), aber Erasmus fand das Beginnen des Henkers würdig (,0 pestem indignam talibus adversariis, dignam carnifice', Op. 3, 1639 App. ep. 200). Jezt zeigt sich Pfefferkorn,' tobte er, als wahrer Jude; seine Vorfahren haben gegen den Einen Christus gewüthet, er rast gegen so viele und hochstehende Männer‘; 1 aus einem verruchten Juden sei er ein noch verruchterer Christ geworden; geistliche und weltliche Obrigkeit, der Kaiser und der Rath der Stadt Cöln, Alle müßten zusammenwirken, um dem verderblichen Menschen den Untergang zu bereiten (Geiger 342). Leidenschaftliche Ausbrüche dieser Art gehörten zu den krankhaften Symptomen der Zeit. Während die Humanisten, ‚die Gebildeten, wie sie bescheiden sich nannten, für sich das Recht in Anspruch nahmen, alle Welt anzugreifen und zu verlästern, schäumten sie vor Wuth, riefen obrigkeitliche Hülfe herbei, wenn irgend Jemand gegen sie sich zu verthei= digen oder andere Ueberzeugungen auszusprechen wagte.

2 Lucubrationes 59.

Poeten, welche die Theater, Paläste und selbst die Kirchen umlagerten, darf christliche Gesinnung vorausgesezt werden. Das Hofwesen so mancher geistlichen Fürsten Deutschlands, insbesondere das des Erzbischofs Albrecht von Mainz, stand in schreiendem Widerspruch mit dem Berufe eines kirchlichen Würdenträgers, aber der Hof Leo's X. mit seinem Aufwand für Spiel und Theater und allerlei weltliche Feste entsprach noch weniger der Bestimmung eines Oberhauptes der Kirche. Der Verweltlichung und Ueppigkeit geistlicher Fürstenhöfe in Deutschland ging die des römischen Hofes voraus, und erstere wäre ohne diese kaum möglich gewesen, wenigstens nicht so lange geduldet worden. Geraume Zeit bevor in Deutschland die Wissenschaft und Kunst vom heidnischen Geiste angesteckt wurde, hatte sie sich in Italien vielfach losgelöst von den alten christlichen Traditionen, und die Achtung vor den Denkmälern christlicher Vergangenheit verloren. Die bezeichnendste Thatsache hierfür ist der Befehl des Papstes Julius II. vom Jahre 1506: die alte Basilika von St. Peter, diese seit so vielen Jahrhunderten geheiligte Stätte der ganzen Christenheit, niederzureißen, um an ihrer Stelle ein Nachbild des Pantheon zu errichten. Das Unternehmen fand im römischen Volke vielfache Mißbilligung 2; auch in Deutschland wurden trauernde Stimmen laut über den Untergang des ehrwürdigen Heiligthums: man äußerte die Ueberzeugung, daß der dabei thätige Geist ,kein guter Geist des Evangeliums, sondern ein Geist verweltlichter Künste sei, der dem christlichen Volke keinen Segen bringe, vielmehr zu großem Schaden gereichen werde'.

3

Zur Grundlegung der neuen Peterskirche hatte Julius II. einen Ablaß ausgeschrieben, und Leo X. erneuerte denselben im Jahre 1514 behufs Weiterführung des Baues, und übertrug den Minoriten die Verkündigung der betreffenden Bullen. Päpstlicher Obercommissar für das nördliche Deutschland wurde der Erzbischof Albrecht von Mainz. Dieser wollte nun ,die günstige Gelegenheit des Ablasses benutzen, um die Schulden zu be= zahlen, die er für die nach Rom zu entrichtenden Palliengelder bei den Fuggern in Augsburg gemacht hatte. Für das Mainzer Erzstift beliefen sich die Palliengelder damals auf nicht weniger als zwanzigtausend rheinische Gulden, welche von den einzelnen Landschaften des Stiftes aufgebracht werden mußten. Binnen einem Jahrzehnt war die ungeheuere, die Erbitterung des Volkes erregende Summe schon zweimal entrichtet worden. Darum

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1 Vergl. v. Reumont, Geschichte Noms 3b, 351.

2 Vergl. Ranke, Päpste 1, 69–70. v. Reumont 3b, 377.

3 * Schrieb der Wormser Canonicus Carl von Bodmann in einem noch ungedruck

ten Briefe vom 17. Aug. 1516.

✦ Nach dem Tode des Erzbischofs Berthold von Henneberg im Jahre 1504, und Jacob von Liebenstein im Jahre 1508.

Janssen, deutsche Geschichte. II. 5. Abdruck

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hatte das Domcapitel bei der neuen Erledigung des Stuhles im Jahre 1514, nach dem Tode Uriel's von Gemmingen, das Anerbieten Albrecht's, er selbst wolle, wenn man ihn zum Erzbischof erwähle, die Kosten des Palliums tragen, freudig angenommen und auf ihn sämmtliche Stimmen vereinigt. Albrecht entlich die Gelder von den Fuggern und diese wurden auf das Ansuchen seiner Unterhändler beim Papste für die Rückzahlung derselben auf die Hälfte des Ertrages der Indulgenz-Einkünfte angewiesen, während die andere Hälfte der Kirchenfabrik von St. Peter in Rom zufallen sollte. Das unwürdige Geschäft wurde schon im April 1515 abge= schlossen, kam aber erst im Jahre 1517 zur Ausführung 1.

Im Anfang dieses Jahres begannen die Ablaßpredigten, riefen aber bald die gewaltigste Erschütterung der inneren kirchlichen Verhältnisse hervor in Folge des Auftretens des Augustinermönches Martin Luther.

1 Näheres bei Hennes 4-10. 21–23.

III. Luther und Hutten.

Martin Luther 1, geboren zu Eisleben am 10. November 1483 oder 1484, verlebte in Mansfeld eine harte, gedrückte Jugend, nicht bloß wegen der Armuth der Eltern, sondern vor Allem wegen der übermäßigen Strenge, mit der er in Haus und Schule behandelt wurde. Er selbst erzählt, daß ihn die Mutter einmal wegen einer armseligen Nuß blutig gestäupt, und der Vater ein andermal ihn dermaßen gezüchtigt habe, daß er ihm Feind geworden und den Eltern beinahe entlaufen sei. In der Schule kam es vor, daß er an einem einzigen Vormittage fünzehnmal Schläge erhielt, und doch habe er unter,all' dem Stäupen und Zittern, der Angst und dem Jammer', klagte er, ,eitel nichts gelernt 2. Diese Erziehungsmethode erzeugte eine ängstliche Gemüthsstimmung und ließ einen freudigen Gehorsam nicht aufkommen; sie konnte den heftigen Sinn des Knaben wohl einschüchtern, aber nicht brechen. In seinem vierzehnten Jahre wurde Luther nach Magdeburg, im folgenden Jahre nach Eisenach auf die Lateinschule gebracht,

1 Luther's Vater, Hans Luther, war der Besißer eines Bauerngutes in Möhra, mußte aber von dort mit Zurücklassung seines ganzen Vermögens flüchten, weil er, wie die allgemeine Sage ging, im Jähzorn einen Bauer, der ihm im Grase hütete, mit seinem eigenen Pferdezaum todtgeschlagen. Vergl. Geschichtl. Notizen über Martin Luther's Vorfahren von K. Luther, Wittenberg 1867. Es sei,unverständigʻ, meint der Lutheride S. 30, ,mit Thatsachen hinter dem Berge zu halten, auch wenn sie an sich unangenehm seien. Thiersch 185 citirt eine Schrift aus dem Jahre 1565, worin auf den von Hans Luther begangenen Mord angespielt wird. Schon viel früher ist Rede davon in einem Briefe G. Wicel's (Epist. libri quatuor, Lipsiae 1537); vergl. Köstlin, Luther's Leben vor dem Ablaßßtreit 25. Köstlin hält die Angabe für ungeschichtlich. In Eisleben, wohin Hans Luther's Frau mitten im strengen Winter dem flüchtigen Gatten nachgefolgt, wurde Martin geboren. lleber das Geburtsjahr vergl. Kahnis 1, 131–132. Köstlin 8-14. Der Vater ernährte sich erst in Eisleben, dann in Mansfeld ärmlich als Schieferhauer. Später kam er in günstigere Vermögensverhältnisse. 2 Näheres bei Jürgens 1, 151–160. Während seiner Kämpfe mit den Rottengeistern sagte Luther gelegentlich: Gott hat mich also gesezt, daß ich meiner Mutter Liedlein singen muß: ‚Mir und dir ist Niemand hold, das ist unser beider Schuld.' Sämmtl. Werke 63, 332.

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3 Zu den Nullbrüdern, vergl. darüber Köstlin 32–34.

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