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und die großen Theologen der früheren Jahrhunderte solche Streitigkeiten geführt, sich in die spißfindigsten Unterscheidungen verloren, und so bar= barisch gesprochen ?"

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An die großen Theologen des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts knüpften die Männer des reformatorischen Fortschrittes im fünfzehnten Jahrhundert ihre Bestrebungen an; sie erhoben insbesondere den heiligen Thomas von Aquin, den Engel der Schule, wieder auf den Leuchter. Außer den humanistisch-philologischen Studien wollten sie auch die neuerstehenden naturwissenschaftlichen und physikalischen Studien mit den theologischen verbinden, vor Allem aber die herkömmliche Theologie der Schule durch Vertiefung in die der Bibel und der Kirchenväter verjüngen. Sie empfahlen den Theologen auf das Eindringlichste die biblischen und patristischen Studien, entsagten dabei aber keineswegs der scholastischen Lehrmethode. Sie hielten als Lehrer sämmtlich an dem bewährten Grundsaye fest, den Geiler von Kaisersberg mit den Worten begründete: Der Anfänger in der Theologie soll nicht zuerst zu jenen alten und ehrwürdigen Vätern, welche als die Lichter und Säulen unserer Kirche gelten, sondern vielmehr zu den neueren und scholastischen Theologen sich wenden, welche mit Aufstellung von Quästionen vorgehen. Diese Quästionen sind nämlich vortrefflich geeignet, zu Disputationen einzuladen, die Einwürfe der Häretiker zu beseitigen, den Verstand zu schärfen und die dem äußeren Anscheine nach sich oft widersprechenden Stellen der heiligen Schrift mit einander auszugleichen. Die scholastische Lehrmethode sollte von ihren Auswüchsen eines todten Formalismus befreit werden, aber ungeschwächt fortbestehen in ihrer Schärfe logischer und dogmatischer Begriffsbestimmungen.

In diesen Bemühungen gingen die älteren Humanisten, welche selbst eine tüchtige scholastische Bildung empfangen hatten und den Werth derselben nicht bloß für die Theologie, sondern überhaupt für die Schulung des Geistes zu schätzen wußten, mit den Theologen Hand in Hand. Wimpheling verfaßte im Jahre 1510 zur Vertheidigung der scholastischen Theologie' eine eigene Schrift, die man als ein Programm des ganzen oberrheinischen Humanistenkreises betrachten kann 1. Wie Wimpheling, so eiferten auch seine humanistischen Gesinnungsgenossen gegen ein einseitiges Hervorheben. des classischen Alterthums und gegen die Unterschätzung der großartigen philosophischen und theologischen Leistungen der besseren Zeiten des Mittelalters. Sie stellten diese Leistungen so hoch, wie Picus von Mirandula, der die Scholastiker sagen ließ: Wir werden ewig leben, nicht in den Schulen der Silbenstecher, sondern in den Kreisen der Weisen, wo man nicht über die Mutter der Andromache oder über die Söhne der Niobe

1 Wiskowatoff 154 fll.

discutirt, sondern über die tieferen Gründe der göttlichen und menschlichen Dinge. 1

Aber nicht bloß die kirchliche Wissenschaft, sondern auch die volksthümliche Bildung sollte nach den Grundsägen der älteren Humanisten durch die classische Bildung gehoben und gefördert werden. Bezeichnend in dieser Beziehung ist, daß die Fraterherren, welche durch ihre Schulen und ihre Lehrbücher für die Ausbreitung der classischen Studien am wirksamsten sich erwiesen, sich gleichzeitig eifrig um die Landessprache und die deutsche Poesie bemühten, durch Aufzeichnung der vorhandenen, durch Schöpfung neuer Lieder und Sprüche didaktischen und frommen Inhalts 2. Agricola, der eigentliche Gründer des ältern Humanismus, dichtete deutsche Lieder, und drang darauf, daß die lateinischen Geschichtschreiber in's Deutsche übersetzt und erklärt würden, damit das Volk sie kennen lerne und damit man sich in der Muttersprache übe und diese Sprache vervollkommene. Der Humanist Sebastian Brant war zugleich der Begründer einer neuen Epoche in der deutschen Literatur und in seinen humanistischen Studien dem Volke so wenig entfremdet, daß er es bei aller Gelehrtheit nicht unter sich hielt', für dasselbe ein Gebetbuch zu übersehen. Die humanistische Bildung der ältern Schule förderte auch die Entwicklung der volksthümlichen Geschichtschreibung, und der deutschen Prosa überhaupt. Wimpheling führt mit voller Zustimmung einen Ausspruch Geiler's von Kaisersberg an, daß,Jeder, und wenn er alle Sprachen verstände', doch diejenige Sprache vor allen schätzen müsse, die er bei den Eltern gesprochen und in der ihm in der Jugend christliche Lehre zuerst beigebracht worden'; er selbst fand es abscheulich', daß Gelehrte sich in ihrem Dünkel so weit verstiegen, zu behaupten, die Muttersprache sei nur gut für alte Weiber, Schiffer und Fuhrknechte' 3; keine Sprache, glaubte der Mönch Felix Fabri in seiner Begeisterung, sei ,so edel, so herrlich und so human, wie die deutsche.

Kirchlicher und volksthümlicher Geist war die bewegende Kraft aller gelehrten und literarischen Bestrebungen der älteren Humanisten, und zugleich die bewegende Kraft ihrer reformatorischen Bemühungen. Insgesammt erkannten und bekämpften sie die schweren tiefen Schäden auf kirchlichem Gebiet: die Verleihung mehrerer Pfründen an eine und dieselbe Person;

1 Burckhardt, Renaissance 157. Feugère 208 führt ein bemerkenswerthes Urtheil des französischen Philosophen Victor Cousin über die Scholastiker an. Il est impossible d'avoir plus d'esprit que les scolastiques, de déployer plus de finesse, plus d'harmonie, plus de ressources dans l'argumentation, plus de cette analyse ingénieuse qui divise et subdivise, plus de cette synthèse puissante qui classe et ordonne.' Aehnlich sprach sich bekanntlich auch Leibniz aus.

2 Vergl. zum Beispiel Nordhoff, Denkwürdigkeiten 117-120.

3 De arte impressoria 19.

die Uebertragung der höheren Würden bloß an die Hoch- und Höchstgeborenen; die Gier nach Vermehrung kirchlichen Besizes; die Ausnutzung des deutschen Volkes durch die ungemessenen Geldanforderungen des römischen. Hofes. Sie bekämpften den ärgerlichen Lebenswandel eines großen Theiles des Welt- und Ordensclerus; die Ueppigkeit und Schwelgerei an den Höfen so mancher geistlichen Fürsten; jede gewinnsüchtige Ausnutzung des Heiligen; jede bloß äußerliche Frömmigkeit und handwerksmäßige Verrichtung kirchlicher Uebungen, wo immer sie sich vorfanden. Die älteren Humanisten besaßen einen wirklich reformatorischen Beruf, denn der Glaube an die Wahrheit und Heiligkeit des Christenthums und der Kirche war ihr innerstes Eigenthum, und ihr ernster ehrwürdiger Wandel, ihre treue Befolgung der kirchlichen Vorschriften entsprach ihren Ueberzeugungen. Bei ihnen blieb bei der Bekämpfung der Mißbräuche und Auswüchse das Wesen der Sache unberührt. In ihren kirchlich-politischen Anschauungen standen sie noch fest auf dem Boden des Mittelalters und vertraten insgesammt dessen große Ideen über Papstthum und Kaiserthum. Die Besiegung der Türken und die Wiederherstellung der Weltherrschaft des Christenthums erschien ihnen als das preiswürdigste Ziel, und ihre ganze Liebe galt trotz aller damaligen Schwäche des Kaiserthums dem römischen Kaiser deutscher Nation, dem alle Völker der Erde huldigen sollten, dessen erhabenstes Kaiseramt die Schirmvogtei der Kirche sei 1.

Grundverschieden von dem ältern Humanismus war die Schule der jüngeren Humanisten, welche in Erasmus von Rotterdam ihr höchstes Vorbild verehrte und vorzugsweise durch ihn Ansehen und Geltung erhielt. Das Wesen und Wirken dieses Mannes gibt den besten Aufschluß über den Geist, der die neue Schule beherrschte, über ihre Bestrebungen und Erfolge.

Erasmus von Rotterdam 2.

Erasmus von Rotterdam, unter den unglücklichsten Verhältnissen ge=

1 Vergl. die näheren Ausführungen über die älteren Theologen und Humanisten im ersten Bande dieses Werkes.

2 Die Erasmus-Literatur ist in neuerer Zeit ansehnlich gewachsen durch die verdienstreichen biographischen und literarischen Arbeiten von Durand de Laur (1872), Drummond (1873) und Feugère (1874). Neben diesen behalten die älteren deutschen Werke von Heß (1790) und Müller (1823) noch immer einen eigenthümlichen Werth; ersterer insbesondere orientirt 1, 317-505 am unbefangensten über die Streitschriften des Erasmus mit seinen katholischen Gegnern. Außer den Genannten benußte ich die Schriften von Stichart (1870) und Nève (1876) und die Auffäße von Plitt (1866)

boren 1, in früher Jugend verwaist, von habsüchtigen Vormündern in seinem Erbe übervortheilt, hatte ohne allen innern Beruf bei den Augustinern in Stein in der Nähe von Gouda die klösterlichen Gelübde abgelegt und hegte seitdem Zeitlebens einen tiefen Groll gegen das Ordenswesen der Kirche. Im Jahre 1491 verließ er sein Kloster 2 und zog Jahrzehnte hindurch ruhelos und unbefriedigt in der Welt umher: bald erklärte er, in England dauernd sich niederlassen zu wollen, bald in Frankreich, bald in Italien, bald in den Niederlanden, bald in Burgund; sogar Polen und Spanien kamen als die Länder zur Sprache, wo er seine Tage beschließen wollte.

Frühzeitig schon begegnet man der Klage, daß der so gelehrte Erasmus, obgleich Priester, fast niemals die heilige Messe lese; sie selten höre; das Breviergebet lächerlich finde und über die Fasten- und Abstinenzgebote der Kirche wie über ein unerträgliches Joch sich öffentlich und ohne Scheu hinwegseße'. Er gäbe dadurch ein um so größeres Aergerniß, weil er so wissenschaftlich gebildet und so einflußreich auf die Jugend sei und durch sein Beispiel gleichsam den Grundsaß predige: für die Gelehrten seien die kirchlichen Gebote überflüssig oder gar verächtlich 3. Als ihn einmal sein

und Kerker (1859); leßterer trifft in der Charakterisirung des theologischen Standpunktes des Erasmus meines Erachtens am schärfsten den Kern der Sache. Vischer's Erasmiana (1876) enthalten einige werthvolle neue Actenstücke und Briefe.

1 In einem bei Vischer, Erasmiana 26 abgedruckten Schreiben des Papstes Leo X. vom 26. Jan. 1517 heißt es über Erasmus:,ex illicito, et, ut timet, incesto (vielleicht incestuoso?) damnatoque coitu genitus.' Daß sein Vater (vergl. Vischer's Note 3) Geistlicher gewesen, folgt daraus nicht, sondern nur, daß die nicht verehlichten Eltern in einem nach kirchlichem Recht zu nahem Verwandtschaftsgrade gestanden. Der Familienname des Erasmus war wahrscheinlich Roger oder Rogers, wie Vischer 30 aus einer Aufschrift eines päpstlichen Breves folgert, aber dieser Name war wol nicht der des Vaters, sondern der Mutter, nach der der Sohn benannt wurde. Drei Jahre vor der Geburt des Erasmus, dessen Geburtsjahr zwischen 1464-1469 schwankt, hatte die Mutter schon einen Sohn geboren, Namens Peter Gerhard (vergl. Vischer 30, Note 1), den Erasmus als sein nach Körper und Geist vollständiges Gegenbild schildert. Unter anderm sagt er über ihn: Nec unquam aliud fuit germano quam malus genius." Vergl. Drummond 1, 16. Note 13.

2 Eigenmächtig hatte er später sein Ordensgewand abgelegt und war dadurch der Excommunication verfallen. Auf seine,demüthige Bitte an Papst Leo X. erhielt er, in dessen Auftrag, Absolution durch Andreas Ammonius, päpstlichen Legaten in England. Dominum Erasmum Roterodamum, schreibt Ammonius am 9. April 1517, ,humiliter a nobis petentem a sententia excommunicationis ceterisque censuris ecclesiasticis, quas incurrit propter dimissionem habitus professionis sue apostasiam incurrendo in habitu saeculari aliquot annos incedens, absolvimus in forma ecclesie consueta. Vischer 28. Er erhielt die Erlaubniß, inskünftig als Weltgeist= licher leben und sich kleiden zu dürfen.

3 Um 1512. Lucubrationes 18.

Ordensprior dringend von seinem Wanderleben zur Rückkehr ins Kloster aufforderte, gab Erasmus in einem fast höhnenden Tone zur Antwort: er sei weder körperlich noch geistig zum Klosterleben geeignet; die Klöster hätten früher der Welt zum Heile gereicht, jetzt dagegen sei ihr Bestehen Ursprung und Grund des herrschenden Verderbens; Christenthum und Frömmigkeit seien weder an irgend einen Orden, noch an irgend eine Lebensart gebunden; die ganze Welt sei nach Christi Lehre für Eine Familie, gleichsam für Ein Kloster zu halten. Lobe man doch die Wanderfahrten eines Solon, Pythagoras und Plato, auch die Apostel, besonders Paulus, seien in der Welt umhergezogen; er, Erasmus, werde in jedem Lande willkommen geheißen, jedes Land lade ihn gastfreundlich ein'. Ueber seinen sittlichen Wandel hegte er sehr günstige Vorstellungen. Der vertraute Umgang mit weisen Männern, schrieb er dem Prior, ‚habe ihn besser gemacht; Geldgeiz sei seine Sache nicht; von Ruhmsucht besitze er auch nicht ein Fünkchen; von sinnlichen Lüsten sei er allerdings angesteckt gewesen, doch habe er denselben niemals als Sklave gedient; Trunkenheit und Schwelgerei seien seiner Natur zuwider." 1

An Lastern letzterer Art hinderte ihn schon, hätte er auch nicht überhaupt alles Rohe im äußern Leben gemieden, sein kleiner, feingebauter, schwächlicher und kränklicher Körper 2; ernste Ascese aber hat ihm keiner seiner Verehrer nachgerühmt, vielmehr glaubten manche derselben, daß der Gebrauch schwerer Weine, die er liebte, Schuld trüge an seinen häufigen Steinschmerzen. Was seine,Verachtung des Geldes 3, mit der er so häufig prunkte, anbelangt, so suchte er allerdings keineswegs Geld um des Geldes willen, aber er hielt doch fest an dem Grundsaye, daß ein kluger und umsichtiger Mann so viel erwerben und bewahren müsse, um jeglichen Unfall des Glückes und jegliche Beschwerlichkeit leicht ertragen zu können. Die Art und Weise des Erwerbs machte er sich möglichst bequem. Das Almosensammeln der Bettelmönche hielt er für unwürdig eines freien Mannes,

1 Op. 3, 1527-1530, App. epist. 8 vom 9. Juli 1514. Voluptatibus etsi quando fui inquinatus, nunquam servivi. Wie Erasmus über Dinge dieser Art dachte, zeigt eine Stelle in einem Briefe an Ulrich von Hutten vom 23. Juli 1519, worin er eine Lobrede auf Thomas Morus hält. Cum aetas ferret, non abhorruit a puellarum amoribus, sed citra infamiam, et sic ut oblatis magis frueretur, quam captatis ... Op 3, 474 ep. 447.

2,Drunkenness, sagt Drummond 1, 21, ,he always detested; and perhaps no merit can be ascribed to him for avoiding a sin to which he had no inclination, and for which he was constitutionally unfit. Richtig charakterisirt ihn Drummond 1, 347 als,the self-satisfied and by no means ascetic german man of letters'. 3 Er nennt sich,strenuus pecuniarum contemptor'. Op. 3, 141 ep. 167. + Vergl. Amorbach's Brief an Spalatin bei Krafft, Briefe und Documente 75.

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