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ehemals Johann Hus in Böhmen gewesen, schrieb der Propst des CarlCollegiums in Prag, das bist du, Martin, jezt in Sachsen. Darum bete und sei stark im Herrn, verzage nicht, wenn du als Keher excommunicirt wirst, gedenke was Christus gelitten und was die Apostel. Der andere Husite ermahnte: Laß dich nicht vom Antichrist erfassen: er hat tausend Wege zu schaden; Christus erhalte dich. Im Februar 1520 gewann Luther,die Erkenntniß, daß er ein Husite sei, und Johannes Hus schon das rechte Evangelium verkündigt habe. Der Krieg ist des Herrn,' schrieb er an Spalatin im Februar 1520, ,der nicht gekommen ist, Frieden zu bringen. Ich Thor habe, ohne es zu wissen, alle Lehren von Johannes Hus gelehrt und gehalten; wir sind alle Husiten, ohne uns dessen bewußt gewesen zu sein; ja Paulus und Augustinus sind bis auf's Wort Husiten. Ich weiß vor Erschrecken nicht, was ich denken soll über die furchtbaren Gerichte Gottes über die Menschen, daß die bereits seit mehr als hundert Jahren öffentlich dargelegte evangelische Wahrheit verbrannt und verdammt worden ist, und es nicht erlaubt ist, dieß zu bekennen. 2 Auf dem Concile zu Costnig, erklärte er, seien durch den Papst und die Seinen an Stelle des Evangeliums,die Lehren des höllischen Drachen' gesetzt worden; Hus sei ‚ein großer Märtyrer Christi' und man möge ihn,mit Ehren wohl heilig nennen' 3.

Da Luther glaubte, daß die evangelische Wahrheit ihm von Gott und durch ihn dem Volke neu verkündet worden, so fragte sich, mit welchen Mitteln sie nun gegen das Papstthum als den Siz des Antichristes verfochten werden und zur Herrschaft auf Erden gelangen sollte. Die Husiten hatten sie mit Feuer und Schwert verbreitet, und auch Luther trug in den ersten Jahren, seitdem er sich für einen Husiten ausgegeben, keine Scheu vor

1 Die Briefe der Böhmen in Lutheri Op. latina 4, 78-81. Luther erhielt sie am 3. October 1519, vergl. seinen Brief von diesem Tage an Staupit (,accepi haec hora ex Praga Bohemiae litteras...) bei de Wette 1, 341.

2 Bei de Wette 1, 425.

3 Sämmtl. Werke 24, 133-134, ferner 50, 143 und 65, 82. Dieser Sympathie Luther's entspricht die merkwürdige Aehnlichkeit zwischen ihm und Hus. Beide Männer gehörten ihrer Geburt nach dem niedern Volksstande an und lernten aus dem frühen Umgang mit diesem Stande das den höheren Kreisen nur selten geoffenbarte Geheimniß, auf die Massen zu wirken. Beide waren durch die Kirche zu einem erhabenen Wirkungsfreis geführt; beide traten als Priester vorzugsweise gegen ihre Standesgenossen und ihre geistlichen Obern auf, brachten die Regierung der Kirche in die Hände der Laien und wurden durch die Consequenzen ihres Unternehmens in den Cäsaropapismus getrieben; beide entfesselten durch ihr Auftreten die furchtbarsten Stürme und förderten, während sie sich um die heimathliche Sprache große Verdienste erwarben, eine unabichbare Verwirrung in den Ideen ihrer Volksgenossen. Vergl. die Parallele zwischen Hus und Luther in den Histor.-polit. Blättern 31, 369-374.

gewaltsamen Mitteln.

Ich beschwöre dich,' schrieb er im Februar 1520 an Spalatin, wenn du das Evangelium recht verstehst, so glaube ja nicht, daß dessen Sache ohne Tumult, Aergerniß und Aufruhr ausgeführt werden kann. Du wirst aus dem Schwerte keine Feder, aus dem Krieg keinen Frieden machen: das Wort Gottes ist ein Schwert, ist ein Krieg, ist Zerstörung, ist Aergerniß, ist Verderben, ist Gift, und wie Amos sagt, wie der Bär auf dem Wege und wie die Löwin im Walde, so tritt es den Söhnen Ephraim entgegen."1

Als Luther diese Worte schrieb, hatte er für sein Evangelium schon eine mächtige Bundesgenossenschaft gewonnen, auf die gestüßt er alles ,Bannen, Drauen und Schrecken seiner Feinde verachtete.

Die ersten Bundesgenossen Luther's waren die Humanisten, welche in ihrem Kampfe gegen die scholastische Wissenschaft und die kirchliche Autorität sich seines kühnen Vorgehens freuten und für ihn in ähnlicher Weise in die Schranken traten, wie früher für Neuchlin.

Die Humanisten, schrieb Cochläus, stritten unverdrossen mit dem Munde und der Feder für Luther und stimmten die Herzen der Laien günstig für seine Sache. Sie griffen die Prälaten und Theologen mit allerlei Schmach und Spottreden an und beschuldigten sie der Habsucht, der Hoffart, des Neides, der Unwissenheit und Rohheit. Der unschuldige Luther, sagten sie, werde von diesen nur darum verfolgt, weil er gelehrter sei als sie, und weil er Freimuth genug besitze, um gegenüber den Betrügereien und dem Blendwerk der Heuchler die Wahrheit zu sagen. Da sie nicht bloß talentvolle und scharfsinnige Leute waren, sondern auch die Sprache mündlich und schriftlich mit Geschmack handhabten, so war es ihnen ein Leichtes, bei den Laien Gunst und Mitleid für Luther zu erwecken, als ob er um der Wahrheit und Gerechtigkeit willen verfolgt werde von den scheelsüchtigen, habgierigen und unwissenden Geistlichen, die in Trägheit und Schwelgerei dahinlebend durch die Erfindungen des Aberglaubens dem dummen Volke Geld entlocken wollten. 2 Luther's Freundschaft mit Philipp Melanchthon,

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1,Obsecro te, si de Evangelio recte sentis, noli putare, rem ejus posse sine tumultu, scandalo, seditione agi. Tu ex gladio non facies plumam, nec ex bello pacem, verbum Dei gladius est, bellum est, ruina est, scandalum est, perditio est, venenum est' u. s. m. Bei de Wette 1, 417. Andere Stellen, worin Luther zum blutigen Kampfe gegen Rom und die deutschen Bischöfe förmlich auffordert, folgen weiter unten.

2 Vergl. Otto 118.

der schon in jungen Jahren als Humanist allenthalben in Deutschland einen großen Nuf besaß und für seinen Freund auf das Eifrigste wirkte, trug zu dem günstigen Urtheile der Humanisten über den Wittenberger neuen Herold der Wahrheit' wesentlich bei.

Luther selbst bewarb sich schon frühzeitig um die humanistische Bundesgenossenschaft und brachte in schmeichelhaften Schreiben den Chorführern Mutian, Neuchlin und Erasmus seine Huldigungen dar. Mutian, ‚dem gelehrtesten Mann von geschmackvollster Bildung', gegenüber nannte er sich am 29. Mai 1516 einen Barbar, ,der immer nur gewohnt gewesen, unter Gänsen zu schreien', und bat um seine Freundschaft 1. In einem Briefe an Reuchlin bezeichnete er sich am 14. December 1518 als dessen Nachfolger, der, wie er, Verfolgungen erleide, aber ungeschwächten Muthes sei; durch Reuchlin's Kraft habe Deutschland,wieder zu athmen begonnen, nachdem es Jahrhunderte hindurch nicht allein gedrückt, sondern fast vernichtet gewesen. ,Der Anfang der bessern Erkenntniß, sagte er ihm, ‚konnte nur durch einen Mann von nicht geringer Gnade gemacht werden. Denn so wie Gott den größten aller Berge, Christus, in den Staub des Todes getreten habe und aus diesem Staube hernach so viele Berge entstanden seien, ‚so würdest auch du', schreibt er, wenig Früchte hervorgebracht haben, wenn du nicht gleichsam getödtet und in den Staub getreten wärest, aus dem sich nun so viele Vertheidiger der heiligen Schrift erheben 2. Demüthiger noch war seine Sprache gegen Erasmus. Er sei, schrieb er demselben am 28. März 1519, die Zierde und die Hoffnung des Zeitalters, der Mann seines Herzens, mit dem er täglich im Geiste verkehre. Denn wo gibt es noch Jemanden, dessen Inneres Erasmus nicht ganz einnehme, den Erasmus nicht unterweise, den Erasmus nicht beherrsche ? Er selbst habe, sagt er, während er seine Zeit unter den Sophisten hingebracht', nicht einmal so viel gelernt, einem gelehrten Manne sich brieflich zu nahen, aber da sein Name durch den Ablaßstreit dem Erasmus bekannt geworden und da er aus der Vorrede der neuen Auflage des Handbuchs eines christlichen Streiter ersehen, daß Erasmus sein Geschreibe billige, so wage er sich ihm zu nahen und um seine Huld zu bitten; er wolle ihm in größter Liebe ergeben sein 3.

Mutian, wie er von Luther zuerst begrüßt worden, war unter den angesehenen Humanisten auch der erste, der dessen Auftreten gegen Nom als ,die Morgenröthe einer schönen Zukunft ansah; in seinem Kreise fand der

1 Bei de Wette 1, 21.

2 Bei de Wette 1, 196-197.

3 Bei de Wette 1, 247-249.

Vergl. Geiger, Reuchlin 354.

Der ganze Brief und die Antwort des Erasmus übersezt bei Stichart 309-315. Gegen Freunde sprach Luther sich schon im Jahre 1516 anders über Erasmus aus. Vergl. Köstlin, M. Luther 1, 137-138.

,neue Herkules', der zweite Paulus 1 die feurigsten Anhänger. In satirischen Schriften und in ihren Vorlesungen an der Universität zogen die Erfurter Humanisten, wie Euricius Cordus, Justus Jonas, Cobanus Hejjus, wider die ,unheilige Notte', welche Luther bedränge, zu Felde, und es wirkte hierbei auf sie am meisten ein, daß Erasmus, ihr verehrtes gemeinsames Haupt, Luther's Sache in Schutz nahm und empfahl 2. Die Werke und Briefe des Erasmus wurden die Quellen einer immer neuen Begeisterung für Luther. Wer sie gelesen hatte, schrieb einer der damals Begeisterten, konnte dem angefangenen Werk nicht mehr abgeneigt sein." Nach Luther's Vorbild gewöhnten sich die Humanisten einen biblischen Ton an, der bald in der ganzen humanistischen Literatur vorherrschend ward; sie wurden sogar plötzlich Theologen und lasen Collegien über theologische Gegenstände. Hatte früher ein Genosse Mutian's das erasmische,Lob der Narrheit in einer eigenen Vorlesung erklärt, so wählte im Jahre 1519 Eobanus Hessus das „Handbuch eines christlichen Streiters' zur Erklärung aus. Erasmus, sagte er, habe die Welt zu dem Born der wahren Frömmigkeit, der Bibel, zurückgeführt, so daß sie jezt der frühern Verkommenheit, dem Aberglauben und der Heuchelei entsage. Es sei nicht mehr zu dulden, daß das christliche Volk, die einfältige und ungelehrte Menge, durch alberne und nichtswürdige Possen noch ferner betrogen werde. Unter Anführung Christi müsse man das feindliche Heer vernichten. Euricius Cordus pries Luther als den Befreier und Retter der Frömmigkeit, als einen Helden, der größer sei als Achill; Justus Jonas sah in der ganzen Welt Nichts als Verderben und Laster und forderte zum vollständigen Bruch mit der Vergangenheit auf 3. Am wildesten geberdete sich Crotus Rubianus, mit dem Luther früher in Erfurt in engster Freundschaft gestanden. Nachdem er noch im Jahre 1518 als ächter Humanist den Italiener Petrus Pomponatius, der die Unsterblichkeit der Seele bezweifelte, als einen willkommenen Bundesgenossen zu der von ihm ersehnten Vernichtung der ,Sophisten' und Mönche gefeiert hatte, erkannte er bald die Bedeutung, welche der durch Luther heraufbeschworene Kampf für die Erreichung seiner Zwecke haben würde. Er wurde biblisch gesinnt und wählte das Schwert der heiligen Schrift als neuen Wahlspruch. Am 16. October 1519 forderte

1 Vergl. die Stellen bei Kampschulte 2, 30.

2 Vergl. Heß 2, 39. 45. An den erzbischöflich Mainzischen Rath Capito, der ihn zu bewegen suchte, Nichts gegen Luther zu thun (Heß 2, 61–62), schrieb Erasmus im December 1520: Theologi putant, Lutherum non posse confici nisi meo stilo. Et id tacite flagitant, ut scribam in illum. At ego absit, ut sic insaniam. Heß 2, 552. 3 Aus Kampschulte 2, 31–35.

4 Vergl. seinen Brief bei Kampichulte 2, 44-45.

er Luther, seinen gelehrten und heiligen Freund', als einen Erwählten des Herrn auf zum rücksichtslosen Vorschreiten gegen den päpstlichen Stuhl, den Sitz des Verderbens, dessen Anblick Ekel errege. Der Blizstrahl, von dem Luther einst vor Erfurt zu Boden geschlagen worden, sei ein Zeichen, daß er als zweiter Paulus eine besondere Mission vom Himmel erhalten habe, er solle fortfahren, wie er angefangen, Deutschland werde von ihm mit Bewunderung Gottes Wort vernehmen 1.

Jm südlichen Deutschland fand Luther bei seinem ersten Auftreten die begeistertsten Anhänger unter den Humanisten, römischen Rechtsgelehrten und Patriciern Nürnbergs; Männer wie Christoph Scheurl, Hieronymus Ebner, Johann Holzschuher, Lazarus Spengler und Andere überboten sich in ihren Beifalls bezeugungen. Luther ist Deutschlands berühmtester Mann geworden,‘ schrieb Christoph Scheurl im Jahre 1518,,er ist in Aller Mund. Seine Freunde feiern ihn, beten ihn an, kämpfen für ihn, sind bereit, für ihn Alles zu bestehen; küssen seine Schriftchen; sie nennen ihn einen Herold der Wahrheit, eine Posaune des Evangeliums, einen Prediger des einzigen Christus, durch den allein der hl. Paulus redet. 2 Selbst Albrecht Dürer fand kaum Worte genug, um ihn als einen,mit dem heiligen Geist erleuchteten Mann und Bekenner des wahren christlichen Glaubens zu preisen, der da klarer geschrieben, als irgend einer, der seit hundertvierzig Jahren gelebt'. Von Männern, wie Luther, erhoffte Dürer die Einigkeit der christlichen Kirche, damit alle Ungläubige, sagt er, ,unserer guten Werke wegen von selbst zu uns begehren und den christlichen Glauben annehmen. 3. Wie Dürer, so war auch dessen Freund Wilibald Pirkheimer Jahre hindurch, bis ihm die Augen aufgingen über die traurigen Wirkungen des neuen,Evangeliums, über die vielen Evangelischen Buben, und die nicht evangelische, sondern teuflische Freiheit so vieler Apostaten, Männer wie Weiber“, „gut Lutherisch gesinnt. In seiner Satire: der gehobelte Eck 5, einem Seiten

1 Bei Böcking, Hutteni Op. 1, 309–312. ‚Es ist eines der wichtigsten Schreiben,“ bemerkt richtig Kampschulte 2, 51, ‚die Luther empfangen hat.'

2 Vergl. die Briefe vom October bis December 1518 in Scheurl's Briefbuch 2, 53-65. Vergl. auch S. 83 Scheurl's Brief an Eď vom 19. Febr. 1519 über die Begeisterung des Clerus für Luther, dessen Säße unbedingte Zustimmung fänden.

3 Thausing, Dürer's Briefe und Tagebücher 119-122.

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• Vergl. seine Briefe bei Döllinger, Reformation 1, 167–170. 533. Wir kommen darauf noch später zurück.

5 Eccius dedolatus. 1520. Vergl. Kampschulte 2, 38 Note 1. Jung, Beiträge zur Geschichte der Reformation 2, 256 bezeichnet den Augsburger Mathäus Guidius als Verfasser der Satire, aber es läßt sich mit Grund nicht bezweifeln, daß sie aus Pirkheimer's Feder stammt. Vergl. R. Rösler in der Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte, Jahrgang 1873 S. 457–469.

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