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Sept, 1906 Harvard University Semitic Dept. Library.

Hochansehnliche Versammlung!

Sehr geehrte Herren Kollegen!

Werte Kommilitonen!

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Als ich vor Jahresfrist die Ehre hatte, von dieser Stelle aus zu ihnen zu sprechen, da glaubte ich, zwei der neuesten privatrechtlichen Probleme das Recht am Namen und das Recht am eigenen Bilde herausgreifen zu sollen, um an denselben zu zeigen, dass die Wissenschaft des deutschen Privatrechts in lebendiger Entwicklung begriffen und bemüht ist, auch die neuesten Rechtsgüter zu erfassen und zu schützen.1

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Heute dagegen wollen Sie mir gestatten, vom geltenden Privatrecht abzusehen, und statt nach neuen Rechtsgütern zu suchen, vielmehr unter denjenigen Umschau zu halten, die schon das älteste auf uns gekommene Gesetzbuch zu regeln und zu schützen für notwendig hielt. Es dürfte sich dabei zugleich ergeben, dass auch die Disziplin der Rechtsgeschichte, die ich an unserer Hochschule mitzuvertreten die Ehre habe, in allerjüngster Zeit vor neue grosse Aufgaben gestellt ist und eine mächtige Erweiterung ihres Forschungskreises erfahren hat.

Das älteste auf uns gekommene Gesetzbuch! Bis vor kurzer Zeit hätte man wohl darunter nichts anderes verstanden, als das alte Testament, insbesondere das sogenannte Bundesbuch im 2. Buche Mosis;2 denn der uralte ägyptische

1 Die Rede ist unter dem Titel „Neue Rechtsgüter" im Druck veröffentlicht. Berlin 1902.

2 Jeremias, Moses und Hammurabi 1903, S. 30.

Codex, von dem Diodor berichtet,3 ist bisher leider noch immer nicht aufgefunden; die sonstigen ehrwürdigen Gesetzessammlungen des Altertums4 aber, die auf uns gekommen sind,

selbst Indiens und des kretischen Gortyns Gesetze und die 12 Tafeln Roms sind um viele Jahrhunderte jünger als jene älteste Gesetzessammlung des Pentateuchs.

Und doch lebte über ein Jahrtausend vor deren Entstehung, etwa ums Jahr 2250 vor Christus, der im Kampfe um Babel und Bibel jüngst so vielgenannte Hammurabi, der sechste babylonische König der I. Dynastie, ein hervorragend tüchtiger und begabter Herrscher, der Einiger und Mehrer seines Reichs, das er 55 Jahre lang kraftvoll beherrscht hat, die Sonne von Babylon“, der „König der Gerechtigkeit“, wie er sich selbst nannte, der Literaturkönig des alten Babylon", wie ihn ein neuerer Schriftstellers bezeichnet.

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Aus zahlreichen Einzelheiten hatte die assyrologische Forschung bereits früher geschlossen, dass der Begründer der babylonischen Staatseinheit seinem Volke auch die Rechtseinheit gegeben haben müsse.7 Insbesondere wurde dies aus einer Anzahl von Tontäfelchen gefolgert, die man in den letzten 40 Jahren gefunden und als Bruchstücke jener grossen Bibliothek erkannt hatte, welche der assyrische König Asurbanipal, der

3 Dareste in Nouvelle Revue Historique de droit français et étranger, XXVII, 1903, S. 33.

4 Ebendas.

5 Jeremias S. 8 n. 2 konstatiert, dass die von Schrader bewirkte Gleichstellung von Amraphel, König von Sinear (I Mos. 14, 1) mit Hammurabi heute kaum mehr bestritten wird. Vgl. auch Winkler, Die Gesetze Hammurabis in „Der alte Orient" IV, Heft 4, 1903 S. 7.

6 Jeremias S. 8. Vgl. über Hammurabi auch Winkler S. 6, Meissner, Beiträge zum altbabylon. Privatrecht 1893, S. 4.

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7 Delitzsch, Babel und Bibel, Ein Vortrag S. 25 und zweiter Vortrag S. 24. Über zwei andere kleinere Bruchstücke des Codex Hammurabi aus neubabylonischer Zeit vgl. Winkler S. 7.

Sardanapal der Griechen, 1600 Jahre nach Hammurabi anlegen liess.8

Die Forschung hatte es geschlossen, doch die Gesetzsammlung selbst besass man nicht.

Und ähnlich wie vor sechsundfünfzig Jahren die astronomische Wissenschaft den hohen Triumph feierte, den durch Leverriers Rechnung bestimmten Planeten nahe an der bezeichneten Himmelsstelle in Wirklichkeit aufzufinden, so war es in der jüngsten Gegenwart der Archäologie beschieden, die vermutete Gesetzsammlung Hammurabis „in unanfechtbarer Echtheit"9 zu Tage zu fördern, wenn auch nicht aus den Trümmern von Babylon selbst, so doch in Susa, welches im 3. Jahrtausend völlig zum babylonischen Machtbereich gehört hat. 10

Dort, auf dem grossen Ruinenhügel der Hauptstadt des altpersischen Reichs, glückte es vor 16 Monaten, um die Wende der Jahre 1901/02, einer französischen Expedition, aus dem Schutte der Akropolis die drei gewaltigen Bruchstücke eines Dioritblocks von 2 1/4 Metern auszugraben, auf welchen sich die Gesetze Hammurabis in Keilschrift sorgsam eingegraben fanden.

An der Spitze der Inschrift befindet sich das seither oft reproduzierte schöne Basrelief, auf welchem Hammurabi in aufrechter Haltung mit dem Ausdruck gespannten Zuhörens vom Orakel- und Sonnengotte, dem vor ihm tronenden und mit der vierstufigen Krone geschmückten Schamasch, die Rechtsbelehrung empfängt. Zwei Strahlenbüschel gehen von den Schultern des Gottes aus; in der Rechten hält er einen Schreibgriffel, das Symbol der Weisheit, und einen kreisförmigen Gegenstand, der vielleicht als Sinnbild der Zeit aufzufassen ist.11

8 Kohler, Zeitschrift für vgl. Rechtsw. III, S. 203; Jeremias S. 6; Delitzsch I S. 60.

9 Jeremias S. 45.

10 Winkler S. 5.

11 Jeremias S. 5 n. 3.

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