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dürfen wir in zweckmässiger Weise entfernen; ,,dagegen dürfen wir zu unserm Vortheil anwenden und auf jegliche Weise alles benützen, was es giebt, das wir für gut oder nützlich zur Erhaltung unsres Seins und zum Genuss des vernünftigen Lebens erachten, und nach dem höchsten Recht der Natur darf Jeder absolut das thun, wovon er glaubt, dass es zu seinem Nutzen gereicht" (IV Anhang § 8). ,,Nun kann aber nichts mehr mit der Natur eines Dinges übereinstimmen, als die Individuen derselben Art, und folglich giebt es (nach § 7) nichts, was zur Erhaltung seines Seins und zum Genuss des vernünftigen Lebens nützlicher wäre, als der Mensch, den die Vernunft leitet" (ebd. § 9). Durch Rücksicht auf seinen wohlverstandenen individuellen Nutzen gelangt der Mensch zu der Einsicht, dass es vortheilhafter für ihn ist, in gesellschaftlicher Verbindung, als im isolirten Naturzustande zu leben, weil ihm aus solchem Verein viel mehr Vortheile als Nachtheile erwachsen (ebd. § 12 u. 14). Nur mit Menschen können wir, wie Spinoza behauptet, Freundschaftsverbindungen eingehen, nicht mit Thieren; deshalb erfordert unser Nutzen nur den Menschen gegenüber Schonung des Lebens und Willensgebietes, gebietet uns aber in Bezug auf die Thiere und übrigen Naturdinge, sie ganz wie es uns am dienlichsten ist, zu erhalten, zu zerstören oder beliebig zu verwenden (ebd. § 26 und IV 37 Anm. 1). Um sich die Vortheile der Mitgliedschaft einer geordneten Gesellschaft und die Segnungen freundschaftlicher Unterstützung zu sichern, verzichtet der Mensch auf einen Theil seiner natürlichen Rechte, nämlich insoweit sie auf Verletzung und Beschädigung anderer Menschen sich erstreckten, und um denselben Rechtsverzicht der Andern ihm gegenüber wirksamer zu garantiren, überträgt er zugleich sein Recht der Rache auf die überlegene Macht des Vereins, so dass nun jeder sich hütet, Schaden zuzufügen aus Furcht vor grösserem Schaden (IV 37 Anm. 2). So gross sind die Vortheile des staatlichen und socialen Vereins für den Menschen, dass er um des Zweckes willen, dieser Vortheile theilhaftig zu werden, auch die Mittel auf sich nehmen muss, welche zu diesem Zweck führen. Damit aber ein staatlicher und socialer Verein, und in ihm diejenige Eintracht bestehen könne, durch welche erst seine Segnungen sich entfalten, muss vor allen Dingen eine Ordnung bestehen, welcher die vielen Bürger sich fügen, und diese Ordnung wird durch Gesetze und Gebräuche vorgezeichnet, welchen gehorsam zu sein, der eigne Nutzen aus dem angegebenen Grunde erheischt, zumal der

Ungehorsam noch Strafe obenein empfängt.

Die Auflehnung gegen

die Gesetze heisst Sünde, welche demnach im Naturzustand ihrem Begriffe nach nicht existiren kann (ebenda).

So wahrt der Mensch seinen Nutzen auf's Beste, so fördert er sein Wohlbefinden und seine Realität oder Vollkommenheit am meisten, so ist er also am tugendhaftesten. Das Abwägen und Abmessen der Art und Weise des Handelns und Lebens, durch welche man seinen Nutzen am meisten fördert, geschieht mittelst der verständigen Reflexion (von Epikur górnois, von Spinoza ratio oder Vernunft genannt); d. h. „absolut tugendhaft handeln ist nichts anderes in uns, als nach der Leitung der Vernunft handeln, leben, sein Sein erhalten (diese drei bedeuten dasselbe), aus dem Grunde, dass man seinen eigenen Nutzen sucht" (IV 24). Also wohl zu beachten: nur deshalb, weil die Vernunft das geeignete Mittel ist, um das erreichbare Maximum meines Gesammtwohls zu realisiren, nur deshalb unterwerfe ich mich der Leitung der Vernunft, nicht etwa deshalb, weil die Vernunft und ihre Vorschriften an und für sich besser oder vorzüglicher wäre als die Unvernunft*).

Diese Auffassung und das Leben nach derselben müssen wir um des eigenen Nutzens willen zu verbreiten und zu fördern suchen, denn die Menschen sind uns dann erst am nützlichsten, wenn sie gleichfalls nach der Leitung der Vernunft leben, und nur nach dieser ihren wohlverstandenen Nutzen suchen (IV 37). Hass, Neid, Verhöhnung, Verachtung, Zorn sind verwerflich, weil sie die gesellige Vereinigung stören und ausserdem an sich mit Unlust verknüpft sind (IV 45). Diese die Eintracht störenden Seelenbewegungen muss man auch an andern zu hindern und, wo sie vorhanden sind, zu beseitigen suchen, was am besten dadurch geschieht, dass man Hass, Zorn und Verachtung den Andern mit Liebe und Edelsinn vergilt, während man sie durch Erwiderung mit den gleichen schlechten Affecten nur steigert, also die Zwietracht, unter der man selber mit leiden muss, vermehrt (IV 46). Furcht, Mitleid und Reue sind ebenfalls verwerfliche Affecte, weil sie Unlust bereiten und der etwa indirekt durch sie zu erlangende Nutzen

*) Sollte sich also einmal herausstellen, dass die Hoffnungen, welche der Egoismus auf die Vernunft baut, eitel sind, dass dieselbe vielmehr, während sie ihm zu dienen scheint, ihn die Wege führt, die ihn zum Ziel der Erkenntniss seiner Thorheit bringen, dann hätte der Egoismus allen Grund zu schwanken, ob er nun sich selbst oder nicht am Ende lieber die Vernunft abdanken solle.

nach der Leitung der Vernunft ohnehin schon erreicht wird (IV 47, 50, 54). Wir übergehen die sonstigen Klugheitsregeln, welche aus diesem System des vernünftigen Egoismus ohne Mühe abzuleiteu sind; das Angeführte genügt, um den Standpunkt und die Art und Weise seiner Durchführung erkennen zu lassen.

Bis hierher geht der Theil der Spinoza'schen Lehren, welcher von Nachfolgern dieser ethischen Richtung acceptirt, reproducirt und verbreitert worden ist. Nun aber kommt als Renaissance des Aristotelischen Intellektualismus die Einführung einer neuen unhaltbaren Prämisse hinzu, mit Hülfe deren aus den vorangestellten Principien Consequenzen gezogen werden, die nicht in ihnen begründet sind. Satz 26 des IV. Theils lautet nämlich:,,Alles das, wonach wir der Vernunft gemäss streben, ist nichts anderes als das Erkennen, und der Geist hält, sofern er die Vernunft anwendet, nur das für ihn nützlich, was zum Erkennen führt". Diess ist nun aber offenbar ein Satz, der für die Mehrzahl der Menschen geradezu falsch ist, und der selbst für die contemplative Gemüthsart und theoretische Naturanlage des Spinoza, aus der er entsprungen, kaum in aller Strenge aufrecht zu halten sein dürfte. Er ist grade ebenso falsch wie Spinoza's Ansicht, dass positives und negatives Wollen nichts weiter als theoretische Bejahung oder Verneinung eines reinen Gedankeninhalts seien, und führt in Verbindung mit diesem zur Vernichtung des Wesens der praktischen Philosophie und zur Verflüchtigung derselben in einen reinen Intel

lektualismus.

Der Beweis des Satzes 26 beruht auf folgendem Trugschluss: Weil das Wesen der Vernunft das Erkennen ist, darum ist alles, wonach wir streben, wenn wir vernunftgemäss streben, das Erkennen. Aber die Vernunft sammt ihrem Erkennen ist ja nur Mittel für möglichst vollkommene Erzielung unseres Nutzens deer Eudämonismus ist die Wurzel, das verständige Ueberlegen und das Erkennen des Zweckmässigsten nur Vehikel zur Realisirung seines Willens. Wie kann sich Spinoza auf einmal so weit vergessen, das Vehikel der Verwirklichung des anderweitig bestimmten Zweckes mit diesem Zweck zu escamotiren? Was ihn dazu verführte, ist im Beweise des 23. Satzes aufgedeckt: die schon von Aristoteles getheilte irrthümliche Annahme, das das Erkennen reine Thätigkeit, die Gemüthsanregung aber reines Leiden sei, und dass deshalb als thätiges Vermögen des Menschen nur das Erkenntnissvermögen angesehen werden könne (vgl. III 3). Es

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giebt aber für uns Individuen ebenso wenig eine reine Thätigkeit ohne Leiden, wie ein reines Leiden eine Thätigkeit; immer ist Receptivität und Spontaneität in unsern Erkenntniss- und Willensfunctionen mit einander verbunden, und wenn man fragt, auf welcher Seite die Spontaneität die ausgeprägtere ist, so ist es sicher auf Seiten des Willens und nicht der Erkenntniss.

Zum Kern der menschlichen Natur rechnen wir deshalb, wenn wir über den Ursprung der Handlungen reden, in erster Reihe den Charakter, d. h. die Summe der Triebe in ihrem gegenseitig genau bestimmten Stärkeverhältniss, und erst in zweiter Reihe das Erkenntnissvermögen; was aus der Nothwendigkeit unserer Natur folgt, ist uns demgemäss in erster Reihe das charakterologisch bestimmte Wollen, das individuell charakteristische Handeln, und erst in zweiter Reihe die Vernunftentfaltung und die aus ihr hervorgehenden secundăren Modificationen des ersteren. Spinoza aber lässt den ersteren Factor gänzlich ausser Acht und erklärt:,,Vernunftmässig handeln ist nichts anderes, als das thun, was aus der Nothwendigkeit unsrer für sich allein betrachteten Natur folgt" (IV 59 Bew.). Bei solchen

einseitig intellektualistischen Grundannahmen, welche in ihrem abstrakten Rigorismus lebhaft an die kühnen Postulate der Stoiker erinnern, ist es kein Wunder, dass auch Spinoza's letzte Resultate einen einseitigen Intellektualismus repräsentiren. Ist das Erkennen, und zwar das adäquate Erkennen nach der dritten (intuitiven) Erkenntnissgattung (V 25) das Ziel der Vernunft und der Zweck aller praktischen Bethätigung des Menschen (IV 26), so muss auch aus diesem Erkennen allein die höchstmögliche Lust und zwar das den ganzen Menschen erschöpfende Wohlbehagen hervorgehn (V 27 Bew.); das Object des adäquaten Erkennens ist Gott, und indem wir uns dieser Erkenntniss Gottes als der Ursache unserer höchsten Lust bewusst sind, empfinden wir nach Spinoza's Definition der Liebe Liebe zu Gott (V 32). In dieser Liebe zu Gott besteht demnach unsre Glückseligkeit (V 36 Anm. u. 33 Anm.), welche nicht etwa der Lohn der Tugend, sondern die Tugend selbst ist, und durch deren Genuss wir das wirksame Motiv erlangen, um unsere niedern Begehrungen im Zaume zu halten (V 42). Hier am Schluss steht also Spinoza doch wieder auf Seiten Epikurs der Stoa gegenüber: weil wir das höchste Gut erstreben, und dic Erkenntniss und Liebe Gottes als höchstes Gut erkennen, deshalb halten wir uns an diese, welche zufällig ausserdem noch als Tugend

zu definiren sind. So bleibt der individual-eudămonistische Charakter seinem Standpunkt treu bis zum Ausgang der Ethik gewahrt.

Wir aber müssen einen solchen reinen Intellektualismus für ein Verfehlen des eudämonistischen Ziels erklären, weil er grade das zerstört, was Spinoza erreichen will: eine harmonische Gesammtbefriedigung aller in der menschlichen Natur begründeten und darum berechtigten Bedürfnisse und Anlagen (vgl. IV 42 u. 60). An Stelle derselben setzt er eine einseitige Befriedigung des Erkenntnisstriebes auf Kosten der ästhetischen, religiösen, ethischen und gemüthlichen Anlagen der Menschennatur, welche theils ohne weiteres ignorirt, theils in ihrer Bedeutung zu blossen Ausflüssen des Intellekts umsophistisirt werden. In Rücksicht auf harmonische Gesammtbefriedigung der unverfälschten normalen Menschennatur waren ihm Epikur und selbst Aristoteles entschieden überlegen; Spinoza's höhere Leistung besteht aber in der streng durchgeführten Ableitung der socialen Lebensbeziehungen und der gemeinen Forderungen des Lebens aus dem Princip des wohlverstandenen Interesses, des aufgeklärten und weitblickenden Egoismus oder der sogenannten Klugheitsmoral.

Keinenfalls darf man letzteres Verdienst gering anschlagen. Die Bändigung der rohen Triebe, der blinden Leidenschaften und der sinnlichen Gelüste muss stets zunächst durch den Egoismus selbst erfolgen, denn nur dieser hat die nöthige Macht, um den Ausbrüchen roher Naturgewalten Widerstand zu leisten. Erst wenn der Mensch durch lange Uebung sich gewöhnt hat, seine Affecte mit Rücksicht auf sein eigenes dauerndes Wohl so weit einzuschränken, dass er nicht mehr nach den Impulsen augenblicklicher Aufwallung, sondern nach kluger Berechnung handelt, dann erst ist die Herrschaft der höheren Geisteskräfte über die niederen so weit gefestigt, um auch den zarteren Regungen uneigennütziger Sittlichkeit einen nennenswerthen Einfluss zu gestatten. Wenngleich der Erzieher der Kindheit und Jugend heute so civilisirte Naturen vorfindet, dass er sein Augenmerk wesentlich schon auf Stärkung ethischer Triebfedern richten darf und sich hüten muss, diese über der Hervorhebung von Klugheitsrücksichten zu vernachlässigen, so wird es doch heute und zu aller Zeit rathsam sein, einem herangewachsenen Menschen gegenüber, in welchem starke Triebfedern erregt sind, nicht höhere ethische Gesichtspunkte geltend zu machen, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen, sondern diese höchstens als Nebengründe anzuführen, als

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