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keit. Sobald aber anerkannt wird, dass die Harmonie mit der Gerechtigkeit für die Bethätigung der Liebe conditio sine qua non der Sittlichkeit ist, so ist damit die Liebe als alleiniges Moralprincip aufgehoben, indem sie ihre Moralität erst an dem anderartigen Moralprincip der Gerechtigkeit messen und bestätigen lassen muss. Zuerst und vor allen Dingen muss Gerechtigkeit geübt werden ohne Ansehen der Person, dann erst hat die Liebe Platz, sich mit Ansehen der Person auszuleben, d. h. sich in individueller Beschränkung, ohne welche sie nicht zur Energie der Concentration gelangt, zu realisiren.

Somit setzt die Liebe auf der einen Seite die elementare Moralität der Gerechtigkeit als ihr Fundament voraus, ohne welches sie selbst sittlich haltlos wäre, ist aber selbst unter dieser Voraussetzung doch nicht im Stande, das Gebiet der positiven Sittlichkeit für sich allein auszufüllen, theils weil sie als concretes Gefühl es zu keiner positiven Leistung gegen bloss abstract vorgestellte physische oder moralische Personen bringen kann, theils weil die Organisation der näheren und ferneren Kreise der Liebe doch nur im Grossen und Ganzen mit der systematischen Ordnung der engeren und weiteren positiv-sittlichen Pflichten übereinstimmt, und im concreten Falle keineswegs als brauchbare Richtschnur für die Entscheidung einer Pflichtencollision gelten darf. Diese Erwägungen erhalten dadurch vermehrtes Gewicht, dass bei der grossen Masse der Menschen die Liebefähigkeit denn doch nur eine sehr eng begrenzte ist, welche sich nur auf wenige am allernächsten stehende Individuen (z. B. auf den engsten positiven Pflichtenkreis der Familie) beschränkt, und selbst hier nur ausnahmsweise eine so bedeutende Energie erlangt, dass ohne Unterstützung anderweitiger sittlicher Triebfedern die totale Ueberwindung des Egoismus zweifellos zu erwarten stände. Endlich ist noch der Umstand zu berücksichtigen, dass, jemehr die Liebe als dauernde, von augenblicklichen Motivationseinflüssen unabhängige Willensrichtung zu betrachten ist, desto schwerer auch ein Einfluss auf dieselbe im Interesse der Versittlichung zu üben ist, - ein Umstand, der die Möglichkeit der Anknüpfung an mehr dem Einfluss der Motivation zugängliche Triebfedern mindestens dringend wünschenswerth erscheinen lässt.

So hoch wir deshalb auch die Liebe in ethischer Hinsicht veranschlagen mögen, so werden wir doch nicht übersehen dürfen, dass

die Aufgabe bestehen bleibt, ein Moralprincip für die zwar nicht höhere, aber dringendere, gleichsam elementarere Pflicht der Gerechtigkeit, sowie für die positiv-sittlichen Pflichten gegen bloss abstract vorgestellte Personen und endlich ein Princip für klare, sichere und feste Ordnung der verschiedenen Pflichtenkreise in ihrer relativen Bedeutung zu finden. Im Besitz einer deutlichen und bestimmten sittlichen Weltanschauung werden wir die Liebe für die höchste sittliche Offenbarungsform des Absoluten halten dürfen, ohne solche aber wird sie keine Garantie dafür bieten, dass sie nicht durch ihre an und für sich edle und schöne Gesinnung unter Umständen zu gröberen Verletzungen der Sittlichkeit führt, als vielleicht jene gewesen wären, die durch die Liebe verhütet wurden. Hierin liegt eine unleugbare theoretische Rechtfertigung für jene Theologen, welche sich sträuben, die Liebe zum selbstständigen Princip und Angelpunkte der christlichen Moral zu machen; sie haben dabei die ganz richtige Ahnung, dass sie dadurch in eine vage molluskenartige Gefühlsverschwommenheit ohne festes sittliches Knochengerüst gerathen würden. Aber dann sollten sie eben zu der Einsicht weiter schreiten, dass es nunmehr gilt, anderweitige Grundlagen einer autonomen Moral aufzusuchen, anstatt dass sie immer und immer wieder in die moralische Heteronomie des göttlichen Willens zurückfallen.

Ohne die Grundlage einer schon aus anderweitigen Quellen geschöpften sittlichen Weltanschauung ist auch die Liebe gar nicht einmal im Stande, das zu erreichen, was sie zunächst beabsichtigt, das Wohl des Geliebten, denn erst aus einer sittlichen Weltanschauung erfährt sie, was denn das wahre Wohl des Geliebten sei, das sie befördern möchte. Das wahre Wohl des Geliebten wird der Mensch nämlich immer zunächst nach dem taxiren, was er für sich selbst als das wahre Wohl ansieht. Findet er es für sich im Fressen, Saufen und geschlechtlicher Sinnlichkeit, so wird er auch die Beförderung des Wohls des Geliebten auf solche Ziele richten; findet er es für sich in religiöser Erbauung oder in einem alle Kräfte des Menschen berücksichtigenden thätig-sittlichen Leben, so wird er auch den Geliebten fromm, beziehungsweise sittlich zu machen bemüht sein; erkennt er an, dass die verschiedenen Veranlagungen der Menschen die vorzugsweise Pflege verschiedener Seiten des Lebens erheischen, so wird er auch der Individualität des Freundes und dessen Neigungen Rechnung tragen und ihn nach seiner Façon nicht nur ungestört selig werden

lassen, ohne ihm die eigenen Neigungen aufzwingen zu wollen, sondern ihm auch nach Kräften Mittel zur Befriedigung seiner besonderen Bestrebungen zuführen. Wer also für sich selber noch nicht weiss, wie er sich zum Leben zu stellen hat, der wird auch mit aller Liebe das Ziel derselben verfehlen, wenn er nicht das Glück hat, dieselbe auf Personen zu richten, welche die ihm fehlende sittliche Weltanschauung besitzen und seine Liebesthätigkeit gleichsam ins Schlepptau nehmen, um sie auf wahrhaft werthvolle Ziele zu lenken. Einen Anklang hieran bietet die Liebe des Weibes zum Manne dar, wenn das Verhältniss den normalen Charakter trägt, d. h. wenn der Mann die selbstständige und sichere sittliche Weltanschauung besitzt, deren Zielen und Mitteln das Weib ihre Liebesthätigkeit willig und schmiegsam unterordnet, ohne auf gewichtigen Einfluss intuitiver Mitbestimmung dabei zu verzichten. Man sieht hier von Neuem, wie sehr es zulässig und teleologisch begründet ist, dass das Weib sich vorzugsweise auf die in der Liebe gipfelnde Gefühlsmoral stützt, weil dabei schon eine Anlehnung an das andere Geschlecht als der normale Zustand vorausgesetzt ist; man sieht aber andrerseits auch, wie nöthig es ist, dass einerseits der Mann eine von der Liebe unabhängige autonome Moral besitze, und dass andrerseits das Weib weder familienlos herumirre, noch in kindisch-trotzigen Emancipationsgelüsten sich gegen die ihm von der Natur angewiesene Stellung auflehne.

Was uns nach alledem am dringendsten noth thut, ist die Ergänzung des Moralprincips der Liebe durch ein Moralprincip, welches im Gegensatz zu jener die Pflicht in jeder Gestalt auf seine Fahne schreibt, und die Pflicht um der Pflicht willen ohne alle Nebenrücksichten zum Ziele der Sittlichkeit macht. Ein solches Princip werden wir einfach Pflichtgefühl nennen können; wir bleiben mit ihm noch innerhalb der Gefühlsmoral, treten aber hart an die Grenzen heran, wo dieselbe in ein anderes Gebiet hinüberleitet.

10. Das Moralprincip des Pflichtgefühls.

Man kann im Allgemeinen drei Stufen des sittlichen Bewusstseins unterscheiden: die erste, wo Neigung und Pflicht noch gar nicht in Conflict gekommen sind, die zweite, wo sie sich feindlich gegenüberstehen, und die dritte, wo sie sich versöhnt haben und Hand in Hand

mit einander gehen. Die erste Stufe des noch Ungeschiedenseins ist die Unschuld, die unbewusste oder natürliche Sittlichkeit; die zweite Stufe des Kampfes und Widerstreites ist die Pflichtmässigkeit, die bewusste reflectirte Moralität; die dritte Stufe des wiedergewonnenen Friedens oder der hergestellten Harmonie ist die Tugend, die Uebereinstimmung von Neigung und Pflicht, die Einheit unbewusster Sittlichkeit und bewusster Moralität und darum ein Höheres als jede von beiden für sich allein, das wahrhaft Ethische. Auch in der Unschuld stimmt die Neigung mit der Pflicht überein, aber unbewusster Weise; erst in der Tugend wird diese Uebereinstimmung zu einer selbstbewussten erhoben. In der Unschuld ist daher die Neigung nur zufällig der Pflicht entsprechend, in der Tugend aber nothwendig übereinstimmend, weil es in Folge der Selbstbeherrschung zu einer pflichtwidrigen Neigung nicht kommt.

Wäre kein Conflict zwischen Neigung und Pflicht möglich, so wäre die Unschuld das Höchste; da aber ein solcher Conflict auf die Dauer doch unvermeidlich ist, so ist die Unschuld das Niedrigste, d. h. diejenige Stufe der Sittlichkeit, welche erst noch die Aufgabe vor sich hat, sich im Kampfe zwischen Neigung und Pflicht zur Stufe bewusster Moralität heraufzuarbeiten. Die reflectirte Moralität steht beständig auf Lauerposten, um die Contrebande pflichtwidriger Neigungen abzufangen, und wird in Folge dessen eher mit ihnen fertig, als die Unschuld, welche arglos ihren Neigungen sich hingiebt, und die Pflichtwidrigkeit derselben erst merkt, nachdem sie sich in Schuld verstrickt hat, weil erst an der Verschuldung und deren moralischem Nachgefühl der Begriff der Pflicht ihr aufgeht. Wird aber die reflectirte Moralität zur Virtuosität (Tüchtigkeit) entwickelt, so hört das auf-der-Lauer-Liegen gegen pflichtwidrige Neigungen wiederum auf, weil das Bewusstsein der Uebereinstimmung zwischen Neigung und Pflicht erlangt ist. Die pflichtmässigen Neigungen sind nun so gestärkt, die pflichtwidrigen so geschwächt, dass es wiederum keines Kampfes mehr bedarf. Taucht doch eine pflichtwidrige Neigung als Velleïtät auf, so kann das Bewusstsein unbesorgt darum sein, dass es durch dieselbe sofort wachgerüttelt wird, indem es gleichsam über dieselbe erschrickt, und dass es die Velleïtät alsdann im Keime zu ersticken vermag.

Es wird also in der Tugend die Moralität von Neuem in's Unbewusste versenkt, indem sie einem zur Natur wird; diese Un

bewusstheit unterscheidet sich aber dadurch von der Unschuld, dass sie die Garantie in sich trägt, jeden Augenblick, wo es nöthig wird, in volles Bewusstsein umzuschlagen, während die Unbewusstheit der Unschuld erst, wenn es zu spät ist, aus ihrem Schlummer erwacht. Die Unschuld verhält sich zur Tugend wie die naive Empfänglichkeit in dem Beschauer eines Kunstwerkes zu dem gebildeten Kunstsinn; letzterer geniesst von dem Kunstwerk darum so viel mehr, weil er sich bewusst ist, sich in jedem Augenblick über die Schönheit des Ganzen und seiner kleinsten Theile Rechenschaft ablegen zu können, ohne doch dies wirklich zu thun.

Wenn die Tugend strauchelt, so fällt sie zunächst nur in die nächst niedere Sphäre der bewussten reflectirten Moralität herab, in den Kampf der Pflicht mit der Neigung, wo der ersteren immer noch die Hoffnung bleibt, über letztere zu siegen; wenn dagegen die Unschuld strauchelt, so fällt sie rettungslos, da sie sich nicht während der Versuchung mit einem Ruck in die Sphäre der bewussten Moralität erheben kann, sondern vor dem Herannahen der Versuchung diesen Process, über sich als Unschuld hinwegzukommen zur reflectirenden Erkenntniss des Guten und Bösen, allmählich hätte durchgemacht haben müssen. Ohne vom Baum der Erkenntniss zu essen, kann die Unschuld nicht zur Tugend gelangen; nur durch den Kampf geht der Weg zum befestigten Besitz des Geschenkten, und nur durch die Entzweiung des sittlichen Bewusstseins mit dem natürlichen hindurch ist zur Versöhnung und bewussten Harmonie beider vorzudringen.

Ohne Frage hat das Ziel dieses sittlichen Processes, die Tugend, mehr Aehnlichkeit mit dem Ausgangspunkt der Unschuld, als mit dem beide trennenden Wege der reflectirten Moralität. In der Unschuld ist die Sittlichkeit noch unbewusst, in der Tugend wird sie wieder unbewusst; in ersterer ist die Natur sittlich geworden, in letzterer ist die Sittlichkeit natürlich geworden; in beiden herrscht Friede, in beiden fehlt die Selbstentzweiung des Bewusstseins, die den Weg von der einen zur andern charakterisirt. Die ursprüngliche Einheit der Entzweiten, wie sie in der Unschuld besteht, wiederzugewinnen, bildet daher das Ideal, das dem um die Palme der Tugend Ringenden vorschwebt. Trotz dieser inneren Aehnlichkeit aber liegen Anfangs- und Ausgangspunkt einander ferner als dem zwischen ihnen liegenden Wege; die Sittlichkeit der Unschuld kann sich gar nicht behaupten

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