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für erlaubt und rathsam, aber doch nur dann, wenn man sie ungestraft und mit Vortheil oder zur gelegenen Zeit vollbringen könne; er erkennt also die Rücksicht auf die Zukunft ausdrücklich an, welche der ältere Aristipp noch durch Hinweis auf die alleinige Realität der Gegenwart entkräften zu können geglaubt hatte. Hiermit ist zugestanden, dass nicht jede vereinzelte Lust zu suchen, nicht jede vereinzelte Unlust zu fliehen sei, sondern nur, insoweit erstere nicht grössere Unlust oder letztere nicht grössere Lust im Gefolge habe.

Hierauf baute Epikur fort; da ihm alles auf das richtige Abwägen der Lust und der Unlust gegeneinander ankommt, so ist ihm die Klugheit oder verständige Ueberlegung (pgóvnois) das eigentliche Fundament der Ethik oder praktischen Philosophie, oder die Cardinaltugend. Wir sehen hier bereits den nothwendigen Umschlag der eudămonistischen in Klugheits-Moral. Epikur erkennt, dass die sinnliche Lust am Augenblick haftet, die geistige aber viel dauernder ist, weil sie zugleich aus der Quelle der Vergangenheit und Zukunft schöpft; er giebt aber der dauernden Lust, dem Zustande des von Unlust freien Wohlseins und Behagens bei Weitem den Vorzug vor der flüchtigen beweglichen Lust; somit empfiehlt er vor Allem die geistige Lust zu suchen, die sinnliche aber zu Gunsten jener zu regeln und vielfach zu beschränken. Ja er erkennt sogar, dass die eigentliche Bedeutung der sinnlichen Lust nur darin bestehe, uns von Begierden und Bedürfnissen zu befreien, welche die Seele beunruhigen und quälen und dadurch jenen wünschenswerthesten Zustand der Seelenruhe oder Ataraxie stören. Nach Epikur wird der Weise stets danach zu streben haben, Herr über seine Begierden und Leidenschaften zu sein, um nicht durch sie zu Affecten und Ausschweifungen hingerissen zu werden, deren Folgen ihn wahrscheinlich schmerzlich treffen würden; er wird in allen Dingen mässig sein und zwar die Annehmlichkeiten des Lebens zu gebrauchen wissen, aber ihrer nicht bedürfen; denn nicht Vermehrung des äussern Besitzes, sondern Beschränkung in den Wünschen und Begierden macht wahrhaft reich und erst die Anspruchslosigkeit ist die Würze des feineren Genusses. Er wird sich keine unnütze Sorge machen, um seine Zukunft im Leben und nach dem Tode und wird sich um die Meinung Anderer über ihn, um Ehre und Schande, grade nur so weit bekummern, als reelle Güter oder Uebel für ihn daraus erwachsen; demgemäss wird er ein stilles, zurückgezogenes Leben der Betheiligung an

öffentlichen Angelegenheiten vorziehen und die Würze seines Lebens in der Freundschaft suchen. *)

Es lässt sich nicht leugnen, dass in der Epikureischen Ethik viel gesunde Lebensauffassung steckt, dass die von ihr im eignen Interesse empfohlene Mässigung, Anspruchslosigkeit, Selbstbeherrschung und Gemüthsruhe die erste unumgängliche Vorbereitungsstufe auf höhere ethische Forderungen bilden und dass die Abmahnung von der Betheiligung an Staatsangelegenheiten unter der römischen Căsarendespotie ebenso zeitgemäss, als im Princip Epikurs begründet war. Gleichwohl liegt hier der zunächst in die Augen springende Mangel des Systems; der blosse Cultus der Freundschaft kann für den Reichthum der socialen, politischen und kirchlichen Beziehungen des Menschen keinen Ersatz bieten, auf welche ihn doch auch schon das egoistische Bedürfniss seiner gegebenen Naturanlage hinweist. Der raffinirte und dabei doch bis zur Liebenswürdigkeit naive Egoismus des Epikureismus bedarf hier einer Vervollständigung, die er erst in neuerer Zeit durch Hobbes und Spinoza erhalten hat.

Der behaglichen Consequenz und dem gesunden savoir vivre des Epikureismus gegenüber macht die stoische Ethik den Eindruck eines dogmatisch verbissenen Doktrinarismus, der von den besten Absichten einer strengeren Lebensführung beseelt, sich doch bei der philosophischen Begründung derselben auf dogmatische Postulate stützt, in Widersprüche verwickelt und mit seinen strengen Consequenzen sich in naturwidrige Paradoxien verirrt. Hier wollen wir nur so viel von ihr erwähnen, dass auch sie von dem Egoismus oder der Selbstliebe als dem allgemeinen Grundtrieb aller Wesen ausgeht und aus ihm das Streben nach Glückseligkeit als das jedem Wesen gemässe folgert, dann aber dogmatisch postulirt, dass die Glückseligkeit allein und ausschliesslich in der Tugend bestehe, wobei natürlich die Frage noch offen bleibt, was denn nun die Tugend sei eine Frage, die weiterhin auf ebenso dogmatische Weise beantwortet wird. Es kann uns hier nur darauf ankommen, auch in der stoischen Ethik

*) Wem fielen hierbei nicht Goethe's Worte ein:

,,Selig, wer sich vor der Welt

Ohne Hass verschliesst,

Einen Freund am Busen hält

Und mit dem geniesst“ u. s. w.

den individual-eudämonistischen Charakter ihrer philosophischen Begründung zu constatiren.

Auch Aristoteles entfernt sich bei der Grundlegung seiner praktischen Philosophie nicht von dem eudämonistischen Princip, welches den gemeinsamen Grundcharakter der gesammten griechisch-römischen Ethik bildet, obschon die Modificationen seiner Ausgestaltung durch das Mithineinschimmern anderer Moralprincipien, wenngleich nur in gebrochenen Reflexionen, bestimmt sind. Aristoteles bildet gleichsam die höhere Einheit des epikureischen und stoischen Standpunktes, denen er den intellektualistischen überordnet. Er giebt zu, dass das epukureische Geniessen und eine dasselbe ermöglichende äussere Lage und innere Veranlagung zur Glückseligkeit mitgehören, aber er erblickt in ihm einen minder wichtigen Bestandtheil der Eudämonie als in der praktischen Tüchtigkeit und nützlich wirkenden Thätigkeit. Indess auch in der Vereinigung des epikureischen Geniessens mit der stoischen Tugendthätigkeit sieht er nur die untergeordneten, menschlichen Bestandtheile der Glückseligkeit, während er das höchste dem Menschen erreichbare Gut in der Ausübung der theoretischen Vernunftthätigkeit erblickt, die allein den Menschen über die Grenzen der bedürftigen Menschheit zur Göttlichkeit erhebt und dauernde, von ausseren Umständen möglichst unabhängige Befriedigung und Ruhe zu gewähren vermag. Also nicht etwa deshalb wird die Vernunft und das reine Denken von Aristoteles als das höchste hingestellt, weil die Vernunft an und für sich einen Vorzug hätte vor der Unvernunft, das Denken vor dem gedankenlosen Thun und Treiben, sondern nur aus dem Grunde geschieht es, weil die denkende Vernunft allein im Stande sein soll, zu der verlangten Eudämonie zu führen, wenn schon die Lust und das sittliche Handeln dabei als Bedingungen von secundärer Bedeutung nicht ausser Acht gelassen werden dürfen. Dass aber die Glückseligkeit und nichts anderes der Endzweck des Individuallebens sein könne, das erscheint Aristoteles als so selbstverständlich, dass er es für seine Zuhörer oder Leser als allgemein anerkannt voraussetzt (vgl. Eth. I, 2 1095, a, 17. Rhet. I. 5 Anf. Eth. I, 5. 1097, a, 34 ff.).

Was Platon betrifft, so überwiegt bei ihm so sehr das Interesse an der dialectischen Bearbeitung der Begriffe und der philosophischen Orientirung im Sprachschatz, dass man scharfe systematische Resultate und ein bestimmt ausgesprochenes Princip auf ethischem Gebiete

so wenig, wie auf ästhetischem oder logischem bei ihm suchen darf. So viel aber ist gewiss, dass auch er aus dem allgemeinen Gesichtskreise der eudämonistischen Ethik Griechenlands nicht heraustritt, denn die Untersuchungen des Philebus über das höchste Gut, welches an und für sich dem an ihm Theil habenden Individuum die Glückseligkeit verleihe, setzen deutlich genug diesen Gesichtspunkt als den allein maassgebenden voraus. Er kommt zu dem Resultat, dass die Lust ein zweischneidiges Ding sei, da die leidenschaftliche, trügerische, unreine und krankhafte Lust nicht ein wahrhaftes Gut zu nennen sei, ebenso wenig wie die vernünftige Einsicht bei völliger Unempfindlichkeit; es könne demnach nur die aus Einsicht und Lust gemischte Lebensweise, bei welcher der Einsicht die leitende Rolle zufalle, die gute und glückselige sein, eine Mischung in der Seele, welche der Gesundheit im Leibe entspreche. Die nähere Bestimmung der Art und Weise dieser Mischung giebt dem Platon ebenso wie dem Aristoteles Veranlassung, ästhetische Bestimmungen in die Ethik hereinzuziehen; aber diese ästhetischen Moralprincipien haben hier ebenso wie die rationalistischen bei den Stoikern nur eine secundäre und auxiliäre Bedeutung, während die wesentliche Grundlage des ethischen Bewusstseins in der gesammten hellenischen Philosophie und ihren römischen Ausläufern das eudämonistische Princip ist und bleibt, so dass eine Geschichte der Ethik die ganze praktische Philosophie der Alten diesem Princip ebenso unterzuordnen hätte, wie die Ethik des Mittelalters dem Moralprincip der autoritativen Heteronomie.

In der neueren Philosophie ist es besonders Spinoza, welcher unter Benutzung sowohl epikureischer, als stoischer, als aristotelischer Gedanken ein zusammenfassendes System der Ethik vom indiviual-eudămonistischen Standpunkt gleichsam als ein klassisches Renaissancebauwerk aufgestellt und consequenter als einer der Früheren durchgeführt hat. Da sich alle neueren Versuche in gleicher Richtung wesentlich auf Spinoza's Ethik stützen, zugleich aber Spinoza als der letzte anzusehen ist, der den egoistischen Standpunkt der Ethik ziemlich frei von Beimengungen social-eudämonistischer Moralprincipien hält, so wollen wir auf ihn etwas näher eingehen.

Auch Spinoza geht davon aus, dass die Begierde das eigentliche Wesen des Menschen ist (Ethik Theil IV. Satz 18 Beweis), weil sie allein auf Vermehrung der Realität hinwirkt, welche mit der Vollkommenheit identisch ist (Th. II Def. 6). Der Selbsterhaltungstrieb

ist ihm die erste und einzige Grundlage der Tugend (IV 22 Folgesatz), und die Tugend selbst ist das Vermögen oder die Macht, seine Realität zu erhalten und zu vermehren (IV Def. 8). Denn je mehr Begierden wir befriedigen können und je mehr Lust wir dadurch erlangen, zu desto grösserer Vollkommenheit gehen wir über (Th. IV Anhang § 31). Gut und böse sind nur Beziehungsbegriffe des Denkens (Th. IV Vorwort); gut nenne ich, was mir nützt, böse, was mich hindert, eines Guten theilhaftig zu werden (Th. IV Def. 1 u. 2). Lust ist demnach unmittelbar gut, Unlust unmittelbar schlecht (IV 41). Insofern wir wahrnehmen, dass ein Ding uns mit Lust oder Unlust afficirt, nennen wir es gut oder böse, und folglich ist die Erkenntniss des Guten und Bösen nichts anderes, als die Idee der Lust oder Unlust, welche nothwendig aus der eigentlichen Seelenbewegung folgt,... d. h. als die Seelenbewegung der Lust oder Unlust, insofern wir uns derselben bewusst sind" (IV 8 Bew.)*). Der Lust kann nie zu viel sein, da wir durch sie immer vollkommen werden; aber die allermeiste Lust ist einseitig, oder bezieht sich nur auf gewisse Theile unseres Körpers, oder nur auf den gegenwärtigen Augenblick; diese kann dann grössere Unlust im Gefolge haben, insofern sie im Uebermaass auftritt (IV 60 und IV Anhang § 30). Wohlbehagen hingegen, welches sich auf alle Theile des Körpers gleichmässig bezieht, kann kein Uebermaass haben, sondern ist immer gut (IV 42). Die Rücksicht auf mein gesammtes Wohlbefinden, nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft, muss daher entscheidend für mein Handeln sein (IV 60 Anm.). Dazu gehört, dass man von zwei Gütern stets das grössere, von zwei Uebeln das kleinere wählt (IV, 65), auch dann, wenn das vorzuziehende erst in der Zukunft, das aufzugebende in der Gegenwart liegt (IV 66). Unlust wird man unter allen Umständen so sehr als möglich sich fern zu halten bestrebt sein und sich sehr bedenken, ehe man eine Lust durch Unlust erkauft, z. B. die Lust der Genesung durch die Unlust des Krankseins (II 44 Anm.). Nur wenn das Gut erheblich grösser als das Uebel ist, wird man letzteres um des ersteren willen auf sich nehmen (Folgesätze zu IV 65 u. 66).

Alles was es in der Natur uns Schlechtes oder Hinderliches giebt,

*) Die angeführten Stellen sind meist nach der Auerbach'schen Uebersetzung wiedergegeben, um nicht durch lateinische Citate die Lecture für Laien ungeniessbar zu machen.

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